2 Erstkontakt mit dem Klienten
„Das haben wir noch nie probiert, also geht es sicher gut.“
Astrid Lindgren, Pipi Langstrumpf
2.1 Einleitung
Der Erstkontakt mit Ihrem Klienten ist in mehrerlei Hinsicht wichtig. Zum einen ist Ihr eigener Auftritt dafür entscheidend, ob ein Klient wirklich zu Ihnen kommt oder nicht. Zum anderen habe ich schon sehr häufig die Erfahrung gemacht, dass Laien nicht wissen, dass die Therapie bei einem Heilpraktiker für Psychotherapie eine Privatleistung ist. Es ist schwierig, die verschiedenen Ausbildungswege zu verstehen und zu wissen, wer von diesen Personen nun eine Kassenzulassung hat und wer nicht. Auch die Unterschiede zwischen den Therapieverfahren sind für Laien schwer zu erkennen. Welches Verfahren für welches Störungsbild geeignet ist, das ist nicht einfach zu durchschauen.
Ihr erster Kontakt mit einem neuen Klienten sollte deshalb möglichst strukturiert sein und ihm alle wichtigen Informationen vermitteln. Hierzu möchte ich Ihnen einen „roten Faden“ an die Hand geben, den Sie als Grundlage für den Erstkontakt am Telefon verwenden können.
Nach dem ersten Telefonat folgt die erste Sitzung. Auch hier sollten wichtige Informationen von beiden Seiten ausgetauscht werden. Ebenso sollte Ihr persönliches Auftreten kompetent, sympathisch und authentisch sein, damit die Anbahnung einer guten, vertrauensvollen therapeutischen Beziehung möglich ist. In den ersten Sitzungen wird der Befund erhoben und die Anamnese erstellt. Auch der Beziehungsaufbau findet in dieser ersten Phase der Therapie statt. Wie Sie sich auf diese Faktoren gut vorbereiten können, möchte ich Ihnen in diesem Kapitel erläutern.
Zum Thema Befunderhebung und Anamnese stelle ich Ihnen 2 Fragebögen vor. Eine Struktur für den psychopathologischen Befund (AMDP-System) und einen sehr ausführlichen Fragebogen zur Lebensgeschichte nach Lazarus. Schließlich ist noch das Abschließen eines schriftlichen Behandlungsvertrages mit Ihrem Klienten ein wichtiger Aspekt der ersten Sitzung. Auch hierzu erhalten Sie Informationen und einen Mustervertrag, den Sie für Ihre Bedürfnisse als Vorlage verwenden dürfen.
2.2 Erstes Telefonat
Meist beginnt die Kontaktaufnahme mit einem neuen Patienten mit einem ersten Telefonat. Der Klient hat Ihre Telefonnummer entweder im Internet recherchiert oder als Empfehlung bekommen. Häufig kommt der Anstoß, eine Psychotherapie durchzuführen, von außen, von einem Arzt oder von jemandem aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis. Hinzu kommt, dass es für die meisten Menschen eine große Überwindung darstellt, einen solchen Schritt zu wagen. Sie sollten deshalb unbedingt auf alle wichtigen Informationen hinweisen, sowie einen kompetenten Eindruck machen und dem Klienten Akzeptanz vermitteln, um so seine Therapiemotivation zu stärken.
2.2.1 Roter Faden beim ersten Telefonat
Hier folgt eine Liste ( ▶ Abb. 2.1) für Ihren ersten Telefonkontakt mit einem Klienten, die Ihnen als roter Faden dienen kann (nach Franziska Luschas, kleiner KVT Boss: www.youtube.com). Sie können sich sowohl wichtige Notizen machen als auch Dinge abhaken, die Sie im Gespräch erwähnt haben. Ergänzen Sie nach persönlichem Empfinden die Punkte, die Ihnen am Herzen liegen.
Abb. 2.1 Formular für Notizen beim telefonischen Erstgespräch.
2.2.1.1 Hinweise zur Liste „Der rote Faden“
Beginnen Sie mit allgemeinen Informationen wie Datum, Name und Telefonnummer.
Eine wertvolle Frage ist, woher der Klient Ihre Telefonnummer hat. Damit erfahren Sie, ob man Sie weiterempfohlen hat und ob Sie im Internet gut zu finden sind. Vielleicht waren ja andere Werbemaßnahmen von Ihnen erfolgreich? Zu Beginn des Telefonates sollten Sie nach dem Grund des Anrufes fragen. Ich habe mir angewöhnt, die Formulierung so zu gestalten: „Können Sie mir kurz schildern, worum es geht?“. Das erste Telefonat soll keine vollständige Beratungssituation sein. Aber Sie möchten gerne einschätzen können, ob der Klient bei Ihnen richtig ist und nicht zum Beispiel Physiotherapie mit Psychotherapie verwechselt hat.
Fragen Sie dann nach, ob der Anrufer weiß, dass Sie Heilpraktiker für Psychotherapie sind und keine Kassenzulassung besitzen. Danach nennen Sie bitte Ihr Honorar. Der Klient muss genau wissen, welche Kosten auf ihn zukommen. Erklären Sie ihm auch die möglichen Sondersituationen, die entstehen können: Eine Paarsitzung dauert vielleicht 90 Minuten (statt 60 Minuten). Deshalb ist sie entsprechend teurer. Eine Sitzung mit einem Kind beträgt 45 Minuten und ist deshalb entsprechend günstiger. Fragen Sie nach, ob eine private Krankenversicherung oder eine private Zusatzversicherung vorliegt und notieren Sie sich das. Falls Ihr Klient das bejaht, dann müssen Sie eine Rechnung nach dem Gebührenverzeichnis für Heilpraktiker (GebüH) ausstellen, die ganz bestimmte Informationen enthalten muss (Kap. ▶ 3). Sie können dem Klienten erklären, dass in diesem Fall eventuell eine Teilkostenerstattung über seine private Versicherung möglich ist. Ich rate dem Klienten, bei der privaten Kasse anzurufen und nachzufragen. So erfährt er schnell, ob die Kosten für Heilpraktiker (Psychotherapie) im Leistungsumfang der Versicherung enthalten ist (Ziffer 19 des GebüH) und wenn ja, wie viel ihm erstattet wird.
Wenn der Anrufer es bereits weiß, dass er einen Eigenanteil zu finanzieren hat, können Sie zur Terminvereinbarung kommen. Ich nenne zuerst den nächsten freien Termin, der in meiner Praxis meist in wenigen Wochen verfügbar ist. Gleichzeitig frage ich jedoch nach bestimmten Tagen und Zeitfenstern, die für den Patienten am besten umsetzbar sind. Sollte es zu einer Psychotherapie mit regelmäßigen Terminen kommen, müssen die Zeiten der Sitzungen natürlich für beide Seiten gut koordiniert sein.
Dann folgen Hinweise zum Ablauf der ersten Sitzung und wie lange diese dauern wird. Beschreiben Sie kurz, wie Sie arbeiten werden.
Werden Sie vorwiegend zusammen sprechen, damit eine Befunderhebung stattfinden kann?
Werden Sie im Verlauf weiterer Sitzungen auch andere Methoden anwenden?
Welche Methoden könnten das sein und was sollte Ihr Klient im Vorfeld darüber wissen?
Sprechen Sie auch an, ob der Patient zum Termin etwas mitbringen soll. Wenn Sie zum Beispiel Barzahlung bevorzugen, muss der Klient genügend Bargeld dabei haben. Oder Sie möchten, dass gewisse Informationen vom Patienten notiert werden. Dann sollte er etwas zum Schreiben dabei haben.
Vergessen Sie bitte nicht anzusprechen, wie bei einer kurzfristigen Absage vorzugehen ist.
Ein Punkt des „roten Fadens“ ist, die Anfahrt zu Ihrer Praxis zu klären. Auf meiner Homepage habe ich die Anfahrt beschrieben und Fotos des Hauses eingefügt. So kann der Klient sich vorab ein „Bild“ machen. Sie sollten auf Parkplätze hinweisen und auch etwas dazu sagen, ob der Klient im Wartebereich warten soll bis Sie ihn aufrufen. Soll er anklopfen, wenn er vor Ihrer Zimmertür steht?
Zuletzt fragen Sie nach, ob es etwas gibt, das vergessen wurde. Möglicherweise hat der Anrufer noch eine Frage oder möchte noch eine zusätzliche Information loswerden.
2.2.2 Therapeutisches Verhalten beim Telefonat
Ihr Verhalten am Telefon entscheidet mit, ob der Klient in der Folge zu Ihnen kommen wird. Sie sollten einen klaren, kompetenten und freundlichen Eindruck hinterlassen. Um dies zu erreichen, ist es wertvoll, sich mit ein paar Hinweisen auseinanderzusetzen.
Das erste Telefonat ist kein Beratungsgespräch. Achten Sie bitte unbedingt auf die Zeit und vermeiden Sie ein zu detailliertes Einsteigen auf die Problembereiche des Klienten. Auch zum Schutz des Patienten ist dies hilfreich. Sie brauchen zwar eine kurze Information, um welche Schwierigkeiten es geht, um sicher zu sein, dass der Anrufer auch richtig bei Ihnen ist. Bedenken Sie aber auch, dass eine minutiöse Schilderung einer belastenden Situation emotional sehr aufwühlend sein kann. Eventuell ist es notwendig, den Klienten etwas in seinen Schilderungen zu bremsen. Sie können ihm Ihre Beweggründe ruhig offen nennen. Er wird es verstehen, dass Sie nicht möchten, dass schon das Telefonat tiefe Gefühle bei ihm auslöst.
Achten Sie bei Ihren Ausführungen darauf, sich kurz zu fassen. Vermutlich ist der Mensch am anderen Ende der Leitung nervös oder hat Angst und ist gar nicht aufnahmefähig für fachspezifische Informationen. Auch Fremdwörter sind möglichst zu vermeiden oder Sie erklären diese direkt. Das vermittelt auch den Eindruck einer Gleichwertigkeit.
Werten Sie die Schilderungen Ihres Gegenübers nicht. Der Klient braucht eine wertneutrale Atmosphäre, um sich angenommen zu fühlen. Damit er Vertrauen in Sie fassen kann. Sprechen Sie wichtige Informationen direkt an. Reden Sie bitte nicht um den heißen Brei, wenn es zum Beispiel um Ihr Honorar geht. Seien Sie bitte auch ehrlich, wenn Sie den Eindruck haben, dass der Anrufer bei Ihnen falsch ist, weil Sie die Kompetenz für die Behandlung nicht besitzen. Sagen Sie das offen und ehrlich! Lassen Sie Ihrem Gegenüber Zeit, damit der Patient Fragen formulieren kann, die eventuell im...