Unter Kennzahlen werden Zahlen verstanden, die quantitativ messbare Sachverhalte in aussagekräftiger, komprimierter Form wiedergeben. Sie bündeln die wichtigsten Informationen und verzichten auf unwesentliche Details, um Dritten einen schnellen und prägnanten Überblick über verschiedene betriebliche Sachverhalte zu verschaffen. Kennzahlen gehören zu den klassischen Controlling-Instrumenten. Sie versorgen die Unternehmensführung mit Informationen für die laufende Planung, Durchsetzung, Kontrolle und Analyse.[1]
Abbildung 1: Die Strukturierung der Kennzahlenarten.[2]
Die Kennzahlen gliedern sich in zwei Hauptgruppen. Es gibt Grundzahlen und Verhältniszahlen. Grundzahlen sind absolute Mengen- und Wertgrößen. Dazu zählen Einzelwerte (z. B. Bankguthaben), Differenzen (z. B. Gewinn), Mittelwerte (z. B. durchschnittlicher Lagerbestand) und Summen (z. B. Bilanzsumme). Die Aussagekraft dieser Größen ist bei einzelner Betrachtung gering. Erst durch den Vergleich mit anderen Zahlen erhalten sie ihre Bedeutung.[3]
Verhältniszahlen sind relative Größen, bei denen Sachverhalte, zwischen denen ein sachlicher Zusammenhang besteht, in Form eines Quotienten in Beziehung zueinander gesetzt werden. Sie werden genutzt, um große, unübersichtliche Zahlenmengen zu aussagekräftigen Schlüsselzahlen zu verdichten. Verhältniszahlen untergliedern sich in Beziehungszahlen, Index- bzw. Messzahlen und Gliederungszahlen. Bei Beziehungszahlen werden zwei verschiedenartige Größen einander zugeordnet (z. B. Gewinn zu Eigenkapital). Dabei können Zähler und Nenner dieselben oder unterschiedliche Einheiten besitzen. (z. B. Euro zu Euro bzw. Euro zu Stunden). Bei Index- bzw. Messzahlen werden zwei gleichartige, aber zeitlich oder örtlich unterschiedliche Größen zueinander in Beziehung gesetzt (z. B. Lebenshaltungskostenindex). Dabei wird die zu betrachtende Zählergröße (Lebenshaltungskosten in 2013) zu einer Basisgröße (Lebenshaltungskosten in 2012) ins Verhältnis gesetzt. Die Basisgröße wird mit 100 gleichgesetzt. Es wird gemessen, inwieweit die betrachtete Zählergröße von der Basis abweicht. Gliederungszahlen geben den Anteil einer Größe an einer Gesamtmenge an (z. B. Eigenkapital am Gesamtkapital). Durch Gliederungszahlen kann beispielsweise eine Aufteilung des Umsatzes nach Produkten, Kunden und Regionen erfolgen.[4]
Durch die Verwendung von vielen einzelnen Kennzahlen können Sachverhalte unübersichtlich werden und zu Widersprüchen führen. Durch Kennzahlensysteme werden die einzelnen Kennzahlen in eine Ordnung zueinander gebracht. Ein Kennzahlensystem ist somit eine Menge von Kennzahlen, die durch Beziehungen bzw. Zusammenhänge zu einer geordneten Struktur verknüpft sind und so als Gesamtheit über einen Sachverhalt vollständig informieren. Man unterscheidet zwischen Ordnungssystemen und Rechensystemen. Ordnungssysteme stellen die Kennzahlen für bestimmte betriebliche Sachverhalte zusammen (z. B. Personalwirtschaft). Rechensysteme zerlegen die Kennzahlen rechnerisch und bilden die hierarchische Struktur einer Pyramide.[5]
Abbildung 2: Die Struktur einer Kennzahlenpyramide.[6]
Die entscheidende Größe einer Kennzahlenpyramide ist die Spitzenkennzahl. Sie soll die betriebswirtschaftlich wichtigste Aussage des Systems in komprimierter Form vermitteln (z.B. das Ergebnisziel). Ebenso können innerhalb des Systems aussagekräftige Kennzahlengruppen gebildet werden, die über bestimmte betriebliche Sachverhalte informieren. Kennzahlensysteme liefern wertvolle Informationen für die Planung und Kontrolle. Allerdings sind sie sehr rechenorientiert und die Ziele meist nur einseitig ausgerichtet.[7]
Das bekannteste Kennzahlensystem ist das „DuPont-System of Financial Controll“. Es wurde 1919 von dem Chemiekonzern „DuPont“ entwickelt. Unternehmensziel ist nicht die absolute Größe Gewinnmaximierung, sondern die relative Größe Gesamtkapitalrentabilität („Return on Investment“). Diese wird in Kapitalumschlag und Umsatzrentabilität aufgespalten. Die weitere Aufspaltung der Umsatzrentabilität zeigt die verschiedenen Kosteneinflussfaktoren. Die Aufspaltung des Kapitalumschlags gibt einen Überblick über das Anlage- und Umlaufvermögen. Durch das rechnerische Auflösen der obersten Zielgröße, kann eine strukturierte Gewinnanalyse vorgenommen werden.[8]
Abbildung 3: „Das DuPont-Kennzahlensystem“.[9]
Wegen der gestiegenen Unternehmensanforderungen und steigender Kritik an der Eindimensionalität monetärer Kennzahlensysteme wurde Anfang der 1990er Jahre unter der Leitung von Robert Kaplan und David Norton ein Forschungsprojekt durchgeführt, aus dem die „Balanced Scorecard“ entstanden ist.[10]
Während das „DuPont-System“ ausschließlich monetäre Größen verwendet, so werden bei der „Balanced Scorecard“ auch strategische Ziele (z. B. Kundenbindung, Mitarbeiterqualifikation, Forschung und Entwicklung) berücksichtigt, die für die fortlaufende Produktions- und Absatzkraft ebenso von Bedeutung sind.[11]
Abbildung 4: Die vier Perspektiven der „Balanced Scorecard“.[12]
Die Balanced Scorecard unterscheidet vier Perspektiven. Die finanzwirtschaftliche Perspektive ist das übergeordnete Ziel, das zur Orientierung der anderen Perspektiven dient. Die Kundenperspektive zeigt auf, durch welche Leistungen Stammkunden gebunden und neue gewonnen werden können. Ein Maßstab für die Leistung ist, wie das Unternehmen aus Sicht der Kunden eingeschätzt wird. Die interne Prozessperspektive bildet die wichtigsten Merkmale der Geschäftsprozesse des Unternehmens ab. Hier geht es um Effizienzverbesserungen im operativen Geschäft (z. B. Verbesserung der Organisationsstruktur und des Personaleinsatzes). Die Potentialperspektive (häufig auch Lern- und Entwicklungsperspektive genannt) zeigt Lücken auf, die zwischen den vorhandenen Qualifikationen bzw. Fähigkeiten des Personals und der zur Höchstleistung erforderlichen Qualifikationen bzw. Fähigkeiten bestehen. Durch die Stärkung von Forschung und Entwicklung, die Verbesserung der Leistungsfähigkeit des Informationssystems und die Weiterbildung des Personals können Wachstum und eine Verbesserung der Wettbewerbssituation erreicht werden. Zwischen den einzelnen Perspektiven können Zielkonflikte entstehen. Beispielsweise verursacht die Weiterbildung des Vertriebspersonals zunächst ein größeres Ausgabevolumen. In späteren Jahren könnten dadurch aber der Absatz bzw. die Einnahmen steigen. Die „Balanced Scorecard“ ist nicht nur als Kennzahlensystem zu verstehen. Vielmehr ist sie ein Bindeglied zwischen der Entwicklung einer Unternehmensstrategie und ihrer Umsetzung.[13]
Jeder Pilot braucht in seinem Cockpit verlässliche Instrumente, die ihm anzeigen, wie schnell und wie hoch er fliegt, auf welchem Kurs er unterwegs ist, wie viel Treibstoff noch im Tank vorhanden ist und vieles mehr. Nur so wird er seinen Zielflughafen sicher erreichen. Genauso braucht die Führungsebene von Unternehmen Kennzahlen. Sie sollen die Stärken und Schwächen im Unternehmen abbilden und ihnen als Entscheidungsgrundlage dienen.[14]
In der Planung, die auch als Willensbildung bezeichnet wird, formuliert man Ziele als Leitgrößen für zukunftsbezogenes Handeln. Anschließend werden diese Ziele und Strategien konkretisiert und die daraus folgenden Maßnahmen geplant. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Durchführung der Unternehmensziele in einer arbeitsteiligen Organisation. Die Zielvorgaben müssen angeordnet bzw. den Mitarbeitern mitgeteilt werden, damit sie realisiert werden können. Planung ohne Kontrolle reicht für eine zielorientierte Unternehmenssteuerung nicht aus. Kennzahlen erfüllen im Führungsprozess vor und nach der Realisationsphase eine Dokumentationsfunktion. Sie erleichtern die Dokumentation der Planungsergebnisse sowie der Soll- und Ist-Zielerreichungsgrade geplanter Maßnahmen. Ohne ein Dokumentationssystem können die anschließend beschriebenen Steuerungsaufgaben nicht erfüllt werden. Die Steuerungskennzahlen setzen ein Dokumentationssystem voraus, mit dem Ist-Zahlen erfasst werden können (ein Ermittlungssystem wie z. B. das interne Rechnungswesen für die monetären Ziele). Kennzahlen erleichtern die Kommunikation in allen Phasen des Führungsprozesses. Sie können zur Informationsentlastung und zur Konkretisierung der Aufgaben beitragen und somit als Hilfsmittel für die strategische sowie die operative Planung, Durchsetzung und Kontrolle dienen.[15]
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