WELCHE VERHÜTUNGSMETHODEN GIBT ES?
NATÜRLICHE VERHÜTUNG LIEGT IM TREND
Viele junge Frauen haben schon als Teenies begonnen, die eine oder andere Pille zu nehmen, und fragen sich nach fünf bis zehn Jahren, wie ihr Körper ohne die regelmäßige Hormoneinnahme funktionieren würde. Sie sind pillenmüde, haben selbst Nebenwirkungen erlebt, kennen solche von Freundinnen oder haben Angst davor. Meldungen über ein erhöhtes Thromboserisiko oder andere Kritik an der Pille lassen viele hellhörig werden. Auch die Risiken, die Raucherinnen eingehen, wenn sie gleichzeitig die Pille nehmen, bewegen viele dazu, über ihre Art der Verhütung nachzudenken und gegebenenfalls nach Alternativen zu suchen, die nicht in den Hormonhaushalt eingreifen.
Ein Kind ja, aber nicht sofort
Manche machen sich Sorgen, ob ihr Zyklus nach Absetzen der Pille schnell wieder anspringt. Sie planen zwar aktuell noch kein Kind, möchten aber einen natürlichen, regelmäßigen Zyklus erleben als Zeichen dafür, dass ihr Körper funktioniert und sie fruchtbar sind. Oder die Liegezeit ihrer Spirale läuft ab, ohne dass sie sich für weitere drei bis fünf Jahre festlegen wollen. Und wenn in ein bis zwei Jahren Nachwuchs geplant ist, sind die Kosten für das Legen einer neuen Spirale unverhältnismäßig hoch.
Clean Lifestyle
Andere junge Frauen leben vegetarisch oder vegan, legen großen Wert auf Nachhaltigkeit und machen sich Sorgen über die Auswirkungen, die die Abbauprodukte einer hormonellen Verhütung auf die Umwelt haben. Berichte über Östrogenreste, die in Flüssen und Ozeanen gefunden werden, sind für sie Anlass, nach hormonfreien Verhütungsmethoden zu suchen. Nicht zuletzt passt die tägliche Einnahme künstlicher Hormone nicht zu Lifestyle und Selbstbild junger Frauen, die versuchen, ohne synthetische Zusatzstoffe biologisch zu essen, und auch für die Körperpflege nur Naturkosmetik verwenden.
Pillenmüde?
Manche jungen Frauen haben nach Jahren der Pilleneinnahme einfach keine Lust mehr, täglich ein Medikament einzunehmen, selbst wenn sie sich aktuell kein Kind wünschen. Sie fragen sich, wie es wohl wäre, ihren Körper ohne die regelmäßige Hormondosis zu spüren und zu erleben, wie sich der eigene, natürliche Zyklus anfühlt.
Nebenwirkung »Libidoverlust«
Sandra P., 21 Jahre, kommt als Patientin zur jährlichen Krebsfrüherkennungsuntersuchung und strahlt mich an: »Frau Doktor, sonst hatte ich immer Fragen zu Problemen mit meiner Verhütung, aber dieses Mal bin ich zum ersten Mal so richtig zufrieden und begeistert von meiner Methode. NFP ist einfach super! Ich lerne so viel über meinen Körper, kann Symptome und Beschwerden, die mich früher manchmal beunruhigt haben, besser zuordnen, und seitdem ich mit meinem Freund bespreche, wann ich fruchtbar bin und wann nicht, reden wir auch in anderen Belangen viel häufiger über unsere Sexualität und Bedürfnisse. Wir nehmen an den fruchtbaren Tagen abwechselnd das Caya® oder Kondome und kommen damit prima klar. Und seitdem die Nebenwirkungen der Pille weggefallen sind, habe ich viel öfter Lust auf Sex.«
Vorangegangen war bei der jungen Patientin eine mehrjährige Hassliebe zur Pille, die ihr lange als einzig sichere Verhütungsmethode erschien. Aber nach fünf Präparatewechseln, Scheidentrockenheit, häufigen bakteriellen Vaginalinfekten und Libidomangel entschied sie sich für einen anderen Weg. Wobei in der Anamnese nicht ganz klar herauszufinden war, ob die sexuelle Unlust nicht sekundär entstanden war. Die Scheidentrockenheit und der regelmäßig nach dem Geschlechtsverkehr auftretende, riechende und brennende Ausfluss waren sicherlich ein treibender Faktor für die anhaltende Lustlosigkeit. Als ich der Patientin zwei Jahre zuvor nach wiederholten Vaginalinfekten vorgeschlagen hatte, auf eine hormonfreie Verhütung umzusteigen, hatte sie noch ablehnend auf einem weiteren Pillenwechsel bestanden.
ABER WAS IST EIGENTLICH »NATÜRLICH«?
Wir Menschen sind nüchtern betrachtet als biologische Wesen auf Arterhaltung ausgerichtet. Haben wir unsere ganze fruchtbare Lebenszeit über regelmäßig Geschlechtsverkehr, ohne dabei zu verhüten, so sind pro Frau acht bis fünfzehn Schwangerschaften zu erwarten. Ungefähr jede dritte Schwangerschaft endet mit einer Fehlgeburt. Bei uns ist die Kindersterblichkeit glücklicherweise auf einem historischen Tiefpunkt, aber ohne moderne Hygiene und Medizin erreichen durchschnittlich drei bis vier Kinder pro Frau das Erwachsenenalter und können selbst Eltern werden. Für Frauen können viele Schwangerschaften und Geburten anstrengend und gefährlich sein. Und auf einen ganzen Haufen Kinder aufzupassen, sie zu ernähren und zu erziehen kostet zudem viel Zeit und Geld.
Von der Warte der Biologie aus betrachtet, ist Geschlechtsverkehr ohne die grundsätzliche Möglichkeit einer Schwangerschaft und damit der Arterhaltung nicht sehr natürlich. Trotzdem wünschen wir uns, unsere Sexualität ausleben zu können, ohne gleichzeitig eine ungeplante Schwangerschaft in Kauf nehmen zu müssen. Dass dies heute mit großer Sicherheit möglich ist, ist eine relativ neue Errungenschaft, die in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts die »sexuelle Revolution« auslöste. Nicht nur die Pille begann zu dieser Zeit ihren Siegeszug, auch die Erforschung des natürlichen weiblichen Zyklus und seiner Gesetzmäßigkeiten führte dazu, dass sich moderne, sichere Formen der natürlichen Familienplanung entwickeln konnten.
In diesem Buch werden zum einen reine Zeitwahlmethoden berücksichtigt, bei der der fruchtbare Zeitraum im Zyklus einer Frau bestimmt wird, und zum anderen weibliche Barrieremethoden erklärt, die an den fruchtbaren Tagen das Zusammentreffen von Eizelle und Samenzelle verhindern.
Beide Methoden kommen zur sicheren Empfängnisverhütung ohne synthetische Hormone und ohne Fremdkörper aus, die wie bei einer Kupferspirale dauerhaft im Körper verbleiben. Die hier vorgestellten Methoden sind daher naturgemäß arm an Nebenwirkungen und rufen kaum Unverträglichkeiten hervor. Im Gegenteil: Sie erlauben es den Frauen, ihren Körper genau kennenzulernen, selbstbestimmt mit ihrer Fruchtbarkeit umzugehen und auch in der Partnerschaft zu einem offenen und ungezwungenen Umgang mit ihrer Sexualität zu finden.
Es ist mir sehr bewusst, dass einige Schulen der »natürlichen« Verhütung an dieser Stelle protestieren und sagen, nur der Verzicht auf Sex an den fruchtbaren Tagen sei völlig natürlich. Ist das tatsächlich so? Nun, das Verständnis von dem, was »natürlich« ist, ist immer auch sozial und kulturell geprägt. Aus einem christlichen, vor allem katholischen, Glaubensethos heraus ist jegliche Verhütung abgesehen von Enthaltsamkeit ein »Akt wider das Leben« und wird damit als unnatürlich angesehen. Wer diese Einstellung teilt, wird mit einer reinen Zeitwahlmethode sehr zufrieden sein (siehe >). Es gibt Paare, für die diese Vorgehensweise gut passt. Für andere Paare wiederum können Lebenswirklichkeit und Wahrnehmung ganz anders sein. Wer in einer Fernbeziehung lebt und seinem Partner häufig nur an den fruchtbaren Tagen begegnet, kann eine reine Zeitwahlmethode als sehr belastend empfinden.
Viele Frauen sind an ihren fruchtbaren Tagen besonders lustvoll und sehen es daher als vollkommen unnatürlich an, gerade dann auf irgendeinen Teil ihrer Sexualität verzichten zu müssen. Sie wollen nicht permanent darauf achten, dass Penis und Ejakulat nicht in die Nähe der Vagina kommen, wenn sie in der fruchtbaren Phase sind.
Gerade die Kombination von Barrieremethoden und Zeitwahlmethoden ermöglicht uns heute eine Verhütung, die nicht in körperliche Abläufe eingreift und sowohl Sicherheit als auch Flexibilität bietet. Wir haben es damit selbst in der Hand, wie sicher wir eine Schwangerschaft verhüten möchten und wie wir unser Sexualleben gestalten. Enthaltsamkeit während der fruchtbaren Tage ist dann nur eine Option und kein Muss.
DREIECK DER VERHÜTUNG
Bevor Sie sich für eine bestimmte Verhütungsmethode oder eine Kombination aus mehreren verschiedenen Methoden entscheiden, folgt hier noch mal ein Überblick und eine Entscheidungshilfe:
Die eierlegende Wollmilchsau ist leider noch nicht erfunden worden. Eine Verhütung, die supersicher wirkt, einfach und bequem anzuwenden ist, keinerlei Nebenwirkungen hat und im Idealfall noch kostengünstig ist –, nein, die kann ich Ihnen leider nicht bieten. Aber ich habe Hilfe und Information für eine bewusste und selbstbestimmte Wahl im Angebot. Was ist Ihnen wichtig?
Priorität 1: Maximale Sicherheit
Wäre eine ungeplante Schwangerschaft in Ihrer aktuellen Lebenssituation eine Katastrophe für Sie? Oder ist ein Kind augenblicklich zwar noch nicht geplant, wäre aber trotzdem Anlass zu spontaner Freude? So mancher Überraschungsgast im Leben entpuppt sich als ein großes Geschenk! Andererseits gibt es Situationen, in denen ein (weiteres) Kind, ja schon eine Schwangerschaft eine völlige Überforderung darstellen würde.
Wenn größtmögliche Sicherheit Ihr Ziel ist, müssen Sie ganz klassisches NFP erlernen (siehe >) und an den fruchtbaren Tagen sehr konsequent zusätzlich eine der Barrieremethoden verwenden, an hochfruchtbaren Tagen auch in der Kombination Diaphragma und Kondom. Wenn das für Sie nicht infrage kommt, können Sie sich immer noch für die Anwendung einer »automatischen Methode« entscheiden.
Priorität 2: Keine Hormone oder Fremdkörper in der Gebärmutter
Ist es Ihnen wichtig, dass Ihr Körper unbeeinflusst von Hormonen seinen natürlichen Zyklusablauf entfalten kann? Möchten Sie Nebenwirkungen vermeiden oder haben Sie die Nase voll von den unerwünschten Wirkungen einer medikamentösen Verhütung?...