V Spiegelungen (S. 143-144)

14. Drei Wege zur Heilung

Ich bin der herkömmlichen Behandlung meiner Depressionen immer ausgewichen. Nach den ersten Erfahrungen mit Medikamenten zwischen 16 und 20 fürchtete ich, für immer zu jener Gruppe Menschen zu gehören, die abgestempelt sind, an einem psychischen Defekt zu leiden. Ich klammerte mich an die Hoffnung, hinter dieser unseligen Neigung verberge sich ein Geheimnis. Heute weiß ich, dass ich nach der Wandlungskraft suchte. Jede Krankheit hat zwei Aspekte. Sie ist einerseits ein Defekt, andererseits steckt im Zusammenbruch der gewohnten Art der Selbstverwirklichung die Chance einer Wandlung, einer tiefgreifenden Wandlung meines Wesens. Heilung kann ich auch finden, wenn ich die Metamorphose durchstehe, statt eine Reparatur des Defekts zu versuchen.

Bis heute habe ich den Eindruck, dass die Behandlungsmethoden der Medizin und der Psychologie eher auf die Wiederherstellung des früheren Zustandes abzielen, statt Unterstützung beim Durchstehen des Transformationsprozesses zu gewähren. Antidepressiva sollen die depressive Stimmung aufhellen, den Antrieb steigern. Die psychotherapeutische Aufarbeitung von psychischen Belastungen verfolgt dasselbe Ziel. Das Krankheits- und Menschenverständnis der Medizin und der Psychologie gebietet dem Arzt und dem Psychotherapeuten, den depressiven Menschen so schnell wie möglich von der Qual der Depressionen zu befreien und ihn in die alte Umgebung zu reintegrieren.

Depression als Wandlung, das würde ja bedeuten, den leidenden Menschen krank sein zu lassen, mit ihm oder ihr durch die Krankheit hindurchzugehen. Der Therapeut als Begleiter. In der Medizin und der Psychologie fehlen Wandlungskonzepte weitgehend. Ich musste demnach ein neues Verständnis der Depression wie auch der Behandlung erarbeiten. Die medizinischen und psychologischen Modelle der Depression gehen zwar auch von einem Vitalitätsmangel aus, sie haben aber kaum eigene Vorstellungen über die Dynamik der Kraft zwischen Mensch und der Welt entwickelt. Ebenso wird der Umweltrückzug als Kernsymptom der Depression festgestellt, aber weder gezeigt, wie sich der Mensch in Einheit mit der Welt verwirklicht noch eine Wirklichkeitsauffassung erarbeitet, die überhaupt einen Rückzug ermöglicht. Meine Verbündeten haben mir das Universum als Kraftfeld gezeigt.

Wir selbst, die Erde und alles, was ist, sind Verdichtungen der universellen Kraft. Wir sind Kraftpole, die sich nicht polar aufheben wie etwa der physikalische Nord- und Südpol, aber durch Kraftfelder miteinander verbunden sind. Die vier Elemente offenbarten sich mir als Schwellenkräfte. Jedes bringt die Kraft des Universums auf die ihm eigene Weise zur Wirkung. Unsere Zivilisation ist stark der Erdkraft verhaftet. Wir versuchen alles als materiellen Gegenstand wahrzunehmen. Wenn wir uns für das Feuer als verwirklichende Elementarkraft öffnen, gewahren wir das Leuchten der Gegenstände und Körper, unsere eigene Ausstrahlung. Wir gewahren aber auch, dass wir Menschen unsere Lebenskraft aus zwei Quellen nähren, aus der Sonne und der Erde. In der Finsternis der Erde leuchtet die Wurzel- oder Keimkraft des Lebens.

Aus der Sicht der Elementarkraft Feuer ist auch die Seele selbst nicht länger ein imaginärer Festkörper im Inneren des physischen Körpers. Sie erscheint als leuchtender Kraftpol. Sie ist die leuchtende Essenz der Lebenskraft, die Kraft unserer Ausstrahlung. In der Depression leuchtet die Seele schwach und wie ein Streulicht. Die Kraft unserer Selbstmanifestation, mit der wir uns jeden Augenblick als eigenes Wesen verwirklichen und in die Zukunft streben, ist die Seelenglut.Sie ist die Kraft unserer Lebensabsicht und unseres Lebensentwurfes.