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Prozesskostenrechnung im Krankenhauscontrolling

AutorMartina Hugo
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl140 Seiten
ISBN9783638729741
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich BWL - Industriebetriebslehre, Note: 1,3, Universität des Saarlandes, 110 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Während für Industrieunternehmen eine verursachungsgerechte Kalkulation der Kosten im Hinblick auf strategische Entscheidungen von zentraler Bedeutung ist, fand für die Vergütung der Krankenhausleistungen bis 1993 das Selbstkostendeckungsprinzip Anwendung. Dadurch bestand für Krankenhäuser weder eine Notwendigkeit noch ein Anreiz zu wirtschaftlichem Handeln und damit einhergehend zu der Einführung einer verursachungsgerechten Kosten(-träger)-rechnung. Seit der Einführung des Fallpauschalensystems im Jahr 2003 hat sich die Situation der Krankenhäuser jedoch grundlegend geändert. Aufgrund der DRGs sind die Erlöse je Behandlungsfall mehr oder weniger extern vorgegeben, so dass der wirtschaftliche Erfolg lediglich über die Kosten steuerbar ist. Um die Kosten transparent zu machen, bedarf es eines Kostenrechnungssystems, das eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten auf die Kostenträger ermöglicht. Die Prozesskostenrechnung ist ein Kostenrechnungsverfahren, bei dem Gemeinkosten auf der Basis von Prozessen auf die Kostenträger verrechnet werden. Durch dieses Vorgehen soll ein Teil der Gemeinkosten verursachungsgerechter dem einzelnen Produkt zugeordnet werden. Im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser kommt der Ermittlung möglichst genauer Fallkosten eine zentrale Bedeutung zu. In den vergangenen Jahren wurden Diskussionen um die tatsächliche Vorteilhaftigkeit eines alternativen oder additiven Einsatzes der Prozesskostenrechnung zunächst hauptsächlich mit dem Fokus auf fertigende Unternehmen geführt. Allerdings wird in der Literatur explizit darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenrechnung sowohl in Produktions- als auch in Dienstleistungsunternehmen zum Einsatz kommen kann. Ziel ist es daher, die Möglichkeiten eines Einsatzes der Prozesskostenrechnung als Kostenrechnungssystem in deutschen Krankenhäusern zu betrachten. In diesem Zusammenhang werden insbesondere die krankenhausspezifischen Rahmenbedingungen herausgearbeitet und die sich daraus für die Anwendung der Prozesskostenrechnung ergebenden Besonderheiten abgeleitet.

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Leseprobe

1 Einleitung


Motivation


 

Den Angaben des Statistischen Bundesamtes zufolge wurde im Jahr 2004 ein Zehntel des Bruttoinlandsproduktes für die Gesundheit ausgegeben.[1] Ein Viertel dieser Ausgaben wurde zur Vergütung von Krankenhausleistungen getätigt.[2] Die Kosten, die im Rahmen dieser Leis­tungserbringung entstehen und die im Zeit­raum von 2000 bis 2004 um 7% gestiegen sind[3], fallen zu 68% als Personalkosten und damit in Bezug auf den einzelnen Behandlungsfall als Gemeinkosten an.[4]

 

Der industrielle Sektor setzt sich seit mehreren Jahrzehnten mit den dort anfallenden Gemein­kosten auseinander. Aufgrund des steigenden Anteils der Gemeinkosten an den Gesamtkosten wird im industriellen Bereich seit vielen Jahren kritisiert, dass mit den ursprünglich für den Fertigungsbereich entwickelten traditionellen Kostenrechnungsverfahren wie der Grenzplan­kostenrechnung verzerrte Kosten kalkuliert werden, die zu strategischen Fehlentscheidungen führen können.[5]

 

Während für Industrieunternehmen eine verursachungsgerechte Kalkulation der Kosten im Hinblick auf strategische Entscheidungen von zentraler Bedeutung ist, fand für die Vergütung der Krankenhausleistungen bis 1993 das Selbstkostendeckungsprinzip[6] Anwen­dung. Dadurch bestand für Krankenhäuser weder eine Notwendigkeit[7] noch ein Anreiz zu wirtschaftlichem Handeln und damit einhergehend zu der Einführung einer verursachungsgerechten Kosten     (-träger)-rechnung. Seit der Einführung des Fallpauschalensystems im Jahr 2003 hat sich die Situation der Krankenhäuser jedoch grundlegend geändert. „Weil (…) der Preis für die Be­handlung eines Patienten vorgegeben ist, ist der wirtschaftliche Erfolg über die Kosten steu­erbar.“[8] Um die Kosten transparent zu machen bedarf es eines Kostenrechnungssystems, das eine verursachungsgerechte Zuordnung der Kosten auf die Kostenträger ermöglicht.

 

Die Prozesskostenrechnung ist ein „Ansatz in der Kostenrechnung, der Gemeinkosten auf der Basis von Aktivitäten (Prozessen), die das Unternehmensgeschehen abbilden, in die Produkt­kalkulation einzubringen versucht“[9]. Durch dieses Vorgehen soll ein Teil der Gemeinkosten verursachungsge­rechter dem einzelnen Produkt zugeordnet werden.[10] Im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser[11] kommt der Ermittlung mög­lichst ge­nauer Fallkosten eine zentrale Bedeutung zu. In den vergangenen Jahren wurden Diskussio­nen um die tatsächliche Vorteilhaftigkeit eines alternativen oder additiven Einsatzes der Pro­zesskostenrechnung zunächst hauptsächlich mit dem Fokus auf fertigende Un­ternehmen ge­führt.[12] Allerdings wird explizit darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenrech­nung sowohl in Produktions- als auch in Dienstleistungsunternehmen zum Einsatz kommen kann.[13]

 

Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Möglichkeiten eines Einsatzes der Prozesskostenrech­nung als Kostenrechnungssystem in deutschen Krankenhäusern zu betrachten. In diesem Zusam­menhang werden insbesondere die krankenhausspezifischen Rahmenbedingungen herausge­arbeitet und die sich daraus für die Anwendung der Prozesskostenrechnung erge­benden Be­sonderheiten abgeleitet.

 

Abgrenzung des Betrachtungsgegenstandes


 

Krankenhäuser können als Dienstleistungsunternehmen[14] klassifiziert werden, deren Auf­gabe in der Behandlung von Patienten besteht. Eine solche Behandlung kann vollsta­tionär, teilsta­tionär, vorstationär, nachstationär oder ambulant durch das Krankenhaus erfolgen.[15] Entspre­chend dem seit 2003 geltenden Entgeltsystem werden ambulante Kran­kenhausleistungen nach den für Vertragsärzte geltenden Grundsätzen vergütet[16], vor- und nachstationäre Krankenhaus­leistungen nach auf Landesebene individuell zu vereinbarenden pauschalierten Entgelten[17] und stationäre Krankenhausleistungen überwiegend über bundesein­heitliche Fallpau­schalen[18]. Indikator für den Ausschluss eines Krankenhau­ses oder einer Leistung von einer Vergütung durch das Fallpauschalensystem ist neben dem Träger die Art der erbrachten Leistung. So sind insbesondere Leistungen der in der Psychiatrie-Personalverordnung ge­nannten Einrichtungen, Leistungen der Einrichtungen für Psy­chosomatik und der Einrichtun­gen der Psychotherapeutischen Medizin von einer Vergütung durch Fallpauschalen aus­ge­schlossen.[19]

 

Die Vergütung über Fallpauschalen wird auf der Grundlage von DRGs (Diagnosis Related Groups), „einem international bewährten Klassifikationssystem von Behandlungsfallgrup­pen“[20], vorgenommen. Zur Eingruppierung eines einzelnen Behandlungsfalls in eine DRG wird die gesamte Behandlung des betroffenen Patienten berücksichtigt, d.h. der Prozess von der Aufnahme des Patienten bis zur seiner Entlassung.[21] Von Seiten der Praxis heißt es, dass über 85% der im Krankenhaus behandelten Fälle auf der Grundlage der DRGs abgerechnet werden können[22]. Somit haben die DRGs und die für sie vereinbarten Entgeltpauschalen zent­rale Bedeutung für die Leistungsvergütung der Krankenhäuser. Im weiteren Verlauf der Ar­beit wird daher der Fokus auf einen Einsatz der Prozesskostenrechnung im Kran­kenhaussek­tor  im Kontext der DRGs und der für sie geltenden Rahmenbedingungen gelegt.

 

Durch die Einführung der DRGs wurde eine prozessorientierte und diagnosebezogene Be­trachtungsweise der Erlösseite des stationären Behandlungsbereiches erreicht. Die mit dem neuen Entgelt­system angestrebte Wirtschaftlichkeit und Eigenverantwortlichkeit der Kran­kenhäuser macht darüber hinaus eine patienten- bzw. diagnosebezogene, verursachungsge­rechte Kostenträgerrechnung erforderlich, um den mit einer DRG verbundenen festgelegten Einnahmen die korrespondierenden Kosten gegenüberstellen zu können.[23] Deshalb finden aufgrund „der Einfüh­rung der G-DRGs[24] zur Abrechnung von stationären Leistungen (…) das Prozesskosten­controlling und die Kostenträgerrechnung stärkere Beachtung im Kranken­haus­controlling“[25]. Daher wird in dieser Arbeit der Betrachtungsschwerpunkt auf die Kalkula­tion derjenigen Kosten gelegt, die infolge stationärer Behandlungsleistungen anfallen und über DRGs vergütet werden.[26]

 

Aufbau der Arbeit


 

In Kapitel 2 werden zunächst die Grundlagen der Prozesskostenrechnung dargestellt. Durch eine Abgrenzung der für die Prozesskostenrechnung zentralen Begriffe in Kapitel 2.1 soll ein für diese Arbeit verbindliches Begriffsverständnis erzielt werden, um darauf aufbauend in Kapitel 2.2 die historische Entwicklung der nicht überschneidungsfrei voneinander abgrenz­baren Varianten der Prozesskostenrechnung darzustellen und in Kapitel 2.3 die Ziele der Pro­zesskostenrechnung abzuleiten. Im sich anschließenden Kapitel 2.4 wird der Anwendungsbe­reich der Prozesskostenrechung abgegrenzt und die Besonderheiten einer Anwendung in Dienstleistungsunternehmen aufgezeigt. Daran anknüpfend wird die Vorge­hensweise bei der Einführung einer Prozesskostenrechnung und damit einhergehend der strukturelle Aufbau eines Prozesskostenrechnungssystems erläutert. Darauf aufbauend werden die im Rahmen der jährlichen Planung einer laufenden Prozesskostenrechnung notwendigen Schritte dargestellt. Das zweite Kapitel endet mit einer kritischen Würdigung der Prozesskostenrechnung.

 

Gegenstand des dritten Kapitels ist der rechtliche und wirtschaftliche Hintergrund der Kran­kenhäuser in Deutschland. Im Hinblick auf das Ziel dieser Arbeit ist die Finan­zierung der Krankenhäuser in Deutschland als spezifisches Charakteristikum für diesen Dienstleistungs­sektor zu berücksichtigen. Daher wird zunächst (vgl. Kapitel 3.1) die his­torische Entwicklung des Finanzierungssystems skizziert und die aktuell geltenden Rechtsvorschrif­ten dargelegt, bevor in Kapitel 3.2 das Fallpauschalensystem in seinen Grundzügen dar­gestellt wird. In die­sem Zusammenhang werden insbesondere die DRGs näher charakterisiert, in die der Großteil der Behandlungsfälle eingeordnet werden kann. Die Konsequenzen aus der Einführung des Fallpauschalensys­tems für die Wettbewerbssituation der Krankenhäuser werden zum Ab­schluss des Kapitels 3 aufgezeigt.

 

Während in Kapitel 3.2 der Fokus auf die Betrachtung der Erlösseite der Krankenhäuser ge­legt wird, wird in Kapitel 4 die derzeitige Kosten- und Leistungsrechnung in deutschen Kran­kenhäusern betrachtet. Zu Beginn des Kapitels wird zunächst die Bedeutung der Kosten- und Leistungs­rechnung im Kontext des Krankenhauscontrollings herausgearbeitet (vgl. Kapitel 4.1). In Ka­pitel 4.2 werden die Charakteristika der Leistungserbringung im Krankenhaus dar­gestellt und darauf aufbauend das Krankenhaus als Dienstleistungsunternehmen gekennzeich­net. Die mit der Leistung korrespondierenden Kosten der Krankenhäuser und ihre Verrech­nung im Rahmen der Kostenrechnung werden...

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