LOKAL – DAS KOCHEXPERIMENT
MEET THE CHALLENGE!
Liebe Leserinnen und Leser, liebe LOKAL-Freundinnen und -Freunde, nun sind unsere LOKAL-Touren über die letzten elf Monate endlich in Holz geschnitzt. Ein aufregendes und großartiges Jahr geht für uns zu Ende! „LOKAL – das Kochexperiment: auf der Suche nach dem echten lokalen Geschmack“ bekommt mit diesem Buch, einem „Kochlesebuch“, wie wir es nennen, einen neuen Höhepunkt!
Heute weiß fast jedes Kind zumindest ungefähr, was bio ist. Lebensmittelskandale der letzten Jahre haben das Bewusstsein der Konsumenten hinsichtlich ihrer Ernährung verändert. Biolebensmittel sind beliebter denn je, sie haben einen Status erreicht, auf den man stolz sein kann. Dennoch ist der Markt nach wie vor ein Nischenmarkt und wir dürfen uns auf diesen Lorbeeren nicht ausruhen, sondern müssen weitertrommeln!
Die Ursuppe des Experiments – wie alles begonnen hat
Gerade hatten wir mit Erfolg unser gemeinsames Buch „FLEISCH“ abgeliefert und bei der Buchmesse in Frankfurt direkt einen Preis damit gewonnen. Der Koch und der Metzger! Beide können eben nicht ohneeinander! In jenem Buch durften wir unsere Überzeugungen zu Bioprodukten und gutem Fleisch in epischer Breite ausfächern. Das hatte uns riesig viel Spaß gemacht, aber auch ganz persönlich beflügelt und weitergebracht. Schnell wurde daher klar: Wir müssen weitermachen! Wir haben noch so viel zu erzählen, noch so viele coole Ideen zu verwirklichen, lass uns treffen! Im Grunde ist dieses neue Buch daher nur die logische Fortsetzung unserer gemeinsamen Arbeit der Vergangenheit. Und die hat nur eine große Überschrift: NATUR!
Wenn man anfängt, mit Liebe und Geist ein Thema in aller Tiefe zu erforschen wie damals das Thema Fleisch, fallen einem viele neue Erkenntnisse entgegen, die sich gar nicht in ein einziges Buch packen lassen! Die Welt der Landwirtschaft und allgemein der Lebensmittelwirtschaft ist so komplex und riesig, dass es immer neue Erfahrungen und Einsichten gibt, selbst bei uns beiden, die wir schon unser ganzes Leben dieser schönsten Hauptsache der Welt „geopfert“ haben. Wie und was wir essen, wie wir anbauen, wie wir Handel treiben – diese Fragen bestimmen mit, wie unsere Welt in Zukunft aussehen wird.
Bei Familie Tress in Ehestetten auf der Schwäbischen Alb genauso wie in Sonnenhausen und Herrmannsdorf bei den Schweisfurths denken und arbeiten wir schon seit Jahrzehnten und von Anfang an in regionalen und handwerklichen Dimensionen. Und wir haben mit eigenen Augen und Herzen gesehen, dass es Sinn macht, global zu denken und lokal zu handeln, wie es so schön heißt. Wir wissen, dass das nicht nur eine Modeerscheinung ist, und holen sinnvolle handwerklich geprägte Arbeit in unsere Heimat – besser gesagt: Wir retten sie vor dem Untergang, weil die Industrie mit ihrer Geldpower unser Kulturerbe brach legt! Die Wege für Ware UND Kommunikation müssen kurz sein. Wir vernetzen uns mit gleichgesinnten Freunden, anstatt in der Anonymität der arbeitsteiligen Welt zu verkümmern. Und ganz wichtig: Die Geschmacks- und Ernährungsqualität ist viel besser und wir bestimmen unsere Preise noch selbst, weil wir den Endverbraucher „haben“, anstatt uns in die Abhängigkeit von Händlern zu begeben. Das ist manchmal anstrengend, am Ende des Tages aber höchst befriedigend!
LOKAL! Dieses kleine Wörtchen passt besser als „regional“, denn aus der Region zu sein, behaupten inzwischen zu viele. Und das Wort „Region“ scheint vielerorts ein Synonym für „aus Deutschland“ geworden zu sein. Das geht uns in vielerlei Hinsicht zu weit. LOKAL ist für uns – und so sollte es auch für Sie sein, liebe Leserinnen und Leser – der Radius von 15 Kilometern!
Da wollten und wollen wir dran arbeiten! Also gingen wir erst einmal in Klausur und dachten uns passend dazu „LOKAL – das KOCHEXPERIMENT“ aus: Die Idee einer CHALLENGE wurde geboren, bei der es die Frage zu klären galt: Gibt es sie noch, die LOKALen Lebens-Mittel? Oder sind wir inzwischen völlige Supermarkt-Junkies geworden? Schaffen wir es, uns an jedem beliebigen Ort und auch im tiefen Winter LOKAL zu versorgen?
Wir haben auch einige Künstler aus Simons Bekanntenkreis wie den Tatort-Kommissar und unseren Freund Andreas Hoppe alias Mario Kopper für unsere Sache gewinnen können. Sie alle –. insbesondere auch die Bands „True Calling“ und „Elaiza“ – haben uns spontan ihre Unterstützung zugesagt! Andreas Hoppe ist nicht nur ein charaktervoller, begnadeter Schauspieler und Musiker, sondern auch ein lockerer, sympathischer Menschenfreund, der sich sehr für den Natur- und Umweltschutz einsetzt. Er hat einen eigenen Biohof bei Berlin, kocht darüber hinaus gerne und lecker. Für unser Projekt wurde er der perfekte Mann zum Beispiel zum regelmäßigen Auslosen der Ziele unserer Challenges. Rund um die Auslosung sollte das Prozedere stets folgendermaßen ablaufen: Facebook-Freunde machten Vorschläge, wohin es gehen sollte, und Andreas loste einmal pro Monat freitags aus diesen Vorschlägen den Ort aus, den wir am darauffolgenden Montag und Dienstag erkunden würden und wo wir aus den gefundenen Produkten von Bioerzeugern, aus Wild sowie Kräutern der Wildnis ein LOKAL-Menü kochen würden.
Und kaum war die Idee konkret geworden, ging es auch schon los: Wir packten unser Kochequipment ein, nahmen an Zutaten lediglich einen Sack Salz mit und fuhren hinaus in die Welt, um unserer Frage nachzugehen und die europäische deutschsprachige Heimat zu erforschen. Die insgesamt elf Touren sollten eine Reise zum Ursprung werden. Eine Reise auch mit dem Ziel, möglichst viele Fans, Gleichgesinnte und Weggefährten von Anbeginn an dazu einzuladen, über die verschiedenen Social-Media-Kanäle virtuell mitzufahren, um mitdenken und miterleben zu können. Simon zeigte mir, wie man über soziale Medien wie Facebook leicht und auf angenehme Art Leute für die LOKAL-Idee begeistern kann. Herausgekommen sind großartige Reisen mit vielen Highlights.
Was waren die Magic Moments?
Wo sollen wir da bloß anfangen? Elf Reisen, viele unglaubliche Menschen und unzählige unvergessliche Momente sind so schnell an uns vorbeigezogen. Es kommt uns vor, als hätten wir erst gestern den Trailer zu unserem Projekt auf „Gut Sonnenhausen“ gedreht. Damals wussten wir selbst noch nicht genau, was auf uns zukommen würde. Wie würden unsere Reisen ablaufen? Würden sich überhaupt Leute für das Projekt interessieren und uns Vorschläge für Reiseziele liefern? Und: Würden wir das selbst gesteckte Ziel immer erreichen und überall Gerichte nur aus ökologisch erzeugten und LOKALen Lebensmitteln kochen können? Uns blieb nichts anderes übrig: Wir mussten ins kalte Wasser springen, die große Ankündigung war ja bereits draußen. Und schließlich hatten wir richtig viel Lust auf das Experiment und waren von Anfang an voller Tatendrang.
Gammertingen, unsere erste Reise, war für alle ein großer, überwältigender Auftakt. Leider haben wir uns tatsächlich noch ein wenig wie Anfänger angestellt. Und wären dabei fast aus der Kurve geflogen! Viele Journalisten hatten wir eingeladen, neben Fotografen und unserer Bloggerin Lisa Schölzel ein eigenes Kamerateam dabei. Wir beide wollten mit allen gemeinsam die Bioerzeuger besuchen und die Journalisten zusätzlich Interviews führen, während gleichzeitig die Scheune fürs Kochen und die Party mit „True Calling“ aufgebaut werden musste. Trotzdem: Wir denken so gerne daran zurück und sprechen noch heute darüber. Unsere Freunde von der Band „True Calling“ haben mit ihrer Musik Stimmung gemacht. Nicht nur wir hinter der provisorischen Küche, sondern auch unsere rund 50 Gäste an der Tafel aus Strohballen haben den ganzen Abend mitgewippt. Es war eine Gaudi, womit wahrscheinlich wir genauso wenig gerechnet hatten wie Winfried Maulbetsch und alle anderen Mitarbeiter von „Mariaberg e. V.“, die uns wie selbstverständlich ihre Räumlichkeiten zur Verfügung stellten und halfen, wo sie nur konnten. Danke dafür! Und entschuldigt unseren Überfall … Es war sehr schön bei euch! Nach diesem Kraftakt waren wir an den beiden darauffolgenden Tagen alle einfach nur noch platt!
Bei der Heilbronn-Tour, unserer zweiten Reise, hatten wir schon dazugelernt und teilten uns auf. Wir entschieden zudem, kein zusätzliches Filmteam mehr mitzunehmen, denn Lisa machte hervorragende kleine Filme, wie man auf unseren Kanälen sehen kann. Außerdem hörten wir damit auf, proaktiv Journalisten einzuladen, denn wir wollten schließlich nicht schon vorzeitig all unser PR-Pulver verschießen.
So folgte Reise auf Reise. Ein weiteres Highlight war Lech am Arlberg. Ein Grill, viel Fleisch, Milch, eine Menge Skifahrer und Snowboarder, gute Musik und das alles mitten auf der Piste bei Kaiserwetter – unvergesslich! Aufgrund der Jahreszeit fanden wir nicht viele Lebensmittel. Neben Fleisch und Milch gab es noch Honig, getrocknete Kräuter und Blüten. Und trotzdem wurden alle satt. Das hat uns auch Bernhard in einem langen Gespräch versichert: Manchmal, im Winter, gab es für ihn und seine Mitmenschen nicht mehr als etwas Sauerkraut und Fleisch. Es geht also, dieses „sich um den Kirchturm herum gesund ernähren“. Das beweist nicht zuletzt Bernhards beeindruckend hohes Alter von 101 Jahren.
Im April ging es insbesondere für mich back to the roots. Meine Heimat ist Herten im schönen Ruhrpott – und wir wurden ganz in die Nähe, nach Gladbeck, gelost. Mittags irgendwann, als die Sonne gerade hoch am Himmel stand, trafen wir im Hertener Schlosspark alte Freunde meiner Familie. Das waren zwei Stunden voller alter und neuer Geschichten, gemütlicher Spaziergänge und zufälliger Kräuterfunde am Wegesrand. Und am Ende des...