Von Torsten J. Koerting
Die Welt, in der wir heute leben und arbeiten, ist vor allem eins: flach. Wie bitte? Ja, Sie haben richtig gelesen. Aber unsere Welt ist nicht nur flach – sie ist auch noch VUCA. Dieses Akronym steht für Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity. Es bedeutet zunächst nichts anderes, als dass unsere Welt und mit ihr unsere Arbeitsbedingungen unsicher geworden sind. Nichts hat Bestand, alles verändert sich kontinuierlich. Was in fünf oder zehn Jahren sein wird, weiß niemand. Woher diese Unsicherheit und Komplexität kommt? Thomas L. Friedman gibt in seinem Buch „The world is flat”4 einige Erklärungen dafür:
Der Fall der Berliner Mauer brachte das Ende des Kalten Krieges und somit eine Öffnung neuer Märkte in Osteuropa mit sich; Arbeitskräfte von dort sind nun auch hier verfügbar und müssen in Projekte integriert werden.
Das Internet bietet die Möglichkeit, jederzeit schnell an unglaubliche Mengen von Informationen zu kommen – Google hatte 2016 64.000 Suchanfragen pro Sekunde. Durch die modernen Kommunikationstechnologien können wir all diese Informationen überall und zu jeder Zeit abrufen; wir sind Informationsjunkies geworden.
Das Office-Paket von Microsoft® macht den Austausch von Dokumenten schnell und leicht möglich bzw. erlaubt es, dass mehrere Menschen gleichzeitig am selben Dokument arbeiten; HTML- und HTTP-Protokolle stellen die technische Übertragbarkeit der Dokumente sicher.
Open Source – Software, deren Quelltext öffentlich zugänglich ist – sorgt dafür, dass diese Software permanent weiterentwickelt wird und für jedermann zugänglich und nutzbar ist. Das Betriebssystem Linux ist hier das beste Beispiel – Linux ist bei vielen Großunternehmen seit Langem als Betriebssystem selbst für kritische Anwendungen im Einsatz.
Outsourcing bewirkt, dass nicht wertschöpfende Tätigkeiten wie Callcenter oder Buchungsservices zu niedrigen Kosten ausgelagert werden – in andere Unternehmen, in andere Länder.
Offshoring verlagert unternehmerische Funktionen und Prozesse ins Ausland, weil dort die Rahmenbedingungen günstiger sind, vor allem die Arbeitskosten.
Supply Chaining bringt die Warenbestände ganzer Industriezweige auf die Straße.
Insourcing platziert Prozesse und Funktionen in einzelne Unternehmen; ein Beispiel dafür ist die Zusammenarbeit von Toshiba und UPS: Soll ein Toshiba-Rechner repariert werden, kümmert sich UPS nicht nur um den Transport, sondern gleich um den gesamten Reparaturprozess.
Durch die Globalisierung werden Projekte und ihre Umfelder immer komplexer und damit unklar und vieldeutig.
Unsere Individualität als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal
Alle diese Faktoren, die unsere Lebens- und Arbeitsbedingungen in einer VUCA- und globalisierten Welt prägen, sorgen dafür, dass unsere Individualität ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal geworden ist. Thomas L. Friedman hat es so ausgedrückt: „If you think you are the one in a million – in China there are thousands just like you!” Das heißt: Nur wer sich im Klaren darüber ist, wofür er steht, was seine Substanz und Erfahrung ist, wer seine Talente, Erfolge und Leidenschaften kennt, kann sich besser abheben. Das Ziel lautet also für jeden von uns: Sich zu hundert Prozent klar und sicher sein über das, wofür wir stehen und was uns antreibt. All das drücken wir in einer guten Positionierung aus. Dass wir über diese gute Positionierung auch eine höhere Auslastung bekommen, mehr Umsätze machen und unsere Wunschkunden anziehen, ist dann fast zwangsläufig die Folge.
Die eben geschilderten Rahmenbedingungen unserer Arbeitswelt bedeuten für Sie als Interim Manager auf der Suche nach neuen Mandaten oft eines: Sie werden mittlerweile nicht mehr über Ihre Erfahrung und Ihre Fähigkeiten ausgesucht, sondern über Ihre Verfügbarkeit und vor allem über den Preis. Ihre Leistungen sind zu einer Selbstverständlichkeit, zu einer Commodity verkommen. Ich habe es selbst erlebt und auch selbst solche Interim Manager am Markt identifiziert und gebucht, die mit 600 bis 700 Euro Tagessatz inklusive Reisekosten, exklusive Reisezeit, inklusive Überstunden bezahlt wurden. Bei einer Auslastung von 200 Tagen im Jahr entspricht das einer Bezahlung von 120.000 Euro – und damit dem Gehalt eines gut bezahlten angestellten Managers. Ein freiberuflicher Interim Manager hat dafür aber keine Altersabsicherung oder weitere Gratifikationen geschweige denn eine Krankenversicherung oder Absicherung für Auftragsausfälle etc. – ein unhaltbarer Zustand.
Aus dieser Falle gibt es nur einen Ausweg: sich so zu positionieren, dass für Auftraggeber sofort ersichtlich wird, welche besondere Expertise ein Interim Manager hat, wofür er steht und worin er sich von anderen unterscheidet. Und auch gleich die Begründung mitzuliefern, warum diese Expertise so wichtig für den Auftraggeber ist, dass er den Interim Manager nicht nur vom Fleck weg engagiert, sondern auch noch angemessen bezahlt.
Ich arbeite seit mehr als 20 Jahren in meinem Beruf als selbstständiger Projektmanager und bin mit meinem Fachgebiet Turnaround-Projektmanagement international durch meine Bücher und meinen Blog, meine Key Notes und Workshops sehr gut online und offline sichtbar – und entsprechend gut ausgelastet. Viele Menschen haben mich gefragt, wie ich das geschafft habe. Als sich diese Fragen häuften und mein Unbehagen über die Situation, dass ich selbst Interim und Projektmanager zu viel zu niedrigen Tagessätzen verpflichten musste, immer größer wurde, habe ich eine Entscheidung getroffen: Ich wollte diesen Menschen helfen, auf die nächste Ebene zu kommen – sich von ihrer Konkurrenz wirksam abzuheben, aus der Masse herauszustechen, für ihren realen Marktwert auch angemessen bezahlt zu werden und die Kunden zu bekommen, die sie sich wünschen. Diese Entscheidung war für mich der Anstoß, mich intensiv mit den Regeln für eine erfolgreiche Positionierung zu beschäftigen. Das Ergebnis können Sie an vielen Stellen erleben – und auch hier in diesem Kapitel lesen. Sie werden erfahren,
wie Sie Ihre wahren Werte erkennen und sich gemeinsam mit anderen weiterentwickeln können,
warum und wie Sie Ihre Positionierung auf die nächste Ebene bringt und auf welcher Basis Sie Ihre Honorare erhöhen können,
welche Vorgehensweisen und Ansätze Sie sofort umsetzen können, um Ihre Positionierung zu schärfen,
dass es Spaß macht, sich mit den Geschichten und Erkenntnissen rund um Ihre Positionierung zu beschäftigen.
Was macht eine gute Positionierung aus?
Eine gute Positionierung zeichnet sich vor allem durch zwei Dinge aus: zum einen durch die Klarheit, die Sie über Ihre Positionierung haben, und zum anderen durch die Sicherheit, mit der Sie sie nach außen vertreten. Diese Klarheit und Sicherheit werden den kleinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen Ihnen und den vielen anderen Interim Managern ausmachen, mit denen Sie um Aufträge konkurrieren. Ich spreche in diesem Zusammenhang oft von den „zwei Millimetern” und führe als Beispiel ein alljährliches wichtiges Hollywood-Ereignis an: Immer dann, wenn es noch ungefähr drei Monate bis zur nächsten Oscar-Verleihung dauert – dann haben die Schönheitschirurgen in Hollywood Hochsaison: Viele Prominente aus dem Film- und Showbusiness legen sich unters Messer und lassen Nasen verkleinern, Gesichter liften und Lippen aufspritzen. Es geht manchmal nur um zwei Millimeter – die dafür sorgen, dass sie sich besser fühlen und auf dem roten Teppich einen überzeugenden Auftritt hinlegen. Die gute Nachricht: Als Interim Manager brauchen Sie sich nicht in die Hände eines Schönheitschirurgen zu begeben, um die entscheidenden zwei Millimeter Unterschied zu generieren. Sie können Ihre innere Haltung zu sich selbst auch anders weiterentwickeln: Herauszufinden, was die eigene Leidenschaft ist, was die Substanz und Erfahrung ausmacht, und dann zu prüfen, ob man auch im richtigen Markt unterwegs ist – das ist die Aufgabe eines jeden Interim Managers, der sich die zwei Millimeter Unterschied erarbeiten will, die ihn klar, sicher und souverän auftreten lassen und ihn in seinem Markt sichtbar positionieren.
In diesem Kapitel erfahren Sie, was Sie tun müssen, um sich den Kern der eigenen Positionierung, der eigenen Marke zu erarbeiten. Wenn Sie Ihren Kern gefunden haben und in ihm agieren, werden Sie vor allem eines feststellen: Sie brauchen keine Schönheitsoperation, um souverän, klar, sicher und strahlend aufzutreten. Sie schaffen das schon allein aufgrund Ihrer veränderten Haltung sich selbst gegenüber. Ihre gesamte Körpersprache wird sich so verändern, dass jeder die zwei Millimeter Unterschied, von denen ich sprach, an Ihnen wahrnehmen und erleben kann. Sparen Sie sich also eine Schönheitsoperation! Investieren Sie lieber in Ihre Selbsterkenntnis und in die Maßnahmen, die Sie näher an Ihren Kern, an Ihre Berufung bringen und Ihnen einen klaren, sicheren und souveränen Auftritt verschaffen. Es wird sich auszahlen!
Die neun Bereiche der Positionierung
Eine nachhaltige und wirksame Positionierung findet in diesen neun Bereichen statt:
Im Zentrum steht Ihre Marke „Ich” – Ihre persönliche Marke und Ihre Positionierung. Dazu gehören Ihre behandelten Themen, Ihr Claim und Ihre Mission, Ihre Alleinstellungsmerkmale, Ihr Wertesystem, der Stil und die Tonalität Ihrer Marke.
Als Nächstes...