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Außenwelt, Innenwelt
Die meisten von uns begeben sich auf den Weg des inneren Wachstums, weil an irgendeinem Punkt die Last unseres Schmerzes unerträglich wird. In Die dunkle Seite der Lichtjäger geht es darum, den Aspekt von uns zu demaskieren, der unsere Beziehungen zerstört, unseren Geist tötet und uns daran hindert, unsere Träume zu erfüllen. Es ist das, was der Psychologe C. G. Jung den Schatten genannt hat. Er enthält alle Teile von uns, die wir versucht haben zu verstecken oder zu verleugnen. Er enthält jene dunklen Aspekte, von denen wir glauben, daß sie für unsere Familie, unsere Freunde und vor allem für uns selbst nicht akzeptabel sind. Die dunkle Seite ist tief in unser Bewußtsein hinabgedrückt, verborgen vor uns selbst und anderen. Die Botschaft, die wir von diesem verborgenen Ort bekommen, ist einfach: Irgend etwas stimmt nicht mit mir. Ich bin nicht in Ordnung. Ich bin nicht liebenswert. Ich verdiene nichts. Ich bin nichts wert.
Viele von uns glauben diese Botschaften. Wir glauben, daß wir etwas Schreckliches finden werden, wenn wir aus der Nähe betrachten, was da in der Tiefe schlummert. Wir vermeiden es, allzu lange und genau hinzuschauen, weil wir fürchten, dort jemanden zu entdecken, mit dem wir nicht leben können. Wir haben Angst vor uns selbst. Wir fürchten uns vor jedem Gedanken und jedem Gefühl, das wir jemals verdrängt haben. Viele von uns haben sich von dieser Angst so sehr abgekoppelt, daß wir sie nur noch als Reflexion wahrnehmen. Wir projizieren sie in die Welt, auf unsere Familien und Freunde und auf Fremde. Unsere Angst sitzt so tief, daß wir sie entweder verstecken oder verleugnen müssen. Wir werden zu großen Schwindlern, die sich selbst und andere betrügen. Darin werden wir so gut, daß wir ganz vergessen, daß wir Masken tragen, um unser authentisches Selbst zu verbergen. Wir glauben, wir seien unser Körper und unser Verstand. Selbst nach Jahren des Scheiterns von Beziehungen, Karriere, Schlankheitskuren und Träumen fahren wir fort, diese unangenehmen inneren Botschaften zu unterdrücken. Wir sagen uns, wir sind in Ordnung, und die Dinge werden schon besser werden. Wir legen Scheuklappen an und stecken Stöpsel in die Ohren, um die Geschichten am Leben zu halten, die wir uns innerlich ständig erzählen. Ich bin nicht in Ordnung. Ich bin nicht liebenswert. Ich verdiene nichts. Ich bin nichts wert.
Anstatt zu versuchen, unseren Schatten zu unterdrücken, müssen wir die Dinge, vor denen wir am meisten Angst haben, offenlegen, sie uns aneignen und liebevoll annehmen. Mit aneignen meine ich die Anerkennung, daß eine bestimmte Eigenschaft zu Ihnen gehört. »Es ist der Schatten, der uns die Richtung weist«, sagt der spirituelle Lehrer und Autor Lazaris. »Der Schatten enthält auch das Geheimnis des Wandels, Wandel, der bis in die Zellen wirken kann, ja, bis in die DNS.« Unser Schatten enthält die Essenz von dem, was wir sind, unsere kostbarsten Gaben. Indem wir uns diesen Aspekten zuwenden, gewinnen wir die Freiheit, unsere großartige Totalität zu erfahren: das Gute und das Schlechte, das Dunkle und das Helle. Wenn wir alles, was wir sind, annehmen, schaffen wir uns die Möglichkeit zu wählen, was wir in dieser Welt tun wollen. Solange wir das, was in uns ist, verstecken, maskieren und nach außen projizieren, haben wir keine Freiheit zu sein und keine Freiheit zu wählen.
Unsere Schatten sind dazu da, uns zu lehren, zu leiten und uns mit unserem ganzen Selbst zu segnen. Sie sind Ressourcen für uns, die es freizulegen und zu entdecken gilt. Die Gefühle, die wir unterdrückt haben, drängen darauf, anerkannt und integriert zu werden. Sie sind nur dann schädlich, wenn sie verdrängt werden, denn sie drohen hervorzubrechen, wenn es völlig unangemessen ist. Ihre hinterhältigen Attacken werden Sie gerade in den Bereichen Ihres Lebens behindern, die für Sie am wichtigsten sind.
Ihr Leben wird transformiert, wenn Sie mit Ihrem Schatten Frieden schließen. Aus der Raupe wird ein atemberaubend schöner Schmetterling. Sie müssen nicht mehr so tun, als wären Sie jemand, der Sie nicht sind. Sie müssen nicht mehr beweisen, daß Sie gut genug sind. Wenn Sie Ihren Schatten umarmen, dann müssen Sie nicht mehr in der Angst leben. Entdecken Sie die Gaben Ihres Schattens, und Sie werden endlich in der ganzen Fülle Ihres wahren Selbst leben können. Dann werden Sie die Freiheit haben, das Leben zu kreieren, nach dem Sie sich immer gesehnt haben.
Jeder Mensch wird mit einem gesunden emotionalen System geboren. Wir lieben und akzeptieren uns selbst, wenn wir geboren werden. Wir beurteilen nicht, welche Teile von uns gut und welche schlecht sind. Wir wohnen in der Fülle des Seins, leben im Augenblick, drücken uns frei aus. Wenn wir älter werden, lernen wir von den Menschen, die uns umgeben. Sie sagen uns, wie wir uns verhalten sollen, wann wir essen, wann wir schlafen sollen, und wir beginnen Unterscheidungen zu machen. Wir lernen, welche Verhaltensweisen uns Zuneigung eintragen und welche Ablehnung. Wir lernen, ob wir eine prompte Reaktion bekommen oder ob unser Weinen unbeantwortet bleibt. Wir lernen, den Menschen in unserer Umgebung zu vertrauen oder sie zu fürchten. Wir lernen Verläßlichkeit oder Unzuverlässigkeit, Konsequenz und Inkonsequenz. Wir lernen, welche Qualitäten in unserer Umgebung akzeptabel sind und welche nicht. All das hindert uns daran, im Augenblick zu leben und uns frei zum Ausdruck zu bringen.
Wir müssen zurückkehren in die Erfahrung unserer Unschuld, in der wir uns in jedem Augenblick mit allem, was wir sind, annehmen. Diese Qualität benötigen wir, um eine gesunde, glückliche, vollständige menschliche Existenz zu führen. Das ist der Weg. In dem Buch Gespräche mit Gott von Neale Donald Walsch sagt Gott:
Vollkommene Liebe ist für das Gefühl das, was vollkommenes Weiß für die Farbe ist. Viele glauben, Weiß sei die Abwesenheit von Farbe. Das ist falsch. Es ist die Einheit aller Farben. Weiß ist die Kombination alle existierender Farben. So ist auch Liebe nicht die Abwesenheit von Emotionen (Haß, Ärger, Lust, Eifersucht), sondern die Summe aller Gefühle. Die Endsumme. Das gesamte Aggregat. Einfach alles.
Liebe ist allumfassend: Sie umfaßt den ganzen Bereich der menschlichen Emotion – auch jene Gefühle, die wir verstekken, die wir fürchten. Jung sagte einmal: »Ich möchte lieber ganz sein als gut.« Wie viele von uns haben sich verraten, um gut zu sein, um gemocht zu werden, um akzeptiert zu werden?
Den meisten von uns wurde in ihrer Kindheit beigebracht, daß die Menschen gute Eigenschaften haben und schlechte. Um akzeptiert zu werden, mußten wir unsere schlechten Eigenschaften ablegen oder sie zumindest verbergen. Diese Denkweise entsteht, sobald der Individuationsprozeß einsetzt, sobald wir unsere Finger von den Stäben unseres Gitterbettchens unterscheiden können und uns selbst von unseren Eltern. Aber wenn wir älter werden, erkennen wir eine größere Wahrheit – daß wir spirituell alle verbunden sind. Wir alle sind Teil voneinander. Unter diesem Blickwinkel müssen wir uns fragen, ob es wirklich gute und schlechte Teile in uns gibt. Oder sind alle Teile nötig, um ein Ganzes zu bilden? Denn wie können wir das Gute kennen, ohne das Schlechte zu kennen? Wie können wir Liebe kennen, ohne Haß zu kennen? Wie können wir Mut kennen, ohne Angst zu kennen?
Das holografische Modell des Universums ist eine revolutionäre Sichtweise der Verbindung zwischen der inneren und der äußeren Welt. Nach dieser Theorie enthält jedes Stück des Universums, unabhängig davon, wie wir es zerteilen, die Intelligenz des Ganzen. Wir als individuelle Wesen sind nicht isoliert und kein Zufallsprodukt. Jeder von uns ist ein Mikrokosmos, der den Makrokosmos reflektiert und in sich enthält. »Wenn das wahr ist«, sagt der Bewußtseinsforscher Stanislav Grof, »dann hat jeder von uns in sich das Potential der direkten und unmittelbaren Erfahrung jedes Aspektes des Universums, weit über die Wahrnehmungsmöglichkeiten unserer Sinne hinaus.« Wir alle tragen in uns den Stempel des gesamten Universums. Deepak Chopra formuliert das so: »Wir sind nicht in der Welt, sondern die Welt ist in jedem von uns.« Jeder von uns besitzt jede existierende menschliche Eigenschaft. Es gibt nichts, was wir sehen oder wahrnehmen können, das wir nicht sind, und der Zweck unserer Reise ist es, diese Ganzheit wieder in uns herzustellen.
Das Heilige und das Zynische, das Göttliche und das Teuflische, das Mutige und das Feige: All diese Aspekte schlummern in uns und werden sich Geltung verschaffen, wenn wir sie nicht erkennen und in unsere Psyche integrieren. Viele von uns haben vor dem Licht genauso Angst wie vor der Dunkelheit. Viele von uns haben Angst, nach innen zu schauen, und haben deswegen Mauern errichtet, die so dick sind, daß wir uns nicht mehr daran erinnern, wer wir wirklich sind.
In Die dunkle Seite der Lichtjäger geht es darum, durch diese Wände zu dringen, die Barrieren zu durchbrechen, wer wir sind und was wir hier tun. Mit diesem Buch gehen Sie auf eine Reise, auf der sich verändern wird, wie Sie sich selbst, andere und die Welt sehen. Es wird Sie dazu führen, daß sich Ihr Herz öffnet und mit Staunen und Mitgefühl für Ihre eigene Menschlichkeit erfüllt wird. Der persische Dichter Rumi sagt: »Bei Gott, wenn du deiner Schönheit gewahr wirst, dann wirst du dir selbst zum Idol.« Auf diesen Seiten biete ich Ihnen einen Prozeß an, wie Sie die Schönheit Ihres authentischen Selbst entdecken können.
Jung hat den Begriff »Schatten« geprägt, um jene Teile unserer Persönlichkeit zu bezeichnen, die wir aus Angst, Unwissenheit, Scham oder Mangel an Liebe abgespalten...