Noch nie hatten so viele Menschen Bluthochdruck wie heute. Der „stille Killer“ gilt heute als Todesursache Nummer eins. Zum Glück lässt sich die Zivilisationskrankheit mittlerweile auf vielfältige Weise erfolgreich behandeln.
Es kann jeden treffen. 30 bis 40 Prozent der Erwachsenen leiden in Deutschland unter Bluthochdruck. Bei den über 60-Jährigen steigt die Rate sogar auf bis zu 80 Prozent an. Damit ist die Hypertonie, so der medizinische Fachausdruck, die Todesursache Nummer eins. Der Druck in den Gefäßen ist höchst gefährlich. Experten schätzen, dass etwa 150 000 Todesfälle pro Jahr auf die Folgen der Erkrankung zurückzuführen sind. Dazu gehören Herzgefäßerkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall und Nierenversagen. Bluthochdruck kostet demnach mehr Menschen das Leben als Rauchen, Alkohol und starkes Übergewicht. Das Tückische: Wir merken Jahre, manchmal auch Jahrzehnte lang nichts. Deshalb wird Hypertonie auch als „stiller Killer“ bezeichnet. Kommt es zu ersten erkennbaren Anzeichen wie Herzrasen, Schwindel oder Kopfschmerzen, ist der Bluthochdruck schon weit fortgeschritten. Deshalb sollte bei Vorsorgeuntersuchungen immer der Blutdruck gemessen werden.
Jeder kann gegensteuern
Auch wenn die Erkrankung bereits bekannt ist, heißt das noch nicht, dass die Betroffenen optimal versorgt sind. Jeder zweite Patient wird nicht ausreichend behandelt, obwohl dies heute leichter ist als früher. Dafür stehen nicht nur mehr als 500 Medikamente zur Verfügung, auch die Erkenntnisse über die Zusammenhänge zwischen Bluthochdruck und Lebensstil haben entscheidend zugenommen. Wir wissen heute, dass es möglich ist, einen Großteil der Patienten ohne Medikamente zu behandeln. Viele Menschen könnten ihren Hochdruck mit einer Ernährungsumstellung senken. Diese Erkenntnis ist wichtig, denn Bluthochdruck wird aufgrund des demografischen Wandels weiter zunehmen. Je älter wir werden, desto mehr Menschen sind betroffen. Obwohl es Hypertonie schon immer gegeben haben dürfte, waren noch nie so viele Menschen daran erkrankt wie heute. Wer gesund alt werden möchte, sollte daher rechtzeitig gegensteuern. Das ist zum Glück nicht schwierig, wenn Sie ein paar Lebensgewohnheiten ändern.
Was treibt den Druck in die Höhe?
Die meisten gesundheitlichen Probleme, die zu Bluthochdruck führen, hängen mit unserer Lebensweise zusammen. Das beginnt bei der Ernährung. Für ein gesundes Leben brauchen wir nicht viel. Wenn Sie sich den Überfluss ansehen, in dem wir leben, erscheint es geradezu erschütternd, wie viel davon gar nicht nötig wäre und mehr schadet als nutzt. Statt einer gesunden, natürlichen Kost mit viel Gemüse und Obst essen wir Fast Food, Fertiggerichte, Süßes und fettreiches Fleisch – einfach weil es schmeckt. Und das auch noch im Übermaß. Außerdem trinken wir zu viel zuckerhaltige Getränke und Alkohol, was zusätzlich das Übergewicht fördert. Die Folge: Die Hälfte aller Frauen, zwei Drittel aller Männer und ein Drittel der Jugendlichen sind in Deutschland übergewichtig, viele davon mit Tendenz zur Fettleibigkeit. Fast drei Viertel aller Bluthochdruck-Erkrankungen bei Erwachsenen sind auf Adipositas zurückzuführen.
Gefahr durch ständige Anspannung
Während wir mehr als genug zu essen haben, mangelt es uns an Bewegung. Im modernen Alltag besteht für die meisten keine Notwendigkeit mehr, sich körperlich zu betätigen. Wir müssen uns dazu aufraffen. Bewegungsmangel ist neben der Ernährung ein weiterer Grund für Hochdruck. Zusätzlich gibt es noch ein anderes Phänomen der Neuzeit, das den Blutdruck in die Höhe treibt. Das ist Zeitmangel. Vielleicht wird Zeit in Zukunft das höchste Gut der westlichen Welt sein. Ständig hören wir „Ich habe keine Zeit“, „Ich muss los“, „Ich kann nicht warten“. Eine Pflicht jagt die andere und alle zusammen den Menschen. Wir essen beim Gehen oder Autofahren, um Zeit zu sparen. Durch diese ständige Anspannung wird das vegetative Nervensystem dauerhaft erregt. Die Arterien in der Peripherie des Körpers verengen sich. Dadurch steigt der Widerstand und in Folge auch der Blutdruck. Stress verursacht Hypertonie.
Was ist mmHg?
Ärzte messen den Druck in den Blutgefäßen in mmHg. Diese Abkürzung steht für die Höhe in Millimetern, die eine Quecksilbersäule beim Messen anzeigt. Ein mmHg ist der Druck, der die Quecksilbersäule einen Millimeter in die Höhe treibt. Der Blutdruck schwankt tagsüber ständig – abhängig davon, was wir tun und zu welcher Tageszeit gemessen wird.
Rauchen und Salzkonsum
Beim Rauchen hingegen hat sich in den letzten Jahren eine erfreuliche Entwicklung abgezeichnet. Es wird weniger geraucht. Und das ist gut so, denn Nikotin und andere Schadstoffe regen Stresshormone an, was den Gefäßwiderstand und den Blutdruck erhöht. Außerdem wird durch die Schadstoffe die Innenhaut der Blutgefäße geschädigt, was zu Arteriosklerose führt. Es werden also zahlreiche Mechanismen ausgelöst, die den Blutdruck erhöhen. Da wir uns zunehmend mit Fertigessen ernähren, ist die Kontrolle über den Salzkonsum schwierig geworden. Während der Körper nur 3 bis 4 Gramm täglich braucht, essen Erwachsene im Durchschnitt 10 bis 15 Gramm, was zwei bis drei Teelöffel sind. Zur Orientierung: Zwei Scheiben Brot enthalten 1 Gramm Kochsalz. Bei mehr als 6 Gramm nimmt das Blutvolumen zu, der Druck steigt.
Die Kraft des Blutdrucks
Wie spüren wir, was in unseren Gefäßen passiert? Stellen Sie sich vor: Sie werden nachts wach, weil das Telefon klingelt. Sie springen auf, versuchen hinzueilen – und plötzlich wird Ihnen schwindelig. Da stimmt doch etwas nicht. Genau, der Blutdruck macht Ihnen Probleme. Sie sind zu schnell aufgestanden und haben damit Unmögliches verlangt. Die Kraft des Blutdrucks reicht nicht aus, um das Blut gegen die Schwerkraft in den Kopf zu befördern. Instinktiv tun Sie genau das Richtige: Sie setzen sich aufs Bett, warten, bis die Durchblutung wieder stimmt, und laufen dann erst zum Telefon. Andernfalls könnten Sie das Bewusstsein verlieren. Der Wechsel vom Liegen zum Stehen führt nämlich zu einer Umverteilung des Blutvolumens, die einigen Aufwand erfordert. Bis zu 600 Milliliter Blut fließen zusätzlich in die Beingefäße. Der Kreislauf muss das regulieren, indem er die Herzfrequenz steigert, die Gefäße verengt und Stresshormone ausschüttet.
Die 24-Stunden-Messung
Wenn Ihr Hausarzt oder Kardiologe eine 24-Stunden-Blutdruckmessung (auch Langzeit-Blutdruckmessung genannt) für sinnvoll hält, bekommen Sie eine Manschette, die tagsüber jede Viertel- und nachts jede halbe Stunde automatisch den Blutdruck misst. Dafür müssen Sie nicht ins Krankenhaus. Ein kleines tragbares Gerät zeichnet die gemessenen Werte auf, sodass der Arzt sie auswerten kann. Sinnvoll ist es, wenn Sie am Tag der Messung aufschreiben, was sie wann gemacht haben – zum Beispiel Sport getrieben, großen Stress gehabt, Entspannungsübungen gemacht oder Ähnliches. Das erleichtert die Auswertung. Im Ergebnis sollte der durchschnittliche Wert nicht über 135/80 mmHg liegen. In der Nacht sollten die Werte um zehn bis 20 Prozent gegenüber den Tageswerten abfallen. In der Medizin sprechen wir dann von „Dipping“.
Druck und Sog zugleich
Das Blut im Körper macht jede Bewegung mit. Es benötigt dabei Druck und Sog zugleich. Das Zusammenspiel von Blutvolumen, Herztätigkeit und Spannungszustand der Blutgefäße bestimmt den Blutdruck. Wie dieses Zusammenspiel verläuft, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Das kennen wir alle. Passiert etwas Bedrohliches, Aufregendes oder Angstmachendes, sorgen Hormone dafür, dass sich die Herzfrequenz erhöht und die kleinen Blutgefäße sich gleichzeitig verengen. Die Blutmenge, die aus dem Herzen gepresst wird, steigt an und das Herz muss kräftiger schlagen. Der Organismus muss den Druck erhöhen, um die Blutzirkulation zu gewährleisten. Das passiert häufig nach körperlichen Anstrengungen, kann aber auch seelisch bedingt sein. Ob im Beruf oder privat – wer oft über längere Zeit sprichwörtlich unter Druck steht und diesen nicht auf gesunde Weise abbauen kann, neigt auch zu Bluthochdruck.
Wie stark die Seele auf den Blutdruck wirkt, zeigt sich beim sogenannten Weißkitteleffekt. Dabei steigt der Blutdruck, sobald der Patient seinen Arzt mit dem Blutdruckmessgerät erblickt. Studien haben gezeigt, dass die Höhe des Blutdrucks auch davon abhängt, wer ihn misst. Die Werte, die der Arzt ermittelt, liegen oft über den selbst gemessenen.
Das kann dazu führen, dass manche Menschen mit ganz normalem Blutdruck plötzlich gefährlich hohe Werte haben oder andere, die sonst unter zu niedrigem Blutdruck leiden, sich auf einmal im normalen Bereich bewegen. Da das Phänomen bei Ärzten bekannt ist, muss niemand Angst vor einer falschen Diagnose haben. Mit einer 24-Stunden-Messung oder einem Messgerät zu Hause lassen sich die Werte unabhängig von weißen Kitteln darstellen.
Höhepunkt am frühen Nachmittag
Auch die Temperatur hat einen Einfluss auf den Blutdruck. Bei Wärme weiten sich die Blutgefäße, der Widerstand sinkt und der Blutdruck fällt. Bei Kälte geschieht das Gegenteil. Bei schwerer körperlicher Arbeit und beim Sport steigt der Blutdruck durch die Muskelaktivität. Im Stehen muss das Blut entgegen der Schwerkraft zum Gehirn befördert werden. Im Liegen ist die dafür zu leistende Arbeit deutlich geringer. Der Blutdruck arbeitet im 24-Stunden-Rhythmus: Am Nachmittag gegen 15 Uhr erreicht er seinen Höchstwert, nachts um...