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Gesunde Ernährung nach Hildegard von Bingen

Hildegards wichtigste Nahrungsmittel von A bis Z

VerlagReader´s Digest - Verlag Das Beste
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl60 Seiten
ISBN9783956191930
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis4,99 EUR
Universalgenie und Prophetin zugleich, ist Hildegard von Bingen eine der bedeutendsten Frauengestalten des Mittelalters. Ihre außerordentlichen Fähigkeiten als Heilerin gründeten auf einem umfassenden naturkundlichen Wissen und einem ganzheitlichen Menschen- und Weltbild. Ihre Empfehlungen muten bemerkenswert modern an. So gab sie auch ausführliche Ratschläge für gesundes Essen und Trinken, für ein gesundes Leben mit den Gaben der Natur. Hier sind die für Hildegard wichtigsten Nahrungsmittel von Dinkel und Eiern über Honig, Milch und Nüsse bis zu Weizen und Wild vorgestellt, mit ihren Ratschlägen versehen und mit Rezepten angereichert.

In Deutschland ist die größte Tochtergesellschaft des weltweit tätigen Medien- und Marketing-Unternehmens Reader's Digest zu Hause. Die herausgegebenen Sachbücher und Illustrierten Serien behandeln ein breites Themenspektrum: Geographie, Reisen, Haus, Garten, Geschichte, Recht, Natur, Wissenschaft und Medizin. Sie laden zur Entdeckungsreise in neue Wissensgebiete ein und verdanken ihren hohen Nutzwert einer Vielzahl an praxiserprobten Tipps.

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Leseprobe

Essen und Trinken zu Hildegards Zeit


Viele von Hildegards Regeln zum richtigen und gesunden Essen und Trinken versteht man besser, wenn man etwas über die mittelalterliche Ernährung weiß. So gab es zum Beispiel viele Fastentage, und zahlreiche heute alltägliche Nahrungs- und Genussmittel waren noch unbekannt, etwa Kartoffeln, Tomaten, Kaffee und Kakao.

Der Speiseplan im Mitteleuropa des 12. Jahrhunderts unterschied sich grundlegend von unserer heutigen Ernährungslage. Die Vorstellungen von reichhaltigen Gastmählern mit vollen Tafeln treffen nur für den hohen Adel und die Reichsten zu, und auch dann nur für Festtage. Der Speiseplan der normalen Bevölkerung sah völlig anders aus. Er war arm an Variationen, arm an Fleisch, arm an Vitaminen, und der Tisch war alles andere als üppig gedeckt. Im Gegenteil: Alle paar Jahre trafen Hungersnöte das Land, ausgelöst durch Missernten oder Kriege. Praktisch erlebte damals jeder Mensch mindestens einmal im Leben eine Teuerung. Im Durchschnitt musste man rund 80 Prozent der Einnahmen allein für Lebensmittel ausgeben.

Unsichere Versorgung


Das Nahrungsangebot schwankte beträchtlich. Man war viel stärker als heute davon abhängig, was die Natur gerade bot: Was man aß, hing vor allem von der Jahreszeit ab, denn fast alle Produkte kamen aus der näheren Umgebung. Zudem erlaubte das offene Herdfeuer nur schlichte Gerichte.

Die Ernten fielen weit geringer aus als heute, sodass man sich keine große Vorratshaltung erlauben konnte. Zudem trugen die Ähren längst nicht so viel wie moderne Sorten. Die Körner waren kleiner, das war der Grund, weshalb man zum Ernten die Sichel benutzte, damit möglichst wenig verlorenging. Das Korn war mit Unkrautsamen verunreinigt, Roggen zudem oft vom gefährlichen Mutterkornpilz befallen. Aß man solches Getreide in extremen Hungerzeiten dennoch, waren schwere Erkrankungen die Folge.

All das führte dazu, dass die Durchschnittsgröße der damaligen Menschen weit unter der heutigen lag, was alte Ritterrüstungen und Skelette bezeugen. Zudem erhöhte das geringe Angebot an Fleisch und der Vitamin-A-Mangel die Infektionsanfälligkeit der Menschen. Die damalige Ernährung war insgesamt weit ungesünder als die heutige, auch wenn Zivilisationskritiker und Romantiker gern das Gegenteil behaupten.

Einen großen Einfluss auf den Speiseplan hatte die Kirche. Über 100 Tage pro Jahr herrschte Fastenzeit, und die Regeln wurden sicher nicht zuletzt in den Klöstern streng beachtet. Dann durfte zumindest kein Fleisch verzehrt werden, bisweilen musste auch auf tierische Produkte wie Milch oder Eier verzichtet werden.

Wie man Nahrung konservierte, um über den Winter zu kommen

Weil die Menschen damals besonders von dem jahreszeitlich wechselnden Nahrungsangebot abhängig waren, mussten sie Vorräte anlegen. Alle damals bekannten Konservierungsverfahren stammten aus der Antike. Ihnen war gemein, dass sie den Geschmack der Nahrungsmittel veränderten – was oft sogar ein Vorteil war.

Die billigste Methode war das Dörren oder Trocknen. Von Heilkräutern über Hülsenfrüchte und Äpfel bis hin zu Fleisch lassen sich viele Nahrungsmittel durch Wasserentzug haltbar machen. Wenn möglich trocknete man im Sonnenschein, sonst auf Dachböden oder in offenen Unterständen. Fleisch und Fisch konnte man in Rauch trocknen und so besonders haltbar und wohlschmeckend machen. Allerdings musste man das Trockengut immer vor hungrigen Mäulern schützen, etwa Mäusen.

Wichtige Konservierungsmittel, die erst selbst hergestellt bzw. gekauft werden mussten, waren Essig und Salz. Fleisch und Fisch etwa wurden in Salzlake eingelegt, Gemüse konservierte man in Essig. Zudem verarbeitete man Kohl zu Sauerkraut, nutzte also die Milchsäure, die sich von selbst bildete, als Konservierungsmittel. Äpfel und Birnen wurden getrocknet, Beeren meist zu Most oder Säften verarbeitet. Oder man kochte Obstbrei zu haltbarem Mus. Nur Reiche konnten sich leisten, Früchte in Honig oder Zucker einzulegen, und selbst für sie waren solche kandierten Früchte besondere Zierden der Tafel, mit denen man gern hochgestellte Besucher beeindruckte.

Die Tafel der Reichen, der Tisch der Armen


Typisch für das Mittelalter sind die großen Unterschiede zwischen den Speisen des Adels und der reichen Klöster sowie dem, was in Bauernstuben auf den Tisch kam. Nur die Reichsten konnten sich importierte teure Spezialitäten leisten, etwa Reis oder Zimt. Dass es diese feinen Dinge überhaupt gab, war dem aufblühenden Fernhandel zu verdanken.

Wild war dem Adel vorbehalten, denn Bauern durften offiziell nicht jagen, und auf Wilddieberei standen schwere Strafen. Doch da Bauern gelegentlich als Jagdhelfer eingespannt wurden, fiel möglicherweise auch einmal ein Hase oder Rebhuhn für sie ab. Aber im Wesentlichen aßen sie Fleisch von selbst gehaltenen Schweinen, Ziegen, Schafen und Geflügel. Rinder wurden seltener gehalten, und wenn, dann als Arbeitstiere.

Geschlachtet wurde im Herbst, dann brauchte man die Tiere nicht durch den Winter zu füttern; zudem erleichterten die tiefen Temperaturen die Fleischverarbeitung. Man verwertete alle Teile, auch Hoden, Augen, Kopf, Ohren und Füße. Was übrig blieb, konnte immer noch in Essig zum „Sammelsur“ gekocht werden (unser „Sammelsurium“).

Das Fleisch der geschlachteten Tiere wurde mit Salz eingepökelt oder (billiger) gedörrt und musste mindestens bis Ostern reichen. Speck versuchte man noch länger aufzubewahren, denn er musste in der schweren Zeit der Ernte im Spätsommer Kalorien liefern.

Die Nutztiere dürfen wir uns nicht in der Größe der heutigen Sorten vorstellen – die mittelalterlichen Rassen waren durchweg kleiner und magerer. Die Schweine hatten mit unseren fetten Kotelettlieferanten wenig gemein. Sie sahen eher aus wie heutige Wildschweine: hochbeinig, mager, klein, und mit einem Bürstenkamm am Rücken. Ihr Fleisch war besonders beliebt: Es war vergleichsweise erschwinglich, und es lieferte Kraft für die harte körperliche Arbeit, denn etwas fetthaltig war es doch – nicht zuletzt, weil man die Schweine im Herbst in den Wald trieb, wo sie sich mit Bucheckern und Eicheln vollfressen konnten.

Weit häufiger als heute hielt man auch Schafe, die auf der Brache weiden konnten, einem Stadium der damals verbreiteten Dreifelderwirtschaft, bei der eines von drei Feldern im Wechsel brach lag. Die Schafe dürften etwa den heutigen Heidschnucken geähnelt haben – sie waren eher klein und mager. Auch Hühner waren beliebt, sowohl auf Bauernhöfen wie auf Burgen, und vermutlich auch in Klöstern. Immerhin wetterte Bernhard von Clairvaux über die seiner Meinung nach zu wenig asketischen benediktinischen Essgewohnheiten: „Wer könnte denn aufzählen, auf wieviel Arten allein die Eier zubereitet würden!“ Die Zeit der Eierspeisen war zwischen Ostern und Pfingsten, wenn das über den Winter konservierte Fleisch aufgebraucht war; die Reichen hielten sich an Lammfleisch von den „Osterlämmern“. Und wenn möglich und nötig schlachtete man auch andere Tiere – etwa Igel, Schwäne, Störche, Drosseln, Kaninchen und in den Alpen auch Murmeltiere.

In der Regel wurde das Fleisch gekocht, meist in Wein statt im oft verschmutzten Wasser. Gebratenes Fleisch blieb der Oberschicht vorbehalten; noch zu Hildegards Zeiten briet man Fleisch in großen Stücken am Spieß, nicht in kleinen Stücken oder Scheiben in der Pfanne.

Ein weiterer Fleischlieferant waren Fische. Man muss sich die Flüsse und Seen weit fischreicher als heute vorstellen, außerdem züchteten besonders Klöster etwa Karpfen in Fischteichen oder Mühlengewässern. Allerdings hatte die normale Bevölkerung davon nicht allzuviel: Die Fischrechte waren Herrensache oder gehörten der Gemeinde. So war Fisch recht teuer.

Im Zentrum der Mittelalterküche: Getreide


Hauptnahrungsmittel der meisten Menschen war Getreide, vor allem Hafer, Roggen, Weizen und Dinkel. Es wurde zu Fladenbroten verbacken oder mit Wasser oder Milch zubereitet als Brei gegessen. Wer ein typisches mittelalterliches Gericht essen möchte, das Hildegard als besonders bekömmlich empfiehlt, bereitet sich aus angefeuchtetem Brot ein Mus namens Meranda zu. Oder man kocht sich ungesüßten Haferbrei, wobei die heutigen Haferflocken besser verarbeitet sind als die grob gemahlenen Haferkörner vor tausend Jahren. Hirsebrei, zumal gesüßt, galt als Festessen.

Das mittelalterliche Brot war relativ teuer, weil die Getreidesorten geringe Ernteerträge lieferten – kaum ein Zwanzigstel der modernen Sorten. Außerdem waren die Brotscheiben sehr hart und kaum zu beißen, denn sie wurden lange gebacken, damit sie nicht so rasch schimmelten. Um dieses Brot zu essen, stippte man es in Wasser oder Wein.

Gemüse und Obst


Gefüllte Teigpasteten waren besonders beliebt. Die untere harte Teigschicht diente oft als Ersatz für einen Teller, sodass man keine weitere Unterlage brauchte....

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