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E-Book

Pharmazeutische Produkte und Verfahren

VerlagWiley-VCH
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl463 Seiten
ISBN9783527660216
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis187,99 EUR
Die pharmazeutische Industrie gehört weltweit zu den Kernbranchen und weist eine sehr lange und komplexe Wertschöpfungskette auf. Dieses Buch bietet einen umfassenden überblick über die Anforderungen an pharmazeutische Produkte und Herstellungsverfahren. Es beschreibt detailliert die Vorgaben an pharmazeutische Produktionsanlagen, Produktionsprozesse, Geräte und Maschinen sowie die begleitenden Qualifizierungs- und Validierungsmaßnahmen.
Es ist gleichermaßen geeignet für Ingenieure in der pharmazeutischen Industrie bzw. in verwandten Industriezweigen (Biotechnologie-, Lebensmittel-, Kosmetikindustrie) sowie für Forscher und Studenten chemischer, pharmazeutischer, biotechnologischer und technischer Fachrichtungen.

Gerd Kutz studierte Pharmazie und promovierte anschließend im Fach Pharmazeutische Technologie. Seitdem war er in der pharmazeutischen Industrie als 'Leiter Galenische Entwicklung' und stellvertretender Herstellungsleiter tätig. Daneben lehrte Prof. Kutz an der FH Hamburg im Fachbereich Bioingenieurwesen. Inzwischen wurde er an die FH Lippe und Höxter gerufen und lehrt dort das Fach 'Technologie der Kosmetika und Waschmittel'. Nach dem Aufbau des Studienganges 'Pharmatechnik' im Fachbereich 'Life Science Technologies' hat er Lehr- und Entwicklungsaufgaben in den Bereichen 'Pharmazeutische Technologie' und 'Pharmazeutische Qualitätssicherung' übernommen.
Armin Wolff, geboren 1944, studierte Pharmazie an der Universität Erlangen. 1970 erlangte er seine Approbation als Apotheker und promovierte anschließend 1973 zum Dr. rer. nat. über Malariamittel.
In den Jahren von 1974 bis 1988 war Prof. Wolff in der Pharmaindustrie tätig und erlangte dort seine Qualifikation als Herstellungs- und Kontrollleiter sowie den Fachapotheker für Pharmazeutische Technologie und - Analytik.
Seit 1988 ist Armin Wolff Professor für Pharmatechnik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen und Prodekan der Fakultät Life Sciences.
Seine Lehrgebiete umfassen unter anderem Arzneiformenlehre, Pharmazeutische Technologe, Arzneiformenherstellung und Biotechnologie.

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Leseprobe

3

Anforderungen an Produktionsanlagen und deren Betrieb

3.1 Grundlegende Begriffe und Konzepte der Qualitätssicherung

Michael Jahnke

Die Rahmenbedingungen der Herstellung von Arzneimitteln unterliegen den Vorgaben der Guten Herstellungspraxis (GMP=Good Manufacturing Practice), die 1968 erstmalig von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) formuliert und seitdem kontinuierlich in nationalen und internationalen Gremien weiterentwickelt wurden. Auf den von der WHO formulierten Prinzipien der GMP-Regelungen basiert die seit 1985 gültige Pharmabetriebsverordnung (PharmBetrV) für pharmazeutische Unternehmer in Deutschland. Die europaweiten Anforderungen für die Arzneimittelherstellung formulieren die seit 1991 verbindlichen EG-GMP Regeln (91/356/EWG), auf die die PharmBetrV seit 1994 als mitgeltende Unterlage verweist [3.1.1, 3.1.2, 3.1.3, 3.1.4, 3.1.5].

Die wesentliche Schlüsselforderung der genannten Regelwerke ist die Verpflichtung der Hersteller von Arzneimitteln, dafür Sorge zu tragen, dass alle Herstellungsvorgänge, soweit sie Gegenstand eines Zulassungsverfahrens waren, in Übereinstimmung mit den Angaben im Zulassungsantrag (so wie er von den Zulassungsbehörden gebilligt wurde) durchgeführt werden. Der Hersteller muss seine Herstellungsverfahren regelmäßig unter Berücksichtigung des wissenschaftlichen und technischen Fortschritts überprüfen. Falls sich Änderungen der Zulassungsunterlagen ergeben, ist dies den zuständigen Behörden vorzulegen [3.1.6, 3.1.7].

Demnach müssen Räumlichkeiten und Ausrüstung hinsichtlich ihrer Eignung überprüft werden (Qualifizierung), die verschiedenen Produktionsvorgänge nach vorher erstellten Anweisungen und Verfahrensbeschreibungen und in Übereinstimmung mit den GMP-Bestimmungen durchgeführt und jedes Herstellungsverfahren und jede wesentliche Änderung dieser Verfahren überprüft (Validierung) und geeignete (analytische) Verfahren zur Produktprüfung angewendet werden. Die GMP-Regelwerke weisen die Verantwortung für diese Maßnahmen der Leitung der Herstellung (Produktion) und der Leitung der Qualitätskontrolle zu (Abb.3.1.1). Mindeststandards für die praktische Durchführung der Qualifizierung und Validierung (Festlegung von Rahmenbedingungen, Überwachung vereinbarter Maßnahmen) sowie für deren Dokumentation (Prüfung und Autorisierung, Freigabe des Validierungs-Master-Plans, Erstellung und Freigabe eines Site-Master-Plans) und weitere Aspekte eines Qualitäts-Management-Systems werden dem gegenüber innerhalb eines übergreifenden Qualitätssicherungssystems festgelegt [3.1.8].

Abb.3.1.1 Zusammenhang von Qualitätssicherung und GMP-Regelungen.

3.1.1 Der Validierungs-Master-Plan

Alle Qualifizierungs- und Validierungsaktivitäten sollten geplant und das Validierungsprogramm beschrieben werden. Diese Angaben erfolgen in einem Validierungs- Master-Plan.

Der Validierungs-Master-Plan ist eine kurze, präzise und deutliche Zusammenfassung der Validierungspolitik und der geplanten Validierungsaktivitäten eines pharmazeutischen Unternehmens [3.1.9]. Die Verantwortlichkeiten, die zu validierenden Einrichtungen, Anlagen, Ausrüstungen und Prozesse, Zeitrahmen und Verfahren zur Änderungskontrolle sind zu benennen sowie Verweise auf bestehende Dokumente aufzunehmen.

Der Validierungs-Master-Plan eignet sich dazu, den Validierungsstatus, z. B. in einer Liste der verfügbaren Geräte und Verfahren darzulegen sowie einen Jahresplan für die geplanten (Re)qualifizierungen aufzustellen.

Umfangreiche Projekte wie Gebäudeinstallationen, Abfülllinien, Umbauprojekte etc. können in einem zusammenfassenden Dokument als Projekt-Master-Plan unter Festlegung der geplanten Validierungsaktivitäten beschrieben werden.

In diesem Dokument wird auf die Unterscheidung von Qualifizierung und Validierung eingegangen, die Qualifizierungsphasen werden festgelegt, das Validierungskonzept vorgestellt, Verantwortlichkeiten benannt, Akzeptanzkriterien vorgegeben und Maßnahmen zur Änderungskontrolle und Dokumentation definiert.

3.1.1.1 Unterscheidung von Qualifizierung und Validierung

Qualifizierung ist die Beweisführung darüber, dass Ausrüstungsgegenstände einwandfrei arbeiten und tatsächlich zu den erwarteten Ergebnissen führen. Qualifizierungen sind demnach auf Geräte bezogen.

Validierung ist demgegenüber die Beweisführung in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Guten Herstellungspraxis, dass Verfahren, Prozesse, Ausrüstungsgegenstände, Materialien, Arbeitsgänge und Systeme tatsächlich zu den erwarteten Ergebnissen führen. Validierungen sind demnach auf Produktionsprozesse bezogen und üblicherweise produktbezogen. Synonym wird häufig auch der Begriff Prozessvalidierung verwendet.

Bei einer prospektiven (Prozess)validierung werden neu einzuführende Produkte anhand der ersten Chargen im Produktionsmaßstab validiert. Vor Beginn der Produktion werden ggf. zusätzliche Prüfpunkte hinsichtlich Prozessdokumentation, IPK und Endkontrolle im Validierungsplan festgelegt. Üblicherweise wird an drei Validierungschargen nachgewiesen, dass der Produktionsprozess reproduzierbar verläuft.

Bei einer retrospektiven (Prozess)validierung werden Herstellungsprozesse aus dem Routinebetrieb anhand vorliegender Prozess- und Kontrolldaten aus üblicherweise 10 bis 30 Chargen bewertet.

Im Rahmen einer Qualifizierung/Validierung sollen zudem Festlegungen zur regelmäßigen Überprüfung (Requalifizierung und Revalidierung) der Aussagen (insbesondere Anforderungen, Akzeptanzkriterien) getroffen werden, um auf der Basis der Änderungskontrolle (Change-control-Verfahren) und dem technischen Fortschritt den aktuellen Stand anzupassen (s. auch Lebenszyklus-Modell).

3.1.1.2 Qualifizierungsphasen

Der Validierungs-Master-Plan enthält zudem Hinweise auf die organisatorische Struktur der Validierungsaktivitäten, die sich üblicherweise in die Phasen der Design-, Installations-, Funktions- und Leistungs-Qualifizierung gliedern [3.1.10].

  • Unter Design-Qualifizierung (DQ) versteht man den dokumentierten Prozess der Überprüfung der Projektierungsdokumente auf Übereinstimmung mit den vorgegebenen Qualitäts- und Ausführungsanforderungen des Betreibers und die Einhaltung von GMP-Aspekten.
  • Unter Installations-Qualifizierung (IQ) versteht man den dokumentierten Prozess der Überprüfung der Installation von als kritisch eingestuften Apparaten und Systemen einer Produktionsanlage auf Übereinstimmung mit den in der DQ genehmigten Plänen und Spezifikationen sowie die Zusammenstellung der technischen Dokumentation.
  • Unter Funktions(Operational)-Qualifizierung (OQ) versteht man den dokumentierten Prozess der Überprüfung der Funktionen der Anlage, der verschiedenen Apparate und der Systeme gemäß der in der DQ genehmigten Planung und innerhalb der vorgegebenen Prozessparameter.
  • Unter Leistungs(Performance)-Qualifizierung (PQ) versteht man den dokumentierten Prozess der Überprüfung von Leistungsparametern im geplanten Prozessablauf unter Einsatz von Produktionsmaterialien, geeigneten Ersatzmaterialien oder simulierten Produktionsverfahren.

In einem Validierungs-Master-Plan sollten auch Basisanforderungen an Maschinen/Anlagen sowie für die DQ, IQ, OQ, PQ formuliert werden. Dieses kann z. B. in Form von Formblättern oder Vorlagen erfolgen, die Mindestanforderungen an die einzelnen Projektphasen enthalten und die geräte- oder prozessspezifisch ergänzt werden können. Ein solcher Anforderungskatalog kann als Bestandteil der Auftragsbestätigung genehmigt und als DQ-Checkliste verwendet werden, d.h. die Übereinstimmung der Projektierungsdokumente mit den vorgegebenen Qualitäts- und Ausführungsanforderungen des Betreibers und die Einhaltung von GMP-Aspekten wird dokumentiert.

3.1.1.3 Lebenszyklusmodell

Das Design und damit der Qualifizierungszustand von Räumen und Anlagen, aber auch von produktspezifischen Prozessen (Prozessvalidierung) unterliegt ständigen Anpassungen und Änderungen. Während des Betriebs einer Anlage können sich Anpassungen des Designs oder der Ausstattung (z. B. neue Formatsätze) ergeben. Diese Änderungen sind kontinuierlich gegen den ursprünglich qualifizierten Zustand zu analysieren. Ergeben sich aus einer Risikoanalyse unzulässige Eingriffe in die Design-, Installations-, Funktions- oder Leistungs-Qualifizierung, so sind diese Elemente erneut im Rahmen einer Qualifizierung zu bewerten. Aus diesem Grund ist eine ursprüngliche Qualifizierung kein statisches Element, sondern einem Lebenszyklus unterworfen (Abb.3.1.2). Während des Betriebs auftretende Änderungen durch Wartung, Kalibrierung, Umbauten etc., die über dokumentierte Verfahren angestoßen und autorisiert wurden (Änderungsmanagement, Change-control-Verfahren) sind gegen die ursprünglichen Anforderungen der Design-Qualifizierung zu bewerten. Üblicherweise sind Gerätevorschriften, Bedienungshinweise, Kalibrier- oder Wartungsfrequenzen an...

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