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E-Book

Lieben und Loslassen

Durch Meditation das Herz öffnen

AutorMarie Mannschatz
VerlagKamphausen Media GmbH
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783899011852
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis13,99 EUR
Der Wunsch, geliebt zu werden, ist uns allen vertraut. Oft erleben wir die Liebe aber als ein Gefühl, das über uns hereinbricht, uns widerfährt - sofern wir Glück haben. Selten erkennen wir, dass Liebe eine entschiedene Absicht, ein aktives Tun erfordert. Die erfahrene Meditationslehrerin Marie Mannschatz beschreibt, wie wir zu einem neuen Verständnis von Liebe, Mitgefühl und Herzenswärme finden und die Kraft entwickeln können, auch wieder loszulassen. Ihr Buch ist ein sehr persönliches Plädoyer für eine neue Kultur der Liebe.

Marie Mannschatz hat mehr als zwei Jahrzehnte in freier Praxis als Gestalt- und Körpertherapeutin gearbeitet. Seit 1978 widmet sie sich buddhistischer Meditation und wurde in den neunziger Jahren von Jack Kornfield zur Meditationslehrerin ausgebildet. Sie lebt in Ahrensburg und lehrt in Europa und den USA.

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Leseprobe

Lieben


Gefühle sind die Antwort auf erlebte Handlung.
Liebe zeigt sich im konkreten Handeln. Mord aus
Liebe gibt es nicht, und Liebe ohne Gerechtigkeit
gibt es auch nicht.

Jedes Leben braucht Liebe. Wer keine Liebe hat, wird sie suchen. Liebe ist die Wurzel unseres Daseins, die treibende Kraft im Universum. Das Streben nach Liebe prägt unseren Lebensweg.

Obwohl es in unserer Gesellschaft den meisten Menschen in materieller Hinsicht gut geht, erscheint uns das Leben nicht leicht. Der äußere Schein trügt. Viele leiden an körperlichen und psychischen Schmerzen. Die Einsamkeit ist immens. Jedes offene Ohr, jede Zuwendung zu einem anderen Menschen hin ist wichtig, doch liebevolles, mitfühlendes Handeln wird immer seltener. Vor den Bildschirmen der Informationsgesellschaft veröden Menschen in Vereinzelung und Gefühllosigkeit. Der große Hunger nach Liebe wird im Habenwollen von materiellen Gütern ausgelebt, ohne dass er je gestillt werden könnte. Und obwohl jeder Liebe für wunderbar hält, glauben wir letztlich wohl doch an die Unerfüllbarkeit der Liebe. Wir verstehen Liebe meist als ein romantisches Gefühl, das uns überfällt und wieder verlässt wie Stimmungen, auf die wir keinen Einfluss haben.

Die amerikanische Kulturkritikerin Bell Hooks erzählt in ihrem im Jahr 2000 erschienenen Buch All About Love,2 dass sich ihre Freundinnen und Freunde nervös von ihr abwendeten, wenn sie ein Gespräch über die Liebe beginnen wollte. »Du solltest vielleicht mal zu einem Therapeuten gehen«, wurde ihr geraten; alle nahmen an, dass sie heimlich auf Partnersuche sei, weil sie über das Thema Liebe schreiben wollte. Es scheint nicht normal zu sein, öffentlich über die Liebe nachzudenken, aber es ist völlig üblich, sich mit alltäglicher Lieblosigkeit, mit Zynismus und Gewalttätigkeit abzufinden, empört sich Bell Hooks und geht der Frage nach, wo Liebe die Entscheidungen, die gefällt werden, bestimmt – in unseren Freundschaften, in Kultur und Politik, in der religiösen Welt? Die transformative Kraft der Liebe, von der große soziale Bewegungen immer gesprochen haben, scheint heute völlig in Vergessenheit zu geraten. Wir brauchen Klarheit darüber, dass Liebe für unsere Gesellschaft ebenso wichtig ist wie erfolgreiche Arbeit.

In einer Kultur der Liebe würden Werte nicht nur proklamiert, sondern auch umgesetzt werden. Wenn wir verstehen könnten, dass Liebe liebevolles Handeln ist, würden wir uns gegen Entfremdung, Korruption und Trennung wenden, gegen eine Konsumkultur, die vom grenzenlosen Habenwollen bestimmt ist. Würde Liebe bei uns die ethische Grundlage sein, dann hätte jeder das Recht auf Freiheit, Gleichheit und Erfüllung. Die Lust, Dinge zu besitzen würde ersetzt werden durch die Lust, Verbindung aufzunehmen, wir würden einfacher und genügsamer leben und dabei zufriedener sein. Die Frage »Wie finde ich jemanden, der oder die mich liebt?« würden wir verwandeln in »Wie kann ich eine Liebende, ein Liebender werden?«

Gefühle sind die Antwort auf erlebte Handlung. Liebe zeigt sich im konkreten Handeln. Mord aus Liebe gibt es nicht, und Liebe ohne Gerechtigkeit gibt es auch nicht.

Doch unsere Unwissenheit über die Liebe ist groß. Es besteht wenig Bewusstsein von der Notwendigkeit, Liebe zu üben und eine Kultur der Liebe zu entwickeln. In unserer Kultur wird alles diskutiert, es gibt Selbsthilfegruppen und Internet-Chat-Groups zu jedem erdenklichen Thema, aber im öffentlichen Gespräch der Gegenwart taucht nur ein sehr begrenzter Aspekt der Liebe auf. In Schlagern, in Hollywood-Filmen und Hochglanzmagazinen wird vor allem die Sehnsucht nach Intimität vermarktet und allzu gern wird Sexualität mit Liebe gleichgesetzt. Wie die Sehnsucht erfüllt wird, wie Liebe sich im Alltag verwirklichen kann, erfahren wir nur selten.

Bell Hooks hat beobachtet, dass die meisten Menschen erwarten, durch Liebe in ein dauerhaftes Hochgefühl versetzt zu werden, sie wollen nichts dafür tun und einfach nur das gute Gefühl genießen. Leidenschaft wird gerne mit Liebe verwechselt, man glaubt, Liebe müsse mitreißen, den Verstand zum Aussetzen bringen, Liebe müsse mühelos und bedingungslos sein. Angenehme Empfindungen, Aufmerksamkeit und Versorgtwerden haben wir im Elternhaus als Liebe kennen gelernt, sagt Bell Hooks. Heißt jemanden lieben, miteinander zu kuscheln, sich zu küssen und zu umarmen? Heißt Liebe, das zu bekommen, was man haben will? Heißt sich kümmern, sich lieben?

Was wir unter Liebe verstehen, hat viel mit unseren Kindheitserfahrungen zu tun. Wir lernen das Lieben im Heranwachsen in unseren Familien. Es wird als natürlich und selbstverständlich angesehen, dass Familienmitglieder einander lieben. In der Familie ist Liebe Pflicht – keine Wahl. Zuwendung wird häufig mit Strafen und Machtansprüchen verknüpft. Kindern wird sogar eingetrichtert, dass sie aus Liebe bestraft werden – angeblich zu ihrem eigenen Wohl. Missachtung und Misshandlung sollen wir als Ausdruck von Liebe akzeptieren, und wir sollen glauben, dass Liebe und Missbrauch Hand in Hand gehen können. Als Erwachsene reden wir uns dann ein, dass Partner, die uns wiederholt zutiefst verletzen, uns trotzdem lieben. Um unsere Phantasien von Liebe zu erfüllen, sind wir bereit, auf Selbstachtung und Selbstwertgefühl zu verzichten, nur um einen Schimmer vermeintlicher Liebe dafür zu bekommen. Dabei werden wir nur geliebt, wenn wir das tun, was den anderen gefällt.

Uns wird suggeriert, dass Liebe ein Mysterium ist, das wir nicht kennen können, dass Menschen, die miteinander schlafen, ohne miteinander zu kommunizieren, sich lieben, dass Vermeiden und Heimlichtuerei die Liebe erhält und Dominanz und Gewalt ein akzeptabler Ausdruck von Liebe sind. Wir sollten uns als Konsumenten gegenüber Bildern und Nachrichten verweigern, denen keine Liebesethik zugrunde liegt. Wird je darüber nachgedacht, wie es sich auf unsere Gesellschaft auswirkt, wenn Gewalt interessant und verführerisch erscheint? Wie oft lassen wir uns von Bildern der Gewalt fesseln! All dies zeigt, wie dringend notwendig es ist, so Bell Hooks, ein kritisches Bewusstsein von Liebe zu entwickeln.

Der Buddha benutzte das Wort Liebe nur selten. Vielleicht war es schon zu seinen Lebzeiten Anlass für viele Missverständnisse. Stattdessen sprach er meist von Sympathie und Freundschaft und erklärte, dass diese Gefühle, die er auch »grundlegende Liebe« nannte, in jedem Menschen vorhanden sind und gefördert werden können, zum Beispiel durch Achtsamkeitsübungen. Zu seinem vertrauten Begleiter Ananda bemerkte er einmal: »Die einfachste, grundlegende Form der Liebe, die Fähigkeit anderen Menschen mit Wohlwollen zu begegnen und ihnen das Beste zu wünschen, ist schon ein guter Grund, um erleichtert aufzuatmen.«3

Sympathie und Freundschaft spielen eine wichtige Rolle in den Lehren Buddhas. Er riet den Menschen immer wieder: Sucht euch die richtigen Freunde, Menschen die euch auf dem inneren Weg vorangehen, die euch begleiten und beraten können, die euch inspirieren und akzeptieren. Stets ermunterte er seine Schüler, zum Wohlergehen aller Lebewesen in die Welt hinaus zu gehen, sich im Herzen berühren zu lassen und zu fragen: Wem kann ich heute helfen? Was kann ich heute lehren? Auch die buddhistischen Meisterinnen und Meister der Gegenwart lehren in diesem Geist. »Meine Religion heißt Freundlichkeit«, verkündet der Dalai Lama, und der vietnamesische Lehrer Thich Nhat Hanh ist überzeugt, dass spirituelles Wachstum ohne nahe Freundschaft sehr schwierig ist.

Wie sieht nun die Herzgeist-Schulung aus, die durch Metta-Meditation angestrebt wird? Was zeichnet diese Methode im Vergleich zu anderen aus? Und: Worauf kommt es grundsätzlich an beim Meditieren?

Egal ob man den Blick auf eine Kerzenflamme richtet, ob man einem inneren Ton lauscht, den Atem spürt, egal, ob man die Göttin Tara visualisiert, ein Mantra spricht, auf eine weiße Wand oder in den Himmel schaut – immer geht es darum, den Geist auf ein einziges Objekt hin auszurichten und ihn dadurch zu formen und zu verwandeln. Wir werden sehr schnell bemerken, wie schwierig es ist, diese einfache Aufgabe zu erfüllen. Der ganze Lernprozess in der Meditation entfaltet sich in dem Bemühen, ein einziges Objekt in der Aufmerksamkeit zu halten. Serienweise tauchen Hindernisse und Widerstände auf. Wir langweilen uns, wir werden müde, die Aufmerksamkeit verliert sich in Phantasievorstellungen, im Pläne machen. Schmerzen im Körper lenken uns ab, und starke Gefühle reißen uns mit. Im Kontakt mit diesen Herausforderungen in der Meditation lernen wir uns selbst kennen. Wir erleben, dass der Geist nicht einfach zu kontrollieren ist, sondern dass es eine wahre Kunst ist, Frieden im Zentrum des Gedankenkarussells zu finden.

Für den Umgang mit den Herausforderungen in der Meditation gibt es Übungsanleitungen, die in den östlichen Traditionen seit Jahrtausenden erprobt wurden, denn unser menschlicher Geist funktioniert, ähnlich wie der Körper, unabhängig von Kultur und Zeitalter nach denselben Gesetzen.

Meditation erforscht die Landschaft des Geistes und stellt Landkarten dafür her. So wie es für Deutschland von unterschiedlichen...

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