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Soul@Work

Kraftvolle Unternehmen. Kraftvolle Führungskräfte. Kraftvolle Mitarbeiter

VerlagGabal Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783956231698
FormatPDF/ePUB
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis25,99 EUR
Der von Katharina Maehrlein und ihrer Initiative 'Stark wie Bambus' organisierte erste Soul@Work-Kongress zur Prävention von psychischen Erkrankungen am Arbeitsplatz im Frühjahr 2014 war ein großer Erfolg. Zahlreiche inspirierende Fachvorträge von Pater Anselm Grün, Walter Kohl, Professor Dr. Lothar Seiwert u.v.m boten fachlichen Austausch über den Tellerrand der üblichen Gesundheitsthemen hinaus. In diesem Sammelband stellen 20 Kongress-Akteure, allesamt renommierte Experten aus Wirtschaft und Coaching, in hochinteressanten Artikeln ihre erprobten Strategien, Konzepte und innovativen Ansätze zur Prävention von psychischen Erkrankungen, mehr Lebensqualität und Zufriedenheit am Arbeitsplatz vor und geben Einblick in die Unternehmenspraxis mit entsprechenden Best-Practice-Beispielen.

Katharina Maehrlein (Wiesbaden) ist Expertin für Resilienz, Rednerin und seit 15 Jahren als Trainerin, Beraterin und Coach tätig. Sie hat einen Lehrauftrag an der Wiesbaden Business School. Nicht ganz einfache persönliche Lebensumstände haben Resilienz für Katharina Maehrlein zur eigenen 'Überlebensstrategie' werden lassen.

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Leseprobe

Michael Blochberger


Dipl.-Ing., Vordenker, Trainer und Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Führung, Autor des lebendigen Sachbuchs »Emotionale Intelligenz in der Mitarbeiterführung«. Seit 1977 als Unternehmer und Geschäftsführer tätig. Dreijährige Trainerausbildung in körperbewusster Selbsterfahrung, Fortbildung in Gruppendynamik, NLP, Transaktionsanalyse sowie verschiedenen Methoden der Humanistischen Psychologie.

Der Wert gesunder Führung


Auf Führungskräfte wird in den kommenden Jahren die enorme Aufgabe zukommen, zwischen Kostendruck, steigenden Ansprüchen und Fachkräftemangel ein neues Führungsverständnis zu entwickeln, das nicht auf Angst und Machtwillen beruht, sondern auf Kooperation und Beziehungspflege. Wer diese Herausforderungen meistern will, muss die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter ernst nehmen, deren Motivation und Identifikation stärken und deren ungenutzte Kompetenzen entdecken und entwickeln. Für diese Aufgaben braucht es Führungskräfte, die den Herausforderungen auch persönlich gewachsen sind.

Wir Deutsche gelten als fleißig, zuverlässig, pflichtbewusst und ehrgeizig. Aber auch als verbissen, besserwisserisch, materialistisch und weniger lebensfroh. So klischeehaft und verallgemeinernd es auch klingt: Sprichworte und Redensarten wie »Erst die Arbeit, dann das Vergnügen« oder »Nur die Harten kommen in den Garten« sind Ausdruck einer tief sitzenden zwanghaften bzw. lustfeindlichen Einstellung zur Arbeit. Deshalb sind wir so erfolgreich und zählen zu den reichsten Ländern der Welt, scheinen aber auch weniger Freude an unserer Arbeit zu haben als andere Völker. Wir reden neudeutsch von »Work-Life-Balance«, als ob Arbeit und Leben Gegensätze wären, und können doch von der Arbeit nicht lassen.

Ein Kernproblem sehen Psychologen in den Erziehungs- und Bildungsmustern unserer Gesellschaft. Deutschland ist ein kinderfeindliches Land, viele Paare bleiben kinderlos, weil das Gründen einer Familie den Verzicht von Einkommen und häufig Statuskonflikte nach sich zieht. Während Kinder in südländischen Kulturen bewundert und verwöhnt werden, stören sie in Deutschland die Karriere der Eltern und finden keinen Halt in der berufstätigen Kleinfamilie. Schon dem Leistungsdruck der Schule sind sie hilflos ausgeliefert, wenn beide Eltern berufstätig sind. Von Beginn an lernen sie: Ohne Leistung bin ich nichts wert. Ich werde nur geliebt, wenn ich Leistung erbringe und noch besser bin als andere.

Das Defizit an echter Liebe zeigt sich später im Berufsleben im ständigen Kampf um Wertschätzung und Anerkennung. Und weil die deutsche Arbeitswelt eher distanziert, emotionslos und wenig körperbewusst organisiert ist, wird unsere Sehnsucht nach Zuwendung im Beruf nicht wirklich erfüllt. Je mehr wir arbeiten, desto weniger zwischenmenschliche Erfüllung erfahren wir. Also suchen wir im materiellen Erfolg, im Konsum und Status unsere Ersatzbefriedigung.

Unsere Arbeitswut ist gespeist aus einem früh angelegten Mangel an menschlicher Zuwendung und dem zwanghaften Streben nach materieller Sicherheit – einer künstlichen Sicherheit als Ersatz für fehlende Eigenliebe und Selbstbewusstsein.

Wenn schlechte Führung krank macht

Natürlich sind solch motivierte Persönlichkeiten vordergründig unschätzbare Leistungsträger im Unternehmen. Und der Erfolg der deutschen Wirtschaft ist zu einem großen Teil auf den traditionellen Gehorsam und unser zur Anpassung erziehendes Bildungssystem zurückzuführen. Kein Wunder, dass viele Unternehmen ihre Bewerber mit Persönlichkeitstests, Potenzialanalysen oder Assessment-Centern durchleuchten, um möglichst viele gleich leistungsbereite, ehrgeizige und selbstaufopfernde Mitarbeiter zu gewinnen.

Das ist nur legitim, weil ein Unternehmen die Pflicht hat, jeden möglichen Wettbewerbsvorteil zu nutzen, um erfolgreich sein zu können. Problematisch wird dieser Umstand, wenn er mit einem weiteren psychologischen Missverständnis zusammentrifft, das ebenfalls häufig zu beobachten ist: einer überholten oder missverstandenen Form von Führung.

Zahlreiche Studien belegen, dass groß gewachsene Menschen weltweit mehr verdienen und schneller Karriere machen (CIO 6/2010). Großen Männern mit einem dominanten, selbstsicheren Charakter wird auch mehr Führungsverantwortung zugetraut als gleich qualifizierten Männern oder Frauen, die sich statt durch Körpergröße eher durch Empathie, Kreativität, Teamfähigkeit oder Sozialkompetenz auszeichnen. Und das, obwohl Psychologen und Personaler wissen, dass in der Führungsverantwortung mehr erforderlich ist als pures Durchsetzungsvermögen. Zu groß scheint unsere archaische Sehnsucht nach dem »starken Mann«, sodass in unzähligen Unternehmen Choleriker und Machthungrige ans Ruder gelassen werden, die hervorragend darin sind, schnelle Entscheidungen auch gegen die Meinung anderer durchzupeitschen. Diese Egomanen sind aber kaum in der Lage, sensible, kreative oder introvertierte Persönlichkeiten zu akzeptieren, deren Wert zu erkennen oder sie wertschätzend in ein Team zu integrieren.

Die Folgen einer solch falsch geleiteten Personalpolitik für das Unternehmen sind leicht erkennbar: Je größer das Unternehmen und je straffer deren Organisation, desto weniger Raum für Innovation und Kreativität wird von der Führung zugelassen. Viele große Konzerne sind in ihrer Entwicklung inzwischen auf den Ankauf von Patenten oder die Übernahme von kreativen Mittelständlern angewiesen.

Noch verheerender sind die Auswirkungen falsch verstandener Führung auf die klassischen Workaholics. Wenn die Leistungsträger, die – psychologisch verstanden – immer auf der Suche nach Wertschätzung sind, auf Führungskräfte treffen, die aufgrund ihrer Persönlichkeit anderen Menschen nicht vertrauen können, die Menschlichkeit geringschätzen oder andere gerne ihre Macht spüren lassen, statt ihnen Sicherheit zu geben, dann muss das eskalieren.

Die schon im Mitarbeiter angelegten Ängste, nicht zu genügen, werden weiter geschürt, was bei gutwilligen Kollegen zwar kurzfristig zur Leistungssteigerung führen kann. Aber durch die weiter steigenden Anforderungen an den klassischen Leistungsträger wird deren Selbstwahrnehmung eingeschränkt, psychosomatische Warnsignale wie Rückenschmerzen oder Schlaflosigkeit werden überspielt, die Freude am Schaffen geht bei fehlendem Erfolg verloren und irgendwann legt der Körper sein Veto ein: durch einen Hörsturz, einen Herzinfarkt, durch Burn-out, Depression oder andere psychosomatische Erkrankungen.

Das Zusammentreffen von steigendem Leistungsdruck, mangelndem Selbstbewusstsein beim Mitarbeiter und falsch verstandener Führung macht nachweislich krank. Hier sind die Hauptursachen für die weiter steigenden Burn-out-Diagnosen der letzten Jahre zu suchen. Schuld daran ist ein System, das bereit ist, humanistische Werte zugunsten kurzfristiger Gewinne aufzugeben.

Was ungesunde Führung kostet

Von 2006 bis 2012 sind allein die gemeldeten Fehlzeiten durch Burn-out und »psychische Störungen« um 76% gestiegen (DRV Bund 2012). Psychische Erkrankungen führen laut Studien zu besonders langen Fehlzeiten von über 30 Tagen. Nach jüngsten Berechnungen der Bundesregierung entstehen den Unternehmen dadurch jährliche Produktionsausfälle von 26 Milliarden Euro (Fokus 6/12), die Kosten für das Gesundheitssystem nicht gerechnet.

Weitere Kosten von über 110 Milliarden Euro entstehen der deutschen Wirtschaft laut der jüngsten Untersuchung des Gallup-Instituts (2013) jährlich durch die fehlende emotionale Bindung der Arbeitnehmer an ihr Unternehmen. Demnach sagen zwei Drittel der Deutschen, sie fühlten ihrem Arbeitgeber gegenüber keine echte Verpflichtung, weitere 17% zeigen sogar ein destruktives Arbeitsverhalten, das zulasten der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen geht. Nur 16% sind wirklich engagiert und fühlen eine emotionale Verpflichtung ihrem Arbeitgeber gegenüber.

Die Ursachen der mangelnden emotionalen Bindung sind laut Gallup nicht in den Rahmenbedingungen und der Entlohnung des Arbeitsverhältnisses zu suchen. Vielmehr sind es die Führungskräfte, die in der Kritik der Arbeitnehmer stehen. Die häufigsten Kritikpunkte:

  • Mangelnde Anerkennung, kein Interesse seitens des Vorgesetzten
  • Fehlendes Feedback, unklare Zielvorgaben, unzureichende Kommunikation
  • Wenig Einfluss auf Entscheidungen, fehlende Offenheit für Anregungen, fehlende Transparenz
  • Mangelnde Unterstützung, fehlende Chancen auf Fort- und Weiterbildung
  • Arbeitsverdichtung, steigende Anforderungen, ungefilterter Leistungsdruck
  • Ausgefüllte Position/Tätigkeit entspricht nicht den Ansprüchen

Kurz: Deutsche Führungskräfte kommen aus Überlastung, Überforderung oder Unkenntnis ihrer Verantwortung nicht nach, ihren Mitarbeitern ein Arbeitsumfeld zu schaffen, in dem sie eine optimale Leistung erbringen können.

Vor lauter Kennzahlen und Sachwerten vergessen die Führungskräfte den Wert menschlicher Ressourcen. Stattdessen wird der Druck auf die Mitarbeiter erhöht, deren Vertrauen missbraucht, Ängste werden geschürt und die Arbeitsatmosphäre wird vergiftet. Auch wenn eine schlechte Führung nicht allein für krankheitsbedingte Fehltage, Dienst nach Vorschrift oder innere Kündigung verantwortlich gemacht werden kann, so ist es doch die Aufgabe von Führung, den Wert des Menschen in sein Handeln einzubeziehen, dessen Ressourcen zu fördern und ökonomisch sinnvoll zum Wohle aller einzusetzen. Oft geschieht aber das Gegenteil: Für kurzsichtige Erfolge wird die...

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