WARUM WIRD DER BAUCH NUN ZUM BALLON?
Prinzipiell entsteht der Blähbauch, wenn im Darm (vermehrt) Gase gebildet und diese infolge einer herabgesetzten Darmbewegung nicht weitertransportiert werden.
Gründe hierfür gibt es viele, zumeist sind die Probleme durch das Zusammenwirken mehrerer Faktoren bedingt (>).
BIN ICH ZU DICK?
»Ist der dicke Bauch am Ende vielleicht doch ganz einfach durch eine Gewichtszunahme bedingt?« Diese Frage wird von Betroffenen regelmäßig gestellt und ist eigentlich recht einfach zu beantworten mit einem »Nein, aber ...«.
Nein, weil zusätzliche Fettpölsterchen nicht am Morgen verschwunden sind, um abends wiederzukommen. Aber es scheint dennoch ein Zusammenhang zwischen dem Blähbauch und Übergewicht zu bestehen, da wohlbeleibte Menschen etwas häufiger unter Blähungen zu leiden haben. So gilt es als erwiesen, dass eine Gewichtszunahme um ein paar Kilogramm das Risiko von Blähungen und Blähbauch erhöht: Rund 40 % der Patienten mit diesen Beschwerden hatten im vorausgegangenen Jahr durchschnittlich 5 kg an Gewicht zugenommen.
Als mögliche Erklärung wird angeführt, dass das im Bauchraum gespeicherte zusätzliche Fett den Raum einnimmt, den Dünndarm und Dickdarm nach den Mahlzeiten genutzt haben, um sich auszudehnen – oder um eben Blähungen abzupuffern. Dies ist jedoch nur eine Theorie, zahlreiche andere Faktoren wie beispielsweise eine Veränderungen der Hormonkonstellation könnten hier gleichfalls eine Rolle spielen.
Diana: »Ich höre von meinen Patienten ebenfalls sehr häufig, dass die Gewichtszunahme mit vermehrten Blähungen einhergeht. Ich denke, wir müssten hier die Daten aus der Übergewichtsforschung berücksichtigen, die zeigen, dass ein verändertes Mikrobiom das Körpergewicht beeinflusst! Damit wären wir wieder bei den Bakterien.«
ZU WENIG BAUCHMUSKELN?
Eine sehr alte Theorie erlebt derzeit wieder ein Revival. Schon 1949 wurde eine Untersuchung veröffentlicht, wonach eine »Entspannung der Muskeln der vorderen Bauchdecke« zu einer Art »Lähmung« führe, welche Blähungen verursache. Zu einem Teil hat sich diese These tatsächlich als richtig erwiesen. So konnte ein Drittel aller Patienten mit sichtbar ausladendem Bauch und Blähungen während der Untersuchung nicht einmal einen einzigen Sit-up ausführen.
Unser Freund und Kollege, Dr. med. Emanuel Burri, hat in diesem Bereich bahnbrechende Forschungen durchgeführt und hat versucht, uns das Problem zu erklären:
BLÄHBAUCH & REIZDARMSYNDROM
BLÄHBAUCH
Stress, Angst, Depression
erhöhte Durchlässigkeit der Darmschleimhaut (Leaky Gut)
Reaktionen des Immunsystems
Lebensmittelunverträglichkeiten
Infektionen und Mikrobiom
Störungen im Nervensystem des Magen-Darm-Traktes
Blähbauch und Reizdarmsyndrom entstehen zumeist durch das Zusammenwirken mehrerer ursächlicher Faktoren.
Martin: »Emanuel, was ist das Problem mit den Bauchmuskeln beim Blähbauch?«
Emanuel: »Bei funktionellen Blähungen wird die Zunahme des Bauchumfangs nicht durch vermehrte Luft im Darm, sondern durch eine muskuläre Fehlregulation verursacht. Durch einen bislang unbekannten Auslöser kommt es zu einem Zusammenziehen des Zwerchfells bei gleichzeitigem Erschlaffen der unteren Bauchwandmuskulatur. Dadurch verlagert sich der Bauchinhalt nach vorne und unten, ohne dabei an Volumen zuzunehmen (>).«
Martin: »Also eine unbewusst falsch ausgeführte Muskelaktivität! Grob gesagt, zieht sich das Zwerchfell zusammen, wenn es sich entspannen sollte, und der Gerade Bauchmuskel lockert sich, wenn er anspannen sollte. Kann man da etwas dagegen tun?«
Emanuel: »Es besteht die Möglichkeit, mithilfe einer Biofeedback-Therapie die falschen Reaktionen der Muskeln von Zwerchfell und Bauchwand zu korrigieren. Dabei wird durch eine Reihe von koordinierten Atemübungen die Entspannung des Zwerchfells erreicht. Ein Bauchmuskeltraining allein wirkt nicht. Die Patienten können die eigene Muskelaktivität an einem Bildschirm verfolgen und sich selber in der Ausführung der Übungen korrigieren. So entsteht eine Rückkoppelung, wodurch die Patienten die Übungen größtenteils zielführend meistern.«
Martin: »Und bringt das etwas oder ist das eher Hokuspokus?«
Emanuel: »In zwei Studien konnte nachgewiesen werden, dass dank dieser Atemübungen sowohl der Bauchumfang als auch die Blähungsbeschwerden deutlich abnahmen. Die Verringerung des Bauchumfangs ging einher mit einer Entspannung des Zwerchfells und Aktivierung der Bauchwandmuskulatur. Führten die Patienten ihre Übungen weiter durch, so hielt der Effekt über einen Beobachtungszeitraum von sechs Monaten an.«
Martin: »Okay, das ist überzeugend! Wir sollten also die BiofeedbackTherapie in unser Programm integrieren, falls die Ernährungsumstellung allein doch keine Besserung bringt.«
Abdominodiaphragmale Dyssynergie: Die Blähungsbeschwerden werden durch eine muskuläre Fehlregulation ausgelöst.
DAS SIND DIE HORMONE
Auch Hormone können an der Entstehung von Reizdarmbeschwerden und Blähbauch beteiligt sein – ein komplexes Thema!
- Eine Unterfunktion der Schilddrüse kann zu Verstopfung führen, eine Überfunktion eher zu Durchfällen. Es ist zudem davon auszugehen, dass ein Ungleichgewicht in den Schilddrüsenhormonen die Darmperistaltik beeinflusst und dadurch wahrscheinlich häufiger zu einer bakteriellen Überwucherung des Dünndarms führt (> SIBO, >). Dies würde wiederum den Blähbauch erklären. Der Zusammenhang ist schwierig zu diagnostizieren, aber zumindest sollte man bei bekannten Schilddrüsenerkrankungen daran denken.
- Vor allem in der Zeit kurz vor der Periode haben viele Frauen nicht nur unter wohlbekannten Beschwerden wie Stimmungsschwankungen zu leiden, sondern obendrein unter einem schmerzenden Blähbauch. Wieso es dazu kommt, ist bislang nicht eindeutig geklärt, wahrscheinlich spielen auch hier hormonelle Schwankungen (Absinken der Hormone Östrogen und Progesteron) die entscheidende Rolle, durch die die Darmbewegung herabgesetzt und der Gastransport behindert wird. Veränderungen in der Empfindlichkeit des Darmes (>) sind über den gesamten Zyklus der Frau festzustellen und kurz vor dem Einsetzen der Menstruation am höchsten, also genau dann, wenn die meisten Patientinnen die stärksten Blähungen und einen riesigen Blähbauch haben. Auch die Einnahme der Pille wird immer wieder mit Beschwerden wie Verstopfung, Stimmungsschankungen und anderem verbunden. Stichhaltige Belege für diese Zusammenhänge gibt es unseres Wissens jedoch noch nicht.
Martin: »Peter, klärst du den Hormonstatus deiner Patienten routinemäßig ab?«
Peter: »Hormonelle Schwankungen bedingt durch den Zyklus sind bei Frauen gelegentlich mit Beschwerden verbunden und es zeigt sich ein klarer Benefit durch die ununterbrochene Einnahme der Pille. Die Schilddrüsenhormone sind es selten. Die Bestimmung der Werte wird nicht explizit empfohlen, aber zumindest ist es ein billiger Test und gelegentlich können wir hiermit eben doch gewinnen! Gehen hormonelle Veränderungen mit erhöhtem Appetit und dementsprechend gesteigerter Nahrungsaufnahme einher, werden meist auch mehr FODMAP konsumiert ...«
Martin: »Ja, auch die Nebennieren, die z. B. bei Stress oder Angst vermehrt Kortison produzieren, scheinen eine Rolle zu spielen. So hat man bei Reizdarmpatienten vor allem am Morgen erhöhte Konzentrationen von Kortisol festgestellt – es bleibt spannend!«
DAS SIND DIE DRÜSEN
Die Bauchspeicheldrüse und vor allem die Leber sind die größten Drüsen des Körpers. Als Produzenten von Verdauungsenzymen und Gallensäuren kommt auch ihnen eine Rolle bei der Entstehung von Blähungen zu:
- Drüsen in Mund, Magen und Dünndarm wie auch die Bauchspeicheldrüse bilden Verdauungsenzyme, die Nährstoffe in kleinere Teile spalten, sodass sie (besser) resorbiert werden können. Bei einem Mangel gelangt mehr unverdaute Nahrung in den Dickdarm – mit den bekannten Folgen. Erster Hinweis ist ein heller, oft schwimmender Stuhl mit unverdauten Anteilen. Treten die Beschwerden nach sehr fettreichem Essen und/oder sofort nach dem Essen auf, gilt es, die Funktion der Bauchspeicheldrüse zu überprüfen.
- Die von der Leber gebildeten Gallensäuren erleichtern die Aufnahme von Fetten im Dünndarm. Nachdem sie ihre Aufgabe verrichtet haben, werden sie sofort wieder »recycelt«. Bei fehlender Resorption (z. B. infolge einer entzündlichen Magen-Darm-Erkrankung) oder bei einer Überproduktion reichern sich die Gallensäuren jedoch im Darminhalt an und ziehen vermehrt Wasser in den Darm. Es kommt zu Durchfall, heftigem Stuhldrang und Blähungen.
DAS REIZDARMSYNDROM (RDS)
Auch wenn es eine Vielzahl verschiedener Auslöser gibt, die zur Entstehung eines Blähbauchs führen können, so ist bei einem Großteil der betroffenen Patienten dennoch keine konkrete Ursache auszumachen. Sie leiden unter dem...