Während der 14. und 15. Wahlperiode des Deutschen Bundestages ab dem Jahr 1998 häuften sich die Stimmen, die einen Machtverlust des Parlaments zu erkennen glaubten. Hintergrund war die Einsetzung zahlreicher so genannter Konsensrunden und Expertenkommissionen, die im Auftrag der Bundesregierung Vorschläge für konkrete Gesetzgebungsprojekte erarbeiten sollten. In die Gremien wurden neben staatlichen Vertretern und Sachverständigen vor allem auch Vertreter solcher gesellschaftlicher Gruppen berufen, die von dem jeweiligen Vorhaben unmittelbar betroffen waren. Der Autor untersucht unter Betrachtung der historischen Dimension kooperativen Staatshandelns, inwiefern es sich dabei um eine neue Entwicklung handelt, und erörtert die Ursachen dieser Form des Regierungshandelns. Anhand mehrerer Fallbeispiele wird dargelegt, unter welchen Bedingungen aus der Einbeziehung solcher Gremien in den Gesetzgebungsprozess ein Verlust parlamentarischer Gestaltungsmacht resultieren kann. Verfassungsrechtliche Bedenken speisen sich daraus, dass ausgewählten gesellschaftlichen Gruppen mit der Berufung ihrer Vertreter in die Gremien ein privilegierter Zugang zum staatlichen Willensbildungsprozess eingeräumt wird. Dies lässt den Autor zu der Einschätzung gelangen, dass es der Schaffung eines rechtlichen Rahmens für kooperatives Regierungshandeln bedarf, um den Konflikt zwischen der Notwendigkeit staatlich-gesellschaftlichen Zusammenwirkens einerseits und staatlicher Gemeinwohlverpflichtung andererseits so weit wie möglich aufzulösen.°°Dr. Thorsten Anderl, geb. 1976, Studium der Rechtswissenschaften in Trier, Padua (Italien) und Berlin. Seit 2005 Referendariat am Kammergericht Berlin; 2006 Promotion an der Humboldt-Universität zu Berlin.
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