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E-Book

Ich geb auf mich acht

Eigene Bedürfnisse wahrnehmen, Nein sagen lernen

AutorGeri Scazzero
VerlagBrunnen Verlag Gießen
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl208 Seiten
ISBN9783765572999
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Ich war immer davon ausgegangen, dass eine 'gute und liebevolle Christin' bestimmte Qualitäten aufzuweisen hat: Sie sagt niemals Nein, sie hat einen vollen Terminkalender voller sozialer Kontakte, sie jongliert mit vielen Verpflichtungen gleichzeitig, ohne sich zu beklagen, sie schafft vieles, und sie stellt stets die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen. Um jeden Preis wollte ich so eine gute und liebevolle Christin sein. Bis ich es eines Tages nicht mehr aushielt ... Geht es Ihnen manchmal wie Geri Scazzero? Brauchen Sie Wasser für Ihre vertrocknete Seele? Dann lassen Sie sich durch die Geschichte der Pastorenfrau und vierfachen Mutter ermutigen, aus einengenden Denkweisen auszusteigen und zu einem kraftvollen Ja zu sich selbst zu finden.

Geri Scazzero ist Autorin, Rednerin auf internationalen Konferenzen und Mutter von vier Töchtern. Ihr Mann Peter ist Bestsellerautor und Pastor einer großen New Yorker Gemeinde.

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Leseprobe

1
Schluss mit: Was denken die anderen von mir?


„Jetzt ist endgültig Schluss!“, sagte ich zu meinem Mann. „Ich verlasse unsere Gemeinde. Sie bringt mir kein neues Leben, sie bringt mich um. Ich suche mir eine andere.“

Seit Monaten schon hatte ich diesen Schritt mit mir herumgetragen und mir vorgestellt. Mein Mann war Pastor der Gemeinde, daher war das keine leichtfertig getroffene Entscheidung. Immer wieder hatte ich in den letzten Jahren versucht, mehr Aufmerksamkeit von Pete zu bekommen, ihn dazu zu bringen, meine Müdigkeit und meinen Frust zu bemerken. Vergeblich. Und nun war ich endgültig am Ende.

„Das kannst du nicht machen“, erwiderte Pete, sichtlich verärgert. „Das ist lächerlich.“

Ich schwieg, entschlossen, diesmal nicht klein beizugeben.

„Was ist mit den Kindern? Wo sollen sie in Zukunft hingehen? Das wird nicht funktionieren. Hab noch ein Jahr Geduld, dann wird sicherlich alles leichter.“

Er führte weitere Gründe dafür an, warum meine Idee, diese Gemeinde aufzugeben, nicht gut war, und mit jedem Satz, den er sagte, spürte ich, dass seine Angst wuchs.

„Was ist mit Gott? Hat er uns nicht beide in diese Arbeit berufen? Schau auf all das Gute, das er wirkt. Menschen erleben echte Veränderung!“

Damit hatten sich sämtliche Gegenargumente erledigt. Diesen „frommen Trumpf“ hatte Pete von Anfang an in unserer Ehe ausgespielt.

Seit Jahren schon fühlte ich mich von Pete zurückgewiesen und ignoriert, und jetzt war mir alles egal. Schlimmer konnte es nicht mehr werden. Pete investierte so viel Zeit und Arbeit in die Gemeinde, dass es mir vorkam, als würde ich unsere vier Töchter ganz allein erziehen.

Erst vor einigen Monaten hatte ich ihm gesagt: „Mein Leben wäre um einiges leichter, wenn wir uns trennen würden. Denn dann müsstest du zumindest an den Wochenenden die Kinder nehmen und ich hätte auch mal Zeit zum Durchatmen.“ Das war mir zwar durchaus ernst, aber im Grunde doch eine leere Drohung. Mein Bedürfnis, den Erwartungen anderer gerecht zu werden, war viel zu groß, als dass ich wirklich konsequent für meine eigene Sache gekämpft hätte.

Ich war zu diesem Zeitpunkt bereits seit vielen Jahren Christin, aber was meine Identität bestimmte, war nicht in erster Linie Gottes Liebe zu mir, sondern die Frage: Was denken die anderen über mich? Die negativen Auswirkungen dieser Haltung zogen sich durch alle Lebensbereiche – meine Ehe, mein Verhältnis zu meinen Kindern, meine Freundschaften, meine Mitarbeit in der Gemeinde, sogar meine Hoffnungen und Träume.

Aber jetzt hatte ich die Angst davor, was andere über mich denken oder sagen könnten, verloren. Denn ich hatte nichts mehr zu verlieren. Ich hatte so viel von mir aufgegeben, dass ich mich selbst kaum noch wiedererkannte. Die kreative, extrovertierte, positive Geri, mit der jeder gerne zusammen war, gab es nicht mehr. Ich war nur noch mürrisch, depressiv, müde und wütend.

Unsere Gemeinde wuchs, und viele Menschen erlebten radikale Veränderungen, aber der Preis dafür war schlicht zu hoch und ich war nicht länger gewillt, ihn zu zahlen. Die ganze Welt für Christus zu gewinnen, dabei aber meine eigene Seele zu verlieren – das konnte einfach nicht richtig sein.

Ich jammerte Pete vor, wie unglücklich ich war, und machte ihn für mein Elend verantwortlich. Verschlimmert wurde die Lage noch dadurch, dass ich mich schämte und Schuldgefühle entwickelte. Eine gute Pastorenfrau war doch schließlich kooperativ und zufrieden! Ich war an einem Punkt angelangt, an dem es mir so schlecht ging, dass es mich nicht die Spur interessierte, was andere von mir dachten. Es war mir egal, ob sie mich als „schlechte Pastorenfrau“ oder auch als „schlechte Christin“ sahen.

Ich wollte nur noch weg.

Jemand, der nichts mehr zu verlieren hat – so sagt man –, entwickelt ungeahnte Kräfte. Und genauso ging es mir jetzt.

Schon in der folgenden Woche ging ich in eine andere Gemeinde.

Im Rückblick bin ich traurig und zutiefst beschämt darüber, dass es so lange gedauert hat, bis ich endlich aktiv wurde. Die Angst davor, was andere denken könnten, hatte mich viele Jahre gelähmt.

Dieser Entschluss, die Gemeinde zu verlassen, war nur der erste kleine Schritt hin zu echter Freiheit in Christus. Ich sollte noch lernen, dass das eigentliche Problem nicht die Gemeinde war … oder Pete … oder das New Yorker Verkehrschaos … oder unsere vier kleinen Kinder. Die harte Wahrheit lautete: Das eigentliche Problem war ich selbst. In mir würde sich Grundlegendes ändern müssen.

Ich bin okay – wenn andere das sagen


Unbewusst waren Pete und ich so etwas wie emotionale siamesische Zwillinge geworden. Auf ungesunde Art und Weise waren wir „zusammengewachsen“. Ich wollte, dass Pete denkt und fühlt wie ich; Pete wollte, dass ich denke und fühle wie er. An das Gemeindegründungsprojekt in New York sollte ich mit derselben Begeisterung und Leidenschaft herangehen wie er. Ich wiederum erwartete, dass er merkte, wie sehr ich unter den Problemen in unserem Leben litt – viel Arbeit, wenig Geld, keine Erholungspausen, schwierige Menschen.

Außerdem hatten wir uns angewöhnt, die Verantwortung für die Gefühle des anderen zu übernehmen. Traurigkeit, Wut oder Angst von Petes Seite fielen sozusagen in mein „Ressort“ und umgekehrt. Wir agierten nicht mehr miteinander, sondern reagierten nur noch aufeinander. Wir bauten einen Schutzwall gegen Emotionen auf, indem wir bagatellisierten, Schuldzuweisungen machten und Aussagen anzweifelten. Es erforderte einen radikalen chirurgischen Eingriff, unsere emotionalen Welten voneinander zu trennen. Wir waren als Einzelpersonen nicht Individuum genug, um in der Ehe echte Verbindung und Gemeinschaft genießen zu können. Aber ich fürchtete die negativen Konsequenzen, wenn ich aus unserem emotionalen Eiertanz ausstieg. Pete war kein Unmensch, aber trotzdem rührte Ablehnung von seiner Seite an den Kern meiner Identität: Wenn Pete böse auf mich war, musste ich wohl böse sein. Allein der Gedanke, Pete – oder jemand anderes – könnte schlecht von mir denken, war für mich der pure Horror. Es fühlte sich an wie Sterben.

Aber eines war auch klar: Ich war ja schon mehr tot als lebendig. Ich konnte kaum noch atmen.

In den ersten neun Jahren unserer Ehe passte ich mich Petes Wünschen vollständig an. Den Wunsch, zurück in den Schuldienst zu gehen, verwarf ich schnell, weil eine berufliche Tätigkeit meinerseits sich nicht mit Petes vollem Terminkalender vereinbaren ließ. Ich vermied es, schwierige Themen anzusprechen, die zu Spannungen hätten führen können. Ich konnte es nicht aushalten, wenn Pete grollte oder ärgerlich auf mich war. Was sollte ich tun? Würde er nicht darunter leiden, wenn ich plötzlich anfing, ein selbstbestimmtes Leben zu führen?

Ich merkte sehr schnell, dass dieses Thema mehr betraf als nur meine Beziehung zu Pete. Ungesunde Muster von Selbstaufopferung und Anpassung durchzogen mein Leben auch in anderen Bereichen – in Freundschaften, in der Gemeinde, zu meinen Kindern und meiner Herkunftsfamilie.

Die meisten Menschen freuen sich, wenn ihnen – verbal oder nonverbal – vermittelt wird: Du bist in Ordnung. Das ist bei mir nicht anders und das ist ja auch gut so. Ich genieße das Gefühl, unterstützt und akzeptiert zu werden. Schwierig wird es allerdings, wenn ich ohne Bestätigung durch andere nicht mehr leben kann und sie unbedingt haben muss. Leider war das bei mir der Fall. Anders ausgedrückt: Ich fand mich okay, wenn ich das Gefühl hatte, dass andere mich okay finden.

Wann bin ich okay?


Auf die Bestätigung anderer zu warten, um uns selbst gut fühlen zu können – das steht in direktem Widerspruch zum biblischen Denken in diesem Punkt. Unsere Liebens-Würdigkeit, d. h. das Gefühl, gut genug und der Liebe der anderen würdig zu sein, okay zu sein, sollte sich nicht am Urteil anderer festmachen, sondern an zwei grundlegenden Sachverhalten:

Wir sind nach Gottes Bild geschaffen. Als Ebenbilder Gottes haben wir einen selbstverständlichen, ganz natürlichen Wert. Wir sind geheiligte Kostbarkeiten, unglaublich wertvoll, und kein Verhalten, keine Tat wird daran etwas ändern.

Wir haben in Christus eine neue Identität. Wenn wir uns auf eine persönliche Beziehung mit Christus einlassen, finden wir in ihm eine ganz neue Identität vor Gott. Er hat eine neue Beziehung zu Gott für uns ermöglicht. Wir sind liebenswert, „okay“ und gut genug – durch Christus. Wir müssen das nicht mehr beweisen.

Ich weiß nicht, wie viele Jahre lang ich wichtige Bibelverse auswendig lernte, Galater- und Römerbrief studierte und über die Gerechtigkeit, die Christus mir zuspricht, als Grundlage meines Lebens...

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