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Im dunkelsten Afrika

Die legendäre Emin-Pascha Expedition

AutorHenry M. Stanley
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl128 Seiten
ISBN9783749493449
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis8,99 EUR
Im Sudan, der ab 1821 unter die Herrschaft der osmanischen Vizekönige von Ägypten gekommen war, brach 1881 der Mahdiaufstand aus. Nach dem Abzug der anglo-ägyptischen Truppen aus dem Sudan behauptete sich der deutsche Forscher Emin-Pascha als Gouverneur der südlichsten Provinz des Sudan Äquatoria. Emin-Pascha, bürgerlich Eduard Schnitzer, schrieb einen Brief an die Times, in dem er um Hilfe bat. Die Empathie in der britischen Bevölkerung führte dazu, dass rasch die finanziellen Mittel für eine Expedition zur Befreiung Emin-Paschas aufgebracht wurden. Der Afrikaforscher Henry M. Stanley wurde beauftragt, die Expedition zu leiten. Ob und wie es Stanley gelang Emin-Pascha zu retten und welche Abenteuer er auf seiner Expedition erlebte, das beschreibt der Autor Stanley in diesem Buch.

Der britisch-amerikanische Journalist, Afrikaforscher und Buchautor Sir Henry Morton Stanley, auch Bula Matari ("der die Steine bricht"), wurde durch seine Expeditionsreisen in Afrika und die Erforschung und Erschließung des Kongo bekannt. Bei seiner Rückkehr von der Emin-Pascha-Expedition wurde ihm in Europa ein triumphaler Empfang bereitet. Er wurde mit Ehrungen überhäuft, erhielt Medaillen mehrerer europäischer wissenschaftlicher Gesellschaften und Ehrendoktorwürden der Universitäten Oxford, Cambridge, Durham und Edinburgh.

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Leseprobe

1. Emin-Pascha in Not.

Wie einst Alexander der Große in kühnen Feldzügen sich Asiens Völkerschaften unterworfen hatte, wollte Ismail Pascha, der Khedive von Ägypten, in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Eroberer Afrikas werden. Das Ziel seiner Machtgelüste war vor allem der an Naturschätzen reiche Sudan. Während Alexander Sieg um Sieg an der Spitze seiner Truppen erfochten hatte, saß der Khedive in seinem Prunkpalast zu Kairo, vergeudete die Steuern seiner fleißigen Untertanen und überließ die Kriegführung seinen Paschas und Beis. Daher wurde er schließlich, im Jahre 1879, auf Betreiben der Mächte abgesetzt und sein Sohn Mehmet Tewfik zum Khedive ernannt.

Die Unzufriedenheit der ägyptischen Bevölkerung mit dem gewissenlosen Herrscher und die Verworrenheit der wirtschaftlichen und politischen Zustände im Land nützte der 1844 in Dongola gebotene religiöse Eiferer Mohammed Achmed aus. Unter dem Vorgehen, der lang ersehnte „Mahdi“, der von Gott Gesandte, zu sein, wiegelte er seit 1881 im Sudan einen Stamm nach dem andern gegen die ägyptische Regierung auf. Mit grenzenlosem Fanatismus schürte er den Hass, und durch ihn wurde der Sudan zum Schauplatz grausamer Kämpfe. Durch die 1882 von Arabi-Pascha angezettelte Militärrevolte veranlasst, hatte England die Leitung der ägyptischen Regierungsgeschäfte übernommen und damit auch die Verpflichtung, für Ruhe und Ordnung im Lande zu sorgen.

Unter Führung englischer Generale wurden Truppenmassen aufgeboten, aber im November 1883 wurde die Armee Hicks-Paschas bei El-Obeid vernichtet, 12000 Mann verloren dabei ihr Leben. Und im Februar 1884 büßte ein anderer englischer General ebenfalls den größten Teil seiner Mannschaft in blutigen Kämpfen ein. Später gelang es General Gordon-Pascha, auf dem Wege friedlicher Verhandlungen die Kriegsgelüste der feindlichen Stämme auf kurze Zeit zu dampfen. Doch bald wurde auch er von den fanatischen Derwischen, den Anhängern des Mahdi, überwältigt und in seiner Hauptstadt Chartum, am Zusammenfluss des Weißen und Blauen Nil, Ende Januar 1885 getötet. Gordon war früher schon, von 1874 bis 1876, im Interesse der Zivilisation im Sudan tätig gewesen. Zur Verwaltung von Äquatoria, der südlichsten Sudanprovinz, hatte er den 1840 in Oppeln geborenen deutschen Arzt Eduard Schnitzer berufen, der in türkischen Diensten den Namen Emin, der ,,Getreue“, angenommen hatte.

Truppen auf Truppen hatten die Engländer gegen Süden geschickt, die kleinsten Erfolge mussten mit ungeheuren Opfern erkauft werden, und bald geriet der Vormarsch völlig ins Stocken. Es gelang den anglo-ägyptischen Truppen nicht, den Gouverneur Emin-Pascha aus der Umklammerung durch die blutgierigen Derwische zu befreien. Emin stand vor dem Untergang, mit ihm das Zivilisationswerk, das er in langjährigem, eifrigem Bemühen unter den friedfertigen heidnischen Schwarzen geschaffen hatte. Auch die Früchte seiner wertvollen wissenschaftlichen Arbeiten, durch die er sich einen großen Namen gemacht hatte, drohten vernichtet zu werden.

Die Notlage Emins und seiner Getreuen wurde in der Presse der gesamten zivilisierten Welt erörtert. Mit Leidenschaft besprachen die Kenner Afrikas das Für und Wider der verschiedenen Möglichkeiten, Emin zu Hilfe zu kommen. Man erwog, von Norden oder von Südosten, vom Indischen Ozean her, gegen Äquatoria vorzustoßen. Aber jeder der vorgeschlagenen Wege zeigte unüberwindliche Hindernisse: Hier begegnete der Munitionstransport Schwierigkeiten, dort konnte die Frage des Proviantnachschubs nicht gelöst werden. Der eine Plan scheiterte an der Höhe der Kosten, und wenn man den andern durchführen wollte, bestand die Gefahr, dass die Söldner der Entsatzexpedition den Einflüsterungen feindseliger Eingeborener erlagen und fahnenflüchtig wurden.

Ich war mir sofort darüber klar, dass es nur einen einzigen erfolgverheißenden Weg zu Emin gäbe. Es war der Weg von Westen her, die zwar sehr lange, aber verhältnismäßig sichere Kongolinie. Ich legte der britischen Regierung meine Pläne ausführlich dar und reiste, die langen Wartens auf eine Entscheidung müde, nach Amerika.

Kaum zwei Wochen nach meiner Ankunft in Amerika erhielt ich folgendes Telegramm der Regierung:

„London. Ihr Plan und Anerbieten angenommen. Regierung billigt sie. Mittel beschafft. Geschäft dringend. Kommen Sie sofort. Antwort. Mackinnon.“

Am Neujahrsabend 1886 ging mir die Mitteilung zu, dass ich mit den Vorbereitungen beginnen könne. Ich wählte mir die Offiziere der Entsatzexpedition aus. Tag und Nacht waren wir unablässig damit beschäftigt, unsere Pläne bis ins kleinste auszuarbeiten. Der erste Auftrag, den ich erteilte, war telegraphisch an meinen Vertreter in Sansibar gerichtet. Ich forderte ihn auf, 200 Träger anzuwerben und ebenso viel Lasten Reis nach einer Missionsstation westlich von Sansibar zu befördern. Um mit den Wilden im Innern Afrikas günstige Handelsgeschäfte treiben zu können, wurden 1630 Kilo Glasperlen und eine Tonne Kupferdraht eingekauft. Eine englische Firma erhielt den Auftrag zum Bau eines Stahlbootes von 8,5 Meter Länge, 1,8 Meter Breite und einem Tiefgang von 0,75 Meter; es sollte in zwölf Teile von je etwa 35 Kilo Gewicht zerlegbar sein. Pack- und Reitesel wurden erworben, aus Ägypten wurden 500 Remingtongewehre und eine Menge Munition nach Sansibar geschickt. Hiram Maxim, der Erfinder des selbsttätigen Maximgeschützes, stiftete als Geschenk eines seiner kunstvoll konstruierten Maschinengewehre. Wir schickten Schaufeln, Hacken, Haumesser, Äxte in unser Vorratslager nach Sansibar, sorgfältig verpackte Arzneien wurden vorausgesandt, Zelte aus Segeltuch in dem Dampfer verstaut, der uns nach Ostafrika bringen sollte, große Mengen Tee, Kaffee, Fleischextrakt angekauft. Telegramme zwischen London, Kairo und Sansibar flogen hin und her, um die Expedition auf beste und so rasch wie möglich mit alledem auszurüsten, was in den Tropen für eine große Expedition erforderlich ist.

Eile tat not, denn der Tapfersten einer war in Gefahr! Jeder Tag, jede Stunde, die wir gewannen oder versäumten, konnte für das Sein oder Nichtsein Emin-Paschas entscheidend sein! Bitterernst lauteten seit über einem Jahr die spärlichen Nachrichten, die von diesem pflichttreuen Mann nach Europa kamen.

Am 16. November 1884 hatte er einem Missionar brieflich mitgeteilt, der Sudan sei der Schauplatz eines blutigen Aufstandes geworden, seit neunzehn Monaten sei er ohne Nachricht aus der Hauptstadt Chartum. Aber zuversichtlich und der Bedeutung seiner Sendung voll bewusst, fuhr er fort:

„Teilen Sie Ihren Freunden und durch sie der ägyptischen Regierung mit, dass wir bis zum heutigen Tage wohl sind und dass wir auszuhalten beabsichtigen, bis uns Hilfe erreicht oder bis wir untergehen!“

Dreizehn Monate später, am 31. Dezember 1885, schrieb Emin an den Sekretär der Antisklaverei-Gesellschaft:

„Schon seit Mai 1883 sind wir von jeder Verbindung mit der Welt abgeschnitten, von der Regierung verlassen, vielleicht vergessen. Wir sind heftig angegriffen worden, und ich weiß nicht, wie ich Ihnen die bewundernswerte Ergebenheit meiner schwarzen Truppen während eines langen Krieges schildern soll. Obwohl es ihnen schon seit langer Zeit an den allernotwendigsten Dingen mangelt, obwohl sie keinen Sold erhalten haben, fochten meine Leute doch tapfer! Und wenn der Hunger sie schließlich geschwächt hatte, wenn nach unglaublichen Entbehrungen und Leiden ihre Kraft erschöpft und das letzte Stück Leder des letzten Stiefels verzehrt war, dann blieb ihnen doch das stolze Gefühl: Wir haben unsre Pflicht getan!“

Das ist eine Schilderung in echt militärischem Geist! Ich entsinne mich noch des Eindrucks, den dieser Brief aus uns alle machte, als er in der größten Londoner Tageszeitung veröffentlich wurde. Jedermann war sich des bitteren Ernstes der Lage Emins bewusst. Eile tat not! Der Worte waren genug!

Am 27. Januar 1887 traf ich in Alexandrien ein und reiste unverzüglich nach Kairo weiter.

Der Khedive Mehmet Tewfik und der erste Minister, Nubar-Pascha, zweifelten, ob es klug sei, die Kongolinie zu wählen.

Berühmte Gelehrte seien über meine Absichten bestürzt gewesen und hätten zu verstehen gegeben, dass sie meine Pläne für absurd hielten. Ich ließ mich aber keinen Augenblick wankend machen. Ziel erkannt, Kraft gespannt, war mein Wahlspruch.

Ich fuhr durch den Suezkanal nach Süden weiter und kam am 23. Februar 1887 in Sansibar an. Noch an demselben Tage machte ich dem Sultan von Sansibar einen feierlichen Besuch.

Der Sultan schenkte mir einen kostbaren, reich mit Gold ausgelegten Säbel, einen Diamantring und den „Goldenen Gürtel Sr. Hoheit“, dessen Schnalle seinen Namen in arabischen Buchstaben trug. Dieser Gürtel wird allen Arabern, mit denen ich auf meiner Expedition zusammenkomme, als Beweis gelten für das gute Einvernehmen zwischen mir und dem Fürsten. Und wenn ich ägyptischen Offizieren begegne, von denen viele vermutlich ungebildet sind, werden sie am Ehrensäbel erkennen, dass...

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