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Grundlagen
Die Thermodynamik bedient sich einer eigenen Fachsprache, die oftmals als schwierig empfunden wird, da sie ungewohnt ist. Diese Fachausdrücke sind als die Grundbausteine thermodynamischer Modellvorstellungen vorauszusetzen und werden in diesem Kapitel eingeführt.
2.1 Das thermodynamische System
In der Thermodynamik verwendet man den Begriff „System“, um ein materielles Gebilde als Untersuchungsobjekt zu identifizieren, dessen thermodynamischen Eigenschaften untersucht werden sollen.
Ein thermodynamisches System stellt eine zweckmäßige Abgrenzung einer Stoffmenge oder eines bestimmten räumlichen Bereiches von seiner Umgebung dar. Die Abgrenzung des Systems von der Umgebung erfolgt durch eine Systemgrenze.
Durch die Systemgrenze wird das thermodynamische System charakterisiert. Systemgrenzen können materiell vorhandene Wände (z. B. Behälterwände) oder aber gedachte (fiktive) Hüllen sein, die sich während Zustandsänderungen verschieben können. Es besteht eine Analogie zur Mechanik, bei der mit „Systemgrenze“ das Freimachen eines mechanischen Systems (Körpers) bezüglich seiner Verbindung zur Umgebung verstanden wird und letztere durch Kräfte und Momente ersetzt wird.
Die geschickte Wahl der Systemgrenzen erleichtert oftmals die Lösung von thermodynamischen Problemen. Je nach Beschaffenheit der Systemgrenze, die im Folgenden in Skizzen und Abbildungen gestrichelt gezeichnet wird, werden a) offene, b) adiabate, c) geschlossene und d) abgeschlossene Systeme unterschieden:
Abb. 2.1 Geschlossenes System.
- a) Als Beispiel eines geschlossenen Systems sei eine Gasmenge genannt, welche in einem Zylinder mit frei beweglichem Kolben eingeschlossen ist (Abb. 2.1). Dichtet der Kolben zur Zylinderwand hin ideal ab, so bleibt die Gasmenge unter dem Kolben konstant, unabhängig davon, ob von außen Wärme und/oder Arbeit (durch Verschieben der Kolbenstange) zu- oder abgeführt wird.
Geschlossene Systeme sind dadurch gekennzeichnet, dass keine Masse, wohl aber Energie (z. B. in Form von Arbeit und Wärme) über die Systemgrenze gelangen kann.
- b) Bei technischen Vorgängen, die sehr schnell ablaufen, wird keine Wärme mit der Umgebung ausgetauscht. Beispiele dafür sind das Ausströmen eines Gases aus einer Flasche oder aber die Strömung eines Fluides durch eine Verengung bzw. Drosselstelle (Abb. 2.2). Ebenfalls wird keine Wärme an die Umgebung übertragen, wenn das betrachtete System mit einer sehr guten Wärmedämmung versehen ist.
Bei adiabaten Systemen ist die Systemgrenze so beschaffen, dass keine Wärme mit der angrenzenden Umgebung ausgetauscht werden kann.
- c) Offene Systeme, die in der Technik eine bedeutsame Rolle spielen, werden von einem Stoffstrom durchsetzt. Über die Systemgrenze kann neben Materie zusätzlich Energie (Wärme, Arbeit) transportiert werden. Abbildung 2.3 zeigt Beispiele für offene Systeme wie Verdichter (Gebläse, Turbokompressoren),
Abb. 2.2 Adiabate Systeme.
Abb. 2.3 Offene Systeme.
Entspannungsmaschinen (Turbinen), Wärmeübertrager oder Drosselventile (Wasserhahn, Reduzierventil an Gasflaschen).
Offene Systeme sind für Masse und Energie durchlässig.
- d) Abgeschlossene Systeme spielen in der Technik nur eine untergeordnete Rolle, da sie nicht in Wechselwirkung mit ihrer unmittelbaren Umgebung treten können.
Die Systemgrenze für abgeschlossene Systeme ist sowohl für Masse als auch für Energie undurchlässig.
Weitere Möglichkeiten der Unterscheidung von thermodynamischen Systemen erhält man durch die Wahl der Lage von Systemgrenzen. Betrachtet sei dazu eine siedende Flüssigkeit in einem geschlossenen Behälter (Abb. 2.4). Das Arbeitsmittel im Behälter weist sowohl eine flüssige als auch eine dampfförmige Phase auf. Wird zur thermodynamischen Abgrenzung des Arbeitsmittels von der angrenzenden Umgebung lediglich eine Systemgrenze gewählt, so erhält man ein heterogenes System. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass sich die physikalischen Eigenschaften des Arbeitsmittels innerhalb des Systems stark ändern. So verringert sich beispielsweise die Dichte an der Phasengrenze beim Übergang von flüssig zu dampfförmig sprunghaft. Grenzt man dagegen jede Phase des Arbeitsmittels durch eine eigene Systemgrenze von der Umgebung ab, so erhält man zwei homogene Teilsysteme. Die physikalischen Eigenschaften sind dann innerhalb der Teilsysteme konstant und richtungsunabhängig (isotrop).
Abb. 2.4 Heterogenes und homogenes System.
2.2 Thermodynamische Größen
Physikalische Größen, die in der Thermodynamik verwendet werden, beinhalten zwei Aussagen: Größe = Zahlenwert × Einheit. Mit der Einheit wird die Art der Größe charakterisiert, der Zahlenwert legt die Quantität der Größe fest.
Alle physikalischen Größen, die bei thermodynamischen Berechnungen in mathematischen Gleichungen verwendet werden, müssen in SI-Einheiten eingesetzt werden, sofern nichts Anderslautendes vereinbart wurde.
Das internationale Einheitensystem SI (Systéme International d’Unités, vgl. Tab. 2.1) arbeitet mit den Grundgrößen Meter [m], Kilogramm [kg], Sekunde [s], Kelvin [K], Mol [mol], Ampere [A] und Candela [cd]. Eine SI-Einheit besteht aus Kombinationen dieser Grundgrößen. So wird beispielsweise als SI-Einheit der Kraft das Newton [N] = [1 (kg m)/ s2 ] verwendet und als diejenige Kraft bezeichnet, die der Masseneinheit 1 kg die Beschleunigung von 1 m / s2 erteilt.
In der Praxis werden häufig technische Einheiten verwendet, wie z. B. [bar] als Druckeinheit oder [°C] für die Temperatur. Technische Einheiten sind inkohärente Einheiten, da bei ihrer Umrechnung in SI-Einheiten ein Zahlenfaktor ungleich eins auftritt, wie beispielsweise bei der technischen Druckeinheit 1 bar = 105 N / m2 = 105 kg / (m s2 ).
Die Umrechnung verschiedener technischer Einheiten in SI-Einheiten ist im Anhang A, Tab. A.1 wiedergegeben. Tabelle A.2 im Anhang A zeigt oftmals verwendete Vorsätze zur Bezeichnung von Vielfachen und Teilen der Einheiten.
Tab. 2.1 Das Internationale (SI) Einheitensystem.
2.2.1 Zustandsgrößen
Der Zustand eines Systems ist charakterisiert durch feste Werte physikalischer Eigenschaften des Systems, den sogenannten Zustandsgrößen. Leicht messbare Zustandsgrößen zur Beschreibung des thermodynamischen Zustands sind das Volumen V, der Druck p und die Temperatur T. Die Liste möglicher Zustandsgrößen wird ergänzt durch die nur indirekt und dadurch schwer messbaren Zustandsgrößen innere Energie U, Enthalpie H und Entropie S. Die drei letztgenannten Größen sollen zu einem späteren Zeitpunkt vertieft behandelt werden.
V, p, T, U, H und S sind geeignet, den sogenannten inneren Systemzustand zu charakterisieren. Soll ein bewegtes System, welches sich in einer bestimmten Höhe über Nullniveau befindet, vollständig beschrieben werden, so kann mit der Geschwindigkeit c bzw. der daraus resultierenden kinetischen Energie Ekin sowie der Höhe z bzw. der potenziellen Energie Epot der äußere Systemzustand charakterisiert werden.
Die Beschreibung des Systemzustandes mithilfe einiger weniger Zustandsgrößen ist nur dann eindeutig, wenn sich die Eigenschaften des Systems zeitlich nicht ändern. Das System befindet sich dann im thermodynamischen Gleichgewicht.
Ein System im thermodynamischen Gleichgewicht befindet sich gleichzeitig im thermischen Gleichgewicht (einheitliche Temperatur), im mechanischen Gleichgewicht sowie im chemischen Gleichgewicht.
Zustandsgrößen lassen sich wie folgt klassifizieren:
- Wird ein homogenes System im thermodynamischen Gleichgewicht in mehrere Teilsysteme unterteilt, so behalten die intensiven Zustandsgrößen, z. B. der Druck p und die Temperatur T, ihren ursprünglichen Wert trotz Unterteilung bei. Intensive Zustandsgrößen sind somit unabhängig von der Größe, respektive von der Stoffmenge des Systems. Extensive Zustandsgrößen sind demgegenüber proportional zur Stoffmenge und damit zur Größe des Systems und ändern sich bei der Systemunterteilung. Beispiele hierfür sind das Volumen V, die Enthalpie H, die innere Energie U, die Entropie S sowie die kinetische Energie Ekin und die potenzielle Energie Epot.
- Bezieht man eine extensive Zustandsgröße auf die Systemmasse m, so...