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E-Book

Strategieentwicklung für Unternehmensfunktionen

Operative Bereiche und Funktionen strategisch ausrichten

AutorWalter Dietl
VerlagSchäffer-Poeschel Verlag
Erscheinungsjahr2018
Seitenanzahl235 Seiten
ISBN9783791035444
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis35,99 EUR
Über Strategie und Strategiearbeit gibt es meterweise Literatur. Zur Strategiearbeit für Unternehmensfunktionen und -bereiche kein einziges Buch. Bis jetzt! Walter Dietl beschreibt erstmals, wie wirkungsvolle Strategien aus Funktionsbereichssicht gestaltet werden können, die das gesamte Unternehmen erfolgreicher und zukunftsfähiger machen. Schritt für Schritt, mit konkreten Leitfäden, Methoden, Tools und Fallbeispielen aus der Praxis. Das Buch ist Anleitung zum Perspektivwechsel, mit dem jeder Bereich die Zukunft professionell gestalten und zum Gelingen einer Gesamtstrategie beitragen kann - sei es die IT, die Produktion, HR oder der Vertrieb. Jenseits von Silodenken oder reiner Unterstützungsfunktion. Haben Sie alle Funktionsbereiche Ihres Unternehmens richtig im Blick?

Walter Dietl Walter Dietl studierte Betriebswirtschaft an der WU Wien sowie Gruppendynamik in Klagenfurt und ist langjährig in der Beratung tätig. Als systemisch ausgebildeter Berater und Partner der Unternehmensberatung osb International liegen seine Arbeitsschwerpunkte in der Strategiearbeit und der Gestaltung von Organisationsdesigns. In diesem Rahmen verfügt er über breite Erfahrungen in der Entwicklung von Funktionsstrategien, u.a. in den Bereichen HR, Entwicklung, IT, Qualität, Facility Management, F&C.

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Leseprobe

3   Funktionsstrategien


3.1   Funktionsstrategie als Perspektive


Wie oben (siehe Kapitel 2.2.3) beschrieben, sind die beiden gängigen Sichtweisen auf Funktionsstrategien – als „Ableitung“ aus einer Gesamtstrategie oder als „Input“ für die Erstellung einer Gesamtstrategie – gleichermaßen unbefriedigend. Bei der Idee der Ableitung wird die eminente Bedeutung von Bereichen und Funktionen für das Ganze nicht ausreichend in die Entwicklung der Gesamtstrategie einbezogen – was ist eine Strategie wert, die spezifische Anforderungen von Kernbereichen wie z. B. Entwicklung oder Vertrieb nicht von vornherein berücksichtigt? –, bei der Idee der Integration von Bereichsstrategien zu einer Gesamtstrategie wird die Perspektive des größeren Ganzen möglicherweise zu wenig berücksichtigt.

Mit der Unterscheidung von Funktion als „Perspektive“ und Funktion als Organisationseinheit findet man aus diesen Widersprüchen heraus. Die Funktionsperspektivemeint hier einen spezifischen Blickwinkel auf die Gesamtorganisation, unabhängig davon, welche Organisationseinheiten damit unmittelbar verbunden sind. Am Beispiel der Human Resources (HR) bedeutet dies: Die Personalperspektive einer Geschäftsstrategie berücksichtigt, dass „Personalarbeit“ immer eine Koproduktion von Führungskräften überall in der Organisation und „PersonalerInnen“ ist. Letztere sind meist in einem HR-Bereich organisatorisch zusammengeführt. Ist im Rahmen einer neuen Geschäftsstrategie eine grundlegende Veränderung der Personalarbeit notwendig – z. B. höhere Attraktivität für ältere/jüngere Arbeitnehmer, flexiblere Karrieremodelle, mehr internationale Führungskräfte etc. – so ist dies auch als Teil der Geschäftsstrategie des Unternehmens (bzw. Unternehmensbereichs) zu formulieren. Eine „Auslagerung“ solcher funktionalen Grundsatzentscheidungen in Strategiepapiere oder Umsetzungspläne von Funktionsbereichen führt regelmäßig dazu, dass auch die Umsetzung dorthin adressiert wird. Wie hier am Beispiel Personalarbeit gezeigt, ein klares Missverständnis.

Funktionen – egal ob Teil des Kernprozesses wie Entwicklung, Produkt-/Dienstleistungserstellung und Vertrieb oder der Supportfunktionen wie IT, HR, Finanzen etc. – sind als Perspektive (!) integraler Bestandteil einer Geschäftsstrategie. Jedes Führungsteam, das eine Strategie erarbeitet, sollte daher dafür sorgen, dass Experten ihre jeweilige Perspektive bei der Entwicklung der Gesamtstrategie einbringen können. Die Beschreibung der funktionalen Entwicklungsrichtung erfolgt bereits in der Geschäftsstrategie. Hier wird festgelegt, dass die Entwicklungszyklen kürzer auszurichten sind, die Produktion flexibler, die IT standardisierter, der HR-Bereich dezentraler etc.

Merke

Funktionen sind als Perspektive integraler Bestandteil einer Geschäftsstrategie. Ihre Ausrichtung ist im Kern eine General-Management-Entscheidung.

Der funktionsbezogene Teil einer Gesamtstrategie hat daher insbesondere folgende Kriterien zu erfüllen:

  1. Vollständigkeit: Sind alle Schlüsselbereiche der Organisation in ihrer Kernleistung (=Funktion) im Rahmen der Gesamtstrategie erfasst? Geschäftsstrategien, die wesentliche Umsetzungsaspekte einzelner Funktionen nicht von vornherein berücksichtigen, riskieren nicht nur die Umsetzung, sondern untergraben auch die Glaubwürdigkeit der Führung, die die Strategie erarbeitet und entschieden hat.

    Beispiel: In der Strategie eines bislang auf Firmenkunden (Handwerker) fokussierten Herstellers von Solarpanels wird der Aufbau einer neuen Produktlinie geplant, die über Baumärkte direkt an Endverbraucher vertrieben werden soll. Neben Produktentwicklung, Produktion und dem notwendigen Aufbau des entsprechenden Vertriebs ist hier insbesondere auch der Aufbau einer endkundenorientierten Support- und Serviceorganisation zu gestalten, sonst kann der Aufbau dieses neuen Vertriebskanals in Zeiten von sozialen Medien schnell zu einem kommunikativen Desaster werden.

  2. Vernetzung, wechselseitige Abhängigkeiten, Passung der Zeithorizonte: Sind die wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen den Aktivitäten in den einzelnen Bereichen berücksichtigt und inhaltlich sowie zeitlich aufeinander abgestimmt?

    Beispiel: Ein Unternehmen will in Indien das Geschäft aufbauen, berücksichtigt beim Zeithorizont aber weder die Dauer des Aufbaus von lokalem Personal noch die im Vergleich zu Europa höhere Wechselbereitschaft – beides Themen, die im HR-Bereich bekannt sind.

  3. Berücksichtigung der funktionsspezifischen Logiken: Entwickler „ticken“ anders als Produzierer. Das ist hier nicht als – natürlich unzulässige – verallgemeinernde psychologisierende Behauptung gemeint, sondern bezieht sich auf unterschiedliche Schlüsselerfolgskriterien, die typischerweise für diese Funktionsbereiche gelten. Die Qualität der Entwicklung wird meist am Innovationsgrad der Produkte gemessen, während als Qualität der Produktionsleistung insbesondere eine Optimierung der Ausbringungsmenge und der Kosten bei Einhaltung der geforderten Qualität gesehen wird. Die Geschäftsstrategie muss daher die Ziele so formulieren, dass die Erfolgsmaßstäbe der Funktionen entweder berücksichtigt sind – oder diese im Rahmen der Strategie verändern.

  4. Balance zwischen den Funktionen: Geschäftsstrategien sollten die Erfordernisse aller relevanten Funktionen in ähnlicher Art und Weise berücksichtigen. Eine einseitig auf die Anforderungen des Vertriebs ausgerichtete Strategie („maximale kurzfristige Flexibilität zur Erfüllung aller Kundenwünsche“) wird möglicherweise die nur unter relativ stabilen Planungen hocheffizienten Prozesse der Leistungserstellung einer Fertigung so durcheinander bringen, dass am Ende weder die Qualität noch die Kosten stimmen – und damit die Kundenwünsche erst recht nicht erfüllt werden.

Merke
Gütekriterien für die Funktionsperspektive in der Gesamtstrategie
  • Vollständigkeit: Sind alle Funktionen erfasst?

  • Vernetzung: Sind wechselseitige Abhängigkeiten berücksichtigt?

  • funktionsspezifische Logiken: Sind spezifische Erfolgskriterien berücksichtigt?

  • Balance: Ist einseitige Schwerpunktbildung erfolgreich vermieden?

Die Gesamtheit aller funktionsbezogenen Entscheidungen innerhalb einer Gesamtstrategie zu beschreiben, würde heißen, viele Meter Fachliteratur zu jeder einzelnen Unternehmensfunktion in Kurzfassung wiederzugeben. Die im folgenden angeführten Beispiele sollen aber deutlich machen, welche Entscheidungen im Sinne der gesamtunternehmerischen Verantwortung zu treffen sind – und nicht auf die fachliche Verantwortung eines Teilbereichs der Organisation geschoben werden können.

3.1.1   Beispiel: IT-Fragen im Rahmen einer Gesamtstrategie


Die Beherrschung der für das eigene Geschäft notwendigen Informationstechnologie (IT) wird zunehmend als entscheidender Wettbewerbsfaktor gesehen. Dass besonders in diesem Feld die Branchengrenzen geradezu durcheinander purzeln, rückt das Thema in das Bewusstsein der obersten Führungsebene – die allerdings häufig schlecht darauf vorbereitet ist, entsprechende Grundsatzentscheidungen zu treffen. IT-Unternehmen wie Google werden zur Bedrohung für die Automobilindustrie (Stichwort: automatisiertes Fahren), Dienstleistungsbranchen oder auch der ganze Bereich der Fertigung werden durch die mögliche Vernetzung revolutioniert (Stichwort: Uber, Industrie 4.0), interne und externe Grenzen verschwimmen (Stichwort: Social Media), Personalstrategien können ohne Berücksichtigung von IT-Plattformen nicht mehr gemacht bzw. umgesetzt werden (Stichworte: Social Media, Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Kununu oder Jobvoting). Die folgende Abbildung 8 fasst im Rahmen einer Gesamtstrategie wichtige IT-Themen zusammen.

IT-Thema im Rahmen GesamtstrategieFragenBeispiel
Festlegung der strategischen Bedeutung der IT (ggf. inkl. Bestimmung des Investitionsvolumens)
  • Wie wird die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung („Internet of Things“) das eigene Geschäft verändern?
  • Welche Elemente einer zukünftigen – durch Digitalisierung veränderten – Wertschöpfungskette sollen selbst abgedeckt werden? Was wird zugekauft?
Automobilhersteller und Zulieferer kooperieren zunehmend mit Kartenherstellern (z. B. TomTom) oder Smartphone-Herstellern (Apple). Wer am Ende die direkte Schnittstelle zum fahrenden Endkunden kontrolliert, ist eine offene und umkämpfte strategische Grundsatzfrage.
Festlegung, welche IT-Anwendungen unternehmensweit bzw. lokal verfügbar sein sollen
  • Welche IT-Applikationen sollen überall verfügbar sein? Welche überall verpflichtend eingesetzt werden?
  • Was kann/darf lokal geregelt werden?
  • Anmerkung: Voraussetzung für identische IT-Anwendungen sind natürlich identische Geschäftsprozesse. Genau deshalb ist dies eine Führungsentscheidung und keine „technische“ IT-Entscheidung.
In mehreren Ländern aktive Banken stehen immer vor der Frage, welche IT-Anwendungen an lokale (Endkunden-)Bedürfnisse angepasst werden sollen und was übergreifender Standard sein soll. Zu viel...
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