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E-Book

Menschen führen

in Familien und Unternehmen

AutorDr. August Höglinger
VerlagVerlag August Höglinger
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl124 Seiten
ISBN9783902410344
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Eltern führen ihre Kinder, Vorgesetzte ihre Mitarbeiter, Lehrer ihre Schüler usw. Für alle gelten die gleichen Grundregeln der Führung. Das Vorbild wirkt mehr als alles andere. Wenn Sie lustvoll führen wollen, müssen Sie auf ihrem ureigensten Führungsstil aufbauen. Dieses Buch will sie ermutigen immer mehr die Persönlichkeit zu werden, die sie sind. Sie erfahren wertvolle, praktische Tipps und wichtige Erkenntnisse im Führen von Menschen.

Dr. Höglinger ist selbstständiger Führungskräftecoach, Vortragender und Autor zahlreicher Bücher und CDs.

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Leseprobe

1. Kapitel


Geführt werden


Das Führen-Lernen oder die Entwicklung der Führungskompetenz beginnt am ersten Lebenstag. Das früheste Führungsbeispiel, das Kinder erfahren, sind ihre Eltern. Von ihnen lernen sie am ursprünglichsten, was Führung bedeutet.

Weitere Erfahrungen folgen: Wir sind Kinder unserer Eltern, Schüler unserer Lehrer, Lehrlinge unserer Chefs, Studenten unserer Professoren et cetera. Von ihnen werden wir geführt, lernen wir Führung. Unsere Führungskompetenz entwickelt und reibt sich während der Kindheit und des Erwachsenwerdens, schärft sich entlang der Berufslaufbahn und entfaltet sich durch die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Jeder Mensch ist ein Kind seiner Zeit. In der Art, geführt worden zu sein und schließlich selbst zu führen, spiegeln sich Zeitgeist, Familientradition, Stand der pädagogischen, psychologischen, betriebswirtschaftlichen Wissenschaft, aber auch das Temperament der „Führenden“ wider.

Wenn Sie lustvoll, weil authentisch, führen wollen, müssen Sie auf Ihrem ureigenen Führungsstil aufbauen; jenem Führungsstil also, der Ihnen gleichsam in die Wiege gelegt wurde. In ihm stecken das größte Potenzial und die größte Entwicklungsaufgabe!

Wir hassen ihn manchmal, weil wir doch niemals so agieren woll(t)en wie unsere Eltern, aber er hat die größte Kraft und strebt nach Ausdruck. So sollten wir ihn besser nicht bekämpfen, sondern ihn als die größte Quelle unserer Führungskompetenz akzeptieren. Denn wer authentisch führt, führt glaubwürdig!

Kaum auf der Welt, lernen wir zu führen


Als Kind bin/werde ich von meinen Eltern geführt, mein Leben und Wohlbefinden liegen in ihren Händen. An ihnen erfahre ich, was Führung bedeutet.

So wie Vater und Mutter ihr Kind erziehen und führen, so entwickelt sich in ihm ein Selbstverständnis für Führung.

Das Kind lernt seine Werte und inneren Haltungen anhand seiner Führung, seiner Erziehung, seiner Kommunikation und seines Lebensstils kennen. 80–90 % der Erziehung passieren zwischen den Zeilen: Wie gehen die Erwachsenen miteinander um, mit den Kindern, mit anderen Menschen? Ein Kind lernt hauptsächlich durch Beobachtung und Imitation und am meisten dadurch, wie die Eltern sind, nicht, was sie sagen. Am allermeisten im Laufe meines Lebens werde ich genau von diesen Botschaften geprägt, Botschaften, die sich nicht nur in Worten, sondern vor allem in Taten ausdrücken. Bereits als Säugling in den Armen meiner Eltern erfahre ich, ob sie meinem Ess- und Schlafrhythmus vertrauen und ihm nachgehen oder diesen selbst bestimmen. Ich erfahre, ob sie auf Weinen reagieren und wie sie reagieren. Ich erfahre, was mein Handeln bewirkt, und stimme mein Verhalten darauf ab.

Diese Erfahrungen brennen sich in das Innere des Menschen ein wie ein Programm auf einem Datenträger. Auch wenn später andere Erfahrungen folgen und wir diese reflektieren werden, so bleiben doch die ersten Führungserfahrungen die wirksamsten. Sie speichern sich im Menschen ab und werden in Krisensituationen und im Stress un-bewusst aktiviert und laufen „wie von selbst“ ab.

Sie können die folgende (unvollständige) Liste von Erziehungsstilen nutzen, sich selbst zu fragen: Wie wurde ich geführt? Welche Aspekte erinnern mich an meine Kindheit?

Autoritärer Erziehungsstil

Manche Kinder erleben, dass ihre Eltern sehr autoritär mit ihnen umgehen und keine eigenen Äußerungen oder Vorschläge dulden. Gültigkeit hat nur, was von den Erziehenden kommt, Eigen-sinn oder Eigen-wille wird bestraft. Erziehung ist dann erfolgreich, wenn es gelingt, den Willen des Kindes zu brechen.

Diese Kinder packen sich ein großes Paket Angst in ihren Rucksack und tragen sie als schwere Last mit sich.

Sie trauen sich nichts zu, leben verhalten und sind in ihrer Entwicklung blockiert.

Andererseits haben sie manchmal ein großes Maß an Selbstdisziplin und bringen es durch Fleiß und Ausdauer besonders „weit“ in ihrem Leben.

Dieser Erziehungsstil kann aber auch Rebellen hervorbringen: Menschen, die sich gegen Autoritäten und Regelsysteme auflehnen und schwer Vertrauen in Führungskräfte entwickeln. Ihr Potenzial liegt in einer besonders feinen „Nase“ für Manipulation und Ungerechtigkeit und sie haben ein großes Maß an Zivilcourage.

Erziehen mit schlechtem Gewissen

Andere wiederum erleben, wie Eltern in ihnen schlechtes Gewissen hervorrufen und sie dadurch zu bestimmten Handlungen bewegen wollen:

Manche Mütter oder Väter versuchen, ihre Kinder durch Jammern oder Anklage zu Handlungen zu bewegen, sie zu manipulieren.

Sie drücken ihre Absichten oder Wünsche nicht direkt aus, indem sie befehlen oder anweisen.

So wurde mir erzählt, dass eine Tante ihre Nichte mit folgenden Worten dazu brachte, sie als Firmpatin zu wählen: „Weißt du, ich bin überhaupt nicht böse auf dich oder wütend, wenn du mich nicht wählst. Ich bin nur furchtbar traurig!“

Oder eine Mutter beklagt sich bei ihren erwachsenen Kindern: „Alles tut mir weh! Immer bin ich allein! Wer weiß, wie lange ich noch lebe!“

Wenn man in diesen Aussagen eine versteckte Anklage hört, bekommen sie folgende Deutung: „Weil du so wenig Zeit für mich hast, geht’s mir schlecht! Tu mehr für mich, besuche mich öfter! Wer weiß, wie lange ich noch lebe!“ Auf diese Weise gehört, rufen solche Äußerungen schlechtes Gewissen, Wut und Ohnmacht hervor.

Eine Antwortmöglichkeit nimmt allen Beteiligten den Wind aus den Segeln: „Ich freue mich über jeden Tag, den wir beisammen sind!“

Wer mit Schuldgefühlen und schlechtem Gewissen groß geworden ist, muss lernen, seine eigenen Bedürfnisse zu beachten und als Folge auch einmal Nein zu anderen zu sagen. Die Qualität derer, die schlechtes Gewissen als Erziehungsmittel erlebten, liegt in einer besonderen Sensibilität; sie achten auf andere, sie sind besonnen.

Unberechenbare Erzieher

Manche Eltern führen unberechenbar.

Das Kind versucht, an subtilen Hinweisen den Willen der Mutter oder des Vaters zu erahnen und danach zu handeln. Oft erfolglos.

Immer wieder macht es die schmerzvolle Erfahrung, dass sein Verhalten offenbar doch nicht richtig war, weil Rüge, Liebesentzug oder Strafe die Folge waren. Eine Strafe für etwas, von dem das Kind nicht einmal ahnte, dass es der Mutter oder dem Vater nicht gefallen könnte.

Diese Kinder entwickeln meist ein sehr gutes Einfühlungsvermögen, allerdings gepaart mit einem großen Anteil Unsicherheit.

In einigen Unternehmen habe ich diesen Führungsstil beobachten können: Zunächst wird nicht mitgeteilt, was vom Mitarbeiter erwartet wird, um sich schließlich enttäuscht zu zeigen, wenn diese unausgesprochenen Anforderungen nicht erkannt und nicht erfüllt werden.

Nicht geführt werden

Es gibt auch Kinder, die nicht geführt werden.

Ich war ein solches Kind. Mein Vater hatte mich nicht geführt. Er hatte keine Hinweise für mich, keine Ratschläge, was für mich gut sei, wie man das Leben gut führen könne. So musste ich lernen, mich selbst zu führen, mein Leben selbst in die Hand zu nehmen, meine Entscheidungen ohne väterlichen Rat zu treffen, aber auch ohne seine Einmischung.

In meinem Berufsleben mochte ich jene Chefs am liebsten, die mich ebenso wenig führten, wie mein Vater es getan hatte. So war ich es gewohnt, so war es mir vertraut. Ich genoss jene Führungskräfte, die mich tun ließen, was ich für richtig hielt. Und als Chef mochte und mag ich jene Mitarbeiter am liebsten, die wissen, was sie zu tun haben, denen ich vertrauen kann.

Käseglocke

Der behütende und beschützende Erziehungs- und Führungsstil wölbt sich wie eine Käseglocke über Kinder oder Mitarbeiter.

Dieser Stil kann sich geradezu lähmend auf die „Geführten“ auswirken. Allzu behütender Umgang macht müde.

Beispiel: In einem Seminar spielten wir eine Szene aus einem Betrieb nach. Eine Chefin schilderte ihr Problem, ihre Leute wären so wenig leistungsbereit. Ich bat die Teilnehmer, ihr Personal zu spielen, indem sie einfach zuhören und reagieren sollten. Dann befragte ich die Chefin nach ihrem wichtigsten Ziel im Betrieb. Antwort: „Dass es allen gut geht!“...

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