Sport nach dem Herzinfarkt
Es ist geschafft, man hat es überlebt, hat den Leidensweg der rehabilitativen Maßnahmen hinter sich gelassen. Man ist nun wieder so weit auf dem Dampfer und blickt dem Leben voller Zuversicht und aus einem anderen Blickwinkel entgegen. Doch wie geht es nun gesundheitlich und körperlich weiter? Ändere ich Gewohnheiten und entsage risikoreichem Gesundheitsverhalten? Das wäre in der Tat der erste notwendige Schritt, das weiß man – oder sollte es spätestens zum jetzigen Zeitpunkt wissen. Gesünder essen, das Rauchen aufgeben, keinen Alkohol mehr trinken – zumindest vorerst – und vielleicht auch ein wenig die Psyche pflegen. Loslassen vom Alltagsstress, relaxter werden, cooler sein. Es gibt eine Methode, die bei all dem hilft, vielfach bewährt und – selbstverständlich wissenschaftlich erwiesen – allumfassend Gesundheit bringend: Sport, auch körperliche Betätigung genannt.
Es muss nicht gleich ein Marathon sein, man sollte sich auch mit dem ersten Mal Skifahren noch Zeit lassen. Die Problemzone Herz will jetzt erst mal keinen unnötigen, zu frühen Stress, sondern langsam an intensivere Belastungen als die des Alltags herangeführt werden. Und das nennt man Training. Training fürs Herz.
Positive Auswirkungen des Herz-Kreislauf-Trainings auf Herz, Körper und Geist
Genauso wie sich Ihr Herz vor dem Herzinfarkt an eine möglicherweise bewegungsarme, stressige, nahrungbedingt ungesunde Lebensweise angepasst hat, so passt sich das Wunderwerk Körper auch sehr effektiv und schnell an eine positive körperliche Beanspruchung an. Gerade das Herz-Kreislauf-System ist da schnell bei der Sache. Schon ein geringes Maß an Mehrbewegung im Vergleich zum Nichtstun lässt den Körper quasi aufhorchen und bringt rasche Veränderungen. Das Maß der Veränderungen heißt: Verbesserung der Herz-Kreislauf-Fitness in sinnvoll gesteuerten Schritten durch Training. Erst der tägliche Spaziergang, dann wird er zum Walking, jetzt bereits schon in Sportschuhen, und schließlich sitzt man auf dem Radergometer zu Hause oder im Fitnessstudio, und schon kann man sich als Freizeitsportler bezeichnen.
Aber was genau passiert wenn ich mein Herz-Kreislauf-System oder meine Fitness, Ausdauer und Kondition trainiere? Ich trainiere alle Parameter und körperlichen Einflussfaktoren, die damit zusammenhängen und deren gesamtheitliches Training zur Verbesserung des Körpergefühls, des Wohlbefindens und zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit führt.
Auswirkungen regelmäßigen Ausdauertrainings im Überblick
Ausdauertraining bewirkt präventive Gesundheit und hat stabilisierende Effekte:
- Senkung des peripheren Gesamtwiderstandes
- Senkung der Sympathikusaktivität
- Erhöhung der Vagusaktivität
- Senkung des systolischen und diastolischen Blutdrucks
- Senkung der Herzfrequenz und des Blutdruck-Herzfrequenz-Produktes
- Senkung des myokardialen Sauerstoffbedarfs
- Vergrößerung des myokardialen Sauerstoffangebots
- Ökonomisierung der Herzarbeit
- Antiarrhythmischer Effekt
Ausdauertraining bewirkt Anpassungsreaktionen im Bereich der Skelettmuskulatur = periphere Adaptation:
- Zunahme des Myoglobins
- Vergrößerung des intramuskulären Glykogendepots (Kohlehydratspeicher)
- Zunahme der Aktivität von aeroben Enzymen
- Verbesserte Kapillarisierung
- Daraus folgt ein verminderter peripherer sympathischer Antrieb auf das Herz.
Ausdauertraining wirkt präventiv und rehabilitativ günstig auf den Metabolismus (gewichtabbauende Prozesse):
- keine Gewichtszunahme
- Gewichtsabnahme bei Übergewicht
- psychische Entspannung
- günstige Beeinflussung metabolischer Störungen, zum Beispiel des „metabolischen Syndroms“
- Erhöhung der zellulären Insulinsensitivität und Verbesserung der Glukosenutzung
- Minderung der Risikofaktoren der Arteriosklerose mit Verbesserung des HDL/LDL-Quotienten
Was aber eigentlich viel wichtiger ist …
Ich möchte nicht nur über faktische, biologische Auswirkungen sprechen beziehungsweise schreiben. Nein, das sind lediglich sehr positive Begleiterscheinungen. Was viel wichtiger ist, sind die positiven Empfindungen psychischer und physischer Art, die ein effektives Herz-Kreislauf-Training mit sich bringt. Da ist zum Beispiel ein Gefühl von gesteigerter Vitalität, ein verbessertes Körpergefühl, da man irgendwie spürt: Es passieren positive Dinge im Körper, die sich als allgemeines Wohlbefinden äußern. Man merkt einfach den Unterschied zu vorher, und auch das befriedigt einen sehr. Man hat ein gutes Gewissen, da man nun endlich etwas für sich und seine Gesundheit unternimmt, und kann den immer wiederkehrenden ermahnenden Gedanken, ein wenig gesünder und körperlich aktiver zu leben, ad acta legen. Wieder eine Sorge weniger!
Mehr im Leben zu stehen, mehr soziale Kontakte zu haben, also mehr ein gut funktionierender Teil der Gesellschaft zu sein, sind weitere Nebenwirkungen. Wenn Sie noch mehr oder anderes Positives durch Ihr Sporttreiben erfahren haben, rufen Sie mich an. Aber ich denke, es ist ohnehin schon eine ganze Menge, nun vitaler, gesünder und damit zufriedener und glücklicher durchs Leben zu gehen.
Das aktive Herz-Kreislauf-Training
Bewegung – Dynamik – Sport
Die ersten Schritte zurück zum Sport
Ab wann ist es Sport? Eigentlich ab den ersten Metern aktiver Bewegung, die zur Verbesserung eines aktuellen Zustandes führen, kann man es als Sport oder Training bezeichnen. Und dies gilt es nach dem Herzinfarkt mit Bedacht und viel körpereigenem Einfühlungsvermögen anzugehen. Ich sollte mich nicht gleich in einem Anfall von übersteigertem, falschem Ehrgeiz oder neu gewonnener Lebenslust an die 21 Kilometer lange Halbmarathonstrecke wagen, sondern ich fange vielleicht mit einem täglichen Spaziergang von ein paar Metern an, danach wird es eine immer längere Strecke, bis ich das Verlangen habe, diese Strecke etwas schneller zu schaffen. Ich gehe erst mal spazieren – also schreibt mein Trainingsplan den tagtäglichen Spaziergang vor.
Führen Sie ruhig Tagebuch über Ihre Lauferlebnisse und fügen dann Zeiten hinzu – und schon haben Sie Ihre erste eigene Trainingsplanung beziehungsweise Leistungsdiagnostik erstellt. Wenn Ihr Arzt dann regelmäßig Ihren sich verbessernden Blutdruck misst – beziehungsweise Sie machen das ja auch selber zu Hause –, dann können Sie dies eins zu eins ihren Trainingsbemühungen gegenüberstellen. Ein Muss ist dies aber nicht, denn wenn Sie sich immer besser fühlen und sich auch Ihre Herzfunktionen stetig verbessern, dann ist das, was Sie tagtäglich für sich tun, effektiv.
Worauf sollte es also zum Beginn körperlicher Aktivität ankommen? Nachfolgend Ihre ersten Schritte, die man durchaus schon als Trainingsziele bezeichnen kann.
Erstes Trainingsziel: Sich wohlfühlen
Bei allem, was sie nun zur Steigerung Ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit für sich unternehmen, steht folgende Devise an erster Stelle: Sie müssen sich dabei wohlfühlen, denn nur dann vermeiden Sie, sich zu früh zu überlasten. Wenn ich meinen Spaziergang nur mit absoluter Kurzatmigkeit, also Sauerstoffmangel und Pulsrasen, schaffe, dann fühle ich mich sicherlich nicht wohl dabei und schade mir mehr, als ich mir helfe. Sie sollen also zunächst Spaß an der Bewegung finden, die frische Luft genießen und spüren, wie sie Ihre Lungen füllt, sich an der Natur und dem „Mitsichselbst-Sein“ erfreuen, und Sie werden merken, wie schnell Ihre anfangs noch mühsame „Hausstrecke“ immer schneller zu Ende geht.
Zweites Trainingsziel: Sich besser fühlen
Dies ist weniger ein Trainingsziel als eher ein Effekt von körperlicher Bewegung. Schon nach wenigen Tagen an der frischen Luft werden Sie merken, dass Sie sich merklich besser fühlen. Vielleicht schlafen Sie schon besser, sind geistig entspannter oder unternehmenslustiger. Sie spüren, wie Ihr Körper aufgewacht ist und nun nach Bewegung verlangt. Das empfinden Sie übrigens auch als Nachteil, nämlich wenn Sie dem Körper die begonnene Bewegung wieder entziehen. Manch einem geht dann „irgendwie etwas ab“, man wird wieder unausgelasteter und reizbarer und fühlt sich nicht mehr so gut. Das trifft aber natürlich auf Sie nicht zu, denn Sie bleiben am Ball, Sie sind dabei, ein positives Körpergefühl und Körperbewusstsein zu entwickeln, und fühlen sich einfach besser.
Drittes Trainingsziel: Sich fitter fühlen
Auch dies ist eine logische Konsequenz, und sobald dies der Fall ist, haben Sie das Trainingsziel bereits erreicht. Sie erinnern sich: Der Körper passt sich an regelmäßige Bewegung an und ist in der Lage, das gegebene Maß an körperlicher Anstrengung und Bewegung mit immer weniger Aufwand zu bewältigen. Sie werden immer mehr merken: „Hey, ich könnte länger oder schneller laufen!“ Also tun Sie es, solange Sie sich dabei wohl fühlen. Also: immer ein bisschen länger laufen oder mal das Schritttempo erhöhen. Jetzt könnte auch der Zeitpunkt kommen, dass Sie auf die Uhr schauen und feststellen, dass Sie die gleiche Strecke in kürzerer Zeit zurückgelegt haben. Oder wenn Sie zu denen gehören, die sich nach dem Herzinfarkt eine Pulsuhr zugelegt haben, werden Sie sehen, dass Ihr Puls bei gleicher Belastung die Werte zu...