Das auch auf Mallorca herrschende Mittelmeerklima bringt ein für sein gesamtes Verbreitungsgebiet typisches Pflanzenkleid hervor: Wegen der Sommertrockenheit muss die Blüte einjähriger Pflanzen bereits im Frühjahr beendet sein bzw. darf sie erst im Herbst beginnen. Mit Zwiebeln und Knollen im Wurzelstock (Lauch, Lilien, die meisten Erdorchideen) und mit dicken, fleischigen, also wassersammelnden Blättern (wie bei den Wolfsmilchgewächsen und der Fetthenne) kann die Pflanze jedoch den Blütebeginn hinauszögern und generell den heißen Sommer überstehen - ein wesentlicher Faktor im Kampf ums Überleben. Umgekehrt kann die Blattoberfläche und damit die Fläche, die der Sonne ausgesetzt ist, verkleinert werden, ebenso können Pflanzen ihre Blätter ledrig und v. a. immergrün ausbilden und damit der lästigen Triebpflicht im Frühjahr und dem energieraubenden Abwerfen im Herbst entgehen. Die Gewächse, die auf diese Art die Trockenzeit überstehen, nennt man wegen ihrer ledrig-harten Blätter Hartlaubgewächse.
Ein Rest der natürlichen Vegetation: Pinie bei Sant Elm
Wald: Ein klassisches Hartlaubgewächs ist beispielsweise die Steineiche (Quercus ilex), eine enge Verwandte unserer mitteleuropäischen Stieleiche (Quercus robur) und zusammen mit der Flaumeiche (Quercus pubescens) der wichtigste Baum der ursprünglichen Vegetation Mallorcas - Kiefern, Lorbeer, wilder Ölbaum und andere haben geringere Bedeutung. Die Steineiche hat kleine, ledrige, immergrüne Blätter ausgebildet. Bei jungen Pflanzen sind die Einbuchtungen der Blätter noch nicht abgerundet, sondern - ähnlich wie bei der Stechpalme - mit Spitzen versehen, das verringert den Verbiss durch Tiere. Die Flaumeiche hingegen, die in höheren und feuchteren Lagen als die Steineiche wächst, kann sich wie die Stieleiche Blätter leisten, die sie im Herbst abwirft, mit der Steineiche hat sie aber die ledrige Oberfläche der Blätter gemein.
Glöckchenlauch
Phönizischer Wacholder
Gelber Hornmohn,
ein Strandblüher
Von den Stein- und Flaumeichenmischwäldern, die Mallorca einst überzogen, hat sich nur ein sehr kleiner Teil erhalten. Zwar wandert man etwa im Umkreis von Lluc durch herrliche dichte Steineichenwälder (→ v. a. Touren 24, 25, 28), aber das sind nur kärgliche Reste der ehemaligen Waldbedeckung. Schon vor den Römern wurden die Wälder gerodet, unter den Karthagern und Römern erfolgte dies dann aber ganz systematisch, denn die jeweiligen Flotten benötigten Holz. Im 19. und 20. Jh. wurden in den verbliebenen Waldresten (und in Ölbaumhainen, wo man die im Winter gekappten Äste verwendete) Kohlenmeiler angelegt - auf vielen der in diesem Buch beschriebenen Wanderungen passiert man sie, die meisten von ihnen sind heute einfach ein leicht erhöhter, baumloser Kreis mitten im nachgewachsenen Wald (→ z. B. Touren 6, 12, 13, 14, 25). Die runden Steinbauten neben vielen Kohlenmeilern sind übrigens Kalköfen - das Brennen von Kalk aus dem reichlich herumliegenden Gesteinsmaterial war eine willkommene zusätzliche Einnahmequelle der Köhler. Heute sind nur noch 8 % der Oberfläche Mallorcas von Wald überzogen, und bloß ein kleiner Teil davon ist noch Steineichenwald, der fast ausschließlich in der Tramuntana zu finden ist. Den Großteil bilden eintönige Aleppokiefernforste (Pinus halepensis), die es v. a. in der Zentralebene gibt. Um die auf Mallorca natürlich wachsenden Kiefern kennenzulernen, v. a. Strandkiefern (Pinus pinaster; keine Pinien, die sind ziemlich selten!), wandert man am besten an Felsstränden und Steilküsten entlang, z. B. an der Nordwestküste (→ Tour 2). Ziegen sind der schlimmste Feind der Inselflora
Wer zwischen Banyalbufar und Esporles (→ Tour 8) aufmerksam die Vegetation studiert, bemerkt, dass sich mit zunehmender Höhe immer mehr Erdbeerbäume (Arbutus unedo; → Kasten) unter die Steineichen mischen (im Herbst sind die schmackhaften Früchte reif). Der Erdbeerbaum mag etwas feuchteres Klima, und mit der Höhe nehmen die Niederschläge zu, deshalb fühlt sich der Erdbeerbaum in der feuchten, aber milden Höhenzone von ca. 300 bis 500 m ü. d. M. besonders wohl. Noch weiter oben, auf ca. 800 bis 1.300 m Höhe, gibt es extrem kärgliche Reste früherer Eibenbestände (Taxus; → Tour 30, auf Tour 12 etwas abseits des Gipfels des Puig des Teix, dessen Name schon auf die Eiben hinweist). Macchie und Garrigue: Wesentlich verbreiteter als Wald ist eine fast baumlose Buschvegetation, die Macchie; ein auf sehr trockenen Standorten vorkommender, meist nur Zwergsträucher und Liliengewächse hervorbringender Vegetationstyp wird Garrigue genannt. Beide Vegetationsformen sind letztlich vom Menschen geschaffen worden, der die früher komplett von Wald überzogene Insel rodete. In den etwas feuchteren Gebieten wie in der Tramuntana bildete sich dann als Sekundärvegetation Macchie aus, im trockenen Osten Garrigue. In beiden wachsen z. B. Phönizischer und Stechwacholder (Juniperus phoenicea bzw. oxycedrus; beide mit roten, nicht blauen Beeren), verschiedene Ginsterarten, rote und weiße Zistrosen, Schneeball, Buchsbaum, Rosmarin, Myrte (Myrtus communis) und Mastixstrauch (Pistacia lentiscus), darunter auch viele Lilien und Erdorchideen.
Wenn der Winter - wie jener 2007/2008 - regenarm war, ziehen es viele Pflanzen der Macchie vor, nicht zu blühen und auf bessere Zeiten zu warten. So gab es im Frühjahr 2008 auf Mallorca praktisch keine Orchideen, und das bei etwa 30 auf der Insel vertretenen Arten, darunter ein Balearen-Endemit: Ophrys balearica (Balearen-Ragwurz). Bei normalem Winterregen überzieht sich die Insel - insbesondere die Serra de Tramuntana - zwischen März und Mai mit einem duftenden Blütenteppich, den man erlebt haben muss, wenn man ein Gefühl für Natur hat. Eine Orchidee (ophrys fusca) kommt in günstigen Jahren schon im Dezember zur Blüte (beobachtet Weihnachten 2012). Dicht an dicht wachsen dann in der Macchie zwischen den blühenden Sträuchern Liliengewächse wie der Affodil (Asphodelus), Iris und Traubenhyazinthe, an schattigeren Stellen duftet („stinkt nach Knoblauch“, sagen andere) der Glöckchenlauch (Allium triquetrum), die Orchideen sind mit mehreren Ragwurzarten, dem Zungenstendel (Serapias) und später dem Pyramidenknabenkraut (Orchis pyramidalis) vertreten, die Kronenanemone (Anemone coronaria) steht für die Anemonen, die zartlila Blüten des Windhalm-Brandkrautes (Phlomis herba-venti) vertreten diese Pflanzengruppe.
Pilze findet man vor allem in der feuchteren Tramuntana
In der Garrigue der trockenen Serres de Llevant ist die Vegetation spärlicher und artenärmer. Die Charakterpflanze ist die Zwergpalme (Palmetto; Chamaerops humilis), die einzige auf den Balearen natürlich vorkommende Palme. In dieser Palmettosteppe wachsen neben den Palmen wirklich nur äußerst hitze- und trockenheitsresistente Pflanzen, die aber oft stark duften, um Insekten anzulocken. Der Wilde oder Bitterfenchel (Foeniculum vulgare var. vulgare) ist eine dieser Pflanzen, ebenso der Rosmarin, Disteln sowie einige Ringelblumen, und auch der Ginster lässt sich nicht von der Blüte abbringen. In trockenen Bachbetten überdauert der Oleander den Sommer.
Leider gibt es einen Eindringling in die Macchie - weniger in die trockene Garrigue -, der, wenn er sich erst einmal durchgesetzt hat, fast allen anderen Pflanzen das Licht und damit das Leben nimmt: Das mannshoch wachsende Diss- oder Schneidgras (Ampelodesmos tenax; hier „cárritx“ genannt) überwuchert immer größere Flächen der Inselmacchie.
Balearen-Endemiten: Auf vier auffällige Balearen-Endemiten, denen man oft begegnet, sei hier hingewiesen: Digitalis dubia, der lachsfarben blühende Balearen-Fingerhut, wächst an eher schattigen Stellen v. a. im Bergwald. Helleborus foetidus var. balearicus, die grün blühende Balearen-Art der Stinkenden Nieswurz, ist - wie unsere eng verwandte Christrose - ein Spätwinterblüher und findet sich v. a. an...