Sie sind hier
E-Book

»Mora debitoris« und »mora creditoris« im klassischen römischen Recht.

AutorJan Dirk Harke
VerlagDuncker & Humblot GmbH
Erscheinungsjahr2019
ReiheFreiburger Rechtsgeschichtliche Abhandlungen. N. F. 46
Seitenanzahl116 Seiten
ISBN9783428516704
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis69,90 EUR
Beschäftigt man sich mit den Aussagen der römischen Juristen zum Schuldnerverzug, setzt man zunächst stillschweigend voraus, was dem heutigen Rechtsanwender selbstverständlich ist, nämlich, daß bei der Beurteilung der Verzugsfolgen grundsätzlich der gesamte tatsächliche und hypothetische Kausalverlauf bis zum Zeitpunkt der Fallentscheidung berücksichtigt wird. Die Römer dachten anders: Sie ließen den Schuldner nicht für das Ausbleiben der Leistung bis zum Prozeß, sondern für seine Nichterfüllung im Moment des Verzugseintritts haften und schätzten den Wert der Leistung zu diesem Zeitpunkt. Das Ergebnis ist eine strenge Haftung, die den Schuldner bei zufälligem Untergang des Leistungsgegenstands selbst dann traf, wenn er bei rechtzeitiger Leistung auch für den Gläubiger verloren gewesen wäre. Da die hypothetische Entwicklung bei ordentlicher Erfüllung insgesamt und nicht nur zugunsten des Gläubigers ausgeblendet wurde, war die Haftung des säumigen Schuldners zugleich auf den Wert des Leistungsgegenstands beschränkt, umfaßte also nicht den Ersatz entgangenen Gewinns und von Folgeschäden im Vermögen des Gläubigers. Auch der Tatbestand des römischen Schuldnerverzugs entzieht sich dem heutigen Vorverständnis: Er lautet weder Mahnung noch Verschulden, sondern besteht aus einem Grund zur Kenntnis der Leistungszeit und Nichtleistung trotz Leistungsfähigkeit. Er entspricht dem Tatbestand des Gläubigerverzugs, der entgegen einer weit verbreiteten Ansicht ebenfalls nicht ohne Rücksicht auf die Kenntnis von der Leistungszeit und das Vermögen des Gläubigers zur Annahme auskam. Der ihm entspringende Anspruch auf Aufwendungsersatz war Pendant zur Zinspflicht des säumigen Schuldners. Beide waren nicht Schuldinhalt, sondern bloß Mittel, Gläubiger und Schuldner zu rechtzeitiger Leistung und Annahme zu bewegen. Die Nichteinhaltung der Leistungszeit wurde also anders als heute stets nur indirekt sanktioniert: durch präventiv wirkende Nebenpflichten und eine Verschiebung des Zeitpunkts, zu dem der Wert der Leistung bestimmt wurde.

Jan Dirk Harke studierte von 1991 bis 1994 Rechtswissenschaft an der Universität Freiburg, wo er nach dem Ersten Staatsexamen als Assistent am Lehrstuhl von Joseph Georg Wolf tätig war. Auf das Referendariat am Landgericht Freiburg folgten 1998 das Zweite Staatsexamen und die Promotion. Harkes Doktorarbeit über die Methode des berühmten römischen Juristen Celsus wurde mit dem Preis der Dr. Georg-Rössler-Stiftung im Verein der Rechtsanwälte beim Bundesgerichtshof ausgezeichnet.Von 1998 bis 2000 war Harke als angestellter Rechtsanwalt im Berliner Büro einer großen internationalen Kanzlei tätig. Anschließend fertigte er als Habilitationsstipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft und unter Betreuung von Ulrich Manthe (Passau) eine Habilitationsschrift über den Irrtum im klassischen römischen Vertragsrecht an. Die Habilitation durch die Juristische Fakultät der Universität Passau erfolgte im Januar 2003. Im Wintersemester 2002/03 war Harke als Lehrstuhlvertreter an der Universität Regensburg tätig. Der Ruf an die Universität Würzburg erging im Mai 2003. Von 2009 bis 2016 war Harke zudem Richter am Oberlandesgericht Nürnberg. Seit 2016 ist Harke Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte an der Universität Jena.

Kaufen Sie hier:

Horizontale Tabs

Blick ins Buch

Weitere E-Books zum Thema: Rechtsgeschichte - Rechtsphilosophie - Rechtssoziologie

Kaufen nach Römischem Recht

E-Book Kaufen nach Römischem Recht
Antikes Erbe in den europäischen Kaufrechtsordnungen Format: PDF

Das Kaufrecht der kontinentalen Rechtsordnungen beruht auf dem Recht des römischen Vertrages 'emptio venditio'. Die antiken römischen Vorschriften sind seit dem Mittelalter Grundlagen der…

Kaufen nach Römischem Recht

E-Book Kaufen nach Römischem Recht
Antikes Erbe in den europäischen Kaufrechtsordnungen Format: PDF

Das Kaufrecht der kontinentalen Rechtsordnungen beruht auf dem Recht des römischen Vertrages 'emptio venditio'. Die antiken römischen Vorschriften sind seit dem Mittelalter Grundlagen der…

Kaufen nach Römischem Recht

E-Book Kaufen nach Römischem Recht
Antikes Erbe in den europäischen Kaufrechtsordnungen Format: PDF

Das Kaufrecht der kontinentalen Rechtsordnungen beruht auf dem Recht des römischen Vertrages 'emptio venditio'. Die antiken römischen Vorschriften sind seit dem Mittelalter Grundlagen der…

Kaufen nach Römischem Recht

E-Book Kaufen nach Römischem Recht
Antikes Erbe in den europäischen Kaufrechtsordnungen Format: PDF

Das Kaufrecht der kontinentalen Rechtsordnungen beruht auf dem Recht des römischen Vertrages 'emptio venditio'. Die antiken römischen Vorschriften sind seit dem Mittelalter Grundlagen der…

Recht und Landschaft

E-Book Recht und Landschaft
Der Beitrag der Landschaftsrechte zum Verständnis der Landwirtschafts- und Landschaftsentwicklung in Dänemark ca. 900-1250 - Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen AltertumskundeISSN 54 Format: PDF

Annette Hoff examines agricultural information contained in the oldest Danish, Swedish, English, Irish and Frankish law books to present an important study of the development of cultivation…

Weitere Zeitschriften

FREIE WERKSTATT

FREIE WERKSTATT

Die Fachzeitschrift FREIE WERKSTATT berichtet seit der ersten Ausgaben 1994 über die Entwicklungen des Independent Aftermarkets (IAM). Hauptzielgruppe sind Inhaberinnen und Inhaber, Kfz-Meisterinnen ...

bank und markt

bank und markt

Zeitschrift für Banking - die führende Fachzeitschrift für den Markt und Wettbewerb der Finanzdienstleister, erscheint seit 1972 monatlich. Leitthemen Absatz und Akquise im Multichannel ...

Computerwoche

Computerwoche

Die COMPUTERWOCHE berichtet schnell und detailliert über alle Belange der Informations- und Kommunikationstechnik in Unternehmen – über Trends, neue Technologien, Produkte und Märkte. IT-Manager ...

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum

Das Hauseigentum. Organ des Landesverbandes Haus & Grund Brandenburg. Speziell für die neuen Bundesländer, mit regionalem Schwerpunkt Brandenburg. Systematische Grundlagenvermittlung, viele ...

EineWelt

EineWelt

Lebendige Reportagen, spannende Interviews, interessante Meldungen, informative Hintergrundberichte. Lesen Sie in der Zeitschrift „EineWelt“, was Menschen in Mission und Kirche bewegt Man kann ...

Euphorion

Euphorion

EUPHORION wurde 1894 gegründet und widmet sich als „Zeitschrift für Literaturgeschichte“ dem gesamten Fachgebiet der deutschen Philologie. Mindestens ein Heft pro Jahrgang ist für die ...