2. Um was es geht
Zweck des Buchs ist es, einen Weg zu einem integralen und heilsamen Gesundheitsverständnis zu zeigen, und damit zu einer autonomen Gesundheitsprävention im weiteren Sinn zu kommen.
Dabei liegt das Augenmerk nicht auf der Vermeidung von Krankheiten, sondern auf dem Erhalt von Gesundheit.
Gesund bin ich dann, wenn ich meine wesentlichen, lebensdienlichen Bedürfnisse erfüllend erlebe und ich mich gesund fühle. Dabei ist die Gesundheit selbst eines dieser Bedürfnisse.
Hierbei möchte ich mich nicht nur auf mein eigentliches Fach, die Humanmedizin stützen, sondern möglichst breit auch die anderen anthropologischen Wissenschaften berücksichtigen, soweit mir das möglich ist.
Physik, Biologie, Evolutionslehre, Menschheitsgeschichte, Psychologie, Soziologie, Literatur, Philosophie und die Theologie leisten wichtige Beiträge zum Verständnis, um die Relevanz menschlicher Bedürfnisse für die Gesundheit im Speziellen und ein erfülltes Leben im Allgemeinen zu verstehen.
Die Bezugnahme auf religiöse Inhalte mag vielleicht den einen oder anderen im Rahmen dieses Themas als etwas Irrationales und Missionarisches befremden.
Doch es geht hierbei nicht um die Vermittlung religiöser Lehren, sondern um etwas, was mir für die Gesundheit relevant erscheint, möglichst verständlich zu machen.
Dabei verstehe ich es als hilfreich, auch auf Mythen, Beschreibungen, Erklärungen und Lehren zurückzugreifen, die schon seit Jahrtausenden Milliarden Menschen überzeugen.
Wenn ich also Jesus oder Buddha zitiere, geschieht dies nicht aus religiösem Eifer, sondern um über diese erwiesenermaßen in der Geistesgeschichte wirksamen Lehren den Zugang zu dem von mir Gemeinten zu erleichtern. Darüber hinaus will ich mich ausdrücklich dazu bekennen, dass ich mit fortschreitender Auseinandersetzung mit diesen Themen eine immer tiefere fühlende Einsicht in die wahre Bedeutung ihrer Lehren erfahren habe.
Es geht hierbei aber nicht um die Beschreibung von Wahrheiten, sondern um Analogien, mit deren Hilfe Zusammenhänge, Prozesse und Auswirkungen im Interesse einer gesunden Lebensführung im weitesten Sinn verstanden und berücksichtigt werden können.
Entscheidend ist die Ausrichtung ist auf die Erfüllung von Bedürfnissen im Buch wie im Leben.
Philosophisch versuche ich mich an Heraklit, Meister Eckhart, Nikolaus Cusanus, Kant, Hegel, Heidegger und Jaspers zu orientieren.
Das zu Grunde liegende Menschenbild ist auch am Humanismus und an Maslow, Rogers, M. Rosenberg und besonders Erich Fromm orientiert.
Das Verständnis der Psychodynamik stützt sich einerseits auf die Psychoanalyse, ist aber gleichzeitig eingebettet in ein hypno-systemisches Denken, wie es von Gunther Schmidt vertreten wird.
Dem entsprechend sind (sozial)-konstruktivistische Positionen (Maturana, H. v. Foerster, Luhmann) wesentlich.
Die Auswahl und Definition der Bedürfnisse schöpfen aus verschiedenen Quellen: Maslow, Rosenberg, Stern, Frankl, Adams, Bandura, Hegel, Rousseau, Goethe, Schiller, Neues Testament, Franz v. Assisi u. a. Diese Bedürfnisse zu erkennen und Möglichkeiten anzudeuten, ihnen angemessen optimal gerecht zu werden, ist Anliegen dieses Buches.
Hierbei werden wiederum Vorgaben von G. Schmidt, M. Rosenberg, und der Energetischen Psychotherapie, wie sie von F. Gallo gelehrt wird, in besonderer Weise berücksichtigt.
Davon ausgehend, dass ich als Person in der Welt bin und die Welt in mir – genetisch, epigenetisch sowie in meinem Bewusstsein – ist, ist es grundsätzlich unterschiedslos, wo ich behandele, entscheidend ist das »Wie« ich behandele bzw. in Beziehung trete.
Die Wirkungen meines Denkens und Handelns betreffen immer mich und die Welt gleichsinnig.
Wenn ich mich achte und liebe, achte und liebe ich die ganze Welt; wenn ich den Anderen achte und liebe, achte und liebe ich gleichzeitig mich selbst und die ganze Welt. Gerechterweise gilt das ebenso für das verächtliche und lieblose Verhalten.
Es ist mir wichtig, zu betonen, dass ich versuche, möglichst breit gefächert zuzuhören und von überall zu lernen. Dabei kann es natürlich sein, dass manches nicht zusammenzupassen scheint und noch nicht einmal dem aktuellen Stand der Wissenschaft entspricht.
Doch genau das ist die konkrete Lebenswirklichkeit, dass ich beim Pluralismus all der verschiedenen Quellen meist gar nicht in der Lage bin, überhaupt genauer zu verstehen, was da gesagt wird.
Bei der Vielzahl der genutzten Quellen ist es nicht möglich, sie vollständig aufzuführen.
Die Aufzählung ist rein assoziativ und keinesfalls vollständig: Buddha, Heraklit, Sokrates, Altes und Neues Testament, Plato, Aristoteles, Augustinus, Meister Eckhart, Cusanus, Kant, Hegel, Novalis, Hölderlin, Erasmus, Spinoza, Brentano, Husserl, Jaspers, Fromm, Heisenberg, Dürr, Jung, Allman, Frick, Maslow, Rosenberg, Gallo, Clinton, Tolle, Stern, Jäger, Grün, Gunther Schmidt, Heidegger, Ornish, Burdon, v. Uexküll, Lorenz, Eibl-Eibesfeld, Wilson, Riedl, DeWaal, Thich Nath Han, Maturana, v. Foerster, Stirlin, Basch, Bauer, Bandura, Adams, Nefiodof, Spitzer, E. Erikson, M. Erickson, Piaget, Gebser, Wilber, Frankl, Thomasevangelium u. v. a.
2.1 Hypothesen und Prämissen
Es gibt eine wirkliche Welt der Prozesse und eine reale Welt der Gegenstände. Doch alles, was ich erlebe, spielt sich in meinem Bewusstsein ab. Mein Bewusstsein ist immer auf etwas hin ausgerichtet.
Angelehnt an Brentano und Husserl gibt es eine – implizite – Intentionalität.
Bereits der Säugling zeigt intentionsähnliche Verhaltensweisen (Stern). Alles ist auf ein Ziel hin ausgerichtet. Deshalb soll auch in diesem Buch mit den Zielen begonnen werden.
Ich folge der Systemtheorie, nach der alles kontextbezogen ist; die Frage nach Gut oder Schlecht, Richtig oder Falsch lässt sich nur aus dem jeweiligen Zusammenhang beantworten – also aus der Frage nach dem »Wofür«.
Alles ist gut, was dem Leben dient. Was lebensdienlich ist, vermitteln mir meine Bedürfnisse, die allen Menschen gleich sind und die ich daher mit allen Menschen teile (Rosenberg, Maslow, Frankl).
Ich kann mir modellhaft meine Bedürfnisse als »Teilpersönlichkeiten« vorstellen.
Weitere Teilpersönlichkeiten bzw. Aspekte sind meine Vorerfahrungen, Erinnerungen und die verschiedenen Ich-Zustände (Ego-States).
Ich als Person bin eine Gemeinschaft vieler unterschiedlicher Teilpersönlichkeiten.
Damit lehne ich mich an das Seitenmodell von Gunther Schmidt an: »Wer bin ich und wenn ja wie viele?«
Doch vor dem Hintergrund meines Körpers, meiner Identität und meiner Geschichtlichkeit kann ich mich auch als eine einzelne, individuelle Person verstehen und nehme dabei einen existenzialistischen Standpunkt ein: Ich bin hier jetzt.
Das in diesem Ich zugrunde gelegte Menschenbild soll so skizziert werden:
Der Mensch erscheint in einer geistigen, einer affektiv-emotionalen, einer körperlich-materiellen und in einer energetischen (elektro-magnetischen) Art und Weise.
Darüber hinaus kann noch eine spirituelle Erscheinungsform beobachtet werden, die aber für viele Menschen nicht die Evidenz wie die vier zuvor genannten zu haben scheint.
Zunächst soll die geistige Erscheinung beschrieben werden. Zu dieser geistigen Seite oder geistigen Dimension gehören alle Gedanken, Vorstellungen, Erinnerungsbilder, Pläne, Phantasien. Alles Erlernte (Sprache, Rechnen) ist ebenso im geistigen, gedanklichen Raum abgebildet wie religiöse, politische oder weltanschauliche Ideen, Überzeugungen, soziale Regeln, Symbole usw.
Wenn wir miteinander sprechen, tauschen wir Schallsymbole aus. Diese Schallsymbole übersetzen wir dann zunächst in elektromagnetische Muster und anschließend in Begriffe und bestimmte Vorstellungen. Bei dem Wort »Tisch« zum Beispiel haben wir als Deutsche durch dieses Schallsymbol annähernd eine ähnliche Vorstellung in unserem Bewusstsein.
Das ist etwas mit der Muttersprache Erlerntes, das wir in unseren neuronalen Netzwerken abgespeichert haben.
Eine weitere Erscheinungsform des Menschen ist seine gefühlsmäßig-affektive und emotionale Seite mit Gefühlen von Angst, Eifersucht, Hass, Niedergeschlagenheit, Trauer, Ärger, Dankbarkeit, Neid, Missgunst, Scham, Überraschung, Neugier, Wut und Liebe.
Eine dritte Erscheinungsform ist die körperliche mit allen stofflichen Phänomenen wie Organen, Organfunktionen, Kreislauf, Immunsystem, Hormonregulation, Verdauung usw.
Die vierte Erscheinungsform, die energetische oder elektromagnetische ist ebenfalls über das ganze Leben in jeder Situation in spezifischer Weise miteinbezogen. Zu jedem Gefühl, jedem Gedanken, jeder Vorstellung und jeder Aktion gehören spezifische elektromagnetische Muster. Wenn ich »Tisch« sage oder denke, spielt sich in meinem Gehirn elektromagnetisch etwas anderes ab, es finden andere Verschaltungen statt, als wenn ich »Kamel« oder »Mörder« sage.
Doch was immer ich auch in meinem Gehirn über...