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E-Book

Hybridkraftfahrzeuge

Grundlagen und Anwendungen mit Perspektiven für die Praxis

AutorChris Mi, David Wenzhong Gao, M. Abul Masrur
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl480 Seiten
ISBN9783527678082
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis52,99 EUR

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Leseprobe

2


Konzept der Automobil-Hybridisierung


2.1 Fahrzeuggrundlagen


2.1.1 Wesentliche Komponenten eines konventionellen Fahrzeugs


Moderne Automobile mit Verbrennungsmotor haben sich über viele Jahre entwickelt. Die heutigen Automobile begannen mit Dampfantrieb und gingen erst später in Fahrzeuge über, deren Antrieb auf einem Verbrennungsmotor (ICE, Internal Combustion Engine) basierte. Der Schwerpunkt dieses Abschnitts liegt bei den Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Die Fahrzeuge, die wir heute nutzen, haben also Diesel- oder Benzinmotoren. Statt des Begriffs Benzin wird auch der Begriff Ottokraftstoff verwendet. Der Verbrennungsmotor liefert die Energie für den Antrieb des Fahrzeugs. In Abb. 2.1 ist eine schematische Darstellung eines Verbrennungsmotors zu sehen.

Der Verbrennungsmotor verfügt über eine Brennkammer, in der Benzin oder Diesel gezündet wird. Der dadurch entstehende hohe Druck bewegt die Kolben. Der Kolben ist durch eine auf- und abgehende Stange mit der Kurbelwelle verbunden, wie Abb. 2.1 zeigt. An der Kurbelwelle ist ein Schwungrad befestigt, das wiederum mit einem Kraftübertragungssystem verbunden ist. Zweck des Kraftübertragungssystems ist es, Drehmoment- und Drehzahlprofil des Motors auf das Drehmoment- und Drehzahlprofil der Last abzustimmen. Abbildung 2.2 zeigt eine vereinfachte schematische Darstellung eines mit einem Verbrennungsmotor verbundenen Kraftübertragungssystems sowie einige zwischengeschaltete Komponenten.

Die vom Kraftübertragungssystem kommende Welle ist über einige zusätzliche mechanische Schnittstellen, wie z. B. das Differenzialgetriebe, mit den Rädern verbunden. Das gesamte Fahrzeugsystem eines modernen Autos ist in Abb. 2.3 dargestellt. Es sind auch einige wesentliche Basiskomponenten des Fahrzeugsystems zu sehen.

Abb. 2.1 Schnittmodellansicht eines Verbrennungsmotors.

Abb. 2.2 Kraftübertragungssystem mit verbundenem Verbrennungsmotor.

In Abb. 2.3a, b sind die Schnittmodellansichten eines Hybridfahrzeugs und eines normalen Fahrzeugs abgebildet. Die Komplexität und kompakte Unterbringung der zahlreichen Komponenten auf engstem Raum in einem modernen Fahrzeug wird deutlich.

Abb. 2.3 (a) Schnittmodelansicht eines Lexus RX 400h; (b) Schnittmodelansicht eines Lexus LS 400. Mit freundlicher Genehmigung von Wikimedia, http://en.wikipedia.org/wiki/File:Lexus_RX_400h_cutaway_model.jpg; http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lexus_Cutaway_LS_400.jpg.

2.1.2 Fahrzeug und Fahrwiderstand


Die vom Verbrennungsmotor erzeugte Leistung wird letztlich verwendet, um eine Last anzutreiben. In einem Automobil beinhaltet diese Last den Fahrwiderstand durch Reibung. Der Fahrwiderstand ist vom Straßenprofil (Bergauf-, Bergabfahrt) sowie von weiteren Einflussfaktoren der Umgebung abhängig, zum Beispiel Wind, Regen, Schnee usw. Zusätzlich wird ein Teil der im Fahrzeug erzeugten Energie beim Überwinden des Innenwiderstands innerhalb der Komponenten und Subsysteme des Fahrzeugs verschwendet, da kein Bauteil zu 100% effizient ist. Beispiele für derartige Subsysteme oder Komponenten sind Kühlerlüfter, zahlreiche elektrisch oder mechanisch betriebene Pumpen, Elektromotoren für Scheibenwischer, Fensterheber usw. Diese Bauteile sind nur ein paar wenige Beispiele aus einer langen Liste von Lasten im Auto. Die in diesen Geräten verloren gegangene Energie wird möglicherweise als Wärme in die Atmosphäre abgegeben.

Normalerweise bezeichnet man mit „Last“ den Betrag an Gegenkraft oder Drehmoment. Da sich Last nicht einfach durch eine einzelne Zahl oder einen numerischen Wert definieren lässt, brauchen wir eine wissenschaftlich genauere Definition. Last ist eine Menge von Zahlen, die sich durch eine Drehzahl-Drehmoment-Kurve bzw. Drehzahl-Kraft-Kurve, in Tabellenform oder als Schaubild definieren lässt, das heißt durch eine mathematische Gleichung, die den Zusammenhang zwischen Drehzahl und Drehmoment beschreibt. Analog lässt sich auch der Verbrennungsmotor durch seine Drehzahl-Drehmoment-Eigenschaften in Tabellenform oder anhand eines Schaubilds definieren, somit wiederum durch eine mathematische Gleichung. Der Betriebspunkt der Kombination des Drehmoments des Verbrennungsmotors und des Lastsystems ist der Schnittpunkt beider Kurven. Dieser Sachverhalt ist in Abb. 2.4 zu sehen.

Ein komplettes Fahrzeug bzw. ein automobiles System verfügt über zahlreiche Lasten. Einige davon sind elektrische Geräte, andere wiederum mechanische Geräte. Die elektrischen Lasten (Verbraucher) werden normalerweise mit einer niedrigen Spannung (nominell 12 V) betrieben. Lasten, die nicht dem Antrieb dienen, werden primär aus Sicherheitsgründen mit Niederspannung betrieben. Da es eine breite Palette an massenhaft produzierten Nichtantriebslasten (wie unten ausgeführt) gibt, ist es einfacher, die vorteilhafte Situation zu nutzen und auf bestehende Niederspannungskomponenten zurückzugreifen, als die Spannung des Bordnetzes umzustellen. Beispiele für derartige Lasten:

Abb. 2.4 Eigenschaften von Last und Verbrennungsmotor eines Fahrzeugs.

  • Bremsanlage – mechanisch (hydraulisch oder elektrisch unterstützt, Niederspannung);
  • Klimaanlage – generell mechanisch;
  • Kühlerlüfter – kann mechanisch Riemen-getrieben sein (oder elektrisch, Niederspannung);
  • zahlreiche Pumpen – können mechanisch angetrieben sein (oder elektrisch, Niederspannung);
  • Fensterheber – elektrisch;
  • Türschlösser – elektrisch;
  • Scheibenwischer – elektrisch;
  • zahlreiche Leuchten – nicht-motorische Last, elektrisch, Niederspannung;
  • Radio, TV, GPS – nicht-motorische Lasten, elektrisch, Niederspannung;
  • zahlreiche Steuergeräte – z. B. Steuergeräte für Verbrennungsmotor, Getriebe, Karosserie
  • sowie zahlreiche Mikroprozessoren für Rechenaufgaben – nicht-motorische Lasten, elektrisch, Niederspannung.

2.1.3 Fahrzyklen und -gelände


Ein Fahrzeug wird im Betrieb allen möglichen Streckenprofilen und Umgebungsbedingungen ausgesetzt. Daher ist es kaum möglich, die Lasten für alle Betriebsbedingungen im Voraus zu kennen. Es ist natürlich möglich, Experimente durchzuführen und im Fahrzeug Sensoren etc. anzubringen, die Drehzahl und Drehmoment überwachen. Aber es ist schlicht unmöglich, dies für alle Betriebsbedingungen und alle Fahrzeugplattformen zu tun. Wegen technischer Studien wurden einige wenige Situationen experimentell erarbeitet, mit denen mehr oder weniger typische Straßen- und Geländeprofile abgedeckt sind. Mit diesen Profilen lassen sich zahlreiche willkürliche Straßenprofile erstellen und synthetisch darstellen. Solche Profile können Situationen wie Stadtfahrten, Überlandfahrten oder das Abfahren eines speziellen Geländeprofils (Bergauf-/Bergabfahrt) beinhalten, um nur einige zu nennen. Fahrzyklen liefern nur die Zeitachse und die zugehörigen Geschwindigkeitsänderungen. Die zugehörigen Bezeichnungen sagen etwas über die Art des Fahrzyklus aus, z. B. Stadt-, Überlandzyklus etc. Die Fahrzyklusdaten selbst geben keinerlei Auskunft über das Gelände. Es ist die zu den Daten gehörende Bezeichnung, die uns sagt, welcher Fahrzyklus durchfahren wurde. Ein möglicher Fahrzyklus ist in Abb. 2.5 dargestellt (www.epa.gov/oms/standards/light-duty/udds.htm).

Abb. 2.5 Ein typischer Automobil-Fahrzyklus. EPA-UDDS (Stadtzyklus nach EPA, UDDS = Urban Dynamometer Driving Schedule) Dauer 1369 Sekunden, Strecke 7,45 Meilen, Durchschnittsgeschwindigkeit 19,59 mph. Mit freundlicher Genehmigung der US EPA, www.epa.gov/oms/standards/light-duty/udds.htm.

Wenn also ein Fahrzeug verschiedene Fahrsituationen durchfahren soll, etwa teilweise Stadt-, teilweise Überlandfahrt usw., dann erhält man die Geschwindigkeits-Zeitdaten durch Synthetisierung mehrerer typischer Fahrzyklen.

Die anschließend zu stellende Frage ist, auf welche Weise die Fahrzyklusinformation genutzt wird. Angenommen, wir möchten den Kraftstoffverbrauch bzw. die Kraftstoffeffizienz eines bestimmten Fahrzeugmodells X ermitteln. Es reicht nicht aus, zu sagen, Fahrzeug X verbraucht 9,4 l/100 km bzw. besitzt eine Kraftstoffeffizienz von 25 mpg. Wir müssen ebenfalls sagen, unter welchen Bedingungen dies erreicht wurde, das heißt, ob der Wert im Stadtfahrzyklus oder dem Überlandfahrzyklus usw. erreicht wurde. Erst dann lässt sich Fahrzeug Y mit Fahrzeug X unter ähnlichen Fahrzyklusbedingungen fair vergleichen.

Da verschiedene Fahrzeugtypen komplett unterschiedliche Stillstands- und Fahrzeiten haben, lässt sich der Fahrzyklus eines Pkw nicht mit dem eines Müllwagens oder Post-Lieferwagens vergleichen. Analog lässt sich der Fahrzyklus eines schweren Muldenkippers auch nicht mit den genannten Fahrzeugtypen vergleichen. Wir kommen darauf in einem späteren Kapitel über Geländefahrzeuge zurück. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wir mithilfe von Fahrzyklen Fahrzeuge fair miteinander vergleichen können, insbesondere hinsichtlich Kraftstoffeffizienz bzw. -verbrauch, aber auch...

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