Holografisches Weltbild: Wir haben alles in uns
»Du bist kein Tropfen im Ozean.
Du bist der gesamte Ozean in einem Tropfen.«
Rumi (Sufi-Mystiker)
In diesem ersten Kapitel lade ich Sie ein, gemeinsam mit mir das holografische Weltbild zu entdecken. Und wenn Sie mögen, zu schauen, was es mit Ihnen macht, diese Sichtweise einzunehmen oder zumindest für möglich zu halten.
Das holografische Weltbild besagt, dass wir alles in uns haben. Und wenn wir begreifen, dass wir alles in uns haben, verändert sich die ganze Welt. Wir verfügen über die ganze Vielfalt aller menschlichen Eigenschaften und Charakterzüge. Ein Hologramm ist ein dreidimensionales Bild auf einem zweidimensionalen Film. Aus jedem einzelnen Stückchen des Filmes kann das ganze dreidimensionale Bild hergestellt werden. Aus meiner Sicht bietet diese Vorstellung das beste Abbild des Weltzusammenhanges. Das Ganze ist somit in jedem Teilchen enthalten. Mein Geist enthält als Potenzial jeden Gedanken, der je gedacht wurde und je gedacht werden wird.
Der berühmte schweizerisch-österreichische Arzt, Alchemist, Astrologe, Mystiker und Philosoph Paracelsus hat vor Jahrhunderten diesen Zusammenhang in dem berühmten Spruch zusammengefasst:
»Mikrokosmos = Makrokosmos«
Demnach ist der Mensch ein Mikrokosmos, der den Makrokosmos in sich widerspiegelt. Nach dieser Theorie enthält jedes Stück des Universums, unabhängig davon wie wir es zerlegen, die Intelligenz des Ganzen. Als Teil der holografischen Welt sind wir alles, was wir sehen, was wir be- und verurteilen und was wir bewundern. Ziel ist es, alles war wir an anderen hassen oder lieben, in uns wiederzuerkennen und anzunehmen.
Es ist somit völlig in Ordnung – und sollte uns nicht beunruhigen – wenn wir im Laufe des Buches feststellen, dass wir viel Dunkles, unbewusste Anteile und abgekapselte Bereiche finden werden. Nehmen wir diese abgespaltenen Teile von uns selbst wieder in Besitz, dann öffnen wir die Tür zu unserem Universum. Bleiben wir im Krieg gegen uns selbst verhaftet, dann bleiben wir im Krieg mit der Welt. Schließen wir Frieden mit uns selbst – und das schließt alle Anteile mit ein – dann schließen wir Frieden mit der Welt.
Als holografisches Weltbild sind wir alles, was wir sehen, was wir beurteilen, was wir bewundern. Wir tragen somit alle hellen und dunklen Qualitäten in uns. Wir besitzen alle Kraft, Stärke, Mut, Kreativität und Mitgefühl. Genauso haben wir aber auch Gier, Lust, Schwäche, Wut und Angst in uns. Zeitgleich!
Diese Absolutheit bedeutet, dass es keine Eigenschaft oder Qualität gibt, die wir nicht besitzen. Wenn wir zulassen, dass unsere Menschlichkeit unsere Universalität umfasst, dann können wir das werden, was wir sein wollen. Wir teilen dieselben Qualitäten überall auf der Welt, unabhängig von Größe, Hautfarbe, Religionszugehörigkeit etc. In dieser holografischen Welt ist jeder Sie und Sie sprechen immer mit sich selbst. Lehne ich jemanden ab – dann lehne ich mich ab. Bewundere ich jemanden – dann bewundere ich mich.
Freiheit entsteht durch die Annahme von allem. Freiheit, wählen zu können, wer oder was wir in einem gegebenen Augenblick des Lebens sein möchten. Sobald ich Anteile abspalte, wegsperre oder ablehne, beraube ich mich meiner Freiheit. Wenn Sie meinen, sich in einer bestimmten Weise verhalten zu müssen, um nur ja nicht so zu sein, wie jemand, den Sie nicht mögen, dann sind Sie in der Falle gefangen. Sie haben Ihre Freiheit begrenzt auf Kosten Ihrer Ganzheit. Wenn Sie sich bestimmte Eigenschaften nicht zugestehen, wie z.B. Faulheit, Trägheit, Wut etc. sind Sie nicht mehr frei.
Eigentlich ist der Ansatz einfach: Solange ich noch andere beschuldige, werde ich beschuldigt. Solange ich andere ablehne, werde ich abgelehnt. Wenn ich erkenne, dass ich alles in mir habe, was ich am anderen sehe und kritisiere, so verändert sich mein Selbstbild und der Blick auf die Welt radikal. Es gehört Mut dazu, die Projektionen zurückzunehmen und die volle Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Das Ziel ist Integration der abgespaltenen Anteile, liebevolle Annahme jeglicher Qualitäten, um in die Einheit zu gelangen. Wenn ich mich ganz annehmen kann, dann kann ich auch die Welt annehmen wie sie ist.
Mikrokosmos = Makrokosmos.
Es entsteht Gleichmut und Frieden. Und als »Nebenprodukt« Freude. Wie klingt das für Sie? Haben Sie Lust, diesen Faden mit mir weiterzuspinnen?
Zentrale Gedanken
Mikrokosmos = Makrokosmos.
Das ganze Universum ist in uns.
Ich bestehe aus hellen und dunklen Anteilen.
Nehme ich alles an mir an, gelange ich in die Einheit.
Polarität, Dualität: Es gibt immer hell und dunkel
»Jenseits von Richtig und Falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.«
Rumi
Ich möchte mit diesem Buch ein Verständnis für die Einheit herstellen. Damit Sie die Einheit in sich finden, aber auch die Einheit mit der Welt und der Umwelt erkennen. Dazu ist es erforderlich, dass wir uns zunächst mit der Polarität bzw. Dualität beschäftigen. Wie es das bekannte Yin-Yang-Prinzip verdeutlicht, gibt es in der Welt immer zwei Pole – hell und dunkel. Jeder Pol enthält wieder Anteile des anderen in sich und so fort. Beide Teile benötigen sich zwingend und ergänzen einander und bilden das Tao – die Ganzheit. Daraus ergibt sich, dass Polarität im Grunde ein Auseinanderfallen von zwei an sich zusammengehörenden Anteilen ist.
Wenn ein »Ich« entsteht, dann grenzt es sich von der Einheit (Gott, Feld, All-Einheit) ab. Mit diesem »Ich« beginnt Individualität. Und das ist der Beginn der Polarität.
Ich ↔ Du
Ich ↔ Andere
Innenwelt ↔ Außenwelt
Bitte machen Sie sich bewusst: Nichts in unserer sogenannten Wirklichkeit ist nicht polar. Wir haben zu allem einen Gegenpol!
Wenn wir einatmen, müssen wir ausatmen. Wenn wir geboren werden, müssen wir auch irgendwann sterben. Nach dem Tag kommt die Nacht. Es gibt nichts, was keine Polarität besitzt. Außer Gott. Gott ist nicht polar.
Polar zur Polarität ist die Einheit. Das ist das Ziel dieses Buches. Einheit in sich herzustellen, um sich dem Göttlichem zu nähern. Gott ist hier nicht im religiösen Sinne zu verstehen. Die meisten Religionen bleiben in der Polarität stecken (Gläubiger – Nichtgläubiger) und haben mit dem Gottesbegriff, wie ich ihn hier verwende, nichts zu tun.
Wir können Polarität niemals in ihrer Gleichzeitigkeit verwirklichen. Sie werden mir zustimmen, dass ich nicht gleichzeitig ein- und ausatmen kann. Dennoch benötige ich beide Anteile (die Einheit). An diesem Beispiel zeigt sich die Polarität in ihrer Zusammengehörigkeit.
Sobald ich aber andere Themen nehme wie Tod, Armut, Krankheit etc. sieht es schon schwieriger aus. Keiner möchte arm sein, leiden, sterben oder krank sein. Und doch sind es alles Anteile von uns. Einheit enthält alles, was ist.
Polarität lässt sich auch als zwei gegensätzliche Aspekte ein und derselben Sache verstehen. Es sind zwei Aspekte ein und derselben Wirklichkeit. Erst unser Bewusstsein trennt diese Aspekte auf. Durch die Annäherung mit unserem Bewusstsein und der Abhängigkeit unseres Bewusstseins von Raum und Zeit entsteht ein »Nacheinander« (erst ein- dann ausatmen). Hierdurch ist es uns unmöglich, eine Gleichzeitigkeit zu erkennen. Doch in der Einheit ist alles gleichzeitig vorhanden.
In der Polarität bedingt das eine das andere. Wenn ich keine Dunkelheit kennen würde, so könnte ich nicht über Licht sprechen. Ohne Krieg würde es keinen Frieden geben. Physikalisch betrachtet kann Licht sowohl Teilchen, als auch Welle sein.5 Es kann aber nie gleichzeitig beides sein. Entweder Teilchen oder Welle.
Meistens wollen wir nicht entdecken, dass wir alle Qualitäten der Welt in uns tragen, da es wohl keinen schwereren Weg gibt, als sich mit seinem dunklen Anteil zu beschäftigen. Wenn man mit dieser Arbeit an sich selbst anfängt, wird einem auf dem Weg vieles begegnen, was außerordentlich schmerzhaft ist. Dieser Weg berührt unser Herz. Doch es ist der einzige Weg, um sich selbst näher zu kommen. Jeder Schritt, den Sie auf diesem Weg tun, bringt Sie sich selbst – und damit der Einheit – ein Stück näher. Ich lade Sie ein, sich im nächsten Kapitel gemeinsam mit mir den sogenannten »Schatten« zuzuwenden, die jeder Mensch in sich trägt.
Zentrale Gedanken
Wir leben in einer Welt der Polarität.
Polarität ist ein Auseinanderfallen von zwei an sich zusammengehörenden Anteilen.
Beide zusammen ergeben ein Ganzes – die Einheit.
Mit dem Erleben der Individualität beginnt die Polarität.
Schatten: unsere unbewussten, ungeliebten Anteile
»Jeder Schatten ist auch immer ein Wegweiser zum Licht.«
Ernst Ferstl (Österr. Schriftsteller)
Der berühmte Psychoanalytiker C.G. Jung prägte den Begriff des Schattens.6 Der Schatten steht für den Teil von uns, der sich im Licht unseres Egobewusstseins ständig wandelt und verändert. Der Schatten bezeichnet jene Aspekte unseres Selbst, die wir noch nicht ganz in unser verantwortliches Bewusstsein integriert haben. Das »Böse« ist nur eine Hälfte. Es ist genauso in mir, wie das »Gute«. Da ich es aber nicht »haben möchte«, versuche ich, es zu verdrängen. Das »Böse« ist dann ein Anteil von mir, den ich nicht sehe. So,...