Vorwort
„Heut ist Strudeltag ...“
Apfelstrudel – dieses Zauberwort ruft fast überall auf der Welt kulinarisches Entzücken hervor. Neben Wiener Schnitzel und Sachertorte ist der Apfelstrudel wohl das bekannteste essbare Aushängeschild Österreichs. Über die Herkunft des zarten Strudelteiges lassen sich vielerlei Spekulationen anstellen: Der Orient gilt als seine Geburtsstätte. Auf dem Weg nach Westen begleiteten ihn sowohl byzantinische Prinzessinnen, als auch Kreuzritter des Mittelalters, und auch die Türken – wer weiß ...
Sicher ist, dass Generationen von Hausfrauen ihren Ehrgeiz darin legten, den Strudelteig so hauchdünn auszuziehen, dass man eine Zeitung durch ihn hindurch lesen kann.
In Laufe der Jahre hat sich der Strudel weiterentwickelt – und so gibt es heute eine große Auswahl an Variationen in Bezug auf die Strudelfülle, aber auch beim Teig ist die Zeit nicht stehen geblieben. Von süß bis pikant, von klassisch bis modern, von einfach bis aufwendig reicht die Palette.
Viele der Teige, die für Strudel verwendet werden, sind heute im Supermarkt auch als Fertigprodukte erhältlich, tiefgefroren oder im Kühlregal. Mit diesen Hilfsmitteln lässt sich die Zubereitungszeit wesentlich verkürzen, aber auf zweierlei sei hingewiesen:
1. Beim Kauf von Fertigprodukten unbedingt auch auf das Kleingedruckte schauen: Ablaufdatum und die Information, ob der Teig gesüßt ist, sind oft nicht auf den ersten Blick zu erkennen.
2. Der selbst ausgezogene Strudel schmeckt halt doch einfach besser, nicht nur der Köchin/dem Koch. Und eigentlich ist der Strudelteig gar nicht so schwer und aufwendig, wie man glaubt – einfach mal selbst probieren!
Vor der Königsdisziplin – dem ausgezogenen Strudelteig – haben viele ungeübte Köchinnen und Köche Respekt. Aber mit den Tipps und Tricks aus dem Erfahrungsschatz unserer Bäuerinnen werden auch Strudel-Anfänger bald zu wahren Könnern! Sicher, vielleicht gelingt es nicht gleich beim 1. Versuch problemlos, aber spätestens beim 2. oder 3. Mal ist man versiert im Strudelteig-Machen, mit oder ohne küchentechnische Hilfe. Und bald schon kann man Zeitung lesen unter dem ausgezogenen Strudelteig.
Neben diesem klassischen Teig gibt es jedoch noch eine Menge anderer Teige, von Blätter- und Erdäpfel- über Mürb- und Germteig bis zu Topfenblätterteig. Mit diesen Varianten und abwechslungsreichen Füllungen lassen sich unzählige vorzügliche Strudelkreationen backen.
Ob Sie den Teig nun selbst zubereiten oder das Angebot an Fertigprodukten nutzen, folgen Sie stets dem Credo unserer österreichischen Bäuerinnen:
Die schmackhaftesten Strudel werden mit Liebe, Gefühl und einer Prise Kreativität hergestellt!
Das Buch beginnt mit einem kurzen Kapitel zur Grundausstattung für die Strudelküche. Anschließend folgen – sehr ausführlich und mit vielen Tipps für die Zubereitung versehen – die Grundrezepte der wichtigsten Strudelteige, auf die sich viele der im Buch vorgestellten Rezepte beziehen.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Zubereiten und Genießen dieser typisch österreichischen Spezialitäten! Guten Appetit!
Das deutsche Wort Strudel stammt aus dem Althochdeutschen (stredan: wallen, brausen) und deutet auf den schneckenförmigen Querschnitt eines Strudels hin.
Grundausstattung für die Strudelküche
Strudeltuch – ein großes Tuch aus Baumwolle oder Halbleinen
Nudelwalker (österreichisch für Nudelholz, Teigrolle, Teigholz, Rollholz, Wallholz)
glatte Arbeitsfläche bzw. Nudelbrett
Backpinsel zum Bestreichen
Grundzutaten wie Mehl, Eier, Öl bzw. Butter, Salz, gegebenenfalls Topfen oder Germ, Würzzutaten.
Für die Fülle: Zutaten nach Rezept oder, wenn einmal die eine oder andere Zutat nicht im Haus ist: Kreativität!
Grundrezepte
Hinweis zu Backtemperatur und -zeit bei Strudeln: Die folgenden Angaben verstehen sich als Richtwerte. Ein Strudel mit weniger Fülle ist schneller fertig als füllige Strudel; einen fülligen Strudel bei eher mäßiger Temperatur backen, damit die Fülle gar ist, bevor die Oberfläche zu dunkel wird. Auch die Dicke des Teiges beeinflusst die Backzeit.
Strudelteig
250 g Mehl
Salz
1 EL Öl
ca. 1/8 l lauwarmes
Wasser
ev. 1 EL Essig
bei gekochten Strudeln
zusätzlich 1 Ei
Alle Zutaten in einer Schüssel mit einem Kochlöffel vermengen, auf eine bemehlte Arbeitsfläche geben und den Teig so lange kneten und schlagen, bis er glatt und seidig ist. Wer eine Küchenmaschine mit Knethaken zuhause hat, kann diese Arbeit auch die Maschine machen lassen.
Aus dem Teig ein Laibchen formen, dieses mit Öl bestreichen und zugedeckt an einem warmen Ort etwa 30–60 Minuten rasten lassen. Man kann den Teig auch leicht mit Mehl bestäuben und in einem Plastiksackerl rasten lassen, das bietet den Vorteil, dass sich kein Häutchen bildet.
Nach der Rastzeit den Teig auf einem bemehlten Strudeltuch etwas ausrollen und dann weiter mit den Handrücken ausziehen. Beim Ausziehen greift man mit dem bemehlten Handrücken unter den Teig. Wobei immer von der Teigmitte aus, gegen die Tischkanten hin, sachte zu ziehen ist, bis der Teig papierdünn geworden und über die Kanten des Tisches gespannt ist.
Wenn’s einen mal strudelt: Wenn der Strudelteig beim Ausziehen zu stark einreißt, wieder zusammenschlagen, nochmals – zumindest kurze Zeit – rasten lassen und von vorne beginnen.
Anschließend dicke Ränder wegschneiden.
Tipp: Teigreste als kleine Nockerl in die Gemüsesuppe einkochen.
Den Teig mit der gewünschten Fülle bestreichen bzw. belegen, wobei bei festeren Füllen (z.B. Äpfeln) zwei Drittel des Teiges, bei weichen Füllen (z.B. Topfen) die Hälfte des Teiges belegt wird, aber nirgends bis ganz an den Rand. Den restlichen Teig mit zerlassener Butter oder Öl beträufeln.
Nun Kopf- und Seitenränder über die Fülle klappen und den Strudel mit Hilfe des Tuches – bei der belegten Seite beginnend – einrollen.
Den fertigen Strudel auf ein Backblech legen. Der Strudel kann mit Butter, Ei oder Milch bestrichen werden, wodurch er eine glänzende Oberfläche erhält.
Richtwert für Backtemperatur und -zeit: 180°C, 35 Minuten
Für einen gekochten Strudel verwendet man zusätzlich 1 Ei, evtl. weniger Fett. Den Strudel (oder abgestochene Stücke davon) in ein Tuch oder eine Klarsichtfolie einwickeln und fest zubinden bzw. verschließen, in kochendes Salzwasser einlegen und leicht sieden lassen. Bei Zubereitung im Dampfgarer muss man die Strudel nicht unbedingt einwickeln.
Blätterteig
200 g Butter
200 g Mehl
1 Ei
Saft von 1/4 Zitrone
1 TL Salz
etwas Wasser
Die ganze Butter in ein Viertel des Mehles hineinschneiden, mit dem Nudelholz dünn ausrollen und mit kühlen Händen rasch zu einem Ziegel zusammendrücken, kalt stellen.
Aus dem restlichen Mehl und den übrigen Zutaten einen nicht zu weichen Strudelteig herstellen und zu einem Rechteck ausrollen, das dreimal so groß wie der Butterziegel sein muss. In die Mitte den Butterziegel legen, die beiden breiten Seiten darüberschlagen, die eine schmale Seite nach oben und die andere nach unten. Nun den Teig mit dem Nudelholz von der Mitte aus in die Länge klopfen und dann in die Breite ausrollen, ca. 1 cm dick, wieder einschlagen und 1/2 Stunde kalt rasten lassen. Diesen Vorgang noch zwei- bis dreimal wiederholen, dabei immer dünner ausrollen.
Wichtig: Rasch und kalt verarbeiten, Teig genau rechteckig ausrollen, gut bemehlen, damit er nicht anklebt, und gleichmäßig einschlagen, Mehl dabei immer gut abkehren.
Tipps: Teigreste immer mit einem sehr scharfen Messer abschneiden. Bei stumpfem Messer verziehen sich die Schnittflächen und der Teig geht beim Backen nicht blättrig auf. Teigreste nicht zusammenkneten, sondern schichtweise aufeinanderlegen. Ausrollen, mit dem Teigrädchen zu Streifen schneiden oder, je nach Anlass, Sternchen oder Herzen ausstechen, mit Eidotter bestreichen und auf den Strudel legen, gut andrücken.
Zum Backen den Strudel mit Ei bestreichen, das Blech mit Wasser bespritzen.
Richtwert für Backtemperatur und -zeit: 200 °C, 35 Minuten
Topfenmürbteig, Topfenblätterteig
250 g Mehl
250 g Butter
250 g Topfen
Salz
Mehl salzen, mit Butter abbröseln, Topfen einarbeiten und zu einem glatten, streifenfreien Teig abarbeiten. Teig mindestens 1/2 Stunde kalt rasten lassen, evtl. in Frischhaltefolie einwickeln.
Damit der Teig blättert, muss man ihn einige Male auswalken und wieder zusammenschlagen, evtl. dazwischen immer wieder mit flüssiger Butter beträufeln. Gegebenenfalls dazwischen nochmals kühl stellen.
Teig ca. 3 mm dick ausrollen, in der Mitte mit Fülle belegen oder bestreichen und die Seitenteile über...