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E-Book

Hafen Hamburg

Geschichte - Zahlen - Menschen

AutorOlaf Preuß
VerlagMurmann Publishers
Erscheinungsjahr2016
ReiheWissen im Norden 
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783529092275
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Den zweitgrößten Containerhafen Europas laufen jährlich über 13 000 Schiffe aus aller Welt an. Doch es war ein langer, bisweilen beschwerlicher Weg, bis Hamburgs Hafen zu solcher Größe gelangte. Wer heute eine Barkassenfahrt unternimmt oder eines der Museumsschiffe besucht, spürt schnell, warum Hamburg auch das 'Tor zur Welt' genannt wird. Olaf Preuß trägt kompaktes Wissen über den Hamburger Hafen in einem Buch zusammen - über die Geschichte und die Wandlung der technischen Anlagen und Arbeit, Kreuzfahrtterminals und die historische Speicherstadt. Der neue Band der Reihe Wissen im Norden.

Olaf Preuß war Wirtschaftsredakteur beim Spiegel, Reporter im Politikressort des Extra-Magazins, stellvertretender Chefredakteur des Greenpeace Magazins und Gründungsredakteur bei der Financial Times Deutschland. Heute ist er Wirtschaftsredakteur beim Hamburger Abendblatt. 2005 erhielt er den 'Mitteldeutschen Journalistenpreis' des Deutschen Journalistenverbandes, 2010 wurde er mit dem renommierten Ernst-Schneider-Preis ausgezeichnet. Er ist Autor von 'Energie für die Zukunft' und 'Made in Germany'.

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Leseprobe

1 Die Symbiose. Hamburg und sein Hafen


Einen Welthafen hat Hamburg schon längst. Im Jahr 2024 hätte die Hansestadt obendrein auch zum Hafen des Weltsports werden können. Doch es kam anders. Erneut scheiterte eine Hamburger Regierung 2015 bei dem Versuch, in der Stadt Olympische und Paralympische Sommerspiele auszutragen. 2003 war Hamburg in der Vorauswahl für die Sommerspiele 2012 dem nationalen Konkurrenten Leipzig unterlegen. Ende 2015 wiederum stimmten Hamburgs Wähler bei einer Volksbefragung gegen eine Austragung der Sommerspiele 2024, nachdem die Vorbereitungen des Senats für eine Bewerbung der Stadt beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) schon weit fortgeschritten waren. Bei beiden Kampagnen war der östliche Hafenteil als Hauptaustragungsort von »Spielen der kurzen Wege« vorgesehen, mit dem Olympiastadion direkt an der Elbe. Die olympischen Segelwettbewerbe sollten – wie schon 1972 – in Kiel stattfinden.

Seit vielen Jahren war der Hafen nicht mehr Gegenstand einer so kontroversen öffentlichen und politischen Diskussion. Der Senat von Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) bekam viel Lob für sein Konzept, keine pompösen Spiele veranstalten zu wollen, sondern die Olympiabewerbung gezielt auch für die Fortentwicklung der städtischen Infrastruktur zu nutzen und dabei die ökologische und wirtschaftliche Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt zu stellen. Vor allem Hamburgs Hafenwirtschaft aber stellte sich anfangs gegen das Olympiakonzept der Stadtregierung. Der einflussreiche Unternehmensverband Hafen Hamburg (UVHH) forderte klare Zusagen, dass der Hafenbetrieb durch eine Austragung der Olympischen Spiele keinesfalls eingeschränkt werde, dass den betroffenen Hafenunternehmen bei einer Umsiedlung keine Nachteile entstehen dürfen – und dass im östlichen Hafenareal keine Wohnungen gebaut werden, sollte die Olympiabewerbung scheitern, aus welchem Grund auch immer.

Hamburg und sein Hafen leben seit Jahrhunderten in einer engen Symbiose, einer Verbindung, die bei einem Seehafen von Weltrang wohl ihresgleichen sucht. Vor allem der Hafen sichert bis heute den Wohlstand und die Weltläufigkeit der Stadt. Doch immer stehen beide Sphären auch in Konkurrenz zueinander, vor allem bei der Nutzung der eng begrenzten Flächen in Hamburg, beim Bau und Unterhalt der Infrastruktur, bei der Ausrichtung des städtischen Wachstums. Die HafenCity, eines der kühnsten Städtebauprojekte in Europa, gibt ein besonders lebendiges Beispiel dafür, wie diese Symbiose funktioniert. Der östliche Hafenteil ist wegen der ständig wachsenden Schiffsgrößen seit Jahrzehnten nur noch eingeschränkt für den Güterumschlag nutzbar. Seit den 1990er Jahren wird deshalb auf den alten Hafenarealen ein komplett neuer Stadtteil gebaut. Die Stadt holt sich ein Stück Hafen zurück, so wie der Hafen 120 Jahre zuvor an fast derselben Stelle in die Stadt hineingewachsen war. Am Kehrwieder und am Wandrahm waren Ende des 19. Jahrhunderts ganze Wohnviertel abgerissen und die Bewohner umgesiedelt worden, um Platz für den Bau der neuen Speicherstadt zu schaffen, das Herzstück des damals neuen Hamburger Freihafens. Gegenüber der Speicherstadt stehen nun, auch auf dem Fundament aufgefüllter Hafenbecken, Wohn- und Geschäftshäuser, Einkaufsmeilen und kleine Parkanlagen, ein Kraftwerk und die HafenCity Universität, eine Hochschule mit dem Schwerpunkt Städtebau.

Der Hafen ist der Motor der Hamburger Wirtschaft. Das Jahr 2015 zeigte auch, wie anfällig diese Kraftquelle für die Einflüsse internationaler Entwicklungen sein kann. 2015 galt trotz vieler Verwerfungen nicht als ein besonderes Krisenjahr der Weltwirtschaft, verglichen etwa mit 2008, als Großbanken in vielen Ländern unter dem Druck der Weltfinanzmarktkrise zusammengebrochen waren. Dennoch verlor der Hamburger Hafen 2015, verglichen mit dem Vorjahr, fast zehn Prozent des Umschlags in seinem wichtigsten Geschäftsfeld, dem Containertransport – während große Konkurrenten an der Nordsee wie Rotterdam oder Antwerpen im Containergeschäft dazugewinnen konnten und neue Wettbewerber wie Wilhelmshaven an der Nordsee oder Gdańsk (Danzig) an der Ostsee ihre Präsenz an den Märkten ausbauten.

China und Russland sind die wichtigsten Länder für die Im- und Exporte, die über den Hamburger Hafen laufen. Rund drei Millionen Containereinheiten (TEU) rechnete Hamburg 2014 dem Chinahandel inklusive Hongkong zu, bei einem Gesamtumschlag von 9,7 Millionen TEU. 655 000 TEU entfielen auf Russland. Auf den weiteren Rängen folgten Singapur, Polen, Südkorea, Finnland, Schweden, die USA, Malaysia und Indien. 2015 lag Asiens zentraler Transithafen Singapur, wie oft auch in früheren Jahren, in der Hamburger Containerstatistik nach China wieder auf Rang zwei, vor Russland.

China verändert derzeit die Struktur seiner Wirtschaft. Das bevölkerungsreichste Land der Erde will nicht mehr nur die »Werkbank der Welt« sein mit der Produktion vornehmlich billiger Massenware. Einerseits fördert die chinesische Regierung gezielt die Binnenwirtschaft. Andererseits richtet China seine Industrie und seinen Export stärker auf höherwertige Güter aus. Hamburg als in Europa wichtigster Hafen für den Außenhandel mit China spürt diesen Strukturwandel besonders stark. Wachstumsraten wie in den 1990er und 2000er Jahren wird es bei den Containerverkehren mit China wohl nicht mehr geben. Die chinesischen Waren werden zwar hochwertiger, nehmen aber auch weniger Volumen ein als früher. Das Transportvolumen aber ist entscheidend für die Zahl der bewegten Container, nicht der Preis der Güter.

Russland wiederum wurde von den westlichen Staaten im Jahr 2014 mit Handelssanktionen belegt, weil es der Ukraine mit militärischer Gewalt die Halbinsel Krim entrissen hatte und zudem die pro-russischen Rebellen im Bürgerkrieg in der Ostukraine unterstützt. Zugleich leidet Russland als eines der wichtigsten Ölförderländer besonders unter dem globalen Verfall der Rohölpreise. Russlands Containerumschlag via Hamburg ging 2015 im Vergleich zu 2014 um ganze 40 Prozent zurück – eine Entwicklung, der Hamburg selbst weder mit technologischem Fortschritt noch mit verstärktem Marketing begegnen kann. Seit den 1980er Jahren schon hatte die Hansestadt ihre wirtschaftlichen Verbindungen mit den beiden aufstrebenden Volkswirtschaften China und Russland weiter ausgebaut. Wie keine andere europäische Hafenstadt profitierte Hamburg davon nach dem Ende des Kalten Krieges im Zuge des europäischen Einigungsprozesses. Im Jahr 1960 schlug der Hafen insgesamt rund 30 Millionen Tonnen Güter um, 2010 waren es mehr als 140 Millionen Tonnen. 2015 aber kumulierten Rückschläge und Krisen zeitgleich im Handel mit China und Russland, diesen beiden für Hamburg so bedeutenden Staaten.

Die zentrale Stellung des Hafens für die Hansestadt dokumentiert allein schon dessen Lage mitten in der Stadt. Mit etwa 7200 Hektar Gesamtfläche nimmt der Hafen ein Zehntel des Hamburger Stadtgebietes ein. Am Nordufer der Elbe, das den Hafen begrenzt, liegt der größte Teil des Hamburger Siedlungsraums. Die Hafennutzung ging dort im 20. Jahrhundert allmählich zurück. Ehemalige Hafenteile wurden in Wohn- oder Geschäftsviertel umgewidmet – vor allem in der HafenCity, aber auch mit der Hafenrandbebauung in Altona. Der eigentliche Hafen hat sich im Lauf der Hamburger Stadtgeschichte von Osten nach Westen verschoben und ausgedehnt. Der Hafen liegt heute im Flussdelta zwischen der Norder- und der Süderelbe. Am südöstlichen Zipfel der Elbinsel Wilhelmsburg, an der Bunthäuser Spitze, teilt sich der Elbstrom; am Köhlbrand fließen Norder- und Süderelbe wieder zusammen und bilden fortan die Unterelbe. Im Süden wird das Hafenareal von Harburg und Moorburg flankiert, im Osten von Rothenburgsort, Billwerder und Moorfleet, im Westen von Finkenwerder. Der Hafenumschlag läuft vor allem auf den vier großen Containerterminals Tollerort, Burchardkai, Altenwerder und Eurokai, die an der Norderelbe und am Köhlbrand liegen. Am Köhlbrand machen auch die Frachter für den Massengutterminal Hansaport fest, dort werden Kohle und Erz entladen. An den Elbbrücken im östlichen Hafenteil arbeitet der Mehrzweckterminal O’Swaldkai. Daneben zählen zwei spezielle Schwergutterminals der Firmen Buss und C. Steinweg zu den wichtigsten Logistikanlagen in Hamburg, ebenso die Massengutverladung von Futtermitteln, Getreiden oder Kunstdünger etwa an der Wasserstraße Rethe im zentralen Hafenbereich. Neben dem Güterumschlag beherbergt der Hafen einen wesentlichen Teil der Hamburger Industrie: Raffinerien, Tanklager, ein Aluminium- und ein Stahlwerk, eine Ölmühle, die Werften Blohm+Voss und Norderwerft wie auch etliche andere Unternehmen. Auf dem Industrieareal Veddel im östlichen Hafenteil steht Europas größte Kupferhütte Aurubis. Weil sie hinter den Elbbrücken liegt, ist die Veddel auf dem Wasserweg allerdings nur mit Binnenschiffen zu erreichen.

Erweitert wird der Hafen seit Jahren vornehmlich innerhalb des heute schon bewirtschafteten Raumes....

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