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E-Book

Spartacus Berlin Gay Guide (Deutsche Ausgabe/German Edition)

AutorBriand Bedford
VerlagBruno-Books
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl176 Seiten
ISBN9783867876490
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis6,99 EUR
Seit 1981 erfreut sich unser schwuler Berliner Reiseführer Berlin von hinten großer Beliebtheit in der Szene. Da unser Guide mittlerweile mehr und mehr auch von internationalen Lesern angenommen wird, wollen wir dem auch mit einem neuen Titel Rechnung tragen. Berlin wird immer internationaler und zieht junge Menschen aus aller Welt an. Daher wird aus Berlin von hinten der Spartacus Berlin Gay Guide. Der Guide liefert viele Gründe, einen Berlin-Besuch zu machen. Sex, Events, Kultur, Sehenswürdigkeiten, Shopping in dieser Fülle ist das in Deutschland nur in dieser Stadt zu erleben. Hier findet man im Anschluss an den Texten zu den jeweiligen Themen eine Adressenliste von Geschäften und Locations, die es zu besuchen gilt. Auch Stadtteilkarten verhelfen hier dem Leser zum Durchblick in der Metropole. Man findet auch alle wichtigen Adressen zu Übernachtungsmöglichkeiten, Touristen-Infos, Fahrplan des öffentlichen S- und U-Bahn-Netzes, schwule Presse, Ärzte usw.

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Leseprobe

Die (schwule) Geschichte Berlins: Wie es wurde, was es ist und gleich drei Coming Outs hatte

Es hat vermutlich weniger mit der berühmten Berliner Luft, Luft, Luft zu tun als mit der Tradition von Toleranz. Diese prägt die Stadt seit der Besiedlungspolitik des Großen Kurfürsten nach dem Dreißigjährigen Krieg. Mit dem Mauerfall hinzugekommen sind das Gefühl gewonnener Freiheit und die gewaltigen Leerräume vor allem im Ostteil der Stadt, die es zu füllen und zu nutzen gilt. Ob in Berlin heute in schwuler Hinsicht mehr los ist als in den viel zitierten Goldenen Zwanzigern, lässt sich schwer sagen.

Top Five der bekanntesten Berlin-Zitate

Selbst für einen kurzen Abriss der Berliner Geschichte reicht der Platz nicht, aber vielleicht geben einige Zitate einen Eindruck von der Bedeutung der Stadt.

„Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Friedrich II, König in und von Preußen, 1740

„Völker der Welt, schaut auf diese Stadt!“ Ernst Reuter, Oberbürgermeister, 1948

„Ick bin ein Berliner!“ John F. Kennedy, US-Präsident, 1963

„Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ Ronald Reagan, US-amerikanischer Präsident, 1987

„Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“ Klaus Wowereit, Anwärter für das Amt des Regierenden Bürgermeisters, 2001

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, gerade wegen seiner Offenheit Integrationsfigur für die allermeisten Berliner, ist ein Beweis dafür, dass Schwule heute eine ganz andere Rolle in der Gesellschaft spielen – zumindest in Berlin. Und sie nutzen diese Stellung recht aktiv und tragen so ganz sicher nicht unerheblich zum spannenden Image der Stadt bei. Wowereit, liebevoll Wowi genannt und auch selbst dem Party feiern nicht abhold, schreibt schon mal das Grußwort zur Folsom und hält die stante pede darauf folgenden Angriffe der Opposition lächelnd aus. Das ist gelebte Toleranz.

Doch gehen wir erst einmal ein paar Jährchen zurück, Berlin als schwule Metropole hatte ihr erstes Coming Out Ende des 19. Jahrhunderts. Magnus Hirschfeld gründete 1897 das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK) und kämpfte gegen die Diskriminierung Homosexueller. 1919 eröffnete er das Institut für Sexualwissenschaft, es wurde zum zentralen Ort für alle sexualreformerische Arbeit, es war Beratungsstelle und Zufluchtsort für Menschen mit Sexualproblemen und diente darüber hinaus der Information interessierter Laien und der Fortbildung von Medizinern.

Es wurde in Berlin natürlich nicht nur akademisch theoretisiert und diskutiert, sondern auch ordentlich gefeiert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es schon fast 40 einschlägige Etablissements, Tendenz steigend. Rund um den Nollendorfplatz schlug das Herz der Szene, mitten im Gewimmel André Gide, Francis Bacon oder auch Christopher Isherwood, der eine zeitlang Nollendorfstr. 17 wohnte, wo auch heute noch eine Gedenktafel an den Schöpfer der Vorlage von „Cabaret“ erinnert.

Mit der allgemeinen Party war schnell Schluss, als die Nazis an die Macht kamen, die Zehntausende Schwule in Konzentrationslagern vergaste. Das Institut für Sexualwissenschaft wurde geplündert, die Bestände der Bibliothek und die Schriften Hirschfelds wurden mit anderen Büchern „undeutschen Geistes“ verbrannt, das WhK aufgelöst.

Nach dem Ende des 1000-jährigen Reiches feierte man im Mief der Fünfziger privat und traute sich erst langsam wieder aus den Schränken.

Szenen aus „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt“

Das zweite Coming Out markiert sicher Rosa von Praunheims Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt.“ Dem Wertewandel in der Gesellschaft entsprach der Wandel im öffentlichen Auftritt der Schwulen. Während die Schwulen in der DDR sich hauptsächlich über kirchliche Gruppen und unter Gemeindedächern organisierten, entwickelte sich im Westen ein eher lustbetontes Selbstbewusstsein, bei dem aber auch der politische Anspruch nicht zu kurz kam.

Durch die Inselsituation West-Berlins gingen die Uhren hier anders als im Rest der Republik: liberaler, schneller, engagierter: 1975 wurde der Verlag Rosa Winkel gegründet, um Schwulenpolitik, -szene und -wissenschaft öffentlich zu machen, zwei Jahre später das Café „Anderes Ufer“ eröffnet – damals eine Sensation, da es das erste Lokal für Schwule war, das sich nicht im Hinterhof oder hinter verschlossenen Jalousien mit Guckloch an der Türe versteckte, sondern sich (und seine Gäste) selbstbewusst mit offenen Fensterfronten zeigte. 1978 eröffnete „Prinz Eisenherz“, der erste schwule Buchladen Europas. Nun musste man Randgruppenschriften nicht länger verschämt im Pornoshop einkaufen. Im Jahr darauf dann der erste CSD – die erste Schwulendemo übrigens fand schon Jahre zuvor im katholischen Münster statt. 1981 wurde der Bruno Gmünder Verlag ins Leben gerufen, zwei Jahre später die erste deutsche AIDS-Hilfe und 1986 ein weiterer Meilenstein in der schwulen Geschichte: das erste schwule Museum öffnete seine Toren und hat seither seinen selbstverständlichen Platz in der Museenlandschaft Berlins.

Eisenherz, der erste schwule Buchladen Europas

Im selben Jahr hob man den schwulen Sportverein Vorspiel aus der Taufe und hatte gleich mit starkem Gegenwind zu kämpfen: Der Berliner Leichtathletik Verband verweigerte nämlich über Jahre hinweg die Aufnahme, da ihm das „Vorspiel“ im Namen zu anrüchig war. „Sexuelle Neigungen gehören nicht in den Titel“, so der Verband. Man sah das „sportliche und gesellige Vereinsleben“ gefährdet. Sogar die Gerichte wurden bemüht. Das Kammergericht Berlin entschied 1992, dass die Verbindung von „Vorspiel“ und „Schwuler“ eine „unsachliche, der Integration aller Leichtathleten entgegenwirkende Emotion“ bewirke.

Nur ständiger Druck aus Politik, Gesellschaft und Sport vermochte den Verband zu überzeugen und mit einem kleinen sprachlichen Trick klappte die Akzeptanz. Die schwulen Sportler änderten ihren Namen von „Vorspiel – Schwuler Sportverein“ in „Vorspiel – Sportverein für Schwule und Lesben“. So wurden die Worte „Vorspiel“ und „schwul“ „räumlich und sinngemäß“ getrennt, wie der Verband schrieb und so waren die „Bedenken erledigt“. Heute halten sich bei Vorspiel rund 1000 Frauen und Männer fit, der Verein ist damit einer der größten seiner Art in Europa. Es geht beim Sport eben nicht nur um die körperliche Bewegung, Sport hat eine wichtige gesellschaftliche Funktion und trägt zu Toleranz und Akzeptanz bei. Welche Rolle Sport dabei spielt, wurde besonders deutlich, als sich der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen bereit erklärte, als Schirmherr der Euro Games 1996 zu fungieren.

Die Vereinigung beider deutschen Teilstaaten lieferte ganz neue Impulse: Techno wurde zum Soundtrack von Berlins drittem Coming Out. Die wummernden Klänge wurden auf illegalen Partys in verlassenen und halb verfallenen Gebäuden im Ostteil der Stadt gespielt. Schnell gingen dabei Musik und Sex eine Verbindung ein.

Die unter dem Motto „Pornos von uns für uns“ gegründete Produktionsfirma Cazzo kreierte nach ausgiebigem Casting in der Berliner Schwulenszene ihren ersten Pornofilm „Berlin Techno Dreams“ unter anderem im autonomen Szeneclub Eimer in einem Abbruchhaus in Mitte. Unmassen von Statisten waren für die Tanzszenen der Rahmenhandlung engagiert worden. Mit einem Schlag kannte fast jeder in der Szene jemanden, der schon mal in einem Porno mitgespielt hatte. Porno fing an, salonfähig zu werden.

CSD am Brandenburger Tor

Die Loveparade wurde größer und größer. Und Cazzo mit seinen szeneverankerten Pornoproduktionen, die in munterer Reihe folgten und in denen man immer wieder auch gute Bekannte und Gesichter aus den Clubs und Bars entdecken konnte, schaffte es gar, einen eigenen Berliner Pornoprototyp in der fleischigen Bilderwelt zwischen Ami-Muskelschnitten und Ostblock-Lustknaben zu etablieren – eine Mischung aus Fetischbürschchen und Rotzlöffel. Seitdem sind Produktionen wie Wurstfilm, Spritzz oder Berlinstarfilm dazugekommen. Überhaupt hat die deutsche Pornoindustrie die Stadt zu ihrer Homebase gemacht und leistet mittlerweile unschätzbare PR-Arbeit für ihr Image als öffentlicher Verkehrsbetrieb.

Gleichzeitig wurde Homosexualität salonfähig und erlebte einen besonderen Schutz: nach Brandenburg und Thüringen war Berlin in den Neunzigern das dritte Bundesland, das Schwulen Gleichberechtigung zusicherte. 1995 trat die neue Berliner Verfassung in Kraft, nach der niemand mehr wegen seiner (Homo-) Sexualität benachteiligt werden darf und die Diskriminierung aller auf Dauer angelegten Lebenspartnerschaften verbietet. 2001 schließlich ein weiterer rosa Meilenstein: der erste deutsche Spitzenpolitiker outete sich und wurde (trotzdem?) zum Regierenden Bürgermeister gewählt. Klaus Wowereit (SPD) war im selben Jahr sogar noch Bundesratspräsident, hatte somit protokollarisch das vierthöchste Staatsamt der Bundesrepublik inne – so weit hatte es bisher noch kein offen Schwuler geschafft!

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