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E-Book

Kompass für schwierige Gespräche - Das EIGER-Modell

Kommunikation in Alltag und Beruf meistern

AutorRené Meier
VerlagSCM Hänssler im SCM-Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783775174244
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
Fast täglich müssen wir schwierige Gespräche mit unterschiedlichen Menschen führen. Herausfordernd dabei ist, dass wir die Beziehung zum anderen nicht gefährden wollen und gleichzeitig unsere eigenen Interessen nicht opfern. Das EIGER-Modell verdeutlicht, dass gute Kommunikation so schwierig sein kann, wie einen Berg zu besteigen, aber es steht auch für die fünf Phasen, die dabei durchlaufen werden: Ereignis - Interpretation - Gefühl - Empathie - Reaktion.

René Meier, Jahrgang 1957, arbeitet in Teilzeit als Pfarrer in der Schweiz. Während 11 Jahren moderierte er im Schweizer Fernsehen die Sendung 'Fenster zum Sonntag'. Im Rahmen seiner Firma redens-art schult und berät er seit 2007 Unternehmen, soziale Institutionen und Kirchen in Kommunikation und sozialer Kompetenz. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Söhnen. www.redens-art.ch

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TEIL 2
DAS EIGER-MODELL FÜR KOMMUNIKATION


EINFÜHRUNG


Wie aber spielt sich nun ein schwieriges Gespräch ab? Welche Phasen durchläuft es? Wie kann man sich auf ein solches Gespräch vorbereiten? Wo sind die Schlüsselstellen? An welchen Stellen kann ein schwieriges Gespräch abstürzen? Welche Aspekte sind entscheidend, damit es gelingt? Was sollte man nach einem schwierigen Gespräch tun? Um diese Fragen geht es im Folgenden. Das EIGER-Modell für Kommunikation wird uns dabei als Kompass dienen.

Wie das Modell entstand


Das EIGER-Modell ist im Laufe meiner Seminartätigkeit entstanden. Dort wurde das Thema »Schwierige Gespräche« während vieler Jahre von allen Seiten beleuchtet und laufend erweitert. Ergänzt wurde der Blick auf dieses Thema durch meine persönlichen Erfahrungen in Beruf, Familie und Kirche. Inspirierend waren auch Fallbeispiele der Seminarteilnehmer sowie Fachliteratur. Dort werden unterschiedlichste Ansätze und Modelle für konstruktive Kommunikation dargestellt. Ich wollte ein Modell entwickeln, in das Perlen verschiedener Kommunikationsmodelle eingebaut werden könnten. Das neue Modell sollte so einfach und praktisch wie möglich sein. Im Getümmel schwieriger Gespräche helfen komplexe Modelle und dicke Bücher meist wenig. Es braucht ein Modell, das überschaubar und leicht anwendbar ist. Dies möchte das EIGER-Modell für Kommunikation leisten.

Die fünf Buchstaben EIGER stehen für die fünf Phasen, durch die sich jedes schwierige Gespräch bewegt. Es ist natürlich nicht so, dass sich schwierige Gespräche schön chronologisch an diese fünf Phasen halten. Oft geht alles drunter und drüber. Dennoch kommen diese fünf Phasen in jedem Gespräch vor – nicht nur in den schwierigen. Und sie wiederholen sich während jedes Gesprächs x-fach. Jede Phase hat ihre Chancen und Gefahren. Und in jeder Phase können wir durch geschicktes Verhalten den weiteren Verlauf des Gesprächs positiv beeinflussen oder die Situation verschlimmern.

Offensichtlich müssen wir nicht lernen, uns ungeschickt zu verhalten. Das scheint uns in die Wiege gelegt zu sein. Aggressiv, extrem empfindlich, verletzend oder feige reagieren können wir alle ohne Anstrengung. Dazu braucht es keine Seminare, keine Modelle und keine Fachbücher. In der Regel braucht es auch keine Schulung, sich in positiven, konstruktiven und wertschätzenden Gesprächen gut zu verhalten. Schwierig wird es, wenn sich der Andere in unseren Augen deplatziert verhält oder wir nicht wissen, wie wir geschickt reagieren sollen. Hier sind wir auf Unterstützung angewiesen. Und selbst mit Unterstützung braucht es viel Geduld und tägliches Training, um in schwierigen Gesprächen angemessen zu reagieren. Wir werden dabei versagen und uns neu aufrappeln müssen. Dieses Training fällt uns allerdings leichter, wenn wir wissen (oder zumindest ahnen), was sich bei einem schwierigen Gespräch in uns und im Anderen abspielt. Das EIGER-Modell für Kommunikation vermittelt dieses Wissen und zeigt praktische Verhaltensoptionen.

Im Folgenden werden die fünf Phasen des EIGER-Modells anhand eines konkreten Beispiels erläutert. Anschließend werden die Phasen detailliert unter die Lupe genommen und vertieft.

Einen theologischen Kompass mit Weitblick zu den fünf Phasen des EIGER-Modells finden Sie in Teil 3 auf S. 198.

Die fünf Phasen des EIGER-Modells – ein kurzer Überblick


1. Ereignis


Am Anfang jeder Kommunikation steht ein Ereignis. Das kann eine Bemerkung sein, eine nonverbale Geste, eine Handlung, eine Unterlassung, ein Vorwurf, ein Wunsch, eine Entscheidung, eine Frage … Erfreuliche und anspruchsvolle Ereignisse passieren täglich hundertfach. Darauf haben wir meistens keinen Einfluss. Ich möchte Ihnen die fünf Phasen des EIGER-Modells anhand einer Erfahrung illustrieren, die ein Kollege erlebte:

Erfahrung eines Kollegen: Das Ereignis

Mein Kollege, der in der Inlandsabteilung einer Firma arbeitet, erzählte: Zu einem Firmenjubiläum wurde neben den Mitarbeitenden die gesamte Geschäftsleitung samt Partner eingeladen, nicht aber die Partner der Mitarbeiter. Mein Kollege bedauerte das, nahm es aber zur Kenntnis, dass die Partner der Mitarbeiter nun einfach einmal nicht eingeladen waren. Während des Festes stellte er jedoch fest, dass die Partner der Auslandsabteilung sehr wohl eingeladen worden waren. Wie leicht zu erraten ist, löste diese Tatsache (dieses Ereignis) bei meinem Kollegen einiges aus.

Immer wenn ein Ereignis geschieht, passiert blitzschnell etwas Zweites: Wir interpretieren und bewerten dieses Ereignis.

2. Interpretation


Es ist uns oft gar nicht bewusst, aber wir beurteilen alles, was jemand sagt oder tut, und sei es nur eine Begegnung im Flur, das Verhalten der Verkäuferin an der Kasse im Supermarkt, die Bemerkung eines Kollegen oder eine Frage der Ehefrau. Diese Interpretationen von Aussagen und Handlungen führen oft zu Missverständnissen. Schon bei Gesprächen, die keineswegs schwierig sind, kommt es daher häufig zu größeren und kleineren Missverständnissen. Der Grund ist, dass die Person, die eine Aussage macht (der Sender), ihre Botschaft (die Information) aus ihrer Welt heraus formuliert und sie somit unbewusst codiert. Der Zuhörer (der Empfänger) seinerseits entschlüsselt (decodiert) diese Botschaft wiederum aus seiner Welt heraus.

Je unterschiedlicher die Welten von Sender und Empfänger sind, desto größer ist die Gefahr von Missverständnissen. Daher kommt es zum Beispiel zwischen Menschen unterschiedlicher sozialer Gruppen, verschiedener Kulturkreise und zwischen Männern und Frauen besonders häufig zu Missverständnissen.

Bei der Kommunikation ist nicht entscheidend, was der Sender meint, sondern was der Empfänger versteht. Es bringt dem Sender nichts, wenn er es »doch nur gut gemeint hat«, der Empfänger sich aber bedrängt oder sogar verurteilt fühlt.

Wenn es schon bei einfachen Gesprächen zu Missverständnissen kommt – wie viel mehr dann bei schwierigen! Emotionen machen alles noch komplexer. Wenn wir uns zum Beispiel ärgern, eingeschüchtert sind oder übergangen fühlen, erhöht sich die Gefahr, dass wir das konkrete Ereignis falsch interpretieren. Missverständnisse machen jede Kommunikation doppelt anspruchsvoll und erschweren das gegenseitige Verständnis erheblich. Durch Missverständnisse und Interpretationen werden zudem neue Ereignisse geschaffen – zumindest in unserem Kopf.

Erfahrung eines Kollegen: Die Interpretation

Mein Kollege interpretierte die ausgebliebene Einladung der Partnerinnen und Partner seiner Abteilung als Affront. Für ihn war klar: Seine Inlandsabteilung und damit er und seine Kollegen wurden von der Geschäftsleitung nicht gleich geschätzt und nicht gleich wichtig eingestuft wie die Kollegen der Auslandsabteilung. Kein Wunder, dass diese Interpretation bei meinem Kollegen ungute Gefühle auslöste. Diese Gefühle wiederum betätigten ihm »intern«, dass seine Interpretation richtig war.

3. Gefühle


Unsere Interpretation – nicht das Ereignis selbst – weckt in uns Gefühle. Bei Ereignissen, die wir als belastend oder ärgerlich empfinden, fällt unsere Interpretation natürlich meist negativ aus. Interpretation und Gefühle aufgrund großer und kleiner Ereignisse entwickeln sich in einem Gespräch blitzschnell. Deshalb haben wir den Eindruck, dass unsere negativen Gefühle durch das Ereignis selbst ausgelöst worden seien. Das stimmt meistens nicht. Es ist unsere Interpretation, die entsprechende Gefühle auslöst, denn man kann dasselbe Ereignis ganz unterschiedlich beurteilen.

Erfahrung eines Kollegen: Die Gefühle

Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, welche Gefühle die Interpretation meines Kollegen bei ihm auslöste. Er konnte das Jubiläumsfest trotz besten Essens überhaupt nicht genießen. Er war sehr verärgert, ja wütend. Mein Kollege kam sich deplatziert vor und wäre am liebsten aufgestanden und nach Hause gegangen. Und er war besonders verärgert über die Geschäftsleitung, die eine solche Ungerechtigkeit offensichtlich in Ordnung fand.

4. Empathie


In der Regel überspringen wir bei schwierigen Gesprächen die Phase »Empathie« und kommen direkt zur Reaktion. Besonders die negativen Gefühle verleiten uns dazu, sofort zu reagieren. Wir kritisieren den Anderen, wir verletzen ihn, wir entschuldigen oder rechtfertigen uns vorschnell, wir schmollen … Wenn unsere Interpretation des Ereignisses der Realität nicht entspricht, reagieren wir natürlich unangemessen. Unsere Reaktion beruht dann auf falschen Tatsachen. So wird unsere Reaktion für den Anderen zum neuen Ereignis. Dieses löst bei ihm wiederum Interpretation, Gefühle und Reaktionen aus. So dreht sich der Kreislauf immer weiter – im unglücklichsten Fall als Spirale nach unten.

Mit Empathie zu reagieren bedeutet, dass wir versuchen, den Anderen in seinem Verhalten und in seinen Überzeugungen zu verstehen und uns nicht von unseren Interpretationen und Gefühlen überwältigen zu lassen. Sich so zu verhalten ist die hohe Schule der Kommunikation. Das Schlüsselwort im Kreislauf schwieriger Gespräche heißt daher »Empathie«. Empathie bedeutet, seinen eigenen Interpretationen und Gefühlen zu misstrauen im Wissen darum, dass wir uns schon oft getäuscht haben. Empathie ist die Bereitschaft und Fähigkeit, die Gedanken, Emotionen, Motive und Persönlichkeitsmerkmale einer anderen Person zu...

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