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Regionale industrielle Entwicklung im Deutschen Kaiserreich 1871-1914: Ein Vergleich zwischen dem Ruhrgebiet und dem Kreis Esslingen

AutorSvenja Schaefer
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl48 Seiten
ISBN9783956846373
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Das Deutsche Kaiserreich war noch kein Nationalstaat, so wie wir ihn heute kennen. Langsam wuchsen erst die Strukturen wie sie im heutigen Deutschland sind. Es gab starke Veränderungen innerhalb der Bevölkerungsschichten, Verwaltung, der technischen Entwicklung aber auch in vielen sozialen Bereichen. Dies alles legte den Grundstein und war Teil der zweiten Phase der Industriellen Revolution. Im Hinblick dessen, dass das deutsche Kaiserreich erst spät seine Industrie zu entwickeln begann, müssen auch die starken Unterschiede innerhalb des Kaiserreiches beachtet werden. Diese Unterschiede werden durch den Vergleich der Monoindustrie des Ruhrgebietes und der vielfältigen Industrie im Kreis Esslingen in diesem Buch hervorgehoben. In diesem Buch werden neben der industriellen Entwicklung ein Überblick über die allgemeine Geschichte des Kaiserreiches und die vielfältigen strukturellen Veränderungen geboten.

Svenja Schaefer, B.A., wurde 1981 in Eckernförde geboren. Ihr Studium der Geschichte und Philosophie schloss sie 2013 an der Universität Stuttgart mit dem akademischen Grad der Bachelor of Arts ab. Während ihres Studiums arbeitete sie als Hilfskraft beim

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 1.4, Technologische und gesellschaftliche Veränderungen: Das Kaiserreich hatte zwar die verschiedenen Königreiche, Fürsten- und Herzogtümer vereint, aber weil diese Reiche als 25 Bundesstaaten erhalten blieben, gab es bereits wieder große Unterschiede. Dazu kam, dass durch die geographischen Besonderheiten innerhalb der Bundesstaaten sich verschiedene Wirtschaftsregionen ergaben, die unterschiedlich produzierten und sich unterschiedlich industriell entwickelt hatten. Zur gleichen Zeit existierten stark agrarisch geprägte Regionen und industrielle Zentren. Die Koexistenz der wichtigen, aber stagnierenden Landwirtschaft zur der sich weiter entwickelnden Industrie macht deutlich, dass es keine einheitliche Sicht auf das Kaiserreich, was die Technik und die Industrialisierung angehen, geben kann. Die voranschreitende Technik war ein wichtiger Bestandteil des Prozesses der Industrialisierung. Strittig ist für die Technikgeschichte, ob die Technik die Gesellschaft bedingt oder die Gesellschaft die Technik. Übereinkunft besteht darüber, dass die Entwicklung der Dampfmaschine die Produktion, die Transportwege und damit die gesamte soziale Struktur innerhalb Deutschlands veränderte. Ohne diese Veränderungen würde es keine Industrielle Revolution geben. Daher muss der technische Fortschritt eine Region erreichen, um dort Veränderungen herbeizuführen. Am Beispiel der Esslinger Maschinenfabrik, welche auf Bestreben des Staates gegründet wurde, ist ersichtlich, wie der Staat die Technik und damit den Fortschritt in sein Land zu holen bestrebt war. Im Ruhrgebiet waren es vor allem die reichen Vorkommen an Kohle und Eisenerz, welche die Anschaffung von neuen Techniken und die Ansiedlung weiterer Industriezweige begünstigte, um konkurrenzfähig mit England zu sein. Darüber hinaus benötigte Preußen das Eisen für sein Militär und sorgte damit selbst für ein wirtschaftliches Wachstum in der Region. Aber auch hier musste erst die Technik entwickelt werden, um den industriellen Ausbau zu fördern. Ohne Technik gibt es keine Industrielle Revolution, das zeigt die Industrialisierung deutlich. Die Verbesserung der Herstellung von Produkten ist erforderlich, um die Industrie zu revolutionieren. Der wichtigste Faktor, der als 'Zünder' des Industrialisierungsprozesses fungierte, war der Ausbau der Eisenbahn, der ab 1870 einen starken Aufschwung erfuhr. Weitere Entwicklungen waren dann der Bau des Automobils, ebenfalls im 19. Jahrhundert. Vor der Eisenbahn gab es nur das Pferd als schnelles Fortbewegungsmittel. Die Eisenbahn veränderte damit den Horizont der gedachten Möglichkeiten, wohin man reisen könnte. Der rasante Ausbau der Eisenbahn verband das Kaiserreich, und theoretisch war nun jeder in der Lage von München nach Hamburg zu reisen, was vor der Eisenbahn eine schwere, kostspielige, gefährliche und aufwändige Reise war. Dasselbe galt für den Güteraustausch. So wurde die Fortbewegung revolutioniert inklusive der Möglichkeiten, sie zu nutzen. Niemand war mehr von der Natur abhängig, sondern ausschließlich von der Technik. Dasselbe galt für die Möglichkeiten des Informationsaustausches. Briefe konnten mit Dampfschiffen in wenigen Tagen über das Meer gebracht werden, was früher Monate dauerte. Durch die Telegraphie kamen Nachrichten binnen kürzester Zeit von München nach Hamburg und brauchten nicht mehr Tage bis Wochen wie zuvor. Die Welt wurde erreichbarer, der Horizont der Menschen größer und die Welt dafür kleiner. Ein weiterer Grund für die Horizontveränderung des Menschen war auch die Einführung des Dogmas der Zeit. Früher hatte man sich an Sonnenauf- und untergang sowie den Glockenschlägen der Kirchturmuhr orientiert. Nun wurde die Welt zeitlich sortiert, denn 1884 wurden die Zeitzonen eingerichtet. Ein weiteres Ereignis war die Einführung der Kontrolluhr in den Fabriken. Züge fuhren pünktlich auf die Minute ab, und man musste pünktlich zur Arbeit erscheinen. Das Tempo des alltäglichen Lebens nahm zu und wurde zeitlich organisiert, orientiert an Maschinen, welche die Zeit maßen. 1.5, Das Ruhrgebiet: Das Ruhrgebiet, so wie es heute erscheint, ist keine 150 Jahre alt. Es entstand mit der Industrialisierung und der systematischen Nutzung von Kohle und Eisen. Erst mit dem Anschluss der Provinzen Rheinland und Westphalen an Preußen im Jahr 1815 wurde überhaupt einen gute und zusammenhängende Nutzung der Region für die Schwerindustrie möglich. Innerhalb des deutschen Kaiserreiches kann man es mit den Rheinprovinzen im preußischen Königreich gleichsetzen. Regional kann man das Ruhrgebiet als das Land östlich von Dortmund, beginnend bis zum Rhein im Westen und zwischen den Höhen südlich der Ruhr hin bis zur Lippe reichend, verorten, auch wenn das natürlich nur vage Grenzen sind. Doch wirtschaftlich hielt sich die Region kaum an die Verwaltungsbezirksgrenzen des Königreichs Preußens, was sie als Ruhrprovinzen zusammengefasst hatte. . Auch gab es innerhalb der Rheinprovinzen, bezogen auf die Industrie, wenig Homogenität, einige Bereiche waren bereits in der Frühindustrialisierung ausgebaut worden, andere zogen erst nach. Dazu kam, dass sich das Gebiet monoindustriell entwickelte, also seinen Schwerpunkt rein auf Schwerindustrie, bestehend aus Kohle- und Eisenerzabbau, sowie der Verhüttung und der Stahlproduktion hatte. In dieser Monoindustrialisierung war das Ruhrgebiet allerdings sehr erfolgreich. Bis zum Jahre 1815 hatte sich Preußen das gesamte Ruhrgebiet einverleibt und führte überall seine Städteordnungen ein, wie 1834 in Dortmund. Durch diese Homogenität der rechtlichen Formen war es für die Unternehmer recht leicht sich zu organisieren, da sie auf keine Grenze achten mussten und in allen Städten und Orten der Region dieselben Gesetzmäßigkeiten vorfanden. Da der Bergbau im Ruhrgebiet bereits verbreitet war und es reiche Vorkommen an Kohle und Eisenerz gab, war der Bau der Erbstollen im 18. Jahrhundert, welche einen tieferen Abbau ermöglichten, nur eine logische Folge. Die Landwirtschaft wurde somit sehr rasch bedeutungslos für die Industrialisierung und wurde reduziert auf die Notwendigkeit, die Bevölkerung zu ernähren. Mit dem steigenden Bedarf an Kohle und Eisen für die Industrialisierung, insbesondere den Eisenbahn- und Maschinenbau, kamen weitere Stollen hinzu und die Region begann sich, wie bereits erwähnt, zu spezialisieren. Durch den Ausbau von Stollen und Hüttenwerken brauchte man Arbeiter, und die Menschen waren auf Grund der demographischen Veränderungen auf der Suche nach Arbeit. Einheimische wie Fremde, die aus den verschiedensten Provinzen des Kaiserreiches zuwanderten, aber auch Polen, Masuren, Iren und Niederländer zogen auf der Suche nach Arbeit in die Rheinprovinzen und entwickelte in dieser Region einen eigenen Lebensraum. Im Untersuchungszeitraum von 1870 bis 1914 befand sich diese Lebensraumrealisierung mitten in seinem sich bildenden Prozess. Die absoluten Bevölkerungszahlen des Ruhrgebietes haben sich von 1871 mit 723.867 Einwohnern bis zum Jahr 1905 auf 2.613.897 Einwohner erhöht. Das ist mehr als eine Verdreifachung der Bevölkerung, was eine hohe Urbanisierung und Förderung der benötigten Arbeitsplätze nach sich zog. Gleichzeitig sank die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von über 21.000 vor 1895 auf unter 18.000 im Jahre 1907, mit einer auch danach stetig fallenden Tendenz. Dabei kam es, was die Größe der Betriebe anbelangte, kaum zu Schwankungen. Betriebe zwischen 0,5-2ha machten stets rund 50% aller landwirtschaftlichen Betriebe aus. Eine Grundfläche von 2-5ha Land bzw. 5-20ha besaßen jeweils ca. 20% der landwirtschaftlichen Betriebe. Mehr als 20 ha Land hatten nur die restlichen rund 10% der Betriebe. Diese landwirtschaftliche Nutzfläche wurde nach und nach durch die Monoindustrie und die Urbanisierung beansprucht.
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