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Strukturwandel und die Dynamik von Abhängigkeiten

Ein Theorieansatz und seine Illustration am deutschen Kabelnetzsektor

AutorMatthias Kempf
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl247 Seiten
ISBN9783835095960
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis46,99 EUR
Matthias Kempf verdeutlicht, dass die Positionierung eines Unternehmens in der Wertschöpfungskette nur optimiert werden kann, wenn die Unternehmen sämtliche marktlichen und politischen Abhängigkeiten in ihrem Umfeld in Betracht ziehen.



Dr. Matthias Kempf promovierte bei Prof. Dr. Dres. h.c. Arnold Picot am Institut für Organisation der Universität München.

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Leseprobe
4 Koordiniertheit auf ökonomischen und politischen Märkten (S. 63-64)

Im vorangegangenen Kapitel wurde ein allgemeines Gerüst handlungsrelevanter Determinanten entwickelt und erklärt. Anhand dieser werden in diesem und im darauf folgenden Abschnitt die Struktur und die Dynamik institutionalisierter Koordinationsformen abgeleitet. Das Vorgehen orientiert sich dabei an der in Abbildung 1 illustrierten Segmentierung in verschiedene Gruppen von Mechanismen des Zwei- Ebenen-Modells. In Kapitel 0 wird mittels des soeben entwickelten Grundmodells die über Korrespondenzregeln verbundenen Makro-Mikro- und Mikro-Makro-Mechanismen erläutert, während im anschließenden fünften Kapitel die Wirkungsweise der Mikro-Mikro-Mechanismen, die den eigentlichen organisatorischen Wandel erzeugen, im Detail betrachtet wird. Im Fokus des vorliegenden Anschnitts steht damit die Analyse eines stabilen Zustands. Spezifischer ausgedrückt widmet sich das Kapitel der Frage, welche Koordinationsformen aus der Willensbildung ökonomischer und politischer Akteure resultieren, und zwar unter der Prämisse, dass die im vorangegangenen Kapitel ermittelten Determinanten für die Willensbildung der Unternehmen handlungsleitend sind.456

Stabilität besteht im Verständnis dieser Arbeit folglich dann, wenn Ziele und Strategien der Unternehmen mit den strukturellen Eigenschaften ihres Umfelds in Einklang stehen. Dieser Zustand wird als Koordiniertheit und im Hinblick darauf, dass er den Ausgangspunkt eines dynamischen Prozesses darstellt, als initiale Koordiniertheit457 bezeichnet. Das Kapitel gliedert sich in drei Abschnitte. Zunächst erfolgt die Ableitung und Erläuterung der Strukturen ökonomischer Märkte (Kapitel 4.1).

Im Anschluss daran werden in Abschnitt 4.2 die Beziehung und die Interaktion zwischen Unternehmen und den Institutionen der politischen Ebene erläutert. Der Integration der beiden Ebenen in ein vereinheitlichtes und analytisch untermauertes Modell erfolgt in Abschnitt 4.3.

4.1 Koordinationsformen auf ökonomischen Märkten

Unter den zahlreichen Ansätzen, die sich mit der Struktur der ökonomischen Leistungserstellung in arbeitsteiligen Systemen auseinandersetzen, finden sich einige Literaturbeiträge, die zur Erklärung der dabei auftretenden Organisationsformen auf die Konstrukte Abhängigkeit und Macht als konstituierende Variablen abheben und sich daher als Ausgangspunkt für die vorliegende Aufgabe besonders anbieten.458

Im Folgenden wird insbesondere auf den Überlegungen in der Arbeit von Tröndle (1987) aufgebaut. Tröndle nähert sich in seiner Arbeit der Organisation ökonomischer Tauschbeziehungen über den Begriff der Kooperation. Er unterscheidet diesbezüglich zwei Ausprägungen. In einer redistributiven Kooperation verfolgen die kooperierenden Akteure459 ein oder mehrere gemeinsame Ziele durch die Zusammenlegung von Ressourcen.

Der dabei in der Regel erwirtschaftete Mehrertrag gegenüber der Summe der Einzelerträge der Unternehmen in einer isolierten Vorgehensweise wird als Synergie oder Kooperationsrente bezeichnet und zwischen den Kooperationspartnern aufgeteilt. Dabei handelt es sich um ein klassisches Verteilungsproblem, das in der Regel Gegenstand ex ante verhandelter Verträge oder mündlicher Absprachen zwischen den Akteuren ist. In einer reziproken Kooperation hingegen verfolgen die Kooperationspartner meist unterschiedliche Ziele. Ihr liegt prinzipiell immer ein Tausch von Ressourcen zu Grunde, wie dies z.B. in einer Kunden-Lieferantenbeziehung der Fall ist.

Im Gegensatz zu redistributiven Kooperationen tauchen in reziproken die Verteilungsprobleme nicht im Zusammenhang mit der Verteilung der Kooperationsrente, sondern mit der Aufteilung der Wertschöpfung in Erscheinung.460 Gemeinsam ist beiden Formen, dass die Problematik von Kooperationen stets auf Verteilungsproblemen und wechselseitiger Zielinterdependenz der Partner beruht. Da Kooperationen grundsätzlich freiwillig stattfinden, interagieren die Akteure grundsätzlich nur dann, wenn sie sich davon einen Vorteil erhoffen.461 Unter das weite Verständnis von Ressourcenbeziehungen im Rahmen der Ressourcenabhängigkeitstheorie lassen sich sowohl reziproke als auch distributive Kooperationen im Sinne Tröndles subsumieren. Beide Formen sind darum in die Analyse miteinzubeziehen.
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort6
Vorwort8
Inhaltsverzeichnis10
Abbildungsverzeichnis16
Tabellenverzeichnis18
Abkürzungsverzeichnis20
1 Einleitung22
1.1 Problemstellung und Motivation22
1.2 Forschungsbedarf und Zielsetzung des Projekts24
1.2.1 Theoretischer Forschungsbedarf24
1.2.2 Pragmatischer Forschungsbedarf25
1.3 Forschungsdesign26
1.3.1 Konzeptionelles Forschungsdesign27
1.3.2 Technisches Forschungsdesign30
1.3.3 Übersicht des Forschungsprozesses33
1.4 Aufbau der Arbeit34
2 Entwicklung der Problemdarstellung und Auswahl einer Kerntheorie36
2.1 Perspektive auf die Problemstellung36
2.2 Organisationen und ihr Verhalten gegenüber der Umwelt37
2.2.1 Individuelle Nutzenmaximierung und Opportunismus37
2.2.2 Unsicherheit, begrenzte Rationalität und partielles Wissen38
2.2.3 Information, Wissen und Entscheidung39
2.2.4 Pfadabhängigkeit als Element des dynamischen Wandels42
2.3 Die Position des Unternehmens im organisatorischen Feld43
2.3.1 Institutionelle Perspektive44
2.3.2 Stakeholdertheoretische Perspektive45
2.4 Das vertikale und horizontale Beziehungsnetzwerk von Unternehmen46
2.4.1 Horizontale Dimension46
2.4.2 Vertikale Dimension47
2.4.3 Interdependenzen und Konflikte48
2.5 Auswahl einer Kerntheorie für das weitere Vorgehen50
2.5.1 Ein Bezugsrahmen zur Analyse interorganisationalen Wandels50
2.5.2 Theorienvergleich und Auswahl einer Kerntheorie51
2.6 Die Ressourcenabhängigkeitstheorie als Kerntheorie für einen Ansatz strukturellen Wandels54
2.6.1 Ursprünge, Motive und Einordnung54
2.6.2 Grenzen und Zielsetzung der Organisation in der Ressourcenabhängigkeitstheorie55
2.6.3 Das Erklärungsmodell der Ressourcenabhängigkeitstheorie56
2.6.4 Die Umweltstrategien der Unternehmen59
2.6.5 Kritische Würdigung und weiteres Vorgehen62
3 Ein Grundmodell bilateraler Umweltbeziehungen66
3.1 Die Organisation als zielgerichtetes Sozialsystem66
3.1.1 Zielsysteme, Zieldefinitionen und Erfolg66
3.1.2 Strategien als systematisch geplantes Vorgehen zur Zielerreichung68
3.1.3 Integration in das Zielkonzept der Ressourcenabhängigkeitstheorie69
3.2 Unternehmerische Entscheidungen unter Unsicherheit70
3.2.1 Entscheidungsrelevante Formen von Unsicherheit70
3.2.2 Risiko und Risikoeinstellung71
3.3 Macht und Abhängigkeit73
3.3.1 Machtpotenzial, Machtbasis und Machtdeterminanten74
3.3.2 Machtformen75
3.4 Erstellung eines Grundmodells externer Umweltbeziehungen der Organisation77
3.4.1 Die organisationale Wahrnehmung von Umweltbeziehungen78
3.4.2 Das Grundmodell externer Umweltbeziehungen als Ressourcentausch81
4 Koordiniertheit auf ökonomischen und politischen Märkten84
4.1 Koordinationsformen auf ökonomischen Märkten84
4.2 Die Beziehung von Unternehmen und Staat93
4.2.1 Perspektiven und Elemente politischer Märkte93
4.2.2 Ziele des staatlichen Eingriffs in ökonomische Märkte96
4.2.3 Politische Ziele und Strategien der Unternehmen98
4.2.4 Formen des unternehmerischen Einflusses im politischen Prozess102
4.2.5 Zwischenbetriebliche Koordinationsformen der politischen Einflussnahme109
4.3.1 Grundkomponenten des Modells von Coleman (2006)111
4.3.2 Konstruktion der Abhängigkeitsmatrix113
4.3.3 Determinanten der Abhängigkeit in Colemans Modell115
4.3.4 Zwischenfazit116
5 Auslösung und Verlauf des strukturellen Wandels auf ökonomischen Märkten118
5.1 Konflikte: Begriffsdefinitionen und Klassifikationen118
5.1.1 Begriffsdefinitionen118
5.1.2 Klassifikationen und Konfliktarten119
5.2 Die Elemente organisatorischen Wandels121
5.2.1 Transformation und die Auslösung organisatorischen Wandels121
5.2.2 Transition125
5.3 Der Verlauf organisationalen Wandels133
5.3.1 Ein zyklisches Modell organisationalen Wandels133
5.3.2 Die Dynamik des Organization Set138
5.4 Handlungsempfehlungen143
5.4.1 Die Wahl der Unternehmensstrategie143
5.4.2 Die Gestaltung von interorganisationalen Beziehungen unter Risiko144
5.4.3 Unternehmerische Normstrategien zur Gestaltung bilateraler Beziehungen145
5.4.4 Das Management des Organization Set147
5.4.5 Exkurs: Erfolgsfaktoren im Prozess strukturellen Wandels148
5.5 Zusammenfassung150
6 Fallstudie: Die strukturelle Entwicklung des deutschen Kabelnetzsektors154
6.1 Motivation und Ausgangslage154
6.1.1 Vorbemerkungen154
6.1.2 Der deutsche Kabelnetzsektor 2005155
6.1.3 Exkurs: Kommentar zur Datenlage157
6.1.4 Literaturübersicht zum deutschen Kabelnetzsektor158
6.1.5 Aufbau der Fallstudie161
6.2 Entstehung der deutschen Kabelnetzstruktur und des dualen Rundfunksystems162
6.2.1 Die Frühphase des Fernsehens in Deutschland162
6.2.2 Technischer Fortschritt in den 60er und 70er Jahren163
6.2.3 Die Trennung der Netzebenen166
6.2.4 Sendervielfalt und Netzausbau166
6.2.5 Erste Zwischenbetrachtung: Die frühe historische Entwicklung167
6.3 Digitalisierung und Deregulierung168
6.3.1 Pay-TV in den 90er Jahren168
6.3.2 Die Pilotprojekte zur Digitalisierung des Kabelfernsehens170
6.3.3 Deregulierung und Liberalisierung171
6.3.4 Zweite Zwischenbetrachtung: Die erste Pay-TV-Phase in Deutschland172
6.4.1 Der technische Zustand des deutschen Kabelnetzes im Jahr 2000173
6.4.2 Die Struktur des zum Verkauf stehenden Kabelnetzsektors176
6.4.3 Die Pläne der Investoren179
6.4.4 Verlauf und Ergebnisse des Verkaufsprozesses181
6.4.5 Dritte Zwischenbetrachtung: Der Verkauf des Kabelnetzes184
6.5 Pay-TV-Strategien und die Abhängigkeiten der Kabelnetzbetreiber186
6.5.1 Motivation der neuen Eigentümer186
6.5.2 Komponenten der Pay-TV-Strategie188
6.5.3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Pay-TV-Strategie191
6.5.4 Analyse der Abhängigkeiten in der Pay-TV-Strategie196
6.5.5 Exkurs: Die Strategie von Kabel Baden-Württemberg210
6.5.6 Vierte Zwischenbetrachtung: Abhängigkeiten im Geschäftsmodell des Pay-TV und Implikationen211
6.6 Der Status quo des deutschen Kabelnetzsektors213
6.6.1 Die Wertschöpfungsstruktur des Kabelnetzsektors 2005213
6.7 Handlungsempfehlungen215
6.7.1 Neue Impulse im deutschen Kabelnetzsektor215
6.7.2 Beurteilung der strategieinduzierten Interdependenzen und Ableitung einer Normstrategie216
6.7.3 Strategieauswahl und -umsetzung221
6.8 Fazit der Fallstudie und Ausblick223
7 Fazit226
Anhang228
Literaturverzeichnis232
Stichwortverzeichnis266

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