Geboren am 17. November 1942 in New York, USA
Martin Scorsese gilt als einer der wichtigsten Regisseure unserer Zeit. Von der Academy of Motion Picture Art noch nie mit dem Oscar geehrt, ist Scorsese der ungekrönte König des amerikanischen Kinos. Als einer der ersten seiner Generation gelang ihm in den Siebziger Jahren die Vereinigung von Mythos und Autobiographie, von Subjektivität und klassischem Kino. Filme wie Mean Streets (Hexenkessel, 1973), Raging Bull (Wie ein wilder Stier, 1980), GoodFellas (1990), Casino (1995) und die Dokumentation Italianamerican (1974) spiegeln das Leben und die Psyche der italo-amerikanischen Gesellschaft wider. Die Gründungsmythen Amerikas dokumentiert Scorsese in The Age Of Innocence (Zeit der Unschuld, 1993) und seinem letzten Kinoepos Gangs Of New York (2002). Nahezu alle Scorsese-Filme sind trotz zeitgenössischer Themen gleichzeitig eine Reise durch die Zeit: über hundert Jahre Kino und Filmgeschichte fließen in seine Werke.[7] Die filmische Intertextualität ist schon in frühen Arbeiten deutlich. Auch in Taxi Driver (1976) bedient er sich klassischer Gestaltungsmittel und inszeniert Szenen in Anlehnung an Filmklassiker von Alfred Hitchcock, Fritz Lang, John Ford oder John Cassavetes.[8]
Letzterer beeindruckte Scorsese mit Shadows (1960) so nachhaltig, dass Martin bereits zu Beginn seiner Karriere vor allem einem Anspruch gerecht werden wollte: Persönlichkeit und Authentizität. Dies bewies er eindrucksvoll mit seinem Meisterwerk Taxi Driver. Martin Scorsese konnte sich mit dem Protagonisten des - von Paul Schrader geschriebenen - Drehbuchs stark identifizieren. Er teilte mit Travis Bickle, dem Taxifahrer, das Gefühl der Isolation. Er konnte die Emotionen des Außenseiters nachempfinden, weil er sich selbst als Außenseiter betrachtet hat. Besonders als Kind fühlte sich Martin Scorsese ausgegrenzt. Da er aufgrund seines Asthmas nicht mit den anderen Kindern umhertoben oder Ball spielen durfte, verbrachte er Stunden vor dem Fenster um das Geschehen um ihn herum zu beobachten.[9] In Little Italy, wo Martin aufwuchs, regierten die katholische Kirche und die italienische Mafia nebeneinander:
„In meiner Nachbarschaft hatten die harten Burschen auf der Straße und die Kirche die Macht. Die organisierten Gangster zogen den Hut vor einem Priester, hüteten ihre Zunge und ließen ihre Autos und Haustiere segnen.“[10]
Bald begriff Martin, dass er in einer gefährlichen Gegend groß wurde, in der häufig der Zufall darüber entschied, ob man überlebte oder sterben musste. Ein wenig aus dieser Furcht heraus und dem Wunsch nach Respekt, der einem Geistlichen zuteil wurde, entschied sich der junge Scorsese für die Ausbildung in einem Priesterseminar. Doch da er nicht ganz bei der Sache war – seine Gedanken kreisten um Mädchen und Rock’n’roll – wurde er bald vom Cathedral College geworfen.[11] Dieser Bruch lenkte Scorseses Interesse in die Bahnen, die zu seiner Berufung werden sollten. Martin Scorsese schrieb sich an der New York University ein, wo er Film als Hauptfach und im Nebenfach Englisch belegte. In einem filmgeschichtlichen Kurs traf er auf seinen ersten Förderer, Professor Haig Manoogian. Dessen Strenge und Beharrlichkeit machte aus Martin einen fleißigen Studenten, der schon bald seine ersten Kurzfilme drehte. Später produzierte Manoogian Scorseses ersten Spielfilm.[12]
In der Zeit, als Martin Scorsese Filmstudent war, setzte besonders der europäische Film neue Maßstäbe. Die Nouvelle Vague und der Kunstfilm waren in den Sechziger Jahren auf dem Höhepunkt ihres Erfolges. Mit Hilfe dieses innovativen, anspruchsvollen Kinos entdeckte die erste amerikanische Generation von Filmstudenten eine ihnen völlig neue, faszinierende Welt der Freiheit des Filmemachens, „das Gefühl, das alles möglich ist“[13]. Einige Jahre nach seinem Abschluss kehrte Scorsese an die Universität zurück, um Filmkritik zu lehren. Kurz zuvor hatte er seinen ersten Spielfilm, Who’s That Knocking At My Door?“, realisiert. Die Arbeit an der Universität gab ihm Zeit, sich weiter mit dem Medium Film und dessen Geschichte auseinander zusetzen.
Sein annähernd enzyklopädisches filmgeschichtliches Wissen und seine unermüdliche Begeisterung für die Meisterwerke der amerikanischen Hoch-Zeit brachten Scorsese auf die Idee, zu Ehren des hundertsten Geburtstages des Kinos eine dreiteilige Geschichte des amerikanischen Films, A Century Of Cinema – A Personal Journey With Martin Scorsese Through American Movies (1995), zu drehen - eine tiefe Verneigung vor den Meistern des Films und ihren Meisterwerken.[14]
Filmografie (Regie) von Martin Scorsese[15]:
Geboren am 22. Juli 1946 in Grand Rapids, Michigan, USA
Sein Name wird oft mit der “New Hollywood Generation”, also mit populären Regisseuren wie Spielberg, Scorsese, Coppola, Lucas oder De Palma in Verbindung gebracht. Nachdem er eine zeitlang als Filmkritiker gearbeitet hat, begann seine Karriere als Drehbuchautor. Einen Grundstein seiner erfolgreichen Arbeit legte Paul Schrader als Autor von Taxi Driver. Später begann Schrader, seine eigenen Filme zu drehen.[16]
Die Themen Repression – kirchlicher oder moralischer Art – und Kino haben in Schraders Biografie einen besonderen Stellenwert. Aufgrund seines streng holländisch-calvinistischen Elternhauses durfte Paul bis zum Alter von siebzehn Jahren keine Filme sehen. Nach seinem Studienabschluss holte er die verloren gegangene Zeit auf und entwickelte sich zu einem Filmfan. Somit wird deutlich, dass die Religion und die repressive Erziehung einen besonderen Einfluss auf den Drehbuchautor und späteren Regisseur hatten. Weitaus einflussreicher für die Entstehung von Taxi Driver waren Schraders persönliche Erfahrungen, die er Ende der Sechziger Jahre im rauen New York gemacht hatte.[17] Zu dieser Zeit war Paul Schrader in einer schlechten körperlichen und seelischen Verfassung, fühlte sich von der Gesellschaft ausgegrenzt und entfremdet.
„Zu der Zeit als ich es [Drehbuch zu Taxi Driver, Anm. Verf.] schrieb, war ich sehr angetan von Waffen. Ich hatte Selbstmordgedanken, ich trank heftig, ich war besessen von Pornographie, so wie ein einsamer Mensch es ist, und alle diese Elemente stehen im Drehbuch ganz vorn. Einige davon sind natürlich verstärkt, wie der Rassismus der Figur, der Sexismus. Wie jeder Verlierer lässt Travis seine Wut an dem aus, der unter ihm steht, und nicht an dem, der über ihm steht.““[18]
Bei der Arbeit zu Taxi Driver ließ sich Schrader von Jean Paul Sartres existenzialistischen Roman Der Ekel[19] und Thomas Wolfes God’s Lonely Man inspirieren. Er beschäftigte sich mit den Tagebüchern des politischen Attentäters Arthur Bremer, der versucht hatte, den Gouverneur von Alabama, George Wallace, zu ermorden.[20]
Paul Schrader und Martin Scorsese trafen 1972 zum ersten Mal aufeinander. Nachdem Scorsese das Drehbuch las, war er sofort überzeugt von Schraders Arbeit:
„Als Brian De Palma mir ein Exemplar von „Taxi Driver“ gab und uns bekannt machte, kam es mir beinahe vor, als hätte ich es selbst geschrieben .Nicht dass ich so hätte schreiben können, aber ich fühlte alles. Es brannte in meinem Körper, und ich merkte, dass ich den Film machen musste.“[21]
Robert De Niro arbeitete zu diesem Zeitpunkt ebenfalls an einem Manuskript über einen politischen Attentäter. Als er Schraders Taxi Driver las, gab er die Arbeit an seinem eigenen Drehbuch auf und übernahm die Rolle des Titelhelden.[22]
Die Drehbücher von Paul Schrader[23]
Filmografie (Regie) von Paul Schrader[24]:
Zuerst wurde Paul Schraders Drehbuch Taxi Driver vom Regisseur Robert Mulligan erworben, der damit einen Film mit Jeff Bridges in der Hauptrolle plante. Doch das Projekt scheiterte und das Produzentenehepaar Julia und Michael Phillips sicherten sich die Rechte für das Buch. Auf der Suche nach einem geeigneten Regisseur stieß Julia Phillips bei einer Party auf Martin Scorsese. Zunächst zögernd, ihm die Regie für diesen Film zu überlassen, konnte Scorseses Agent die Produzentin von dessen Inszenierungsqualitäten überzeugen, indem er ihr einen Rohschnitt von Scorseses drittem Film, Mean Streets, vorführte. Julia Phillips war begeistert und wusste auch schon, wer den Titelhelden in Taxi Driver spielen sollte: Robert De Niro.[25]
Kurz vor Beginn der Dreharbeiten hagelte es geradezu Ruhm und Preise für die...