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Impact

So steigern Sie Ihren Unternehmenserfolg durch wirksame Mitarbeiterentwicklung

AutorMasha Ibeschitz
VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl190 Seiten
ISBN9783527821891
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis21,99 EUR

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Leseprobe

Kapitel 2
Mitarbeiter kommunikativ abholen oder Bitte benutzen Sie den Fahrstuhl!


Führungskräfte sollen heute empathisch sein, die Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter erkennen, zu allen Stakeholdern einen guten Draht haben und am besten auch noch reichlich Sinn stiften. Na, großartig! Diverse Gebrauchsanleitungen für anspruchsvolle Mitarbeiter füllen die Kolumnen der Wirtschaftsmagazine ebenso wie die Regale der Buchhandlungen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch der gute Wille allein versetzt hier leider keine Berge. Um Mitarbeiter tatsächlich kommunikativ abzuholen, brauchen Sie ein Grundverständnis unterschiedlicher Persönlichkeitstypen und Kommunikationsstile. Sie benötigen zudem Vorgehensweisen, die im Alltag tatsächlich funktionieren. Im Methodenkoffer des Coachings findet sich hier glücklicherweise Passendes.

Endlich zu Hause, dachte Henk. Er war um 16.07 Uhr in Amsterdam-Schiphol gelandet, überließ den Kolonnenverkehr auf der A44 Richtung Den Haag den Assistenzsystemen seines Mercedes und freute sich auf einen entspannten Freitagabend. Mit seiner Frau Jeanine und ihren gemeinsamen Freunden war er später in einem Strandlokal verabredet. Das Homeoffice in ihrem Haus in Wassenaar, in dessen Wohnzimmer er während der 25 Jahre als Landeschef eines Agrarkonzerns mindestens so viele Geschäftspartner, Verbandsfunktionäre und Politiker empfangen hatte wie in seinem Büro in Amersfoort, wollte er nur noch betreten, um die Tasche abzustellen. Die Nachbereitung seines Besuchs im Global Headquarter in Delaware konnte bis Montag warten. Ein Satz seiner jungen amerikanischen Kollegin Carey ging ihm trotzdem nicht aus dem Kopf. »Henk«, hatte sie mit einem schwer zu deutenden Lächeln zu ihm gesagt, »du bist jetzt nicht mehr der König in deinem niedlichen Reich aus Milch, Butter und Käse. Wir sind heute ein Global Player, und du bist verantwortlich für ganz Europa. Das wird eine verdammte Umstellung für dich!«

König? Niedlich? Henk schüttelte den Kopf. Wie Harvard-Absolventinnen im Headquarter über ihn dachten, hatte den bulligen Holländer noch nie interessiert. In seinem Heimatland war er so gut vernetzt wie kein Zweiter und schon deshalb bis zum Schluss durch niemanden ersetzbar gewesen. Durch niemanden, außer den Kronprinzen natürlich, den er selbst aufgebaut und vor zwei Wochen mit dem Segen aus Delaware als neuen Landeschef vorgestellt hatte. Mit 60 fühlte er sich im perfekten Alter, um noch einmal eine neue Herausforderung anzunehmen: Europachef! Doch sich umstellen und seine Gewohnheiten ändern? Die Europazentrale lag zwischen Antwerpen und Brüssel, gerade mal zwei Autostunden von zu Hause entfernt. Und Europa funktionierte für Henk nicht so viel anders als Holland. Seine Devise war: Man muss die richtigen Leute kennen, allen immer mal was Gutes tun und sich auf sein Bauchgefühl verlassen. Was sollte sich also groß ändern?

Als er das Autoradio für die 17-Uhr-Nachrichten anschalten wollte, merkte Henk, dass sein Smartphone sich noch nicht korrekt mit dem Auto gekoppelt hatte. Er tippte noch einmal auf »Verbinden« und wunderte sich. Seit der Landung hatte sich die Liste mit den entgangenen Anrufen und Voicemails verdreifacht. Es war doch Freitag – was war denn da los? Voicemail eins: In Italien kündigen reihenweise Leute, weil sie den Produktionsleiter in Parma für einen Wahnsinnigen halten. Voicemail zwei: Der Landeschef von Frankreich verurteilt Careys Vorschlag einer 25-Prozent-Bio-Quote in fünf Jahren als eine ihrer bescheuerten Hipster-Ideen und klingt am Telefon wie Louis de Funès auf Ritalin. Voicemail drei: In Polen weigern sie sich, die neue Gender-Richtlinie umzusetzen, auf einer Betriebsversammlung kam es zu Tumulten. Voicemail vier: Die Chef-Controllerin von Dänemark wirft ihrem Chef Korruption bei der EU-Kommission vor und droht mit Anzeige. Voicemail fünf: In Griechenland steht die Produktion schon wieder still, es muss jetzt endlich eine Entscheidung her, bitte Rückruf noch heute. Henks Gesichtsausdruck glich von Nachricht zu Nachricht mehr dem eines Torwarts kurz vor dem Elfmeter. »Ich soll es wieder für alle richten«, murmelte er leise vor sich hin. Seine Miene hellte sich erst auf, als er die sechste Voicemail abhörte. Das war die Stimme von Philip, dem jungen Landeschef und Hoffnungsträger in Spanien: »Hallo Henk, ich wünsche dir ein schönes Wochenende! Können wir morgen mal kurz telefonieren? Ich hätte da noch eine Frage.«

Plötzlich im falschen Film


So wie Henk geht es heute einigen Führungskräften, die schon lange im Geschäft sind. Sie haben sich in einer bestimmten Konstellation perfekt eingerichtet, unter deren Bedingungen ihr Job fast schon zu einem Selbstläufer geworden ist. Manchmal haben sie eine eigene Theorie über ihren Erfolg. Sie halten sich dann etwa für den »Born Leader«. Oder sie sind der Überzeugung, dass ihr Bauchgefühl sie noch nie getäuscht hätte. Oder sie verlassen sich auf ihr Netzwerk, in dem es um Geben und Nehmen geht – inklusive so mancher kleinen Gefälligkeit, versteht sich. Selten sind sie sich dessen bewusst, dass ihr Erfolg vor allem auf einem Faktor beruht: dass sie sich den Bedingungen ihres Systems gut angepasst haben. Jede Veränderung dieser Bedingungen droht ihren Impact nun unmittelbar zu schwächen. Dabei ist es gleichgültig, ob eine solche Veränderung selbst gewählt ist – so wie bei Henk –, oder ob sie das Ergebnis plötzlichen äußeren Wandels ist. Eines ist so oder so klar: Unvorhergesehene Veränderungen sind in der VUCA-Welt der Normalfall. Die No-brainer-Effekte im Business, all die eingespielten Routinen und selbstverständlichen Abläufe, gehören mehr und mehr der Vergangenheit an. Den Königreichen und den vielen kleinen Fürstentümern droht Ungemach.

Muss ich es immer richten – oder hole ich meine Leute etwa nicht ab?

Henk reagiert auf den plötzlichen Stress in seiner neuen Position, indem er glaubt, es für alle richten zu müssen. Er erwartet, dass es perfekt läuft. Tut es das nicht, macht er die Probleme anderer zu seinen Problemen. Von typischen Stressmustern und den unbewussten, vorhersagbaren Reaktionen darauf war im ersten Kapitel bereits die Rede. In diesem Kapitel stelle ich Ihnen dazu noch ein hilfreiches Persönlichkeitsmodell vor. Beginnen wir mit Henk als Beispiel. Er zeigt Verhaltensweisen, die sich im Topmanagement auffällig häufig finden – auch das reale Vorbild für Henk ist so jemand. Ein Mensch mit diesen Ausprägungen setzt nicht automatisch bei seiner inneren Haltung an, um aus dem Stress herauszukommen und die Probleme zu lösen. Der Persönlichkeitsanteil »Logiker« in Kombination mit »Beharrer« (siehe Kasten) ist verantwortungsbewusst, analytisch hoch begabt und von starken Überzeugungen geleitet. Von seinen Mitarbeitern erwartet er, dass sie mitdenken und mitziehen. Untergebene, die ihm intellektuell nicht folgen können oder die nach seinen Maßstäben nicht engagiert genug sind, treiben ihn in den Wahnsinn.

PCM – Ein Modell, um Mitarbeiter richtig abzuholen


Das Process Communication Model® (PCM) wurde in den 1970er-Jahren von dem US-Psychologen Dr. Taibi Kahler entwickelt. Er mag dem einen oder anderen Leser auch als bedeutender Mitentwickler der Transaktionsanalyse bekannt sein. Er hatte entdeckt, dass zwischenmenschliche Kommunikation bestimmten Mustern folgt. Anhand dieser Muster entscheidet sich, ob Kommunikation gelingt oder ihr Ziel verfehlt. Mit dem PCM lässt sich jeder Gesprächspartner innerhalb kürzester Zeit auf Basis seines Verhaltens einschätzen. Sein Verhalten und seine typischen Stressreaktionen werden voraussagbar. Zwischen 1978 und 1996 verwendete die NASA auch PCM für die Auswahl ihrer Astronauten. Taibi Kahler war in den 1990er-Jahren Kommunikationsberater von US-Präsident Bill Clinton und beeinflusste in dieser Funktion maßgeblich dessen Reden und Wahlkampagnen. Heute kommt das PCM weltweit in der Führung, im Coaching, der Personalentwicklung und im Bildungswesen zum Einsatz.

Anders als statische Persönlichkeitsmodelle steckt das PCM Menschen nicht in Schubladen. Alle Menschen tragen sämtliche sechs Persönlichkeitstypen, die das PCM unterscheidet, in verschiedener Ausprägung in sich. Diese Teile der Persönlichkeit sind wie die Etagen eines Hauses: An der Basis, im Erdgeschoss unserer Persönlichkeit, bewegen wir uns seit frühester Kindheit mühelos. Je höher eine Etage liegt, je weniger Anteile dieser Persönlichkeit wir also zur Verfügung haben, desto mehr Energie müssen wir aufwenden, um wie mit einem Fahrstuhl diese Etage zu erreichen. Es fällt uns oft schwer, mit Menschen, die andere Anteile als wir leichter zur Verfügung haben, effektiv zu kommunizieren. Grundsätzlich haben wir jedoch Zugang zu allen Etagen. Führungskräfte können deshalb mithilfe des PCM lernen, mit Mitarbeitern jeder Persönlichkeitsarchitektur erfolgreich zu kommunizieren. Dabei gilt es, ein Stück weit umzulernen: Normalerweise sind wir es gewohnt, uns auf die Inhalte unserer Botschaften zu konzentrieren. Für gelungene Kommunikation ist es jedoch viel wichtiger, das jeweilige Gegenüber typgerecht...

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