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E-Book

Naturgeschichte einer Kerze.

Sechs Vorlesungen für die Jugend.

AutorMichael Faraday
VerlagBooks on Demand
Erscheinungsjahr2016
Seitenanzahl115 Seiten
ISBN9783839172711
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis2,99 EUR
= Digitale Neufassung für eBook-Reader = Aus dem Inhalt: ... Die Naturgeschichte einer Kerze wählte ich schon bei einer früheren Gelegenheit zum Thema meines Vortrags, und stände die Wahl nur in meinem Belieben, so möchte ich dieses Thema wohl jedes Jahr zum Ausgang meiner Vorlesungen nehmen, so viel Interessantes, so mannigfache Wege zur Naturbetrachtung im Allgemeinen bietet dasselbe dar. Alle im Universum wirkenden Gesetze treten darin zu Tage oder kommen dabei wenigstens in Betracht und schwerlich möchte sich ein bequemeres Tor zum Eingang in das Studium der Natur finden lassen...

Der englische Naturforscher Michael Faraday wurde am 22. September 1791 in Newington in der Grafschaft Surrey geboren. Er absolvierte eine Buchbinderlehre und las begeistert in den zum Binden gebrachten Büchern. Sein Interesse damit geweckt, besuchte er von 1810 bis 1811 wissenschaftliche Vorträge und fertigte dazu ausführliche Notizen an. Zwei Jahre später konnte er seiner gewünschten Tätigkeit als Laborgehilfe nachgehen und zählte bereits um 1820 zu den führenden chemischen Analytikern Großbritanniens. Ferner beschäftigte sich Faraday mit dem Zusammenhang zwischen Elektrizität und Magnetismus, entdeckte die elektromagnetische Induktion und schuf den Feldbegriff zur Beschreibung dieser Phänomene. Er vermutet sogar einen Zusammenhang zwischen Licht und Elektromagnetismus, - den aber erst J. C. Maxwell beweisen konnte. Faraday wurde 1824 in die Royal Society aufgenommen und 1827 zum Professor der Royal Institution berufen. Auf seine Anregung hin, wurden damalig beginnend an den Royal Institution jährlich Weihnachtsvorlesungen ausgerichtet, die sich an ein junges Publikum richten. Eine Tradition die bis heute fortgeführt wird. Faraday selbst hielt 19 dieser Vorlesungen, von denen die "Naturgeschichte einer Kerze" die wohl berühmteste ist. Michael Faraday starb am 25. August 1867 in Hampton Court Green.

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Leseprobe

Erste Vorlesung.


Die Naturgeschichte einer Kerze wählte ich schon bei einer früheren Gelegenheit zum Thema meines Vortrags, und stände die Wahl nur in meinem Belieben, so möchte ich dieses Thema wohl jedes Jahr zum Ausgang meiner Vorlesungen nehmen, so viel Interessantes, so mannigfache Wege zur Naturbetrachtung im Allgemeinen bietet dasselbe dar. Alle im Universum wirkenden Gesetze treten darin zu Tage oder kommen dabei wenigstens in Betracht und schwerlich möchte sich ein bequemeres Tor zum Eingang in das Studium der Natur finden lassen.

Vorweg möchte ich mir die Bitte an meine Zuhörer erlauben, bei aller Bedeutung unsres Gegenstandes und allem Ernst der wissenschaftlichen Behandlung desselben doch von den Älteren unter uns absehen zu dürfen und das Vorrecht zu beanspruchen, als junger Mann zu jungen Leuten zu sprechen, wie ich es früher bei ähnlicher Veranlassung getan; und wenn ich mir auch bewusst bin, dass meine hier gesprochenen Worte in weitere Kreise hinausdringen, so soll mich dies doch nicht abhalten, den früher gewohnten Familienton gegen die mir Nächststehenden auch in den gegenwärtigen Vorlesungen anzuschlagen.

Zuerst muss ich Euch, meine lieben Knaben und Mädchen, wohl erzählen, woraus Kerzen verfertigt werden. Da lernen wir denn ganz sonderbare Dinge kennen. Hier habe ich etwas Holz, Baumzweige, deren leichte Brennbarkeit Euch ja bekannt ist – und hier seht Ihr ein Stückchen von einem sehr merkwürdigen Stoffe, der in einigen Moor-Sümpfen Irlands gefunden wird, sogenanntes „Kerzenholz“; es ist dies ein vorzüglich hartes, festes Holz, als Nutzholz vortrefflich verwendbar, da es sich sehr dauerhaft zeigt, bei alledem aber so leicht brennend, dass man an seinen Fundorten Späne und Fackeln daraus schneidet, die wie Kerzen brennen und wirklich ausgezeichnetes Licht geben, so dass wir hierin die natürlichste Kerze, eigentlich eine Naturkerze vor uns sehen.

Wir haben hier indes besonders von Kerzen zu sprechen, wie sie im Handel vorkommen. Hier sind zunächst etliche sogenannte gezogene Lichte. Dieselben werden auf folgende Weise verfertigt: Baumwollfäden werden mit einer Schlinge an einem Stab aufgehängt, in geschmolzenen Talg eingetaucht, herausgezogen und abgekühlt, dann wieder eingetaucht und dies Verfahren so lange fortgesetzt, bis die Kerze die gewünschte Dicke erhalten hat. Die große Verschiedenartigkeit könnt Ihr recht deutlich an den Kerzen sehen, die ich hier in der Hand halte; diese sind auffällig dünn, sie wurden ehedem von den Bergleuten in den Kohlenbergwerken gebraucht. In früheren Zeiten musste sich der Bergmann seine Kerzen selbst verfertigen; aus Sparsamkeit nun, besonders aber wohl, weil man der Meinung war, die Grubengase würden von einer kleinen Flamme nicht so rasch entzündet wie von einer großen, machte man die Kerzen so dünn, dass 20, 30, 40, ja 60 auf das Pfund gingen. Statt ihrer kamen die Davy’sche und verschiedene andere Sicherheitslampen in Gebrauch. - Hier seht Ihr dagegen eine Kerze, welche Oberst Pasley aus dem untergegangenen Schiff Royal-George entnommen hat. Viele Jahre lang auf dem Meeresgrund der Einwirkung des Seewassers ausgesetzt, überdies beschunden und zerknickt, zeigt sie uns, wie gut sich eine Kerze konservieren kann; denn angezündet brennt sie, wie Ihr hier seht, ganz gleichmäßig fort, und der schmelzende Talg bewährt sich völlig in seinen ursprünglichen Eigenschaften.

Herr Field in Lambeth hat mir viele sehr gute Zeichnungen und Materialien aus der Kerzenfabrikation zugestellt, mit denen ich Euch bekannt machen werde. Hier zunächst ist Nierenfett, Rindertalg, ich glaube Russischer Talg, aus dem die gezogenen Lichte gemacht werden. Dieser Talg wird nach einem von Gay-Lussac herrührenden Verfahren in die schöne Substanz verwandelt, die Ihr danebenliegen seht. Ihr wisst, dass unsre jetzigen Kerzen nicht so beschmutzend abfetten, wie diese Talglichter, sondern ganz sauber sind, und dass man herabgefallene Tropfen abkratzen und pulverisieren kann, ohne zu beschmutzen. Das Verfahren ist folgendes: Der Talg wird zuerst mit ungelöschtem Kalk gekocht, wodurch eine Seife gebildet wird; diese Seife wird dann durch Schwefelsäure zersetzt, welche den Kalk fortnimmt und das Fett als Stearinsäure zurücklässt, während sich zugleich Glycerin, eine ölig-zuckerartige Flüssigkeit, ausscheidet; durch Auspressen wird sodann alles Flüssige entfernt, und Ihr seht hier einige Presskuchen, an denen sich zeigt, dass die Unreinigkeiten je nach der Stärke des Druckes schon mehr oder weniger mit herausgeschwemmt werden; die zurückgebliebene Masse wird nun geschmolzen und zu Kerzen gegossen, wie sie hier vor uns liegen. Die ich hier in der Hand habe, ist eine auf dem beschriebenen Wege hergestellte Stearin-Kerze. Daneben habe ich eine Wallrath-Kerze, aus dem gereinigten Fett des Pottfisches verfertigt; ferner seht Ihr hier gelbes und weißes Wachs, woraus Kerzen gemacht werden; ferner hier eine merkwürdige Substanz, das aus irischen Sümpfen gewonnene Paraffin, so wie einige Paraffinkerzen, und endlich hier noch eine Substanz, die neuerdings aus Japan bei uns eingeführt wird, das sogenannte Japanische Wachs, worin wir ein neues Material für die Kerzenfabrikation gewonnen haben.

Wie werden nun diese Kerzen verfertigt? Vorhin habe ich Euch von gezogenen Lichten erzählt und will Euch nun auch sagen, wie die gegossenen gemacht werden. Nehmen wir an, irgendeine dieser Kerzen bestehe aus einem Material, das gegossen werden kann. „Gegossen“, sagt Ihr. „Nun, eine Kerze ist doch ein Ding, das schmilzt, und was sich schmelzen lässt, das lässt sich doch wohl auch gießen.“ Bewahre! Es ist gar merkwürdig wie sich im Verlauf der praktischen Arbeit Hindernisse in den Weg stellen, die man vorher durchaus nicht erwartete. Es kann nicht jede Art Kerzen gegossen werden. So ist z. B. das Wachs eine Substanz, die sehr gut brennt und in einem Lichte zwar leicht schmilzt, aber doch nicht gegossen werden kann; ich werde nachher die Fabrikation der Wachskerzen kurz angeben, jetzt aber zunächst bei den Materialien verweilen, die sich gießen lassen.

Hier ist ein Rahmen mit einigen Gießformen, in die zunächst der Docht eingefügt wird. Hier habe ich einen geflochtenen Docht, der nicht geputzt zu werden braucht, an einem kleinen Draht hängen; er reicht bis unten hinab, wo er angepflöckt wird, so dass das Pflöckchen ihn zugleich straff hält und die untere Öffnung völlig schließt, damit nichts Flüssiges hindurch kann. Oben hat die Form einen Quersteg, der den Docht richtig in der Mitte gespannt hält. Nun werden die Formen mit der geschmolzenen Talgmasse vollgegossen. Nach dem Erkalten der Formen wird der oben überstehende Talg glatt abgeputzt und die Enden des Dochtes abgeschnitten, so dass nun bloß die Kerzen in den Formen bleiben, und um sie heraus zu bekommen, braucht man diese nur umzudrehen, wie ich's hier tue. Die Formen sind nämlich kegelförmig, d. h. oben enger als unten, und da die Kerzen beim Erkalten noch dazu ein wenig einschrumpfen, fallen sie schon bei geringem Schütteln heraus.

Ganz ebenso werden auch die Stearin- und Paraffin-Kerzen gemacht.

Eigentümlich ist die Fabrikation der Wachskerzen. Baumwollene Dochte werden, wie Ihr es hier seht, an einen Rahmen aufgehängt und ihre Enden mit Metallstiften belegt, damit sie von Wachs frei bleiben. Wie Ihr seht, kann das Gestell gedreht werden, und letzteres geschieht während ein Arbeiter das geschmolzene Wachs an einem Docht nach dem andern hinabgießt; die so gebildete erste Schicht um den Docht herum wird nach dem Erstarren mit einer zweiten überzogen und so lange auf diese Weise fortgefahren, bis die Kerzen die gewünschte Dicke erlangt haben; alsdann werden sie abgenommen und auf einer polierten Steinplatte glatt gerollt, die Enden beschnitten und abgeputzt. Die Arbeiter erlangen dabei eine solche Fertigkeit, dass genau 4 oder 6 Kerzen, oder wieviel beliebig verlangt werden; auf das Pfund gehen.

Ich will beiläufig auch einen Luxus erwähnen, der in der Kerzenfabrikation getrieben wird, teils in Farben, teils in Formen. Seht, wie wunderschön diese Kerzen hier gefärbt sind! Malvenblau, Magenta und alle die neu erfundenen prächtigen Farben sind hier zur Verschönerung verwendet. In dieser Kerze hier zeigt sich in wundervoller Form eine gekehlte Säule, und hier habe ich mit bunten Blumen schön bemalte Kerzen, die angezündet oben eine strahlende Sonne und darunter einen blühenden Garten darstellen. Indes, nicht alles Schöne ist, auch nützlich, und diese gekehlten Kerzen z. B. sind bei ihrem schönen Ansehen doch schlechte Kerzen, und zwar gerade infolge ihrer äußern Form; durch dergleichen Verfeinerungen wird meistens die Brauchbarkeit beeinträchtigt; indes wollte ich Euch der Vollständigkeit halber doch zeigen, was auch in dieser Hinsicht geleistet wird.

Ich wende mich nunmehr zu unsrem eigentlichen Thema; zunächst zur Flamme der Kerze. Wir wollen eine oder zwei anzünden und so in Ausübung ihrer eigentümlichen Funktionen setzen. Ihr bemerkt, wie ganz verschieden eine Kerze von einer Lampe ist. Bei einer Lampe hat man den mit Öl gefüllten Behälter, worin der aus Moos oder Baumwolle zubereitete Docht gebracht wird; das Dochtende zündet man an; und wenn die Flamme bis zum Öl hinabgekommen, verlöscht sie dort, brennt aber in dem höher gelegenen Teil des Dochtes fort. Nun werdet Ihr unzweifelhaft fragen, wie es kommt, dass das an und für sich nicht brennende Öl zur Spitze des Dochtes gelangt, wo es brennt; wir werden das gleich untersuchen. Viel merkwürdiger aber geht es bei dem Brennen einer Kerze zu. Hier haben wir eine feste Masse, die keinen Behälter braucht - wie kann denn diese Masse da hinaufgelangen, wo die Flamme brennt, da sie doch nicht flüssig ist? Oder, wenn sie zur Flüssigkeit verwandelt wird, wie kann sie dabei doch in festem...

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