Da Fluid-Feststoff-Systeme in der stoffumwandelnden Industrie bei einer Vielzahl von Prozessen eine bedeutende Rolle spielen, stellt die Suche nach immer effizienteren und kostengünstigeren Reaktoren eine laufende wissenschaftliche und wirtschaftliche Herausforderung dar. Aus der Forderung, eine lange Feststoffverweilzeit mit einem guten Stoff- und Wärmeaustausch zu kombinieren, ist das Reaktorkonzept des Ringwirbelschichtreaktors entstanden.
Um die Risiken bei der Auslegung und beim Betreiben eines industriellen Ringwirbelschichtreaktors zu minimieren, war sowohl eine möglichst detaillierte und systematische experimentelle strömungsmechanische Charakterisierung des Ringwirbelschichtreaktors als auch dessen Modellierung unerlässlich.
Im Rahmen einer Kooperation mit der Outotec GmbH wurden hierzu methodische Untersuchungen an einer Labor- und einer Pilotanlage mit einem querschnittsbezogenen Vergrößerungsfaktor von 15 unter Umgebungsbedingungen durchgeführt. Nach der Begrenzung der stabilen Betriebsbereiche der Anlagen lag der Schwerpunkt der Untersuchungen auf der Charakterisierung der Feststoffeinmischung an der Mündung der Zentraldüse in Abhängigkeit zahlreicher betriebsbedingter und geometrischer Parameter. Die so gewonnenen experimentellen Ergebnisse wurden dann herangezogen, um ein zweiteiliges Modell zur quantitativen und qualitativen Berechnung der Feststoffeinmischung abzuleiten.
Zur Untersuchung der vertikalen Gas-Feststoff-Strömung kamen im Rahmen dieser Arbeit global und lokal messende Verfahren zum Einsatz. Durch hoch zeitaufgelöste Druckmessungen im Bereich der Zentraldüse konnten stabile Betriebsbereiche der Anlagen zwischen dem Eintreten des Düsendurchfalls und der stoßenden Wirbelschicht eingegrenzt werden. Zusätzliche axiale Druckprofile entlang der gesamten Anlage ermöglichten die Charakterisierung der globalen Entwicklung der Strömung. Lokale Informationen über die Feststoffkonzentration, die axiale Feststoffgeschwindigkeit und die Querschnittsbelastung konnten dagegen mit Hilfe eines berührungsbehafteten kapazitiven Messsystems gewonnen werden. Bei der Auswertung der Daten wurde besonderes Augenmerk auf die Behebung system- und messbedingter Fehlerquellen gesetzt, die durch die Implementierung zahlreicher Auswahlkriterien unter Berücksichtigung neuer Konzepte ermöglicht wurde. Zu den bedeutsamen Erkenntnissen gehören die Unterscheidung zwischen Strähnen- und gesamter Feststoffkonzentration, zwischen anzahl- und zeitgemittelter Querschnittsbelastung und die Aufdeckung des Einflusses der Wand auf das Messsignal der kapazitiven Sonden.
Das Auftreten eines Düsendurchfalls von Feststoff ist für die prozessgerechte Auslegung der Einlaufströmung in der Zentraldüse von besonderer Bedeutung. Ein stabiles Betriebsverhalten in der Anlage wird dabei nur erreicht, wenn die von den Blasen hineingeworfenen Feststoffcluster von den Turbulenzen der Strömung wieder aufgelöst und in die Wirbelmischkammer mitgerissen werden oder wenn Rückströmbereiche innerhalb der Zentraldüse unterbunden werden. Dafür muss zum einen die Zentraldüse über ein angemessenes L / D-Verhältnis verfügen oder hinreichende Turbulenzen erzeugen können. Zum anderen muss eine größere Gasgeschwindigkeit als die Einzelkornsinkgeschwindigkeit der „Cluster“ eingestellt werden.
Alle an lokalen und globalen Messungen gewonnenen Erkenntnisse weisen auf eine sowohl radial wie axial ausgeprägte Feststoffverteilung in der Anlage hin. Während die Ringwirbelschicht eine über dem Querschnitt gleichmäßige Feststoffkonzentration ähnlich derjenigen bei Minimalfluidisation der blasenbildenden Wirbelschicht zeigt, liegt in den ersten Zentimetern der Wirbelmischkammer ein hochkonzentrierter Ringbereich vor, der durch ein signifikantes Konzentrationsgefälle in Richtung der Anlagenmitte gekennzeichnet ist und mit steigendem Feststoffinventar in der Wirbelmischkammer zunimmt. Dieser hochkonzentrierte Feststoffbereich umgibt einen zentralen Jet unmittelbar an der Mündung der Zentraldüse, der durch hohe Feststoffgeschwindigkeiten charakterisiert ist. Im oberen Teil der Wirbelmischkammer tritt ein kleiner Druckgradient auf, der für die externe Feststoffrezirkulation charakteristisch ist und maßgeblich von der Gasgeschwindigkeit in der Zentraldüse und der Höhe der Wirbelmischkammer abhängt. In diesem Bereich ist das voll entwickelte Strömungsprofil einer zirkulierenden Wirbelschicht mit einer „Kern-Ring-Strömung“ vorhanden.
Die detaillierte Betrachtung der Feststoffeinmischung im Jetbereich oberhalb der Zentraldüse zeigt die herausragende Rolle der Blasen im Ring, die beim Zerplatzen an der Kante der Zentraldüse Feststoff in den Jetbereich katapultieren. Durch die Regelung der Fluidisierung im Ring oder dessen Höhe kann zusätzlich die Blasengröße und Blasengeschwindigkeit eingestellt und somit die Intensität der Feststoffeinmischung in den zentralen Jet gezielt gesteuert werden: der Ring dient als „Feststofffeeder“. Der Abtransport des eingemischten Feststoffs erfolgt dagegen durch die Einstellung der Gasgeschwindigkeit in der Zentraldüse.
Die Dominanz beider Mechanismen auf die Strömungsstruktur eines Ringwirbel-schichtreaktors kann man ausnutzen, um mit Hilfe eines einfachen Modells Aussagen über die Einmischung in beliebigen Reaktorgrößen vorauszuberechnen. Bei diesem zweistufigen Modell wird zum einen die Menge an Feststoff, die durch den konvektiven Transport der Blasen oberhalb der Zentraldüse eingeworfen werden kann, abgeschätzt und zum anderen die Partikelbahn des eingemischten Feststoffs als Funktion der eingestellten Gasgeschwindigkeiten und Geometrien berechnet. Dabei lässt sich zeigen, dass die größeren Blasen, die bei großen Anlagen vorliegen, „Cluster“ statt Einzelpartikel in den Jetbereich transportieren und somit für eine gute Einmischung auch bei einer breiten Zentraldüse sorgen. Als Scale-up Größe entspricht der Clusterdurchmesser 0,6 % vom Blasendurchmesser. Desweiteren hat sich das Verhältnis des Blasendurchmessers zum Durchmesser der Zentraldüse d B / D ZD als zentrale Größe für die Steuerung der Feststoffeinmischung ergeben. Das Verhältnis von Ringwirbelschicht zu Zentraldüsendurchmesser D RWS / D ZD dagegen kommt nur in Kombination mit der Höhe der Wirbelmischkammer zur Festlegung der externen Feststoffrezirkulation zum Tragen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden somit Messdaten und ein einfaches Modell zur Beschreibung der Strömungsstrukturen in Ringwirbelschichtreaktoren vorgestellt. Die hier präsentierten Erkenntnisse bilden in Verbindung mit den hergeleiteten Scale-up Kriterien eine wesentliche Grundlage, um das Auslegen und Betreiben von Ringwirbelschichtreaktoren verbessern zu können.
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