Was die Wissenschaft über die Effekte von Isoflavonen gegen hormonabhängige Karzinome weiß
„Seit Tausenden von Jahren werden Isoflavone von Hunderten Millionen von Menschen konsumiert, wobei in Gegenden mit starkem Isoflavonekonsum die beiden hormonabhängigen Karzinome Prostatakarzinom und Mammakarzinom in einer verschwindend niedrigen Inzidenz auftraten. Dies erlaubt zumindest den Rückschluss, den auch zahlreiche epidemiologische Untersuchungen belegen, dass Isoflavone, die in jahrtausendealten Kulturpflanzen vorkommen, der Volksgesundheit nützen. In diesem Kontext ist anzumerken, dass in Ländern mit sojareicher Ernährung die Inzidenz hormonabhängiger Malignome (vor allem Brust- und Prostatakrebs) niedrig ist. So konnte in Japan gezeigt werden, dass bereits eine langfristige Aufnahme von 25 Milligramm Isoflavonen im Vergleich zu einer isoflavonarmen Ernährung (sieben Milligramm Isoflavone) das Brustkrebsrisiko um über 50 Prozent senken kann.“
Aus: „Isoflavone und die weibliche Brust“, Dr. Markus M. Metka, Professor für gynäkologische Endokrinologie an der Universität Wien.
„Isoflavone haben die geniale Fähigkeit, dass sie den Abbau des Östrogens in die günstige Schiene des Wohlbefindens fördern“
Interview mit Universitätsprofessor DDr. Johannes Huber, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin, Wien.
Dieses Interview erschien 2010 in der Zeitschrift ANTIAGINGNEWS – mit freundlicher Genehmigung des Verlages.
Herr Professor, Sie bezeichnen den Wunsch vieler Frauen, Wechseljahrbeschwerden zunächst mit pflanzlichen Mitteln zu bekämpfen, aus wissenschaftlicher Sicht als gerechtfertigt. Warum?
DDr. Johannes Huber: Grundsätzlich sollte man Produkte aus dem Königreich der Pflanzen nicht ironisieren und auch nicht bagatellisieren. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass die erfolgreichsten Medikamente der Medizin aus dem Pflanzenreich und aus dem Naturbereich gekommen sind. Denken Sie an das Aspirin aus Weidenrinde, an die Salizylsäure, denken Sie an das Penicillin aus Pilzen, es ist mehr oder weniger auch ein Naturprodukt, denken Sie an das jetzt neue Taxol, das Antikrebsmittel – es ist aus einer Eibe gewonnen worden. Also, man muss sich hüten, etwas nicht ernst zu nehmen, nur weil es nicht von Hoffman-La Roche, von Schering oder irgendeiner Company kommt. Wenn die Mutter Natur über Millionen von Jahren etwas entwickelt, dann ist es wahrscheinlich besser, als wir das könnten.
In einer Metaanalyse haben Sie und Professor Dr. Sepp Leodolter an der Universität-Frauenklinik in Wien die zahlreichen Studien über Isoflavone verglichen und neu analysiert.
DDr. Johannes Huber: Die Wissenschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch Substanzen, die sich seit Jahrtausenden bewähren, mit modernsten Mitteln noch einmal zu untersuchen, zum Beispiel um den Wirkmechamismus besser zu erkennen oder Nebenwirkungen besser abschätzen zu können.
Was ist das Faszinierende an Isoflavonen?
DDr. Johannes Huber: Isoflavone sind Substanzen, die einerseits in der alten Kulturpflanze Soja enthalten sind oder im Rotklee. Und vor allem von Soja weiß man, dass es sehr viele Benefizien hat. Das ist zunächst ein Argument aus der Beobachtung. Wenn Tausende Jahre hindurch Milliarden von Menschen Soja verzehren und man dort in diesen Gebieten weniger Mammakarzinome, weniger Prostatakarzinome - signifikant weniger! - findet, und dann Menschen aus Asien nach Hawaii auswandern und dort kein Soja mehr essen und dort plötzlich so erkranken wie die dortige Bevölkerung, so wird auch der nicht gebildet medizinische Beobachter sich mit der Ernährung befassen. Und diesen Zusammenhang hat jetzt die moderne Wissenschaft bewiesen, beziehungsweise sehr schön nachvollzogen.
Sie haben in dem sehr angesehenen Wissenschaftsjournal „Fertility And Sterility“ Erstaunliches publizieren können …
DDr. Johannes Huber: Man weiß zunächst von der molekularphysiologischen Seite, dass Isoflavone in der Lage sind, den Abbau oder die Weiterverwertung von Östrogen und Progesteron im Körper zu modifizieren und zu verändern. Das Östrogen der Frau, das sie im Eierstock bildet oder auch zuführt, kann entweder für die Fortpflanzung verwendet werden oder für das normale Allgemeinbefinden. Für die Fortpflanzung wird das Östrogen in Metabolite, das heißt also in andere Verbindungen umgewandelt, die natürlich sehr das Wachstum fördern, in der Brust, in der Gebärmutter, weil die Schwangerschaft braucht viel Wachstum. Bis zu einem gewissen Grad wird dann der Organismus der Frau in der zweiten Lebenshälfte, wo sie nicht mehr fortpflanzen muss, belastet, wenn sie mit diesen Metaboliten, mit diesen weiteren Produkten des Östrogens in Kontakt kommt.
Wie unterstützen Isoflavone die Gesundheit der Frau?
DDr. Johannes Huber: Für die Frau mit fünfundfünfzig, sechzig ist sehr wichtig, in welche Richtung der Körper die Östrogene umändert. Das Östrogen kann erfreulicherweise auch in eine zweite Schiene umgebaut werden, die nicht mit der Fortpflanzung assoziiert ist, sondern die nur für das Wohlbefinden der Frau verantwortlich ist. Das sind Östrogene, die bis zu einem gewissen Grad beruhigen: zum Beispiel das 2-Hydroxyöstrogen, das die Proliferation (Wucherung, Vermehrung, Anmerkung des Verlages) der Zellen nicht fördert, das auch nicht die Anti-Apoptose (Apoptose: notwendiger, genetisch programmierter Zell-Selbstmord, Anmerkung des Verlages) stimuliert – also nicht den natürlichen Zelltod hemmt. Wenn eine Frau jetzt fünfzig ist, braucht sie normalerweise nicht mehr diese aggressiven und die stark stimulierenden Östrogene für die Fortpflanzung, sondern sie braucht die, die auf das Wohlbefinden zielen. Und diese Isoflavone haben nun die geniale Fähigkeit, dass sie den Abbau des Östrogens in die günstige Schiene des Wohlbefindens fördern und in die ungünstige Schiene, die für die Fortpflanzung verantwortlich ist, unterbinden. Sowohl das eigene Östrogens als auch jenes, das man zuführt. Das erklärt auch ein Phänomen, das man ja schon seit langem von den Schafzüchtern kennt: Wenn Schafe trächtig sind und auf einer Rotkleewiese weiden, dann abortieren sie alle, weil auch bei den Schafen das Östrogen in die eine oder andere Richtung umgebaut werden kann, und die Isoflavone im Rotklee verhindern, dass die aggressiven Östrogene entstehen, die für die Fortpflanzung benötigt werden.
Konnten Sie das wissenschaftlich genau dokumentieren?
DDr. Johannes Huber: Diesen Umbauprozess beeinflussen Isoflavone, und deshalb kann man sie als Enzymmodulatoren bezeichnen. Sie beeinflussen die Gene, die an der Entsorgung des Östrogens beteiligt sind: Gene mit den Bezeichnungen CYP 1A1 und CYP 1B1. Es sind Enzyme, die das Östrogen entweder für die Fortpflanzung oder nur für das Wohlbefinden teilen, dividieren, skelettieren. Das Gleiche gibt es auch beim Progesteron. Auch das Progesteron kann in eine aggressive Form weiterverwertet werden oder in eine eher beruhigende. Und auch da ist das Isoflavon über die 5-alpha-Reduktase-Hemmung sehr hilfreich. Das weiß man jetzt von Seiten der Molekularbiologie, und da gibt es auch sehr gute Arbeiten.
Welches Ergebnis hat Ihre Meta-Analyse erbracht?
DDr. Johannes Huber: Über diese metabiologischen Veränderungen wurden große epidemiologische Studien gemacht. Man war natürlich neugierig, ob diese Interpretationen bestätigt werden. Zwei Untersuchungen wurden im „Journal For Clinical Oncology“ veröffentlicht – eine Zeitschrift von hohem Standard. Eine Studie untersuchte Frauen aus Holland und Israel, die andere Frauen aus Singapur, also völlig unterschiedliche genetische Populationen. Beide Resultate zeigen sehr schön: Je höher der Isoflavonspiegel im Blut ist, umso geringer ist die Wahrscheinlichkeit der Frau, dass sie an Brustkrebs erkrankt. Diese Erkenntnisse sind in erster Linie für das Verhindern von Brustkrebs interessant. Und deshalb kann man als Wissenschaftler schon sagen: Das ist ein ganz wichtiger Punkt, das sind wichtige Erkenntnisse. Das sind sauber gemachte Case Control Studies. Und genau diese Aussage deckt sich mit unserer Metaanalyse, also mit einer übergeordneten Auswertung, die in „Fertility And Sterility“ erschienen ist. Das ist im Fach der Frauenheilkunde das höchst gerankte Journal, wo es gar nicht so einfach ist, als Österreicher etwas zu publizieren. Auch unsere Meta-Analyse, wo alle Arbeiten über Isoflavone und Krebs gewichtet wurden, zeigt: Es ist nicht so, wie viele Gegner der Isoflavone sagen, dass das Krebsrisiko steigt. Sondern wir haben gesehen, es kommt insgesamt nicht zu einer Belastung, und die zwei zitierten Arbeiten belegen sogar, dass Isoflavone schützen.
Bedeutet das: Grünes Licht für diese pflanzlichen Inhaltsstoffe gegen Beschwerden in den Wechseljahren?
DDr. Johannes Huber: Wir haben auch über die Wirksamkeit der Isoflavone eine Meta-Analyse gemacht und sie ebenfalls in „Fertility And Sterility“ publiziert. Zwei Ergebnisse sind besonders aufgefallen: Einmal, dass leichte und mittlere menopausale Beschwerden tatsächlich mit Isoflavonen gut zu behandeln sind. Allerdings, man muss gleich anfangen, wenn die Beschwerden auftreten. Also, Jahrzehnte später wirkt es nicht mehr so stark. Aber wenn man gleich beginnt, sprechen leichte bis mittlere menopausale Beschwerden sehr gut an.
Welche Beschwerden?
DDr. Johannes Huber: Hitzewallungen, Schlaflosigkeit, Unruhe – die klassischen.
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