Wasser
Warum ist es für Hobbybrauer nützlich, sich mit dem Rohstoff Wasser zu beschäftigen?
•Die meisten Wässer sind nicht gleichermaßen gut für alle Biersorten geeignet.
•Die Kenntnis grundlegender Zusammenhänge ermöglicht eine Anpassung der Rezeptur an das vorhandene Wasser, gegebenenfalls auch eine gezielte Aufbereitung des Wassers.
•Dadurch lässt sich die Auswahl der anderen Rohstoffe optimieren, die Ausbeute erhöhen und die Qualität des Bieres verbessern.
Chemisch reines Wasser – H2O – gibt es allenfalls im Labor. Natürliches Wasser kommt praktisch nie in reiner Form vor. Bereits auf seinem weiten Weg von den Wolken zur Erde fängt es Staub, Pollen und sonstige Partikel ein. Wenn es als Niederschlag auf dem Boden angelangt ist und unterschiedliche Erdschichten oder Gesteine durchsickert, filtert das Erdreich jene Partikel zwar größtenteils aus, aber das Wasser reichert sich mit einer Reihe anderer Substanzen an. Es enthält daher stets Anteile von Gasen, Salzen und sonstigen Bestandteilen. Diese treten im Wasser grob-dispers (grob verteilt), kolloid-dispers (fein verteilt) oder dissoziiert (gelöst) auf.
Orts- oder regionenspezifische Biertypen entstanden in der Regel unter dem Einfluss des vorhandenen Wassers. Um Geschmack und Ausbeute zu optimieren, passte man Zutaten und Brauverfahren dem Wasser an. Man entwickelte beispielsweise Biere Münchner, Dortmunder, Wiener oder Pilsener Typs, um nur einige besonders bekannte zu nennen, von denen noch zu reden sein wird. Sie waren ohne das jeweils vorgefundene Wasser kaum denkbar. Darum haben wir unsere heutige Sortenvielfalt nicht zuletzt unterschiedlichen Wasserqualitäten zu verdanken, und wir können inzwischen auch erklären, warum diese Biertypen die jeweiligen Wässer optimal ausnutzen.
Wasserhärte
Ein entscheidender Parameter der Wasserqualität ist die Wasserhärte. Sie wird ausgedrückt in Grad deutscher Härte (°dH). Ein „deutscher Härtegrad“ entspricht 1 g Kalziumoxyd (CaO) in 1 hl Wasser (bzw. 10 mg CaO pro Liter Wasser – abweichend davon gibt es z.B. „englische“ oder „französische“ Härtegrade).
Dies ist freilich erst die Gesamthärte. Sie setzt sich zusammen aus Karbonathärte und Nichtkarbonathärte. Nach dem Gesetz über Einheiten im Messwesen vom 1.1.1978 wurden die Bezeichnungen zwar durch neue ersetzt, die alten Bezeichnungen sind aber noch immer weit überwiegend in Gebrauch. Das ist angesichts der unzumutbaren neuen Wortungetüme verständlich, und ich werde es nicht anders halten.
frühere Bezeichnung | heutige offizielle Bezeichnung |
Gesamthärte | Summe der Erdalkalien |
Karbonathärte | Karbonationen der Erdalkalien |
Nichtkarbonathärte | Nichtkarbonationen der Erdalkalien |
Was hat es mit den Begriffen auf sich? Zum Verständnis müssen wir uns auf das Terrain der Chemie begeben. Eingefleischte Chemiefans, die es noch genauer wissen wollen, können weitere Details in Heyses „Handbuch der Brauerei-Praxis“ oder in Narziß‘ „Abriss der Bierbrauerei“ nachschlagen. Wer das Periodensystem nicht kennt, kann die Informationen einfach ignorieren, oder sich in einem Chemiebuch mit ihm vertraut machen.
•Alkalimetalle sind Metalle der ersten Hauptgruppe des Periodensystems (das ist die erste Spalte von links). Insbesondere Natrium (Na) und Kalium (K) sind im Wasser enthalten.
•Erdalkalimetalle findet man in der zweiten Hauptgruppe des Periodensystems (der zweiten Spalte von links). Für uns sind vor allem Magnesium (Mg) und Calcium (Ca) von Interesse.
•Ionen (gr. ion = wandernd) sind positiv oder negativ gelade Teile von Molekülen, die je nach Ladung Kationen (+) oder Anionen (-) heißen, weil sie durch Elektrolyse (gr. lyo = ich löse, ich zerlege; Zerlegung eines Stoffes durch elektrischen Strom) zu den entgegengesetzt geladenen Polen der Stromquelle wandern. Kationen wandern zur Kathode (negativer Pol; gr. kata = hinab; hodos = Weg; sie wandern „stromabwärts“). Anionen wandern zur Anode (positiver Pol; gr. ana = hinauf; sie wandern „stromaufwärts“). Ihre Ladung wird durch ein oder mehrere hochgestellte Plus- oder Minuszeichen ausgedrückt. Da Moleküle nach außen hin neutral sind, müssen sich die Ladungen der zum Molekül gehörenden Ionen ausgleichen.
•Karbonate sind Salze, deren Moleküle als Anion ein CO32–-Ion aufweisen, z.B. Calciumkarbonat (CaCO3) oder Natriumkarbonat (Na2CO3). In Verbindung mit Kohlensäure (H2CO3) entstehen Hydrogenkarbonate. Sie enthalten HCO3--Ionen, z.B. Calciumhydrogenkarbonat (Ca(HCO3)2). Hydrogenkarbonate gehen bei einer Temperatur ab 60 °C (oder durch Fällmittel) in Karbonate über. Zugleich bilden sich Kohlendioxid (CO2) und Wasser (H2O), wobei das Kohlendioxid als Gas entweicht ( – deshalb steigen beim Erwärmen von Wasser bereits ab ca. 60 °C Bläschen auf) und das Karbonat unlöslich wird und ausfällt ():
•Die Karbonathärte besteht aus (Hydrogen-)Karbonationen, die mit Erdalkalimetall-Ionen (Mg2+, Ca2+) zusammen ein Molekül bilden. Karbonationen der Alkalimetalle (Na+, K+) spielen laut dieser Definition für die Karbonathärte keine Rolle. Da Hydrogenkarbonate, wie gerade gezeigt, beim Erhitzen in Karbonate umgewandelt werden und (als Kesselstein) ausfallen, nennt man die Karbonathärte auch vorübergehende Härte.
•Die Nichtkarbonathärte (auch permanente Härte) besteht aus Nichtkarbonationen (Säurereste der Schwefel-, Salz- und Salpetersäure SO42-, Cl-, NO3-), die mit Erdalkalimetall-Ionen zusammen ein Salz (Sulfat, Chlorid, Nitrat) bilden. Auch hier werden die Verbindungen der Alkalimetalle per Definition ausgeschlossen.
Die Zuordnung bestimmter Salze zur Nichtkarbonat- oder Karbonathärte zeigt die folgende Abbildung. Ihr lässt sich entnehmen, dass etwa Magnesiumkarbonat zur Karbonathärte beiträgt, Calciumsulfat hingegen zur Nichtkarbonathärte.
Bestandteile der Nichtkarbonat- und Karbonathärte
Für Bier ist neben der Karbonathärte vor allem ihre Relation zur Nichtkarbonathärte von Interesse. Brauwässer können diesbezüglich erhebliche Unterschiede aufweisen. Günstig für den Biergeschmack ist ein Verhältnis (Karbonathärte : Nichtkarbonathärte) von 1 : 2,5. Bei einem Verhältnis von 1 : 3,5 wird das Bier etwas heller. Diese Relationen sind aber eher selten anzutreffen, und es ist nicht erforderlich, Wasser aufzubereiten, nur um diese Verhältnisse zu erreichen.
Einige charakteristische Kombinationen (wenig oder viel Karbonathärte mit wenig oder viel Nichtkarbonathärte) haben zu den bereits erwähnten berühmten Biertypen (historische Werte für Pilsener, Münchner, Dortmunder, Wiener – wir kommen weiter unten darauf zurück) geführt, wie die Abbildung zeigt:
In enger Verbindung zur Wasserhärte steht der Säuregehalt des Wassers. Erst wenn wir uns damit befasst haben, können wir verstehen, warum die verschiedenen Biertypen entstanden sind.
Zunächst gilt:
•Karbonathärte ist für den Brauer gewissermaßen die „böse“, Nichtkarbonathärte dagegen die „gute“ Härte.
•Je höher die Karbonathärte, desto eher ist eine Aufbereitung des Wassers nötig, um Probleme beim Maischen zu vermeiden.
•Je höher die Nichtkarbonathärte, desto mehr wird den Problemen der Karbonathärte entgegengewirkt.
Säuregehalt (pH-Wert)
Der pH-Wert (lat. pondus Hydrogenii = Gewicht des Wasserstoffs) drückt aus, wie sauer oder basisch eine Lösung ist. Säuren haben einen Überschuss an H+-Ionen, Basen (Laugen) einen Überschuss an OH--Ionen. Neutrale Lösungen, in denen ein Gleichgewicht von H+-Ionen und OH--Ionen besteht, haben einen pH-Wert von 7. Saure Lösungen liegen darunter, basische Lösungen darüber. Je konzentrierter Säuren oder Basen sind, desto weiter entfernt vom neutralen Wert liegt ihr pH-Wert.
pH-Werte (0 bis 14) und ihre Bedeutung
Wenn die Wasserstoffionen-Konzentration in einer Lösung z.B. 10–6,5 beträgt, dann ist der pH-Wert 6,5. Wissenschaftler nennen diese 6,5 den „negativen dekadischen Logarithmus der Wasserstoffionen-Konzentration“. Aber das sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
Die Trinkwasserverordnung (TVO) sieht einen pH-Wert des Trinkwassers, welches ja normalerweise unser Brauwasser ist, zwischen 6,5 und 9,5 vor. Hobbybrauer können mit Indikatorpapier...