Die Anwendungsbereiche für die Weichteiltherapie haben sich in den letzten zehn Jahren deutlich erweitert. Der wohl größte Wachstumsmarkt sind die Sportmedizin und die Sportlerbetreuung. Zahlreiche manipulative Techniken (Active Release Technique, Weichgewebe-Release, Myofascial Release) wie auch Nadeltechniken (darunter Akupunktur, intramuskuläre Stimulation und Dry Needling) sind zum allgemeinen Standard in der therapeutischen »Werkzeugkiste« geworden und werden sowohl in der Erholungsphase als auch zur Leistungssteigerung und zur Verletzungsprävention eingesetzt.
Die steigende Bedeutung der Weichteiltherapie dürfte kaum überraschen angesichts des Einflusses, den der Gesundheitszustand des Weichgewebes auf den sportlichen Erfolg hat. Vielleicht liegt es daran, dass sich in den Weichgeweben viele der Sinnesorgane und -systeme (Golgi-Sehnenorgane, Muskelspindeln und Mechanorezeptoren der Gelenkkapseln, um nur einige zu nennen) befinden, ohne die das zentrale Nervensystem nicht die Bewegungen koordinieren und die Kräfte erzeugen könnte, die für eine spezielle Fertigkeit oder Handlung erforderlich sind.
Wenn die Weichgewebe sich nicht optimal bewegen, dehnen, zusammenziehen und »spüren«, können wir bei der motorischen Kontrolle und Koordination sowie beim motorischen Output keine optimalen Ergebnisse erwarten und damit auch keine optimale Leistung. Die besten Rehabilitationsprogramme können keine schwache Weichgewebequalität kompensieren, da gesundes Weichgewebe für eine optimale Aktivierung der motorischen Einheiten und für die Krafterzeugung erforderlich ist. Durch die Arbeiten von Forschern wie Carla und Antonio Stecco, Tom Meyers und H. van der Wall wissen wir, dass Funktionsketten aus Agonisten, Synergisten, Antagonisten und myofaszialen Gruppen direkt über Retinacula, intermuskuläre Septen, interossäre Membranen und myofasziale Erweiterungen miteinander verbunden sind. Tatsächlich haben die Forschungen der Steccos gezeigt, dass über 40 Prozent des Muskel-Sehnen-Gewebes der Muskeln nicht am Muskelansatz am Knochen enden, sondern in die oben erwähnten Weichgewebestrukturen übergehen. Angesichts dieser Fakten sind eine präzise Bewertung und Diagnose und daran anschließend die Wahl einer passenden Weichgewebebehandlung von entscheidender Bedeutung, um die Bedürfnisse von Sportlern im Leistungssport zu erfüllen.
Paula Clayton hat ihr ganzes Berufsleben im Leistungssport gearbeitet, erst als Weichgewebetherapeutin und in jüngerer Zeit als Physiotherapeutin. Angesichts ihrer Erfolge als Weichteiltherapeutin (sie war eine wichtige Stütze des britischen Leichtathletikverbands British Athletics, half vielen Sportlern bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften aufs Treppchen und arbeitete zudem jahrelang in der Premier League im britischen Fußball und Rugby) war ich überrascht, als sie für die Ausbildung zur staatlich geprüften Physiotherapeutin noch einmal die Schulbank drückte. Hätte ich so viel Zeit und Mühe wie Paula investiert, um mir im Laufe der Jahre so viel unbestreitbares Können anzueignen, und so vielen dabei geholfen, in ihren jeweiligen Sportarten bis ganz nach oben zu kommen, hätte ich vermutlich kein neues Vollzeitstudium angefangen. Doch wie sie es in der Vergangenheit immer wieder getan hatte, stellte sich Paula dieser Herausforderung und meisterte sie mit Bravour. Dank ihres umfassenden akademischen Wissens und ihrer unerreichten Erfahrung versammelt dieses Buch alles, was ein Therapeut für die Arbeit mit Sportlern braucht.
Iliosakralgelenk-Blockaden und das Piriformis-Syndrom liefert das Wie, vor allem aber das Warum für die verschiedenen Ansätze, die ein Therapeut in der Behandlung wählen kann. Wie ich als Dozent häufig sage: Wenn man zu Beginn der Behandlung das Warum nicht beantworten kann, sollte man erst einmal gar nichts unternehmen, bis man diese Antwort hat.
Ich habe mit Paula bei British Athletics in den drei Jahren vor den Olympischen Sommerspielen 2012 in London zusammengearbeitet. In unseren Mannschaften fiel in dieser Zeit die Verletzungshäufigkeit von rund 30 Prozent (Anteil der Sportler, die zu einem Zeitpunkt verletzungsbedingt nicht für Wettbewerbe zur Verfügung standen) auf einstellige Prozentwerte. Dieser Rückgang war fast so beeindruckend wie die stetig steigende Anzahl der Medaillengewinne unserer Mannschaften in den großen Wettbewerben dieser drei Jahre vor und während der Spiele. Diese Ergebnisse waren kein Zufall. Ein Großteil ließ sich vielmehr auf die harte Arbeit und das fachliche Können zurückführen, die Menschen wie Paula in den Verband einbrachten.
Dieses Buch soll als Handbuch Ihre Fertigkeiten verbessern und Ihnen letztendlich dabei helfen, ein besserer Therapeut oder eine bessere Therapeutin zu werden. Je mehr Fertigkeiten wir erwerben, desto besser unsere Ergebnisse, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass unser Können bei entsprechender Gelegenheit seinen Teil dazu beiträgt, dass Sportler ihre eigenen Erwartungen erfüllen, ob im Amateurbereich oder als Teil eines Teams bei den Olympischen Spielen. Nehmen Sie sich die Zeit, von jemandem zu lernen, der Sportlern immer wieder dabei geholfen hat, große Ziele zu erreichen, denn echter Erfolg stellt sich nicht über Nacht ein, sondern ist ein nachhaltiger und kontinuierlicher Prozess - ein untrügliches Zeichen für wahre Meisterschaft.
Dr. Gerry Ramogida ist ein international anerkannter Chiropraktiker und Therapeut im Leistungssport, der bereits mit zahlreichen kanadischen Nationalmannschaften arbeitete. Bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in London war er leitender Performance Therapist des Leichtathletikverbandes British Athletics. Derzeit arbeitet Dr. Ramogida bei Fortius Sport and Health in Vancouver (British Columbia) als Leiter der chiropraktischen Abteilung sowie als medizinischer Leiter des World Athletics Center (WAC) und des WAC Canada.
In meiner elfjährigen engen Zusammenarbeit mit Paula (ab 2003) am English Institute of Sport (EIS) und bei British Athletics habe ich festgestellt, dass man selten praktizierende Therapeuten trifft, die ein so klares Verständnis und so viel Respekt vor jedem Mitglied eines multidisziplinären Teams aufbringen. Paula hat wirklich einzigartige Fähigkeiten, darunter auch die sehr seltene Gabe, dank ihrer Einsicht und ihres Selbstbewusstseins zu wissen, wann sie nichts tun muss. Durch ihre große Versiertheit in Beurteilung und Auswertung kann sie wichtige Beiträge zu Arbeitsdiagnosen und Behandlungsplänen leisten. Sie verfügt über ein tiefes Verständnis für funktionale und ereignisspezifische technische Bewegungsmuster und kann damit wiederum auf allen Ebenen zur Leistungssteigerung beitragen. Als vorbildliche Therapeutin genießt Paula großen Respekt bei ihren Kollegen im multidisziplinären Team genauso wie bei Trainern und Sportlern. Wegen ihrer persönlichen und beruflichen Fähigkeiten, ihres Engagements und ihrer Ehrlichkeit und weil sie immer zuhört und hilfsbereit ist, wird sie von allen sehr geschätzt. Während der letzten drei olympischen Zyklen (einschließlich der Olympischen Spiele und Weltmeisterschaften) war sie ein wichtiges Mitglied des medizinischen Teams, war an den meisten Trainingslagern beteiligt und leistete auf allen Ebenen große allgemeine und individuelle Beiträge.
Viele der aktuellen Bücher auf dem Markt stellen Einzeltechniken vor, aber Paula hat es sich zum Ziel gesetzt, alle Werkzeuge aus ihrem Repertoire auszubreiten, mit denen Verletzungen und Funktionsstörungen behandelt und für Erholung gesorgt werden kann. Dank der sorgfältigen Anwendung aktueller Literatur und detaillierter Beschreibungen von Untersuchungs- und Behandlungstechniken wird dieses Buch zum Standardwerk für Studierende, Berufsanfänger und erfahrene Praktiker avancieren.
Nach der Lektüre sind Sie umfassend informiert und können sich sicher sein, dass die hier beschriebenen Techniken nicht nur klinisch relevant und effektiv sind, sondern dass ihre Grundprinzipien von der aktuellen Forschungslage unterstützt werden. Wenn Sie dieses Buch heute zur Hand nehmen, sind Sie bereits auf dem richtigen Weg, mit Physiotherapietechniken leistungsrelevante Ergebnisse zu erreichen, sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch unter Sportlern.
Neil Black ist Performance Director im Verband British Athletics. Zuvor fungierte er ab November 2004 als leitender Physiotherapeut des Verbandes und ab Dezember 2007 als sportmedizinischer und wissenschaftlicher Leiter. In seiner Zusammenarbeit mit dem britischen Dachverband und mit Sportlern war er an den meisten Wettbewerben seit den Paralympischen Spielen 1992 beteiligt.
Es ist mir eine Ehre und ein Privileg, Ihnen dieses Buch präsentieren zu dürfen. Ich habe mich bemüht, alles mit hineinzunehmen, was Sie meiner Meinung nach brauchen, um gute Ergebnisse zu erzielen, und Sie dabei hoffentlich nicht mit Informationen zu erschlagen. Es ist mir ein großes Anliegen, Menschen zu helfen und mithilfe von Weichgewebetechniken die Ergebnisse zu erreichen, die meine Sportler, meine Privatpatienten und ich anstreben, und auf die Ziele hinzuarbeiten, auf die wir uns gemeinsam geeinigt haben.
Ich arbeite schon seit vielen Jahren im Bereich der leistungsrelevanten Weichgewebetherapie, darunter vier Jahre im Profi- und Meisterschaftsbereich im Fußball und fast zwölf Jahre als leitende Performance Therapist beim English Institute of Sport und bei British Athletics. In dieser Zeit hatte ich die fantastische Möglichkeit, mit den britischen Turmspringern zu den Commonwealth Games und mit den britischen Leichtathleten dreimal zu den Olympischen Spielen (Athen, Beijing und London) zu reisen sowie als Teil des...