EINLEITUNG
Das Internet der Dinge als Innovationstreiber
Technologietrends durchdringen und beeinflussen unser Alltagsleben immer stärker. Ein wesentlicher Trend ist das Internet der Dinge (engl. Internet of Things, kurz IoT) bei dem Sensoren, Mikroprozessoren und Aktoren über das Internet mit digitalen Services und Plattformen verbunden werden. Dies ermöglicht neuartige Szenarien der Echtzeitüberwachung, Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse und vorausschauendes Handeln durch Integration von künstlicher Intelligenz und Big Data. Das Internet der Dinge ermöglicht somit neuartige Produkte, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle.
Das Internet der Dinge wird vor allem in Hinblick auf Flexibilität und -effizienzsteigerungen in der industriellen Produktion sowie industrienahen Dienstleistungen („Industrie 4.0“) diskutiert. Zahlreiche Innovationen und Innovationschancen für die herstellende Industrie sind somit mit dem Internet der Dinge verbunden: Zum Beispiel können Maschinen Informationen über ihren Status mit anderen Maschinen austauschen und so Ausfallzeiten verringert, Wartezeiten verkürzt und die Produktion menschengerechter geplant werden (Spath u.a., 2013).
Neben der Eignung für industrielle Produktion kann das IoT auch im persönlichen Alltag von Menschen Mehrwert durch die Verknüpfung von physischen Gegenständen mit seinen persönlichen Verhaltens- und Kommunikationsweisen bringen. Während sich solche neuen Dienste beispielsweise bereits im persönlichen Gesundheits- oder Einrichtungsbereich (smarte Uhren und Schuhe kombiniert mit persönlicher App zum Beobachten der Fitness und Gesundheit; Smart Home-Lösungen etc.) in der frühen Innovationsphase befinden, werden laufend weitere Anwendungsbereiche für diese Technik gesucht. Es wird prognostiziert, dass in nur drei Jahren die Anzahl solch verbundene Dinge auf mehr als 20 Milliarden anwachsen wird (Gartner, 2017). Auf welche Weise mit dem Internet der Dinge neue Technologien vor allem Dienstleistungen in Kombination mit Produkten entstehen, wird im folgenden Abschnitt skizziert.
Das Internet der Dinge: Neue Technologien, neue Produkte, Dienstleistungen und Prozesse
Mit dem Internet der Dinge sind nicht allein physische Produkte, z. B. intelligente Kühlschränke denkbar, sondern es werden auch zahlreiche digitale Dienstleistungen möglich, z. B. eben der automatisch initiierte Online-Versand von fehlenden Produkten im Kühlschrank. Fleisch u. a. (2014) haben diese unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen anschaulich dargestellt und beschrieben (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Wertschöpfungsstufen einer Anwendung im Internet der Dinge.
Quelle: Fleisch u. a., 2014, Abb. 4, S. 7 (eigene, adaptierte Darstellung)
Unter Bezugnahme auf Fleisch u. a. (2014) lassen sich so folgende Wertschöpfungsstufen identifizieren:
Ebene 1: Das physische Ding bietet einen direkten Nutzen an den Endverbraucher. Um das Beispiel mit dem Kühlschrank aufzugreifen: Er kühlt zum Beispiel Lebensmittel und sorgt so für frische, unverdorbene Nahrung.
Ebene 2: Der Sensor bzw. Aktuator wird dem physischen Produkt hinzugefügt, also ein kleiner Computer. Der erkennt dann z. B. ob das Eierfach im Kühlschrank voll ist – oder nicht.
Ebene 3: Mit Konnektivität erhalten die Sensoren Zugang zum Internet. Verifizierte Nutzer/innen können so auf den Sensor zugreifen und seinen Status abfragen.
Ebene 4: Mit Hilfe von vorausschauender Analysen (Predictive Analytics) werden die entstehenden Daten gesammelt und ausgewertet. So ist es eventuell sinnvoll, nicht erst beim leeren Eierfach neue Eier einzukaufen – sondern je nach Familiengröße oder besonderen Angeboten schon früher.
Ebene 5: Digitale Dienstleistungen können nun auf den bisherigen Ebenen aufbauen, die ohne IoT nicht denkbar sind. Im Falle des Kühlschranks könnte so nun ein Service angeboten werden, dass den Kühlschrankbesitzer/innen eine Nachricht schickt, wenn das Eierfach leer ist und gerade der Bauernmarkt besucht wird. Oder ein Supermarktservice legt zum Online-Einkauf automatisch Eier hinzu, usw.
Einzelne dieser Aspekte sind jedoch nicht an althergebrachte Methoden gebunden, sondern sind selbst neuartig und erlauben viel Spielraum für neue Entwicklungen. So gibt es im Bereich der Analytics von IoT-Daten riesige Herausforderungen und damit auch Option für neuartige Methoden (z. B. Haight, 2015). Zum einen sind die gesammelten Daten u. a. Streaming-Daten, umfangreich (Big Data), kaum strukturiert oder auch neuartig (z. B. Fotos von Überwachungsanlagen). Dann können die Daten auch mit unterschiedlichen Auswertungsmethoden – von traditionellen Auswertungsmethoden über neuartige Verfahren (z. B. Maschinenlernen), für beschreibende oder auch vorhersagende Analysen eingesetzt werden (vgl. u. a. auch Schön u. a., 2016). Insbesondere durch IoT hat sich der Ruf nach professionellen Ausbildungen im Bereich von Data Analytics intensiviert
Die Technologie beeinflusst über die Produktion und Dienstleistungen hinaus auch weitreichend Prozesse, z. B. die Logistik oder auch bestehende Geschäftsmodelle selbst.
Fleisch, Weinberger und Wortmann (2014) zeigen so in einem Bosch-IoT-Lab-Whitepaper auf, dass und wie das Internet uns seine unterschiedlichen Technologien jeweils auch die digitalen Geschäftsmodellmuster beeinflusst (siehe Abbildung 2). Das Fragezeichen in der Darstellung zeigt zudem auf, dass hier aktuell noch nicht klar ist, wie genau die (neuen digitalen) Businessmodelle aussehen, die durch IoT entwickelt werden.
Abbildung 2: Internet- Wellen und daraus neu entstandene digitale Geschäftsmodellmuster. Quelle: Fleisch u. a., 2014, S. 3 (eigene Darstellung)
Innovationsentwicklung und das Internet der Dinge
Das Internet der Dinge ist ein Innovationstreiber. Da ist es naheliegend, dass sich auch Innovationsentwicklungsmethoden und -räume mit dem Themenfeld auseinandersetzen bzw. entsprechende eigene Methodiken entwickeln, um die Innovationsentwicklung im Themenfeld zu unterstützen.
Die persönliche, individuelle Perspektive der Endnutzer/innen kommt bei der Fokussierung auf Einsatz von IoT nur für Industrieeffekte zu kurz. Dabei haben die eingesetzten, langsam bekannt werdenden Technologien ein Potential, das sich in Zukunft die „Dinge“ an individuellen, mitunter sehr persönlichen Vorlieben einzelner Menschen orientieren. Der gesellschaftliche Trend zu Individualisierung und Flexibilisierung stößt auf neue technologische Möglichkeiten und eröffnet dadurch Innovationschancen.
Neben der technischen Realisierbarkeit (Feasiblity) und betriebswirtschaftlicher Tragfähigkeit (Viability) rückt immer mehr das Benutzererlebnis und das damit verbundene Verlangen dieses Produkt oder jene Dienstleistungen zu konsumieren (Desirability) und somit kundenzentrierte Innovation zu ermöglichen (vgl. Abbildung 3).
Abbildung 3: Innovationsentwicklung als Überlappung von Erwünschtheit, Realisierbarkeit und betriebswirtschaftliche Tragfähigkeit (Modell des Design Thinking). Quelle: nach Brown, 2009
Innovationsräume sowie Technologielabore als Räume für Innovationsentwicklung
Innovationsentwicklung und -management haben in den letzten Jahren mit den sog. „Innovations-“ oder „Kreativräumen“ sowie „Technologielabs“ oder „Livings Labs“ aller Art viele neue Impulse bekommen. Solche praxisorientierten aber auch virtuellen Räume sollen- in einem gesicherten Rahmen-Freiräume bieten, kreativ über mögliche Innovationen nachzudenken, Wissen dazu mit anderen Interessierten auszutauschen und ggf. auch konkret an Ideen zu arbeiten und beginnen im Kleinen umzusetzen.
Peschl (2012, s.a.Peschl & Fundeinder, 2012) zufolge ermöglichen offen zugängliche Innovationsräume ausserhalb von der eigenen Organisation/ Unternehmen Neues, weil sie
„Raum schaffen, durch den das Entstehen wünschenswerter Prozesse und Strukturen unterstützt und gefördert wird, indem bestimmte Rahmen- und Randbedingungen gesetzt werden. Diese sind wörtlich zu verstehen: Sie setzen einen Rahmen, innerhalb dessen sich ein System autonom seiner eigenen Dynamik folgend - und doch durch den Rahmen in Grenzen gehalten - entwickeln kann. An bestimmten Punkten wird es mit diesen Grenzen kollidieren, an anderen Stellen werden diese Grenzen eine bestimmte Dynamik unterstützen oder fördern“ (Peschl, 2012)
Innovationsräume müssen auch Peschl zu Folge nicht unbedingt auf fixe Räumlichkeiten bezogen sein, sondern können auch durch bestimmte „Zeiträume“ und/oder Kommunikationsräume (z.B. das kreative Team-Frühstück) beschrieben werden.
Oft stehen keine geeigneten Räumlichkeiten für ein kreatives und innovatives Ausprobieren in Betrieben zur Verfügung, die andere Methoden und Regeln bieten. Hier ist es wichtig Räumlichkeiten zu schaffen, die anders gestaltet und ausgestattet sind und auch ein neues, kreatives Miteinander...