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E-Book

Römische Geschichte, Band 5

Vollständige Ausgabe

AutorTheodor Mommsen
VerlagJazzybee Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl589 Seiten
ISBN9783849614959
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Römische Geschichte: Mommsens berühmtestes Werk erschien von 1854 bis 1856 in drei Bänden und schilderte die Geschichte Roms bis zum Ende der römischen Republik und der Herrschaft Caesars, den Mommsen als genialen Staatsmann darstellte. Die politischen Auseinandersetzungen vor allem der späten Republik werden auch in der Terminologie mit den politischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts (Nationalstaat, Demokratie) verglichen. Das engagiert geschriebene Werk gilt als Klassiker der Geschichtsschreibung. (aus wikipedia.de) Dies ist Buch 5, Die Begründung der Militärmonarchie. Inhalt: Marcus Lepidus und Quintus Sertorius Die Sullanische Restaurationsherrschaft Der Sturz der Oligarchie und die Herrschaft des Pompeius Pompeius und der Osten Der Parteienkampf während Pompeius' Abwesenheit Pompeius' Rücktritt und die Koalition der Prätendenten Die Unterwerfung des Westens Pompeius' und Caesars Gesamtherrschaft Crassus' Tod. Der Bruch der Gesamtherrscher Brundisium, Ilerda, Pharsalos und Thapsus Die alte Republik und die neue Monarchie Religion, Bildung, Literatur und Kunst

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Leseprobe

 


Als nach Unterdrückung der den Senat in seiner Existenz bedrohenden Cinnanischen Revolution es der restaurierten Senatsregierung möglich ward, der inneren und äußeren Sicherheit des Reiches wiederum die erforderliche Aufmerksamkeit zu widmen, zeigten sich der Angelegenheiten genug, deren Lösung nicht verschoben werden konnte, ohne die wichtigsten Interessen zu verletzen und gegenwärtige Unbequemlichkeiten zu künftigen Gefahren anwachsen zu lassen. Abgesehen von der sehr ernsten Verwicklung in Spanien war es schlechterdings notwendig teils die Barbaren in Thrakien und den Donauländern, die Sulla bei seinem Marsch durch Makedonien nur oberflächlich hatte züchtigen können, nachhaltig zu Paaren zu treiben und die verwirrten Verhältnisse an der Nordgrenze der griechischen Halbinsel militärisch zu regulieren, teils den überall, namentlich aber in den östlichen Gewässern herrschenden Flibustierbanden gründlich das Handwerk zu legen, teils endlich in die unklaren kleinasiatischen Verhältnisse eine bessere Ordnung zu bringen. Der Friede, den Sulla im Jahre 670 (84) mit König Mithradates von Pontos abgeschlossen hatte und von dem der Vertrag mit Murena 673 (81) wesentlich eine Wiederholung war, trug durchaus den Stempel eines notdürftig für den Augenblick hergestellten Provisoriums; und das Verhältnis der Römer zu König Tigranes von Armenien, mit dem sie doch faktisch Krieg geführt hatten, war in diesem Frieden ganz unberührt geblieben. Mit Recht hatte Tigranes darin die stillschweigende Erlaubnis gefunden, die römischen Besitzungen in Asien in seine Gewalt zu bringen. Wenn dieselben nicht preisgegeben bleiben sollten, war es notwendig in Güte oder Gewalt mit dem neuen Großkönig Asiens sich abzufinden.

 

Betrachten wir, nachdem in dem vorhergehenden Kapitel die mit dem demokratischen Treiben zusammenhängende Bewegung in Italien und Spanien und deren Überwältigung durch die senatorische Regierung dargestellt wurde, in diesem das äußere Regiment, wie die von Sulla eingesetzte Behörde es geführt oder auch nicht geführt hat.

 

Man erkennt noch Sullas kräftige Hand in den energischen Maßregeln, die in der letzten Zeit seiner Regentschaft der Senat ungefähr gleichzeitig gegen die Sertorianer, gegen die Dalmater und Thraker und gegen die kilikischen Piraten verfügte.

 

Die Expedition nach der griechisch-illyrischen Halbinsel hatte den Zweck, teils die barbarischen Stämme botmäßig oder doch zahm zu machen, die das ganze Binnenland vom Schwarzen bis zum Adriatischen Meere durchstreiften und unter denen vornehmlich die Besser (im großen Balkan), wie man damals sagte, selbst unter den Räubern als Räuber verrufen waren, teils die namentlich im dalmatischen Litoral sich bergenden Korsaren zu vernichten. Wie gewöhnlich ging der Angriff gleichzeitig von Dalmatien und von Makedonien aus, in welcher letzteren Provinz ein Heer von fünf Legionen hierzu gesammelt ward. Der gewesene Prätor Gaius Cosconius, welcher in Dalmatien den Befehl führte, durchstreifte das Land nach allen Richtungen und erstürmte nach zweijähriger Belagerung die Festung Salona. In Makedonien versuchte der Prokonsul Appius Claudius (676 bis 678 78-76) zunächst sich an der makedonisch-thrakischen Grenze der Berglandschaften am linken Ufer des Karasu zu bemeistern. Von beiden Seiten ward der Krieg mit arger Wildheit geführt; die Thraker zerstörten die eroberten Ortschaften und metzelten die Gefangenen nieder und die Römer vergalten Gleiches mit Gleichem. Ernstliche Erfolge aber wurden nicht erreicht; die beschwerlichen Märsche und die beständigen Gefechte mit den zahlreichen und tapferen Gebirgsbewohnern dezimierten nutzlos die Armee; der Feldherr selbst erkrankte und starb. Sein Nachfolger Gaius Scribonius Curio (679-681 75-73) wurde durch mancherlei Hindernisse, namentlich auch durch einen nicht unbedeutenden Militäraufstand bewogen, die schwierige Expedition gegen die Thraker fallen zu lassen und dafür sich nach der makedonischen Nordgrenze zu wenden, wo er die schwächeren Dardaner (in Serbien) unterwarf und bis an die Donau gelangte. Erst der tapfere und fähige Marcus Lucullus (682, 683 72, 71) rückte wieder gegen Osten vor, schlug die Besser in ihren Bergen, nahm ihre Hauptstadt Uscudama (Adrianopel) und zwang sie, der römischen Oberhoheit sich zu fügen. Der König der Odrysen, Sadalas, und die griechischen Städte an der Ostküste nördlich und südlich vom Balkangebirge: Istropolis, Tomoi, Kallatis, Odessos (bei Varna), Mesembria und andere, wurden abhängig von den Römern; Thrakien, von dem die Römer bisher kaum mehr inne gehabt hatten als die attalischen Besitzungen auf dem Chersones, ward jetzt ein freilich wenig botmäßiger Teil der Provinz Makedonien.

 

Aber weit nachteiliger als die immer doch auf einen geringen Teil des Reiches sich beschränkenden Raubzüge der Thraker und Dardaner war für den Staat wie für die einzelnen die Piraterie, die immer weiter um sich griff und immer fester sich organisierte. Der Seeverkehr war auf dem ganzen Mittelmeer in ihrer Gewalt. Italien konnte weder seine Produkte aus-, noch das Getreide aus den Provinzen einführen; dort hungerten die Leute, hier stockte wegen Mangels an Absatz die Bestellung der Getreidefelder. Keine Geldsendung, kein Reisender war mehr sicher; die Staatskasse erlitt die empfindlichsten Verluste; eine große Anzahl angesehener Römer wurde von den Korsaren aufgebracht und mußte mit schweren Summen sich ranzionieren, wenn es nicht gar den Piraten beliebte, an einzelnen derselben das Blutgericht zu vollstrecken, das dann auch wohl mit wildem Humor gewürzt ward. Die Kaufleute, ja die nach dem Osten bestimmten römischen Truppenabteilungen fingen an, ihre Fahrten vorwiegend in die ungünstige Jahreszeit zu verlegen und die Winterstürme weniger zu scheuen als die Piratenschiffe, die freilich selbst in dieser Jahreszeit doch nicht ganz vom Meere verschwanden. Aber wie empfindlich die Sperrung der See war, sie war eher zu ertragen als die Heimsuchung der griechischen und kleinasiatischen Inseln und Küsten. Ganz wie später in der Normannenzeit liefen die Korsarengeschwader bei den Seestädten an und zwangen sie, entweder mit großen Summen sich loszukaufen, oder belagerten und stürmten sie mit gewaffneter Hand. Wenn unter Sullas Augen nach geschlossenem Frieden mit Mithradates Samothrake, Klazomenä, Samos, Iassos von den Piraten ausgeraubt wurden (670 84), so kann man sich denken, wie es da zuging, wo weder eine römische Flotte noch ein römisches Heer in der Nähe stand. All die alten reichen Tempel an den griechischen und kleinasiatischen Küsten wurden nach der Reihe geplündert; allein aus Samothrake soll ein Schatz von 1000 Talenten (1500000 Talern) weggeführt worden sein. Apollon, heißt es bei einem römischen Dichter dieser Zeit, ist durch die Piraten so arm geworden, daß er, wenn die Schwalbe bei ihm auf Besuch ist, aus all seinen Schätzen auch nicht ein Quentchen Gold mehr ihr vorzeigen kann. Man rechnete über vierhundert von den Piraten eingenommene oder gebrandschatzte Ortschaften, darunter Städte wie Knidos, Samos, Kolophon; aus nicht wenigen früher blühenden Insel- und Küstenplätzen wanderte die gesamte Bevölkerung aus, um nicht von den Piraten fortgeschleppt zu werden. Nicht einmal im Binnenland mehr war man vor denselben sicher; es kam vor, daß sie ein bis zwei Tagemärsche von der Küste belegene Ortschaften überfielen. Die entsetzliche Verschuldung, der späterhin alle Gemeinden im griechischen Osten erliegen, stammt großenteils aus diesen verhängnisvollen Zeiten. Das Korsarenwesen hatte seinen Charakter gänzlich verändert. Es waren nicht mehr dreiste Schnapphähne, die in den kretischen Gewässern zwischen Kyrene und dem Peloponnes – in der Flibustiersprache dem "goldenen Meer" – von dem großen Zug des italisch-orientalischen Sklaven- und Luxushandels ihren Tribut nahmen; auch nicht mehr bewaffnete Sklavenfänger, die "Krieg, Handel und Piraterie" ebenmäßig nebeneinander betrieben, es war ein Korsarenstaat mit einem eigentümlichen Gemeingeist; mit einer festen, sehr respektablen Organisation, mit einer eigenen Heimat und den Anfängen einer Symmachie, ohne Zweifel auch mit bestimmten politischen Zwecken. Die Flibustier nannten sich Kiliker; in der Tat fanden auf ihren Schiffen die Verzweifelten und Abenteurer aller Nationen sich zusammen: die entlassenen Söldner von den kretischen Werbeplätzen, die Bürger der vernichteten Ortschaften Italiens, Spaniens und Asiens, die Soldaten und Offiziere aus Fimbrias und Sertorius' Heeren, überhaupt die verdorbenen Leute aller Nationen, die gehetzten Flüchtlinge aller überwundenen Parteien, alles was elend und verwegen war – und wo war nicht Jammer und Frevel in dieser unseligen Zeit? Es war keine zusammengelaufene Diebesbande mehr, sondern ein geschlossener Soldatenstaat, in dem die Freimaurerei der Ächtung und der Missetat an die Stelle der Nationalität trat und innerhalb dessen das Verbrechen, wie so oft, vor sich selbst sich rettete in den hochherzigsten Gemeinsinn. In einer zuchtlosen Zeit, wo Feigheit und Unbotmäßigkeit alle Bande der gesellschaftlichen Ordnung erschlafft hatten, mochten die legitimen Gemeinwesen sich ein Muster nehmen an diesem Bastardstaat der Not und Gewalt, in den allein von allen das unverbrüchliche Zusammenstehen, der kameradschaftliche Sinn, die Achtung vor dem gegebenen Treuwort und den selbstgewählten Häuptern, die Tapferkeit und die Gewandtheit sich geflüchtet zu haben schienen. Wenn auf der Fahne dieses Staats die Rache an der bürgerlichen Gesellschaft geschrieben war, die, mit Recht oder mit Unrecht, seine Mitglieder von sich ausgestoßen hatte, so ließ sich darüber streiten, ob diese Devise viel schlechter war als die der italischen Oligarchie und des orientalischen...

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