Mein Vater war nach einer Lehre als Schmied Berufssoldat bei der Luftwaffe, und zwar als Bordfunker. Laut Flugbuch ist mein Vater in folgenden Maschinen geflogen: Ju 52[21], Ju 88[22], Me 110[23], Do 17 P[24], He 111[25], Fw 58[26] und He 46[27].
Vor und während des 2. Weltkrieges war mein Vater an vielen Orten stationiert – belegt durch Fotos aus vorhandenen Fotoalben –, und zwar:
Oppenheim am Rhein (1935; Arbeitsdienst), Münster (1936 / Dahlweg; Vereidigung, Wetterfunklehrgang), Düsseldorf (von dort Ausflüge nach Königswinter, Heidelberg, Wuppertal / Talsperre), Großenhain / Sachsen (1939), Compiègne (1940), Breslau (1942), Döberitz / Havelland, Kanalinsel Jersey (Unterkunft im „RITZ HOTEL“), Paris (1940), Reims (1940), Soissons, Haute-Fontain, Martimont, Cronroy (1940), Thury, Mühlhausen / Elsass (1940?), Diepholz (1943), Frosinone (1943).
Nach den Erzählungen meiner Mutter auch Aufenthalte auf / in:
Spitzbergen und Hammerfest.
Dazu kamen noch etliche Flugziele laut Flugbuch:
Königgrätz, Posen, Lodsch (Lodz), Beauvais, Brüssel, Antwerpen, Juvincourt, Le Havre, Abbevill, Cuvron o.Ä., Prag, Saloniki, Sofia, Belgrad, Banak, Kemi, Trondheim, Kirkenes, Wien, Pori.
Foto: L. Langgut, Düsseldorf
„Fritz“ Hunsicker
Rückseite des Fotos
1943 war Diepholz sein „Heimatflughafen“[28]. Von dort aus startete er auch zu seinem letzten Feindflug (Aufklärungsflug) Richtung Italien. Nach einer Zwischenlandung in Frosinone[29] ist „Fritz“ Hunsicker von diesem Feindflug über dem Mittelmeer vor Italien nicht zurückgekehrt. Nach dem letzten Funkspruch zu urteilen wurde das Flugzeug von mehreren Spitfire-Piloten[30] angegriffen und dann wohl abgeschossen. Seit dem 23.10.1943 ist mein Vater vermisst, später wurde er für tot erklärt.
Zu dem Zeitpunkt (Oktober 1943) war meine Mutter mit mir schwanger. Es muss für sie ein ganz herber Schlag gewesen sein, als sie von dem Tod meines Vaters erfahren hat. Wie sie mit diesem Tod ihres jungen Ehemannes umgegangen ist, hat sie nie so genau geäußert.
Wehrmacht-Vermißten-Suchkarte Fritz Hunsicker
Geburtsort Herbitzheim?
Deckblatt des Flugbuches für Feldwebel Fritz Hunsicker
Letzte Seite des Flugbuches
Die beiden letzten Eintragungen (Lfd. Nrn. 70 und 71, Flugziele Oslo / Norwegen und Aalborg / Dänemark) wurden mit Bleistift vorgenommen und sind deshalb nur schlecht lesbar.
Folgende Erinnerungsstücke an meinen Vater habe ich noch in meinem Besitz: Flugbuch (wie vorstehend), Wildlederhandschuhe, Aschenbecher aus Bernstein, Brusttasche (Inhalt: Fliegerspangen, Sterne für Schulterstücke, Uniformknöpfe), Eisernes Kreuz 2. Klasse (1939/1813)[31] und Portepee[32].
Außerdem noch folgende Urkunden:
Beförderung vom Unteroffizier zum Feldwebel (Anhang 5),
Verleihung des Eisernen Kreuzes 2. Klasse (Anhang 6) und
Verleihung der Frontflug-Spange für Aufklärer in Bronze[33] (Anhang 7).
Lange Jahre hatten wir auch noch eine „Funkerkappe“ von meinem Vater in Besitz – leider ist dieses Erinnerungsstück außer Kontrolle geraten. Es gibt aber ein Foto von meinem Vater mit dieser „Funkerkappe“:
Aufnahmejahr: 1939 oder 1940
Vorhanden sind auch noch …
… der Funkerrundblick in einer „Ju 88“
Ju 88
Rundblick
des F u n k e r s
Anforderungszeichen: Fl Üb 8-135
… „Soldatisches Polarkreisgeflüster – Aquarelle - Zeichnungen und Verse aus Nordnorwegen“[34]
Der „nördlichste Fliegerhorst der Front“ lag in Banak[35] (daher „Banaken“ als Bezeichnung für die dort stationiert gewesenen Soldaten).
Mein Vater Friedrich („Fritz“) Hunsicker ist im Oktober 1943 nicht von einem Feindflug über dem Mittelmeer zurückgekehrt.
Weltgeschichte
In einer Geheimkonferenz vom 14.1. in Casablanca beschließen Churchill und Roosevelt, den Krieg nicht ohne bedingungslose Kapitulation der Achsenmächte zu beenden. Bei dieser Gelegenheit besucht Roosevelt auch die in Nordafrika unter dem Kommando Eisenhowers stehende US-Truppe. Die in Stalingrad eingeschlossene 6. Armee unter dem noch schnell zum Generalfeldmarschall beförderten Paulus kapituliert am 31.1. mit über 300,000 Mann, die unterernährt und schlecht ausgerüstet in Gefangenschaft gehen. …
Im Rußlandfeldzug der Deutschen wird der Widerstand der Bevölkerung gegen die Besatzer zum Entscheidungsfaktor gegen die deutsche Invasion, … zwei Jahre später wird jede Frau bereuen, im eroberten Ostpreußen geblieben zu sein. In Dresden wird man sich im Februar 1945 fragen, warum man ausgerechnet dorthin geflüchtet ist).
Eine der größten Panzerschlachten der Weltgeschichte findet im Juli während der letzten deutschen Großoffensive an der Ostfront bei Kursk mit etwa 1,3 mio Soldaten, über 6,000 Panzern und fast 5,000 Jagdflugzeugen auf beiden Seiten statt.
Die trotz großer Achtungserfolge dennoch insbesondere vor der alliierten Lufthoheit im Endergebnis hoffnungslos unterlegenen deutschen Streitkräfte in Nordafrika kapitulieren unter General von Arnim am 13.5. mit 252,000 Soldaten vor der Übermacht der Alliierten.
Italien kapituliert am 3.9. vor den Alliierten und deren Luftüberlegenheit und tritt am 13.10. auf der Seite der Alliierten in den Krieg gegen Deutschland ein. Der auf dem Gran Sasso inhaftierte Mussolini wird von einem deutschen Kommandounternehmen im Handstreich abenteuerlich befreit und nach Deutschland evakuiert.
Im Pazifikkrieg besetzen die Amerikaner Neuguinea, Bougainville und die Gilbert-Inseln.
Auf der Konferenz von Teheran beschließen die "Großen Drei" Stalin, Roosevelt und Churchill die Aufteilung der Welt nach Ende des Krieges. Die Westalliierten sagen Stalin zu, eine Westfront mit Invasion noch im Sommer 1944 aufzubauen, um ihn an der Ostfront zu entlasten.
In Jugoslawien bildet Josip Tito eine aus Partisanen bestehende Regierung.
Quelle: Chronik für das Jahr 1943, unter:...