Die Nacht war kurz, weil sich Ihr Kind mehrfach erbrochen hat. Und der Husten des kleinen Bruders zieht sich auch schon über mehrere Tage. Wer Kinder hat, kommt aus dem Krankenkarussell manchmal nur schwer wieder heraus. Dabei gehören Infekte und Krankheiten zum Kindesalter dazu. Doch Eltern sind oft unsicher, was dann zu tun ist. Muss ich bei jeder Krankheit sofort zum Kinderarzt gehen? Was kann ich selbst tun? Welche sanften Methoden oder Anwendungen gibt es, mit denen ich die Heilung unterstützen kann?
Mit diesem Buch möchten wir Ihnen ein umfang- reiches Nachschlagewerk an die Hand geben, das die wichtigsten Fragen zu den häufigsten Erkrankungen bei Kindern ab 2 Jahren beantwortet. Sie als Eltern können nämlich sehr viel dazu beitragen, dass es Ihrem Kind schnell wieder besser geht. So rasch Kinder erkranken, so wenig brauchen sie oft, um wieder auf die Beine zu kommen. Das wichtigste Heilmittel ist meist die elterliche Zuwendung: Durch liebevolle Worte, Kuscheln auf der Couch, gemeinsame Ruhezeiten und einen warmen Tee werden die Beschwerden oft schon leichter. Zudem helfen bewährte natürliche Heilmittel, Krankheiten bes- ser zu überstehen und Symptome zu lindern.
WAS BEWIRKT DIE NATURHEILKUNDE BEI KINDERN?
Kinder reagieren sehr sensibel und empfindlich auf äußere Reize und Veränderungen: Deshalb sind sanfte natürliche Mittel besonders geeignet, um die Selbstheilungskräfte des Körpers und die körperliche Regulationsfähigkeit (also das Anpassen an Reize) anzuregen. Ihr Kind wird mit einer gestärkten Abwehr aus dem Infekt herausgehen. Denn durch die Auseinandersetzung mit diesen Erregern und den Kontakt mit äußeren Einflüssen wie Wind, Wärme oder Kälte entwickelt Ihr Kind seine eigene Immunabwehr.
So haben Krankheiten im Kindesalter also auch ihren Sinn und sind ein natürlicher Schritt in der kindlichen Entwicklung: ein Baustein im Prozess des Wachsens, Veränderns und der Anpassung. Eine ständige Unterdrückung von Symptomen sowie ein Abschirmen vor Krankheitserregern und äußeren Einflüssen wie Wind, Wärme oder Kälte würde die Entwicklung des Immunsystems beeinträchtigen.
Verständlich aber ist, dass Sie als Mutter oder Vater Ihrem Kind dabei helfen möchten, dass es ihm schnell wieder besser geht. Mehr als die Hälfte aller Eltern, so zeigen verschiedene Studien, wenden dabei natürliche Heilmethoden an – sogenannte komplementäre Verfahren. Die Palette dieser Verfahren ist breit: Das können pflanzliche Medikamente sein (sogenannte Phytotherapeutika), Hausmittel wie Wadenwickel oder therapeutische Tees. Andere Eltern greifen zu unterstützenden Vitaminpräparaten, Bachblüten oder anthroposophischen Mitteln. Wieder andere vertrauen auf die traditionelle chinesische Medizin oder auf die Homöopathie.
Sanfte Verfahren auf dem Vormarsch
Häufig geschieht so eine Behandlung ohne Absprache mit dem behandelnden Kinderarzt. Wichtig ist aber, dass dieser darüber Bescheid weiß: Denn nicht jedes Mittel und Verfahren ist gut untersucht und zuverlässig. Nicht jedes Mit- tel, das bei Erwachsenen gut hilft, ist auch für Kinder geeignet und selbst pflanzliche Mittel können Nebenwirkungen haben. Haben Sie keine Sorge, dass Ihr Arzt naturheilkundliche Verfahren womöglich nicht ernst nimmt: Imme mehr Kinderärzte haben sich in komplementären Therapien weitergebildet und schätzen die Heilkraft der Natur bei alltäglichen Infekten. Und inzwischen gibt es auch immer mehr Studien, die verschiedene natürliche Heilmethoden untersuchten. Sie konnten zeigen, dass die Anwendung komplementärmedizinischer Methoden die Lebensqualität kranker Kinder verbessert, Symptome lindert und beim Verarbeiten einer Erkrankung hilft. Besonders erfolgreich eingesetzt wird die Kombination von Schulmedizin und komplementären Verfahren bei chronischen Krankheiten wie zum Beispiel Asthma oder chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sowie bei funktionellen Beschwerden wie dem sogenannten Reizdarm oder bei Kopf- und Rückenschmerzen.
An den Akut-Krankenhäusern werden komplementäre Therapien nur sehr selten angewendet. Das Kinderkrankenhaus St. Marien in Landshut, an dem Frau Dr. Amarell tätig ist, ist eines der ersten bundesweit, das in einem Pilotprojekt solche komplementären Verfahren in den Klinikalltag integriert. Es reagiert damit auf die Nachfrage der Eltern sowie die steigende Zahl von chronisch kranken Kindern. Unterstützt wird das Projekt von der Karl und Veronica Carstens-Stiftung. Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts erfolgt in Zusammenarbeit mit der Klinik für Naturheilkunde und Integrative Medizin des Knappschafts-Krankenhauses in Essen, das in der Behandlung von Erwachsenen bereits sehr renommiert ist.
ZUM AUFBAU UND GEBRAUCH DIESES BUCHS
So unbestritten die Wirksamkeit von naturheilkundlichen Mitteln auch ist: Viele Eltern haben keine oder nur sehr wenig Erfahrung im Umgang damit und sind deshalb oft unsicher und haben Angst, etwas falsch zu machen. Früher wurde dieses Wissen meist von Generation zu Generation weitergegeben – heute fehlt diese Großfamilie oft. So ist über die Jahre viel Wissen über Hausmittel und Anwendungen verloren gegangen. Mit diesem Buch möchten wir Ihnen dieses Wissen zurückgeben.
Im ersten Teil des Buchs beantworten wir Ihnen die sieben häufigsten Fragen zu den vier komplementären Verfahren Hausmittel, Pflanzenheilkunde, Akupressur und Homöopathie. Anschließend stellen wir Ihnen die wichtigsten Anwendungen vor: wie Sie Wickel und Auflagen richtig anlegen, was Sie beim Teekochen beachten müssen, welche Wasseranwendungen wann wirksam sind. Im Anschluss daran erfahren Sie alles Wichtige zu den 54 häufigsten Erkrankungen im Kindesalter – von Akne über Erkältung und Kopfschmerzen bis zu Zeckenstichen. Wir beschreiben, welche Symptome jedes Krankheitsbild zeigt, wann Sie zum Arzt gehen müssen, wie Sie der Krankheit vorbeugen können. Und natürlich, welche Tipps und Anwendungen Sie nutzen können, damit Ihr Kind schnell wieder gesund wird.
Besondere Umstände
Wenn bei Ihrem Kind eine chronische Erkrankung wie Diabetes oder Epilepsie diagnostiziert wurde, können Sie prinzipiell alle Anwendungen, die in diesem Buch genannt sind, durchführen. Ebenso, wenn Ihr Kind geistig oder körperlich behindert ist. Nimmt Ihr Kind regelmäßig Medikamente ein, zum Beispiel Antiepileptika oder Blutverdünner, kann es bei manchen pflanzlichen Medikamenten zu Wechselwirkungen kommen. In diesen speziellen Fällen wird aber jeweils darauf hingewiesen. Bei einer bekannten Allergie dürfen Sie keine Anwendungen durchführen, die das entsprechende Allergen enthalten: Bei einer Allergie auf Milcheiweiß etwa müssen Sie auf Quarkwickel verzichten, bei einer Allergie auf Korbblütler wie Arnika dürfen Sie keine Salben oder Mittel verwenden, die diese Pflanze enthalten. Allgemein gilt: Die Dosierungen, die in diesem Buch empfohlen werden, sind Richtwerte. Ist Ihr Kind für sein Alter deutlich zu klein oder zu leicht, dann passen Sie bitte die Dosierung entsprechend an.
Wir empfehlen Ihnen bei jedem Krankheitsbild bewährte Hausmittel und äußere Anwendungen sowie bewährte und gut untersuchte Pflanzenpräparate und Tees. Zudem erfahren Sie, welche Akupressurpunkte Sie zur Linderung und Heilung einsetzen können und welche Homöopathika zur Selbstanwendung geeignet sind.
Abgerundet wird das Kapitel durch informative Texte zum Impfen, zu Notfällen sowie Tipps, wie Sie auf kranke Kinder am besten eingehen.
Einfach und alltagstauglich
Bei der Auswahl der Anwendungen haben wir neben der Wirksamkeit und guten Verträglichkeit vor allem darauf geachtet, dass sie möglichst einfach durchzuführen und alltagstauglich sind. Daher haben wir auf umfangreiche Teemischungen (bis auf Einzelfälle) oder schwer zu bekommende Zutaten verzichtet. Vieles, was wir Ihnen empfehlen, haben Sie immer zu Hause. Denn krank wird Ihr Kind meist mitten in der Nacht oder am Wochenende, wenn die Apotheke um die Ecke zuhat. Sie können aus den zahlreichen natürlichen Heilverfahren diejenigen auswählen, die für Ihr Kind am angenehmsten und hilfreichsten sind. Es kann sein, dass Ihre Große am liebsten Wickel mag, der Kleine aber besonders von der Akupressur profitiert. Seien Sie mutig und probieren Sie die vorgeschlagenen Hausmittel einmal aus. Es wird Sie überraschen, wie einfach ein Zwiebelsäckchen bei Ohrenschmerzen oder ein Wadenwickel bei Fieber angelegt ist und wie rasch sie Linderung bringen. Nebenbei: Das hilft natürlich nicht nur bei Kindern. Alle Mittel können Sie auch bei sich selbst anwenden.
Ganzheitliche Unterstützung
Aber nicht nur mit der Gabe und Verwendung von natürlichen Mitteln können Sie Ihr Kind unterstützen. Die Basis der Gesundheit ruht laut Pfarrer Sebastian Kneipp auf fünf Säulen: Neben den...