Meditations-Formen
Wenn ich gehe, gehe ich. Wenn ich sitze, sitze ich. Und wenn ich esse, esse ich.
(AUS DEM ZEN-BUDDHISMUS)
Während die traditionellen, fernöstlichen Meditationsformen meist mit Konzentrationsübungen auf ganz bestimmte Themen verbunden sind, geht die tantrische Selbsterfahrung eher den entgegengesetzten Weg. Zwar hat Osho nicht nur in seinem orangenen Buch der Meditationen (s. Literaturempfehlungen) zahlreiche einfache und einfachste Meditationen beschrieben, die ebenso die bewusste Wahrnehmung zum Inhalt haben, aber es war auch Osho, der die dynamische Meditation entwickelt hat und so den Grundstein für viele verschiedene Spielarten von Bewegungs- und Atemmeditationen gelegt hat.
Alle Meditationsformen haben ihre Berechtigung. Der Anspruch ist zum Teil recht verschieden – aber grundsätzlich kann jede Meditationsform auch von jedem geübt werden. Welche Meditationsform tatsächlich zu Dir passt, musst Du selbst herausfinden. Ich werde versuchen einige – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – zu beschreiben.
Passive / kontemplative Meditation, Achtsamkeitsmeditation, Konzentrationsübung, Vipassana, Satsang, Zazen – diese meist im stillen Sitzen praktizierten Meditationsformen gehen auf traditionelle Meditationstechniken zurück, die im Taoismus, Buddhismus und Hinduismus, aber auch im Zen – allgemein in asiatischen Kulturkreisen – verbreitet und auf das vornehmliche Ziel der Erleuchtung, aber auch auf tiefste Entspannung ausgerichtet sind. Wie bei allen Meditationsformen kann dabei sowohl die Fokussierung des Bewusstseins auf ein spezifisches Thema Inhalt und Sinn der Meditation sein, als auch das Loslassen oder die Ausdehnung der Aufmerksamkeit auf kosmische Maßstäbe, auf den Raum des ganzen Universums.
Osho hat viele Achtsamkeitsmeditationen mit einfachen Worten beschrieben und sie so auch für den Durchschnittseuropäer lesbar und nachvollziehbar gemacht (s. Literaturempfehlung: Das Orangene Buch). Er geht dabei über die Meditation der Stille im Sitzen oder Liegen hinaus und beschreibt zum Beispiel auch Geh-Meditationen oder die Wahrnehmung von Pausen zwischen zwei Atemzügen – eines der vielen grundlegenden Themen aus dem Vigyan Bhairav Tantra (die Beschäftigung mit den 112 Meditations-Techniken zur Entdeckung der inneren Wahrheit empfehle ich an dieser Stelle ausdrücklich nicht, da dieses Buch der Geheimnisse (s. Literaturempfehlungen) mit mehr als 1200 Seiten nicht für jeden leicht verdaulich ist).
Zu den Konzentrations- und Achtsamkeitsübungen zählen sicher auch das Mantra-Singen oder Atem-Wahrnehmungsübungen in der Tradition der Samatha-Meditation (Geistesruhe-Meditation), sowie die von Maharishi Mahesh vermittelte Transzendentale Meditation in der Tradition vedischer Meditationstechniken.
Im Tantra werden Meditationen der Stille, Konzentrations- und Achtsamkeitsübungen ebenfalls genutzt, um sich zu erden, um zur Ruhe zu kommen, zur Vorbereitung und zum Beginn tantrischer Rituale, zur Visualisierung und zur Verbindung mit dem Göttlichen in uns. Dazu gehören z.B. die Vipassana-Meditation und auch das Singen von Mantras.
Meditationstechniken des Zen-Buddhismus – im Zen-Buddhismus haben sich sehr außergewöhnliche Meditationsformen entwickelt, die für den Außenstehenden zunächst gar nicht als Meditation erkennbar sind. Es sind dies bis zur Perfektion verfeinerte rituelle Handlungen oder auch Fertigkeiten, die dafür entwickelt wurden das Bewusstsein bzw. die Aufmerksamkeit zu fokussieren und gleichzeitig zu entspannen und loszulassen. Neben der bereits erwähnten Gehmeditation (Kinhin) – die im Zen sehr ausgeklügelten Regeln unterliegt – gibt es weitere Meditationsformen, die bei uns eigentlich nur als handwerkliche Techniken oder Fertigkeiten bekannt sind: z.B. die Teezeremonie (Sado), die Schreibkunst (Shodo), die Kunst der Blumenarrangements (Ikebana), die Kunst der Gartengestaltung (Zengarten), der Weg des Krieges (Budo).
Aktive / Dynamische Meditation, Bewegungsmeditation, Kundalini Meditation – wie bereits erwähnt gehen die dynamischen, aktiven Meditationen auf Osho zurück. Osho entwickelte aus traditionellen Elementen taoistischer, buddhistischer und hinduistischer Meditationen und Tänze die Grundlage für die heute in der westlichen, neo-tantrischen Welt bekannten Bewegungsmeditationen. Seine dynamischen Meditationen bestehen meist aus mehreren Phasen, die – inhaltlich oft sehr unterschiedlich – aufeinander aufbauen und über intensive Bewegungen des Körpers, mitunter auch über die Stimme, Phasen der Katharsis oder Phasen der Erstarrung zu einer Öffnung bzw. einem Loslassen jeglicher Kontrolle verhelfen soll. Osho’s bekannteste aktiven Meditationen sind die Dynamic Meditation, die Nataraj und die Nadabrahma Meditation, sowie die Kundalini Meditation. Daneben gehört die Herz-Chakra Meditation von Karunesh zu den bekanntesten, kommerziell erhältlichen aktiven Meditationen.
Die Kundalini Meditation beginnt in der ersten Phase mit dem Schütteln des Körpers, das durchaus unorthodox, unkoordiniert sein soll. Der Körper soll sich hier bewegen, wie er sich bewegen möchte – die bewusste Steuerung durch den Verstand soll losgelassen werden. Aufgrund dieser ersten Phase wird diese Meditation oft auch einfach als Schüttel-Meditation bezeichnet. Im weiteren Verlauf soll erreicht werden, dass über die Öffnung des Körpers mehr und mehr die Kontrolle der körpereigenen Energien losgelassen wird. Letztendlich soll es zu einer Erweckung der Kundalini-Energie – dem weiblichen Energieanteil in uns – kommen, die bildlich meist als eine im Beckenboden schlafende Schlange dargestellt wird. Die Kundalini-Energie soll sich dann mit unserem männlichen Energieanteil, der sich eher im Kopfbereich aufhält, verbinden. Die Erweckung der Kundalini-Energie ist jedoch für den ungeübten nur sehr selten tatsächlich physisch spürbar.
Aus den von Osho entwickelten aktiven / dynamischen Meditationen haben sich im Laufe der Zeit neue Formen von Bewegungsmeditationen entwickelt, die zwar häufig ebenfalls in Phasen eingeteilt werden, jedoch den in ihrem Ablauf doch sehr strengen Vorgaben der originalen Osho Meditationen nicht mehr folgen und eigene, modernere Wege gehen. Inhärent ist jedoch fast allen aktiven Meditationen eine abschließende ruhige Integrationsphase, die zum Einen dazu dient die Dynamik des Körpers wieder zu reduzieren. Zum Anderen kann es in dieser Integrationsphase aufgrund der über die Bewegung erfolgten Öffnung zu einem intensiven Kontakt mit dem Selbst oder mit Themen der inneren Wahrheit kommen, die im Augenblick vielleicht auch nur unbewusst aktuell und präsent sind. Genau das ist an dieser Stelle auch gewünscht, denn es kann dadurch zur Heilung von Gefühlen der Trauer oder gespeicherten Traumen, aber auch zu intensiven Erfahrungen von Glücksgefühlen und der Selbstliebe kommen.
Atemmeditation – auch Osho arbeitete in seinen dynamischen Meditationen mit Atemtechniken. Mittlerweile gehen allerdings verschiedenste Atemmeditationen darüber hinaus. Die Atmung wird dabei eingesetzt um die körperliche Öffnung zu intensivieren und zu beschleunigen. Die bekanntesten Atemmeditationen bzw. Atemtechniken sind das holotrope Atmen und die Quantum Light Breath (QLB) von Jeru Kabbal.
Intensives Atmen kann – wie bei einer Hyperventilation – zu vermehrtem Abatmen von Kohlendioxid führen. Dadurch steigt der pH-Wert des Blutes (respiratorische Alkalose) und die Löslichkeit von Kalziumionen im Blut sinkt (relative Hypokalziämie). Kalzium ist jedoch für die Übertragung von Nervenimpulsen zwischen den Synapsen essentiell – eine relative Hypokalziämie kann daher zu einer Übererregbarkeit des Nervensystems und weiter zu neuromuskulären Symptomen (Tetanie) führen. Typisch ist ein Kribbeln um den Mund herum oder auch Krämpfe –z.B. eine sogenannte Pfötchenstellung der Hände.
Diese neuromuskulären Symptome machen den meisten Menschen Angst und können auch Panik erzeugen. Tatsächlich sind sie relativ harmlos, wenn sie durch bewusste Hyperventilation hervorgerufen werden. Der Betroffene kann dann einfach seine Atmung verlangsamen bzw. normalisieren, wodurch auch die Symptome meist sehr schnell wieder verschwinden. Helfer / Leiter von Atemmeditationen sollen die Übenden beobachten und beim Auftreten neuromuskulärer Symptome Hilfestellung bieten um die Atmung wieder zu normalisieren. Atemmeditationen sollten daher nicht allein, sondern nach Möglichkeit immer in der Gruppe unter Anleitung geübt werden.
Atemtechniken sind für den Gesunden harmlos – auch unter Berücksichtigung möglicher neuromuskulärer Symptome. Menschen mit Herzerkrankungen oder Blutdruckproblematiken sollten Atemtechniken jedoch meiden. Absolut kontraindiziert sind Atemtechniken bei epileptischem Anfallsleiden (Epilepsie), akuten Psychosen oder schweren...