2. Unternehmensführung und Internationales Projektmanagement
2.1 Innovationsmanagement
2.1.1 Innovationsarten und Innovationshemmnisse
Im betriebswirtschaftlichen Sinn sind Innovationen unternehmerische Neuerungen mit einem wirtschaftlichen Nutzen für das Unternehmen, die man unterscheiden kann in:1)
| Produktinnovationen (beziehen sich auf z. B. auf das Leistungsprogramm des Unternehmens), |
| Prozessinnovationen (z. B. Innovationen in Produktionsverfahren, Organisation und Transport, oder in Informationssysteme), |
| Sozialinnovationen (z. B. im Bereich Kommunikation und Zusammenarbeit, Qualifizierung oder Motivation), und |
| Marktinnovationen, bezogen auf Erschließung neuer Beschaffungs- und Absatzmärkte. |
Die grundsätzliche Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen wird in den Medien oft kritisiert. Dabei ist zu differenzieren zwischen Innovationsfindung und Innovationsanwendung. Gemessen z. B. an den Forschungsergebnissen oder Patentanmeldungen liegen deutsche Unternehmen international verglichen im Durchschnitt. Bei der Umsetzung von Innovationen, z. B. in neuartige Produkte oder Verfahren, liegen deutsche Unternehmen aber deutlich unter diesem Durchschnitt. Das deutet darauf, dass es zwar ausreichend Forschungs- und Entwicklungsfähigkeiten und -tätigkeiten in Deutschland gibt, aber eine entsprechende Umsetzung in nutzbare Produkte, Verfahren usw. unzureichend erscheint.
Typische Gründe für die relativ geringe Innovationsverwendung können intern im Unternehmen oder in der externen Unternehmensumwelt liegen:2)
| Interne Gründe sind z. B. relativ lange Durchlaufzeiten aufgrund einer immer noch fehlenden Prozessorientierung im Management bzw. der Aufbau- und Ablauforganisation in Unternehmen, eine häufig fehlende Übersicht über das gesamte Projektportfolio gerade in großen Unternehmen, unzureichende Bewertungsinstrumente für Innovationen oder Fehlerwiederholung aufgrund mangelnden Wissensmanagements oder ein innovationsfeindliches Klima, ausgedrückt z. B. durch die Angst vor Veränderungen, dem Festhalten an Bewährtem oder Angst vor unternehmerischen Risiken. |
| Typische externe Gründe sind die meist langwierigen und umständlichen Genehmigungsverfahren aufgrund eines intransparenten und hoch komplizierten deutschen Patent-, Steuer-, Sozialversicherungs- oder Umweltrechts oder auch wenig Wissen über bzw. Intransparenz von Förderungsmöglichkeiten. |
Innovationen können systematisch im Unternehmen z. B. mit Hilfe von Kreativitätstechniken (siehe Kap. 4.6.1) erzeugt werden. Häufiger Auslöser für Innovationen sind auch oft neue Managementtrends, die oft zu einer anderen Sichtweise oder anderem Umgang mit gewohnten Strukturen und Abläufen führen bzw. sie erfordern.
Beispiel: Business Reengineering in einer Bank
Ausgangsfrage für Business Reengineering ist die Frage: Warum führen viele Automatisierungsprozesse in der Industrie nicht zu den geplanten Produktivitätssprüngen? Antwort ist häufig: Viele Geschäftsprozesse laufen zwar technologisch hochmodern ab, bleiben aber ineffizient, weil z. B. soziale Dimensionen wie Mitarbeitermotivation oder -kommunikation unzureichend in die Entwicklung einbezogen wurden. Ziel von Business Reengineering ist es Geschäftsprozesse völlig neu zu denken, um im Ergebnis z. B. Kosten-, Qualitäts- und Servicevorteile zu erreichen, die das normale Maß von Rationalisierungen oder Verbesserungsvorschlägen von z. B. 5-10 % Kosteneinsparungen durch radikale Neuerungen weit übertreffen.
Das Kreditgeschäft gilt als ein Herzstück im Bankgeschäft. Der Prozess von der Kreditakquisition bis zur -verwaltung ist meist historisch gewachsen mit langen Bearbeitungs- und Durchlaufzeiten und bindet bis zu 40 % der Mitarbeiterkapazität einer Bank. Gleichzeitig hat das Kreditgeschäft heute hohe Risikokosten, da immer mehr Kreditnehmer mit guter Bonität (z. B. Firmenkunden) andere Wege der Kapitalbeschaffung suchen. Oft ist der Kreditprozess wenig standardisiert und strukturiert und alle Kreditgeschäfte werden gleich intensiv mit vielen Bearbeitungsstufen (teilweise bis zu zehn Entscheidungsträger) bearbeitet, unabhängig von Kredithöhe, Gesamtobligo und Kundenbonität. Die zusätzliche Wertschöpfung einzelner Bearbeitungsschritte ist dabei oft nicht messbar. Entsprechend stellt sich für viele Banken heute die Aufgabe, den Kreditprozess völlig neu zu organisieren. In der 1. Phase (Abgrenzung und Priorisierung der Kernprozesse) wird segmentiert: Wie stellt sich die Kredit-Wertschöpfungskette dar, wie strukturieren sich Kunden-/Produktgruppen? Eine grobe Potenzialschätzung (Kosten, Kundennutzen, Qualität) führt mit einem Projektaudit zu einer Priorisierung der Projektziele. In der 2. Phase (Diagnose) wird die Faktenbasis geschaffen (Abläufe, Zeit, Mengen, Problemzonen) sowie Ziele zur Neugestaltung formuliert (bzgl. Kunden, Wettbewerber, Technikstand). In der 3. Phase (Neugestaltung) werden Grobablauf und Detailprozess ausgearbeitet sowie deren Auswirkungen auf Organisation, Mitarbeiter, IT und ein Umsetzungsplan. Die letzte Phase (Pilotierung/Implementierung) beinhaltet Sofortmaßnahmen, Pilot-Test und Gesamteinführung. In der Bank stellte sich heraus, dass selbst bei der Standard-Baufinanzierung der Kreditvergabeprozess mehr als vier Wochen dauerte, gleichzeitig aber rd. 95 % der Zeit reine Liegezeit war. Die Nettobearbeitungszeit für einen Baukredit betrug nur 10 Stunden, wovon auch nur die Hälfte als wertschöpfend bezeichnet werden konnte. Ein Vergleich der Abläufe bei verschiedenen Filialen der Bank zeigte weitere Effizienzunterschiede von bis zu 50 %. Die beste Filiale brauchte nur die Hälfte an Bearbeitungszeit und -intensität wie die schlechteste Filiale. Hinzu kam noch, dass jede sechste Kreditakte eine Kundenbeschwerde enthielt.
3)2.1.2 Innovationstheorien und Unternehmensentwicklung
Grundlage des betrieblichen Innovationsmanagements sind Innovationstheorien. Die Innovationstheorie nach Schumpeter, obwohl ursprünglich als volkswirtschaftlicher Erklärungsansatz gedacht, ist oft Grundlage in der herkömmlichen Betriebswirtschaftslehre. Neuere Innovationstheorien beziehen sich auf betriebliche Innovationsauslöser oder die Unternehmens- und Produktentwicklung.4)
Innovationstheorie nach Schumpeter
Das Erarbeiten bzw. Durchsetzen von Innovationen ist eine zentrale unternehmerische Aufgabe, um Unternehmen dadurch (befristete) monopolartige Wettbewerbsvorsprünge zu sichern. Erfolgreiche Unternehmen initiieren entsprechend laufend Innovationen für Wettbewerbsvorsprünge. Dieser (ursprünglich volkswirtschaftliche) Ansatz betrachtet aber Innovationsprozesse im Unternehmen nur unvollständig, weil Unternehmen als homogen bzgl. ihrer Art und Einflussdimensionen betrachtet werden. Gerade die vielfältigen Unternehmensgrößen, -branchen sowie dynamischen und verschiedenen in- und externen Situationen und Einflüsse für Unternehmen sind aber oft Ursachen für die Innovationsfähigkeit und -probleme von Unternehmen.
Push/Pull-Theorie
Der Ansatz der Push/Pull-Theorie (auch: Angebotsdruck/Nachfragesog-Theorie) bezieht sich stärker auf die Frage der Innovationsauslöser im Unternehmen. Innovationen werden permanent vom Markt durch Kundenwünsche oder Wettbewerbsdruck gefordert...