Erst mal ganz großen Dank, dass du dieses Buch gekauft hast oder es dir hast schenken lassen. Halt ich für ’ne gute Wahl. Nicht nur für mich – ich freue mich über jeden, der sich für eine gesunde und trotzdem leckere Ernährung interessiert und begeistern kann –, sondern auch für dich, eben weil die Gerichte, die ich für mein erstes Buch zusammengestellt habe, genau das bieten:
Rezepte, die einem guttun sollen.
Ich halte nicht viel von strengen Ernährungskonzepten, die je nach Lust und Laune oder Wellenbewegung die Gazetten und das Netz rauf- und runtergetrieben werden und auf einmal als das Hippste gelten, was man gerade auf den Tisch bringen kann. Die einem entweder alles vorschreiben oder verbieten, die dogmatisch sind und einem keine Freiheiten lassen oder die aufgrund ihrer eindimensionalen Herangehensweise einfach nicht so schmecken, wie ich mir das vorstelle. Egal, ob Low Carb, Low Fat oder Paleo: Wenn es einem nur noch darum geht, Nahrung zu sich zu nehmen, um Regeln zu befolgen, kann man sich auch gleich an einen Tropf hängen und sich mit dem Nötigsten versorgen lassen. Essen hat meines Erachtens auch eine Menge mit Spaß und Freude zu tun. Ich sehe meine Aufgabe als Koch und Entwickler von stimmigen Gerichten eher darin, dir einen Wegweiser an die Hand zu geben, der es dir ermöglicht, links und rechts vom üblichen Pfad abzubiegen bzw. über den Tellerrand zu gucken, und es dir leicht macht, nach Gefühl zu kochen.
Meine Herangehensweise ist eine pure, direkte Küche, die einem Leitmotiv folgt, das ich „KISS“-Prinzip nennen würde: „Keep it small and simple!“ – oder auf gut Deutsch: Mach’s schnörkellos! Denn gut, gesund und lecker zu essen, hat nichts damit zu tun, möglichst viele exotische Zutaten unter Zuhilfenahme von seltsamen Zubereitungsmethoden zu komplizierten Gerichten zusammenzubasteln. Denn wie wir uns fühlen, hängt eben auch ursächlich damit zusammen, wie wir essen. Umso cooler eigentlich, dass es möglich ist, seine Ernährung so zu tunen, dass sie ein ganz wichtiger Baustein für dein Wohlbefinden sein kann.
Du kannst dich regelrecht fit kochen.
Wie das geht, dazu gibt es in diesem Buch neben den eigentlichen Rezepten auch eine Menge Infos und Anregungen, die wir „Healthy Hints“, also so was wie „Gesundheitshinweise“ nennen. Denn damit kannst du meist auch sehr gut andere Gerichte „bearbeiten“ und optimieren. So wird sich vielleicht dein Bewusstsein dafür, wie einfach es ist, mit kleinsten Tipps und Tricks gesünder zu kochen, ständig erweitern. Ein paar Beispiele: Du wirst kaum ein Gericht finden, in dem raffinierter weißer Zucker verwendet wird, wirst aber bemerken, wie raffiniert es ist, stattdessen getrocknete, gehackte Früchte als Süßstoff einzusetzen. Auf Weizenmehle verzichte ich weitgehend, weil Dinkel das wertigere Getreide ist. Und: Manche Kombinationen von bestimmten Zutaten wirken wahre Wunder. Ein wenig Petersilie als Salat zu Nudeln gereicht, trägt dazu bei, dass unser Säure-Basen-Haushalt reguliert wird. Und ob du es glaubst oder nicht: Diese Balance ist ein wichtiger Baustein, um sich fit zu fühlen. Viele meiner Zutaten haben eine Funktion und entfalten ihre Wirkung deshalb auch so gut. Vielleicht fragst du dich, wieso ich davon überzeugt bin, dass es immer ein wenig gesünder geht, ohne dass es nervt? Ich will dir anhand meiner Lebensgeschichte erklären, wieso ich aus eigener Erfahrung weiß, dass das ein sinnvoller Weg ist.
Ich bin Tarik Rose, alles andere als ein Kunstprodukt.
Womöglich bin ich dir schon das ein oder andere Mal beim Fernsehen oder beim Surfen im Internet begegnet: im ARD-Buffet, als „Beef Buddy“ im ZDF, bei „Iss besser!“ im NDR oder in verschiedenen Formaten bei Privatsendern. Vielleicht bist du aber auch einfach so über meinen Namen gestolpert. Manchmal werde ich gefragt, ob es ein Künstlername ist und wieso denn jemand mit so breiter norddeutscher Aussprache und dem Nachnamen Rose eigentlich Tarik heißt. Die norddeutsche Schnauze ist leicht damit zu erklären, dass ich ein Jung von der Küste bin, waschechter Kieler, wie die Familie meiner Mutter. Meine Mutter und ihr damaliger Lebensgefährte betrieben ein Restaurant in Kiel. Ich lernte früh, dass es auf gute Lebensmittel ankommt, wenn man leckere Gerichte kochen möchte. Lieber eine Zutat weniger, dafür die verwendeten Zutaten von toller Qualität. Mein Vater, den ich erst sehr spät in meinem Leben, mit 34, kennengelernt habe, stammt aus Libyen und ist damit nicht nur mitverantwortlich für meinen arabischen Vornamen (Tarik ist nicht nur der Morgenstern im Arabischen, es steht auch für „den, der an die Tür klopft“), sondern auf für meine Art, Gewürze und Aromen einzusetzen. Aufgewachsen bin ich bei meiner Mutter und den Großeltern. Und da es diesen familiären gastronomischen Hintergrund gab, besserte ich schon früh mein Taschengeld zunächst als Tellerwäscher und später als Pizzajunge auf. Das war eine ziemlich gute Schule und noch heute denke ich: Man kann so viel falsch machen, wenn es um Pizza geht. Aber halt auch so viel richtig! Und wenn man es richtig macht, gibt es kaum was Simpleres, Günstigeres und auch Leckereres und damit ein paar gute Gründe, dem vorgefertigten Teil aus der Tiefkühltruhe Lebewohl zu sagen. Obwohl ich so viel aushalf, hatte ich eigentlich nie vor, beruflich auch in die Gastronomie zu gehen. Gar nicht. Ich wollte etwas Kaufmännisches erlernen, alle Weichen waren schon gestellt, alles schien klar: Zwei Wochen vor Ausbildungsbeginn schmiss ich dann alles um und bemühte mich um eine Azubistelle als Koch. Bereits kurz darauf war mein erster Lehrtag im Restaurant „Fayence“ im „Conti Hansa“-Hotel, dem damals bestimmt besten Restaurant der Landeshauptstadt Kiel. Vom Wasser der Ostsee nur durch einen Park und eine Straße getrennt. Am Hafen, wo die hochhausgroßen Fähren Richtung Oslo und Göteborg ablegen. Die Kreuzfahrer zu ihren Ostseetörns.
Kochen allein reichte mir aber nicht.
Noch während der Ausbildung zum Koch kam ich ebenso von jetzt auf gleich zu einer anderen großen Leidenschaft meines Lebens: Mit ein paar Kollegen wurde ich gebeten, als Trainings-Statist für ein paar Freunde zu dienen, die mit dem American Football angefangen hatten und taktische Formationen einstudieren wollten. Und so stellte ich mich ihnen in den Weg – sehr erfolgreich –, und auch, wenn man es kaum glauben mag, ich war sofort Feuer und Flamme fürs Sich-in-den-Weg-Stellen. Jede freie Minute, die ich nicht mit dem Putzen von Möhren (am Anfang der Ausbildung steht man verdammt wenig am Herd) oder Ähnlichem beschäftigt war, verbrachte ich mit dem großen braunen American-Football-Ei in der Hand. Wir gründeten sogar eine eigene Mannschaft, die Holtenau Condors. Später wechselte ich zu den Baltic Hurricanes Kiel – zunächst zweite Liga, dann erste Bundesliga. Das, was mich am American Football so elektrisiert hat, hilft mir noch heute in der Küche: In den kurzen Ruhephasen, in denen du mit deinen Kumpels den nächsten Angriff durchsprichst, sammelst du die Kraft und die Gedanken, um im nächsten Spielzug von null auf hundert alles zu geben.
Bis zur totalen Erschöpfung.
Leider musst du für diesen Sport ein wenig aussehen wie eine Schrankwand. Die Essgewohnheiten von meinen Mannschaftskollegen und mir waren dementsprechend unserem Hobby angepasst. Wer als Erster in der „Bergklause“ die Schlachtplatte mit dem schönen Namen „Scheiterhaufen“ beim Wettessen weggeputzt hatte, war der König. Über zehn Jahre habe ich diesen intensiv-verrückten Sport ausgeübt. Während meiner Footballerkarriere habe ich nach meinen Jahren im „Fayette“ an verschiedenen Stationen in Schleswig-Holstein Halt gemacht, unter anderem in einem Landgasthof vor den Toren Kiels. Das war beruflich ein großer Schritt: Die Küchenmannschaft und die Inhaber waren unfassbar engagiert, was dann auch dazu führte, dass eben dieser Landgasthof im bis dato von überdurchschnittlich guter Gastronomie recht unterrepräsentierten Bundesland Schleswig-Holstein ins obere Blickfeld des renommierten Restaurantführers Gault Millau rückte. Und das trotz des Spagats zwischen ländlicher und gehobener Küche – und auch, obwohl einer der Köche nebenbei noch eine Menge Zeit auf den American-Football-Feldern der Republik verbrachte und dort unglaublich viel fürs Leben lernte.
Irgendwann wusste der Junge von der Küste, dass er den nächsten Schritt machen muss.
Das hatte auch mit vielen Gedanken zu tun, die mich damals umtrieben. Ich hatte das Gefühl, dass es manchen in meiner Branche nicht mehr um Gastfreundschaft oder Liebe zum Essen ging, sondern nur ums Prestige. Kochen ist aber so viel mehr: Es ist etwas so Sinnliches und Lustvolles. Es gibt uns mehr als nur einen vollen Magen. Denkt nur mal dran, was Kochen beim ersten Date bewirken kann: wahre Wunder. Denn Kochen und gemeinsames Essen verbindet die Menschen, weshalb ich nur raten kann: Kocht mehr miteinander. Von all diesen Gedanken umgetrieben, wollte ich der Gastronomie eigentlich sogar Lebewohl sagen. Das war 2004. Doch dann kam das Angebot, in Hamburg, dem großen Tor zur Welt, bei Christian Rach im „Engel“, einem Restaurant direkt an der Elbe, zur Probe zu arbeiten. Hamburg? Elbe? Das hörte sich zu verführerisch an, als dass ich es hätte ablehnen können. Das „Engel“ entpuppte sich als eine liebenswerte Bretterbude mit Glasfront, schwimmend auf einem Ponton, direkt auf der Elbe. Fast wie im „Conti Hansa“ in Kiel. Nur, dass es direkt auf dem Wasser war, die Pötte noch größer und näher an einem vorbeischipperten und man sofort dachte: „Mehr Hamburg geht nicht!“ Ich war...