Kapitel 2: Selbst die Gehaltserhöhung hat nichts gebracht!
Warum Sie Ihre Mitarbeiter mit äußeren Anreizen nicht motivieren können
Wälzlager: Maschinenelement, das der Lagerung von Wellen und Achsen dient. Es ist in fast jedem Gerät mit rotierenden Elementen enthalten – von mikrofeinen Zahnarztbohrern über PKWs bis hin zu schweren Walzgerüsten in Stahlwerken. Ein Wälzlager verbindet zwei zueinander bewegliche Komponenten, Innenring und Außenring, mittels Wälzkörpern (z. B. Kugeln oder Rollen). Für den optimalen Betrieb muss das Wälzlager mit Fett oder Öl geschmiert werden. Fehlt der Schmierstoff, haben die metallischen Bauteile direkten Kontakt. Durch die massive Reibung kann das Lager binnen kurzer Zeit zerstört werden. Wird wiederum zu viel Schmierstoff eingebracht, behindert das die Kühlung. Das Lager kann überhitzen, was seine Lebensdauer stark verkürzt.
Blocker-Team
Anfang Februar, außerordentliche Sitzung bei einem mittelständischen Pharmaunternehmen. »Ich weiß nicht mehr, ob ich es Ihnen schon gesagt habe, mein Kalender hat mich gerade daran erinnert: In zwei Monaten ist in Hannover ja die Nova-Cura-Messe!«, sagt Mark Reimann, der Chef. »Das wäre doch die Gelegenheit, um mit dem neu entwickelten CanceroClog-Wirkstoff auf uns aufmerksam zu machen – und unserem eigentlichen Zweck, den Krebs weltweit zu besiegen, ein gutes Stück näher zu kommen.« Seine Augen leuchten. Er wendet sich an die Laborleiterin: »Frau Dr. Siebert, schaffen Sie bis dahin einen Petrischalen-Prototyp zur Demonstration mit Beamer?«
Die Laborleiterin runzelt die Stirn. Ihr Kollege, Fachlaborant Möller, unterdrückt ein schnaubendes Lachen. »Bis April? Sorry, Chef …« Der Laborant zögert. »Dafür bräuchten wir mindestens vier Monate, eher länger.« – »Unter einem Vierteljahr ist absolut nichts zu machen«, fällt ihm Dr. Siebert ins Wort. »Außerdem haben wir derzeit die große Nervenzell-Versuchsreihe laufen. Dass mal eben etwas völlig Neues gewünscht wird, hätten Sie spätestens im November anmelden müssen!« – »Warum informieren Sie uns auch erst jetzt?«, ergänzt Möller. »Das steht ja noch gar nicht in den Zielvereinbarungen! Dafür aber die Neuro-Studie. Und die frisst unsere ganze Arbeitszeit. Für die Petri-Demo wären Überstunden ohne Ende nötig.« – »Also frühestens Ende Mai, Chef«, prognostiziert Dr. Siebert, »das wäre das Allerschnellste.«
Mittlerweile kann Reimann seine Ungeduld und Verärgerung kaum noch verbergen. »Ende Mai?«, schnappt er. »Die Nova Cura findet Mitte April statt. Wenn Sie’s bis dahin nicht schaffen, dann vergessen Sie’s gleich!«
Gängige Maßnahme, um aus den Mitarbeitern größere Leistung, mehr Kreativität und mehr Selbstständigkeit herauszukitzeln, ist es, ihnen eine attraktive Belohnung in Aussicht zu stellen. Frei nach dem Motto: Leg dich mehr ins Zeug, dann kriegst du etwas Handfestes dafür zurück! Ganz ähnlich wie ein Bauer, der seinem Zugtier die Möhre vors Maul hält, um es vom Fleck zu bewegen.
Konkret sieht das so aus: Anfang des Jahres, wenn der Chef die Unternehmensziele festlegt, bricht er diese herunter, vereinbart persönliche Ziele mit den Mitarbeitern und knüpft an die Erreichung besonderer Ziele Bonuszahlungen. Oder der Chef lässt Sachwerte springen – in Relation zu Grundgehalt und Status des Mitarbeiters. Ein Laptop zusätzlich zum Desktop-PC. Ein Blackberry-Smartphone zusätzlich zum Laptop. Ein Audi A6 statt einem A4 als Firmenwagen.
Diese »Mohrrüben-Strategie« funktioniert aber nicht nur mit materiellen Versprechen. Die Belohnungen, auf die Vorgesetzte zurückgreifen, können auch verbal sein. Manche Chefs loben ihre Leute in den Himmel – sogar für noch nicht erbrachte Leistungen. Präventive Schmeichelei kann bizarre Blüten treiben. Ich habe tatsächlich Firmenchefs erlebt, die sich für den nächsten Montagmorgen im Kalender notieren:
»9 – 9.30 Uhr: Hr. Meyer, Fr. Wagner und Fr. Oehlke loben.«
Ob solche Chefs ein Gespür für die eigene Ehrlichkeit besitzen – geschweige denn für das Empfinden der Mitarbeiter –, ist zumindest fraglich.
»Der kann mir hier erzählen, wie toll der Kaffee heute schmeckt, so lang er will«, denkt sich Frau Oehlke befremdet. »Wasser, Pulver und Maschine sind dieselben wie letzte Woche auch. Was will er eigentlich von mir? Ich weiß nicht, irgendwie traue ich dem nicht.«
Lob kommt nur dann gut an, wenn es etwas zu loben gibt. Wenn Ihre Frau vom Stylisten zurückkommt, ist es stimmig, ihre Frisur zu loben. Sofern Sie diese tatsächlich gelungen finden. Lob funktioniert aber nicht als präventiver Motivator. Wenn Sie Komplimente verteilen, nur um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen – also aus taktischen Gründen –, sind Sie unglaubwürdig. Ihr Gegenüber spürt die Unehrlichkeit.
Wie ist es aber mit den »Mohrrüben«, die berechtigt sind? Wenn ein Mitarbeiter tatsächlich die angekündigte Leistung erbracht hat, ist es doch folgerichtig, ihn zu loben – oder mit Bonuszahlungen zu belohnen. Oder?
Eine leistungsabhängige Entlohnung scheint sogar die einzig faire Lösung zu sein. Die »Zugpferde« des Betriebs tragen mehr zum Erfolg des Unternehmens bei als die »Mitläufer«, die nur das Nötigste tun. Also ist es nur fair, wenn Leistungsträger auch entsprechend bezahlt werden. Andernfalls bräuchten sich leistungsschwächere Mitarbeiter kaum anzustrengen. Sie würden vom unermüdlichen Einsatz ihrer Kollegen profitieren, sich von ihnen durchfüttern lassen. Sobald die Leistungsstarken die Schieflage erkannt haben, werden sie diese Unfairness beenden – und sich einen anderen Arbeitgeber suchen. Das kann doch nicht in Ihrem Sinne sein!
Also tun Sie das, was in jedem Großkonzern gang und gäbe ist, und was in jedem zweiten Führungsratgeber steht: Sie bieten für besondere Leistungen auch besondere Belohnungen an. So wie ich in meiner ersten Karriere.
Nach der Promotion gründete ich ein Unternehmen, das ich fünf Jahre später an einen großen deutschen Industriekonzern verkaufte. Ich wurde angestellter Geschäftsführer, bezog selber ein variables Gehalt, und auch meine Mitarbeiter wurden leistungsbezogen, also mit variablen Gehaltsanteilen bezahlt. Anfangs war ich als Teil des Systems davon überzeugt, dass diese Art der Entlohnung fair und richtig ist: Schließlich wird ja niemand benachteiligt, und niemand verdient am Erfolg seines Kollegen mit. Doch irgendwann wandelte sich meine Einstellung.
Alles fing damit an, dass die Zielvereinbarungsgespräche immer anstrengender wurden. Hatte ich mitten im Jahr eine Idee für die Weiterentwicklung unseres Bereichs, so verging mir immer öfter die Begeisterung darüber, wenn ich sie meinen Mitarbeitern vorstellte. Die typische Reaktion auf jegliche innovative Idee war nämlich keineswegs Zustimmung oder Elan. Sondern es wurde immer öfter abgeblockt.
Ein völlig neues Projekt? – »Keine Kapazitäten beim Personal!«
Ein verbindliches Etappenziel zum Quartalsschluss? – »In der kurzen Zeit? Total undenkbar!«
Umverteilung ähnlicher Arbeitsbereiche? – »Sie sind gut, Chef! Wie soll das denn gehen?«
Strukturelle Neuerungen? – »Im laufenden Betrieb? Ausgeschlossen!«
Verblüffend, welche Kreativität die Mitarbeiter plötzlich aufbrachten, wenn es darum ging, mir zu erklären, dass und warum etwas nicht machbar war. Hier schien das Potenzial meines Teams zu selbstständiger Lösungsfindung geradezu unerschöpflich zu sein. In einem anderen Bereich dagegen ließen die Mitarbeiter diese eigene Denkleistung jedoch immer mehr vermissen: Wenn es darum ging, ihrem Chef Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Das neue Projekt aktiv mitzuplanen und passende Ideen vorzubringen. Das Etappenziel zu justieren, oder einen alternativen Termin zu nennen. Im Wechsel des Arbeitsbereichs keine Schikane, sondern Abwechslung und Erweiterung des eigenen Horizonts zu sehen. Den Wandel der Unternehmensstruktur als Chance zu begreifen und aktiv mitzugestalten, anstatt davor die Augen zu verschließen.
Lag es an mir? War ich einfach nicht in der Lage, meine Ideen anderen schmackhaft zu machen? Unwahrscheinlich, denn vor der Übernahme durch den Konzern hatte es fast immer funktioniert. Etwas anderes stimmte mich noch nachdenklich: Nicht nur meine Mitarbeiter mauerten. Diese Anti-Haltung bei der Justierung der Ziele war eine Konstante bei allen Unternehmerkollegen und Führungskräften, die ich kannte. Sie alle bestätigten mir: Oft genug verlassen beide Parteien, Mitarbeiter und Chefs, abgekämpft und missgelaunt den Raum. Und das, obwohl die Machbarkeit der Ziele in bester Weise ausgelotet wurde. Nein, es konnte nicht an mir liegen. Der Fehler war eindeutig systemimmanent.
Orientalisches Flair
Was passiert denn eigentlich bei diesen für alle »anstrengenden« Gesprächen? Wer genau hinschaut, erkennt ein Muster.
Der Chef hat eine tolle neue Idee und erhofft sich Zuspruch. Die Mitarbeiter haben aber fest vereinbarte Ziele, die sie einhalten wollen. Sie denken: Wenn ich auf die Schnapsidee des Chefs einsteige, schaffe ich mein Ziel nicht. Dabei ist das Ziel doch wichtig – sonst gibt es keinen Bonus. Also versucht jeder so konditionierte Mitarbeiter seine bisherigen Ziele zu verteidigen. Stuft der Chef die neue Idee als wichtiger ein als die alte, dann erwartet der Mitarbeiter, dass es dafür dann auch eine Bonuszahlung gibt. Sonst steht er schlechter da, als wenn er beim alten Ziel bleiben würde.
Es folgt eine Verhandlung, in der...