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E-Book

Rügen

Die Geschichte einer Insel

AutorFritz Petrick
VerlagMurmann Publishers
Erscheinungsjahr2017
ReiheWissen im Norden 
Seitenanzahl96 Seiten
ISBN9783529092305
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis0,99 EUR
Auf Deutschlands größter Insel lebten schon Steinzeitmenschen - kein Wunder, denn hier gab es Feuersteine in Massen. Heute weiß man die Landschaft Rügens noch aus vielen anderen Gründen zu schätzen: Berühmt sind die strahlend weiße Kreidefelsenküste und der Buchwald in Deutschlands kleinstem Nationalpark Jasmund. Dazu das UNESCO-Biosphärenreservat Südostrügen, die Westrügener Bodden gehören zum Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft. Interesse verdient Rügen auch als Kulturlandschaft mit einer bisher kaum bekannten aber faszinierenden Geschichte. Die Insel war Heimat der slawischen Ranen, stand unter der Lehnsherrschaft pommerscher Herzöge, dänischer und schwedischer Könige, war Teil Preußens und der DDR.

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Leseprobe

2. Entstehung und Gestaltung der Insellandschaft


Die für Rügen charakteristische Kreide ist in der letzten Periode des Erdmittelalters, der Kreidezeit, entstanden und an die 70 Mio. Jahren alt. Überreste abgestorbener Planktonorganismen (Coccolithen) sowie von Arm- und Kopffüßern (»Donnerkeile«) bildeten auf damaligem Meeresgrund ein ausgedehntes und bis zu 500 m mächtiges Sediment, das später infolge tektonischer Bewegungen in verschiedengroße Schollen zerbrach, die emporgehoben wurden und trocken fielen. Mit vereinzelten Hochlagen wie Jasmund, Arkona und Møn besaß diese kreidezeitliche Landoberfläche ein ausgeprägtes Relief, das im folgenden Eiszeitalter (Pleistozän) den aus dem Norden vordringenden Inlandeis Bewegungsbahnen vorgegeben hat.

Das Eiszeitalter währte insgesamt etwa 300 000–500 000 Jahre. Das Eis schob massenhaft Gesteine mit sich. Sie sind auf ihrem Weg in Stücke gebrochen, wurden glatt und rund geschliffen oder zermahlen. Dieser Geschiebemergel blieb, wenn das Eis wegtaute, als Ablagerung auf der kreidezeitlichen Landoberfläche zurück. Immer wenn erneute Gletschervorstöße erfolgten, wurde der Geschiebemergel wiederum abgetragen, mitbewegt und mit weiterem Gesteinsschutt angereichert. Das Sediment erlangte auf diese Weise bei erheblichen örtlichen Unterschieden eine mittlere Mächtigkeit von 50 m. Da das Sediment die Kreide überlagert, findet diese sich im Norden Hiddensees erst in einer Tiefe von 50 m unter NN.

Als das nordische Inlandeis das Gebiet der späteren Insellandschaft vor etwa 13 000 Jahren endgültig freigab, hinterließ es mit Lehm und Sand vor allem auch Steine, darunter riesige Brocken. Steine mit einem Volumen von über 1 m3 heißen Findlinge. Der mit Abstand größte bisher in Norddeutschland ausgemachte Findling liegt 350 m nördlich vom Nordperd in der Ostsee. Hier ragt er bei einer Meerestiefe von 6 m noch 1,5 m aus dem Wasser. Dieser »Buskam« hat nach jüngster Vermessung eine Masse von 550 t und ein Volumen von 206 m3. Wie die meisten Findlinge ist dieser Bornholmer Granitbrocken vom Eis nur über eine relativ kurze Strecke transportiert worden (ca. 150 km). Mindestens 100 km mehr dürfte der aus Karlshamn-Granit bestehende viertgrößte Findling Rügens zurückgelegt haben, der »Söbenschniedersteen«, der etwa 30 m vor dem Kliff des Gellort am Strand liegt und dort den nördlichsten Punkt Rügens markiert. Er wird auf eine Masse von über 165 t und ein Volumen von über 60 m3 geschätzt.

Den Gletschern des Eiszeitalters verdankt Rügen sein markant gestaltetes Relief. In seiner Bewegung von Nordost nach Südwest wurde das nordische Inlandeis von dem aus wesentlich älterem und festerem Gestein bestehenden Hochgebiet Bornholms und dem steil aufragenden Kreideblock Jasmunds in zwei mächtige Ströme geteilt, den Belt- und den Oder-Eisstrom. Das Relief des zwischen ihnen ausgespart bleibenden Bereichs, veränderten sie kaum, zumal die letzten Vorstöße der Gletscher in der Ältesten Tundrenzeit (Dryas I, vor 14 000–13 000 Jahren) nur noch den Norden und Osten Rügens betrafen. Wie der Belt-Eisstrom im Norden vor Wittow so stieß der Oder-Eisstrom im Südosten Muttlands auf ein – allerdings weniger großes – Hindernis. Die davor wiederholt abgelagerten Geschiebe wurden zu einem ganzen Komplex großer Stauchmoränen verpresst. Auf der nunmehr weit landeinwärts gelegenen und mit 107 m höchsten Erhebung der Granitz, dem Tempelberg, hat Malte, Fürst und Herr zu Putbus (1783–1854), in den Jahren 1838–46 ein repräsentatives Jagdschloss im Stil der Tudorgotik mit einem weithin sichtbaren 38 m hohen Mittelturm errichten lassen, das zum kulturgeschichtlich dominierenden Wahrzeichen Rügens geworden ist.

Als weitere, Rügens Relief in besonderem Maße prägende Stauchmoränen, haben die Gletscher der »Nordrügen-Staffel« mit ihren insgesamt fünf südwestwärts ausgreifenden Vorstößen den Dornbusch auf Hiddensee, die bis zu 45 m hohen Banzelvitzer Berge am Westufer des Großen Jasmunder Boddens, die Hügel um Bergen mit dem 91 m hohen Rugard und um Putbus sowie Nordperd und Südperd geschaffen. Die Banzelvitzer Berge und die Hügel um Bergen bestehen aus Geschiebemergel, der vom zwischen Wittow und Jasmund bzw. zwischen Jasmund und Granitz vorgedrungenen Gletschereis (Tromper bzw. Prorer Gletscherlobus) zu Endmoränen gestaucht wurde. Südlich der Granitz konnte das Gletschereis (Mönchguter Gletscherlobus) zwar weniger gehindert vordringen, aber dabei teilte es sich in einzelne Gletscherzungen auf. Zwischen sich formten sie die langgestreckten Endmoränenrücken, die jetzt auffallend weit in den Rügischen bzw. Greifswalder Bodden hineinragen.

Die Bodden existierten zu jenen Zeiten freilich noch nicht. Nachdem die Eiszeit für die heutige Insellandschaft allmählich geendet hatte, existierten hier als Gewässer allein Schmelzwasser-Seen und -Rinnen. Das insgesamt relativ hochgelegene Gebiet gehörte ebenso wie die dänischen Inseln einschließlich Bornholm zum ganz allmählich absinkenden Festland. Lediglich bis Møn erstreckte sich der vor etwa 12 000 Jahren entstandene und weit ausufernde Baltische Eisstausee. Aus ihm ist dann über mehrere Zwischenstadien die heutige Ostsee hervorgegangen, die im Laufe ihrer Entwicklung zunächst den Archipel und dann die Insel Rügen mit ihren Bodden geschaffen hat und Rügens Küste auch weiterhin gestaltet.

Infolge des vor etwa 7900 Jahren einsetzenden Ansteigens des Meeresspiegels dehnte sich die Ostsee aus. Vor etwa 5700 Jahren hatte sie vor Rügen eine Küstenlinie erreicht, die etwa 13 m unterhalb der heutigen und entsprechend weiter seewärts vom Dornbusch über Wittow, Jasmund und die Granitz bis zum Nordperd verlief. Als der Meeresspiegel vor etwa 3900 Jahren auf sein heutiges Niveau angestiegen war, ragten nur noch höher gelegene Teile der Landschaft darüber hinaus: der Dornbusch, Wittow und Jasmund, ein Territorium, das sich damals noch vom Gebiet der Fährinsel und dem noch weit nach Westen ausgreifenden Ummanz bis zur Granitz im Osten erstreckte, sowie die Insel Vilm und die Gruppe der kleinen Inseln zwischen Nordperd und Südperd. Letztere sollten in der Folge mit der Granitz und miteinander zu Mönchgut zusammenwachsen. Da die Ostsee zudem das tiefe Schmelzwassertal des Strelasunds geflutet hatte, war Muttland zu einer relativ weitläufigen Insel und Rügen insgesamt zu einem Archipel geworden.

An dessen Steilküsten nagt seither die See, wie sich an den aktiven Kliffs des Dornbuschs, Wittows, Jasmunds, der Granitz und Mönchguts beobachten lässt. Dort rutschen und stürzen hoch anstehende Geschiebemergel und Kreide hinab auf den Strand. Immer wieder kommt es zu spektakulären Abbrüchen ganzer Formationen. Steine, von denen die Brandung nur die kleinsten etwas bewegen kann, bleiben auf dem Strand liegen. Mehr oder minder große Brocken gestalten ihn zu einem Blockstrand. Feinkörniges Material wird vom Wellenschlag sukzessive in Strömungsrichtung versetzt, bis es abgelagert werden kann. Auf diese Weise erhielten die Inselkerne Sandhaken und die Inseln verbindende Nehrungen.

Aus vom Inselkern Dornbusch abgetragenen Material ist die insel Hiddensee entstanden, die übrigens von den Wikingern Hithims öe (=Insel) genannt wurde. Noch 1923 hieß sie offiziell Hiddensöe. Das dem Inselkern südwärts wieder angelagerte Material bildete zunächst die Sandfläche der Dünenheide und anschließend mit dem Gellen ein Sandhaken, der im Lauf von 1500 Jahren bis heute eine Länge von 5 km erreicht hat und sich wohl noch weiter nach Süden ausgedehnt hätte, wenn die Fahrrinne der Stralsunder Westansteuerung nicht durch Baggerarbeiten offengehalten würde.

Ohne regelmäßiges Freispülen der Stralsunder Nordansteuerung hätten Sandhaken auch Hiddensee mit Wittow verbunden. Dort existierte längst Rügens größter Sandhaken (der Bug), als am Nordostende des Dornbuschs vor etwa 500 Jahren ein erster und seit 1890 ein zweiter Sandhaken zu entstehen begannen. Alter und Neuer Bessin sind heute beide über 3 km lang und dem über 8 km langen und bis zu 1,5 km breiten Bug recht nahe gekommen. Dem Inselkern Wittow hat der Wellenschlag der Ostsee außer dem Bug im Südwesten noch einen zweiten Sandhaken im Südosten angelagert. Der wuchs zur Schaabe genannten Nehrung, die Wittow mit Jasmund verbindet und den Großen Jasmunder Bodden von der Tromper Wiek trennt. Die früher Schmale Wittower Heide genannte Schaabe ist immerhin 1,2 km lang und bis zu 1,2 km breit. Als Schmale Heide wird die Nehrung bezeichnet, die Jasmund mit der Granitz – mithin Muttland – verbunden und den Kleinen Jasmunder Bodden von der Prorer Wiek abgetrennt hat. Sie ist 9,5 km lang und bis zu 2 km breit. Die Granitz wiederum wurde durch die zwar nur 2 km lange aber bis zu 3 km breite und Baaber Heide genannte Nehrung mit Mönchgut verbunden. Mönchguts kleine Inselkerne sind durch insgesamt 8 km lange Nehrungen miteinander...

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