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E-Book

Hund auf Rezept

Warum Hunde gesund für uns sind

AutorDr. Milena Penkowa
VerlagKynos Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl188 Seiten
ISBN9783954640638
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Hunde sind gut für die Gesundheit - das ist schon länger bekannt. Aber wussten Sie, dass sie auch ganz konkret Krebs, Herzinfarkten und Demenz vorbeugen können? Dass Kinder, die mit Hunden aufwachsen, weniger unter Allergien und Asthma leiden oder Hunde selbst schwere Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer oder bösartige Tumore bessern können? Dr. Milena Penkowa legt detailliert dar, wie, warum und wann Hunde der kürzeste Weg zu besserer Gesundheit und Widerstandskraft und damit zu einem stress- und krankheitsfreien Leben sind. Auch wenn sie sich dabei auf streng wissenschaftliche Fakten stützt, ist das Buch ein echter Lesegenuss: Die aktuellen und zum Teil revolutionären Forschungsergebnisse führen uns deutlich vor Augen, wie eng miteinander verbunden Hund und Mensch nicht nur auf kulturhistorischer oder emotionaler, sondern auch auf biologischer Ebene sind. Hunde tun gut - wissenschaftlich erwiesen!

Milena Penkowa ist Neurowissenschaftlerin mit Schwerpunkt Gehirnforschung und hält zu diesem Thema Vorträge und Referate. Außerdem hat sie jahrelange Erfahrung in der Ausbildung, Zertifizierung und Anwendung von Therapiebegleithunden bei den verschiedensten Krankheitsbildern und ist selbst Hundebesitzerin.

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Leseprobe

Sinn für Kommunikation


Der Hund/der zahme Wolf besitzt einen sehr empfindlichen Detektions- und Wahrnehmungssinn, der zu seiner entscheidenden Bedeutung für das Alltagsleben von Menschen beigetragen hat – er bewacht, beschützt und alarmiert bei Ankunft ungebetener Gäste.22 In dieser Funktion gibt es einen spürbaren Unterschied zwischen dem Wolf und dem Hund, da sich vor allem der Hund des Bellens bedient.23 Bei der Zucht von Hunden, die sich für eine vorgegebene Funktion am besten eignen, z.B. bellendes Wach- und Alarmsystem, hat man besonders fähige Wachhunde züchten können.

Der Hund benutzt außerdem verschiedene Formen des Bellens, was ihm ermöglicht, uns verschiedene Botschaften zu vermitteln. Durch sein Bellen kann er bekunden, ob von einer Warnung, von Neugier, Schmerz, Furcht, Aggression, Isolation, von der Lokalisierung eines Ziels, einer Aufforderung zum Spielen oder zu physischer Aktivität die Rede ist.24 Obwohl nicht jeder Hundebesitzer immer diese Botschaften im Gebell seines eigenen Hundes unterscheiden kann, können die meistens ohne weiteres verschiedene Ausdrucksweisen ihres Hundes erkennen.

Neben dem Bellen eignet sich der Hund auch eine Reihe von informativen Geräuschen an, um an und mit uns Menschen zu kommunizieren, z.B. Heulen, Knurren, Kreischen, Wimmern, Winseln, Brummeln, Rumoren, Seufzen, Stöhnen usw. Ähnlich können wir mit einfachen verbalen Ausdrucksweisen signalisieren, ob das Verhalten des Hundes erwünscht oder unerwünscht ist. Generell sind hochfrequente Töne (freudiges Quietschen, Sprechen mit hoher Stimme) Ausdruck für Sympathie und Freude, während niederfrequente Töne (Brummen, Brüllen) Verbot und Warnung signalisieren.25 Mithilfe verschiedener Tonqualitäten, d.h. Tonlage, Tempo, Volumen und Frequenz ist es daher für Hund und Mensch möglich, über Töne zu kommunizieren.

Noch besser reagiert der Hund jedoch auf nonverbale Signale, die ein viel wichtigeres Werkzeug sind als die verbalen – nicht zuletzt wenn der Hund unser Verhalten, unseren mentalen Zustand oder unsere Intentionen entschlüsselt.26 Der Hund besitzt eine unübertroffene Fähigkeit, eine große Menge von Signalen zu registrieren und aufzufangen, die wir senden, ohne uns dessen notwendigerweise bewusst zu sein. Die visuelle Wahrnehmung des Hundes umfasst u. a. unsere Körpersprache, unsere Mimik, unseren Muskeltonus/unsere Muskelanspannung, unsere Atemfrequenz, unser Energieniveau, unsere Motorik, den Fokus unserer Aufmerksamkeit sowie unsere Gestik und unseren Ausdruck, woran er unseren emotionalen Zustand und unser Verhalten abliest und registriert.27

Das Sehvermögen des Hundes ist viel besser, als ihm nachgesagt wird. Das liegt unter anderem an der Anatomie des Hundeauges, das sehr viele lichtempfindliche Zellen (Stabzellen) auf der Netzhaut besitzt. Dies verschafft ihm einen Vorsprung bei der Wahrnehmung von Licht, Bewegung und Richtung.28 Außerdem besitzt es das sogenannte Tapetum lucidum, eine spezielle Zellschicht im Auge, die das gesamte ein- fallende Licht an die Netzhaut reflektiert und die Nachtsicht verstärkt. Das Tapetum lucidum ist der Grund, warum die Augen des Hundes im Dunkeln leuchten, wenn er auf helles Licht von Autos, Blitzlicht u. ä. trifft. Die vielen Stabzellen und das Tapetum lucidum bewirken, dass der Hund im Dunkeln und auf Distanz Bewegungen, selbst ein kleines, subtiles und entferntes Rucken, Muskelzuckungen oder den Schimmer von anderen Individuen, viel besser sehen kann als wir.29 Dafür ist die Sehschärfe aus der Nähe weniger gut als die des Menschen. Das ist auch logisch, da sich der Hund aus der Nähe anderer Sinne bedient.

Der Hund registriert so eine ganze Reihe an Informationen und Signalen anhand unserer Körpersprache, unserer Bewegungen, Anspannung oder Entspanntheit selbst dann, wenn wir anscheinend gar nichts unternehmen.30

Wenn ein Hund Sie kennengelernt hat, kann er anhand Ihrer Körpersprache frühzeitig voraussehen, wann Sie vom Computer aufstehen und mit ihm gehen werden. Er nutzt seine Erfahrung mit Ihrem Bewegungsmuster, Ihrer Körpersprache und Ihrem Muskeltonus und hat deshalb in der Gegenwart eine klare Erwartung an die Möglichkeiten der Zukunft, auch wenn Sie selbst glauben, dass Sie gar nichts ausdrücken.31

Der Hund ist das einzige Tier, das reflektorisch, das heißt ohne vorhergehendes Anlernen, auf die Bewegung der Menschen reagiert und aufmerksam uns und andere Individuen beobachtet, die unsere Aufmerksamkeit und unseren Augenkontakt haben.32 Wenn wir zum Beispiel mit ausgestrecktem Arm auf einen Gegenstand in der Umgebung zeigen, folgt der Blick des Hundes automatisch unserem Finger. Er kann auch anhand von Handzeichen oder Gesten eine Botschaft über z.B. die Platzierung eines Leckerbissens verstehen, den er anschließend aufspürt.33 Die Studien zeigen auch, dass unser engster Verwandter, der Schimpanse, nicht so eng mit dem Menschen verbunden ist wie der Hund.

Der Hund versteht also die Bedeutung unserer Gesten, wie z.B. wann und wo er Gegenstände, auf die wir deuten, finden und holen soll. Er versteht und registriert aber noch mehr als nur das konkrete Handzeichen. Eine neue Studie hat gezeigt, dass die Gedankentätigkeit und die Auffassungsfähigkeit kontextabhängig sind. So fängt der Hund ein visuelles Signal wie z.B. das Zeigen auf etwas oder ein Handzeichen mit Ausgangspunkt in dem Zusammenhang auf, in dem es vorkommt.34 Außerdem erkennt er die verschiedenen Gesichter des Menschen, die er mit seiner Fähigkeit der Stimmwiedererkennung paart, wenn er unsere Informationen deutet.35 Das bedeutet, dass selbst dann, wenn wir glauben, dass wir unserem Hund nur einen einfachen visuellen Befehl gegeben haben (z.B. auf den Hundekorb zeigen, damit er sich hineinlegt), dieser gleichzeitig unseren Muskeltonus, unseren Gesichtsausdruck und den Ausdruck unserer Augen erfasst und verwertet – und das alles, während er unsere Armbewegung sieht und sie an die Bedeutung: „Geh in deinen Korb!“ koppelt.36 Das Gehirn des Hundes integriert und verarbeitet somit eine Reihe gleichzeitiger, kontextueller Informationen, woraufhin er von seinem Ausgangspunkt in diesem Zusammenhang und den Umständen entsprechend reagiert.

Das erklärt auch, warum der Hund nicht immer das tut, was wir erwarten oder wir glauben, ihm abverlangt zu haben. Der Hund wird – meistens ohne unser Wissen – neben dem konkreten Befehl, den wir gegeben haben, eine Menge Signale von uns registriert haben. Falls wir geistig abwesend, emotional instabil oder nur weniger engagiert oder aufrichtig gegenüber dem Hund erscheinen, ist die Chance, dass er gehorcht, viel geringer als dann, wenn wir die Botschaft ganzherzig, anwesend und überzeugend kommunizieren. Die neueste Forschung zeigt mit anderen Worten, dass die Auffassung, die Informationsbehandlung und die Gedankentätigkeit (Kognition) des Hundes weiter entwickelt sind, als es im Zusammenhang mit der Konditionierung (wie ein bedingter Reflex) erklärt wurde. Dies sollte vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass das Gehirn des Hundes und des Menschen in Bezug auf Gewebestruktur, Biochemie, Kognition sowie das neurale Aktivitätsmuster viele gemeinsame Züge haben.37 Vergleichende Studien haben ein interessantes Detail hinzugefügt, nämlich, dass das Gehirn des Hundes in einer Weise funktioniert und arbeitet, die in mancherlei Hinsicht vieles mit dem des Menschen gemeinsam hat.38

Ein anderes Beispiel für die soziale Gedankentätigkeit und Gegenseitigkeit des Hundes ist, dass er unser Verhalten in Verbindung mit spezifischen Bewegungen, Körperhaltungen oder Gesten, die er beobachtet, durch Nachahmung wiederspiegelt.39 Ein Beispiel der menschlichen Spiegelung und Imitation voneinander ist das Gähnen. Wenn in einem sozialen Kreis einer zu gähnen beginnt, haben die Meisten die Erfahrung gemacht, dass es ansteckend ist, einem Gähnenden zuzuschauen. Das Gähnphänomen ist jedoch nicht nur Menschen vorbehalten, denn auch Hunde werden von unserem Gähnen angesteckt und imitieren es. Sie reagieren allerdings nicht auf eine konstruierte und unechte Form des Gähnens, bei der man den Mund öffnet und bewegt, ohne richtig zu gähnen.40 Dass ansteckendes Gähnen ein Ausdruck für Empathie ist, wird von unserem Wissen über Autismus bestätigt – einer Entwicklungsstörung, die unter anderem durch die Abwesenheit von Empathie und soziale Gegenseitigkeit gekennzeichnet ist. Wenn Menschen mit Autismus andere Personen gähnen sehen, lassen sie sich nicht so wie Menschen ohne Autismus anstecken, da Personen mit Autismus generell nicht die Fähigkeit besitzen, sich in die Gedanken und Gefühle anderer hinein zu versetzen.41

Mehrere Wissenschaftler haben dieses Phänomen beim Hund als Teil seines auf Gegenseitigkeit ausgelegten Wesens und seiner Fähigkeit zu sozialem Zusammenspiel beschrieben: Der emotionale oder physiologische Zustand einer Person hat damit auch Einfluss auf den emotionalen oder physiologischen Zustand des Hundes.42 Das bedeutet zum Beispiel, dass ein gestresster oder unausgeglichener Besitzer oft einen gestressten oder unausgeglichenen Hund hat.

Dies wird von einer Forschergruppe an der University of Lincoln in England bestätigt, die nachgewiesen hat, dass der Hund auch unseren Gesichtsausdruck viel exakter ablesen kann, als man bisher glaubte.43 So kann der Hund unseren emotionalen Zustand anhand unserer Gesichtsmimik entschlüsseln. Er belässt es nicht dabei, seine Artgenossen (andere Hunde) auf diese Art zu entschlüsseln, er kann seine Einschätzung vom Gemütszustand anderer anhand von Körpersprache, Mimik und Benehmen auch auf Menschen übertragen.

Die Fähigkeit des Hundes,...

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