Die statistische Prozess Regelung (auch: Statistische Prozesslenkung; engl: Statistical Process Control) liefert Informationen über den Zustand von Prozessen und deren Leistungsvermögen.[120] Es findet eine laufende Überwachung statt, wodurch schon während der Prozess läuft, in diesen eingegriffen werden kann.[121] Die Abkürzung SPC besteht aus zwei Begriffen. Zum einen weist er auf die Prozessregelung hin und zum Anderen auf den Einsatz der Statistik. Mit Hilfe der Statistik wird mit einer geringen Anzahl von Ergebnissen, auf die Grundgesamtheit geschlossen, um Prozesse zu regeln und zu überwachen.[122] Ein Geschäftsprozess beinhaltet eine Menge von Aktivitäten mit Eingangsgrößen (=Input) sowie einem Ergebnis (=Output).[123] Abbildung 22 gibt einen Überblick über den Ablauf der Statistischen Prozessregelung. Hierbei gibt es keinen Unterschied ob es sich um einen Produktionsprozess oder einen administrativen Prozess handelt.[124] Lediglich Prozessschritt drei, „Messgeräte und Maschinenfähigkeitsuntersuchung“ entfällt bei Dienstleistungs- und Softwareprozessen.
Abbildung 22 Prozessablauf SPC
vgl. (Gerboth 2001)
Durch die ständige Verschärfung des Wettbewerbs und dem somit entstehenden Kostendruck, kann es sich heutzutage keine Fertigung mehr leisten, Fehler erst im Nachhinein, durch Prüfen des fertigen Produkts, aufzudecken.[125] Es genügt nicht den Output des Prozesses zu überprüfen, sondern es muss der Prozess an sich überprüft werden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Selbst bei genauester Prozessüberwachung wird es niemals möglich sein, ein exakt identisches Ergebnis zu erzielen.[126] Dabei wird es immer eine Streuung um den Sollwert geben, da verschiedene Einflüsse auf den Prozess einwirken. Diese Einflussfaktoren können die Folgenden sein: [127]
Menschen
Maschine
Methode, wie gemessen wurde
Material
Mitwelt (Umwelt)
Ziel der SPC ist es, durch Stichprobenprüfungen und unter der Verwendung mathematisch-statistischer Anwendungen Aussagen über den Prozess zu bekommen, um Störungen oder Fehler frühzeitig zu erkennen und zu verbessern.[128] Die wichtigsten Instrumente der SPC sind die unterschiedlichen Typen von Fähigkeitsindizes und Regelkarten.[129]
Die Statistik dient dazu Messerscheinungen zu quantifizieren und zu interpretieren. Dadurch werden Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit gezogen, basierend auf einer Stichprobe.[130] Da Six Sigma auf Statistik basiert, werden in 3.1 für die Statistische Prozess Regelung wichtige statistische Verfahren, Diagramme und Berechnungen erläutert.
Mittelwert
Das arithmetische Mittel, kurz Mittelwert ergibt sich aus der Summe aller Merkmalswerte, geteilt durch die Anzahl der Merkmalswerte.[131]
Medianwert
Um einen weiteren Lage Wert, den Medianwert zu erhalten, ordnet man die Ergebnisse nach der Größe und berechnet ihn je nach Stichprobenumfang folgendermaßen:[132]
Formel 1 Medianwert mit ungerader Anzahl an Werten
vgl. (von Below 2009)
Beispiel Zahlenfolge: 14;11;15;17;10
Zahlen ordnen: 10; 11; 14; 15; 17
i = Index für geordnete Reihenfolge
Formel 2 Medianwert mit gerader Anzahl an Werten
vgl. (von Below 2009)
Beispiel Zahlenfolge: 14;11;15;17;13;19
Zahlen ordnen: 11; 13; 14; 15; 17; 19
i = Index für geordnete Reihenfolge
Standardabweichung
Ebenso ist die Streuung der Ergebnisse eine sehr wichtige Kenngröße. Ein Maß dafür ist die Standardabweichung s oder auch σ.
Formel 3 Standardabweichung
vgl. (Quentin 2008)
Das Quadrat der Standardabweichung s2 wird mit Varianz bezeichnet.
Spannweite
Die Spannweite ist die Differenz zwischen dem größten und kleinsten Wert einer Datensammlung.[133]
Die Spannweite ist ein gröberes Maß für die Streuung, da Zwischenwerte weitestgehend unberücksichtigt bleiben.
Normalverteilung
Werden die Häufigkeit des Auftretens den einzelnen Ergebnissen zugeordnet, so erhält man eine charakteristische Verteilung, welche in Abbildung 23 dargestellt ist.
Abbildung 23 Normalverteilung Graphik
vgl. (Hemmrich 2014)
Der Erwartungswert μ verschiebt die Funktion auf der x-Achse. Zudem hat die Normalverteilung immer ihr Maximum an der Stelle von μ.[134] Der größte Vorteil hierbei ist, dass diese Verteilung durch die Formel 4 mathematisch beschrieben werden kann.[135]
Formel 4 Normalverteilung
vgl. (Quentin 2008)
Schiefe Verteilung
Eine weitere, häufig auftretende Verteilung, ist die schiefe Verteilung. Sie tritt meist bei einer einseitigen, natürlich begrenzten Verteilung der Ergebnisse auf. Die Zugfestigkeit eines Materials hat z.B. einen bestimmten Maximalwert.[136] Abbildung 24 beschreibt eine solche schiefe Verteilung. Die Verteilung hat ebenso wie die Normalverteilung ihr Maximum an der Stelle von μ.
Abbildung 24 Schiefe Verteilung
vgl. (Quentin 2008)
Stichprobennahme
Als Erfassung von Stichproben wird die Aufnahme eines repräsentativen Anteils des gesamten Datenmaterials bezeichnet. Stichproben werden erfasst, weil die Aufnahme des gesamten Datenmaterials zu teuer oder auch oftmals zu aufwendig für ihren endgültigen Nutzen wäre. Bei Untergruppen empfiehlt es sich, während des Prozesses Stichproben zu ziehen. Systematische Stichproben oder Stichproben von Untergruppen gewährleisten, dass diese repräsentativ sind.[137] Hilfreich ist auch das Erstellen einer Regelkarte. Auf diese Thematik wird genauer in 4.3 eingegangen. Mit dieser Regelkarte kann bestimmt werden, ob der Prozess stabil oder instabil ist. Mithilfe der in Formel 5 dargestellten Formeln kann die Stichprobengröße zur Schätzung weiterer Kennzahlen herangezogen werden.
Formel 5 Stichprobengröße zur Schätzung eines Durchschnittes (z.B. Durchlaufzeit)
vgl. (von Below 2009)
Formel 6 Stichprobengröße zur Schätzung eines Anteils (z.B. Ausschussrate in %)
vgl. (von Below 2009)
Dabei ist die Präzision, die Abweichung vom Schätzwert eines Merkmals. Beispielsweise geschätzte Bearbeitungszeit " 2 Tage oder die geschätzte Ausschussquote " 5%.
Prozessfähigkeit
Prozessfähigkeitsmessgrößen sind statistische Messgrößen, die das Ausmaß der Streuung in einem Prozess beschreiben.[138] Dabei wird das langfristige Verhalten eines Prozesses unter Berücksichtigung aller Einflussfaktoren erfasst. Hierbei wird in der Literatur zwischen Cp und Cpk unterschieden, die sich wie folgt berechnen lassen:[139]
Formel 7 Leistung eines Prozesses
vgl. (Gerboth 2001)
Formel 8 Leistung eines Prozesses durch Miteinbeziehung der Lage des Mittelwertes
vgl. (Gerboth 2001)
Der Wert ist ein Maß...